Seetakt (Radar)

Seetakt (Radar)
Funkmessgerät FuMG 38G Seetakt auf der Admiral Graf Spee

Das Funkmessgerät FuMG 38G Seetakt war ein frühes Schiffsradar der deutschen Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg. Es wurde in den 1930er-Jahren entwickelt.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Im Deutschen Reich begann Hans Erich Hollmann in den späten 1920er-Jahren mit Arbeiten auf dem Gebiet der Mikrowellen, die später die Basis der meisten Radarsysteme rund um die Welt bilden sollten. In dieser Zeit interessierte ihn besonders die Nutzung von Mikrowellen für die Nachrichtentechnik, aber sein Partner Hans-Karl von Willisen und er waren auch auf dem Gebiet der Radar ähnlichen Systeme tätig.

Im Jahre 1934 gründeten Hollmann, von Willisen und Paul-Günther Erbslöh eine Firma namens GEMA (Gesellschaft für Elektroakustische und Mechanische Apparate m.b.H.). Im Herbst 1934 baute die Firma GEMA das erste kommerzielle Radar für die Ortung von Schiffen. Es arbeitete auf der Wellenlänge von 50 cm und konnte Schiffe in bis zu 10 km Entfernung erfassen. Das System ähnelte der Entwicklung von Christian Hülsmeyer, es konnte auch noch keine Entfernungsinformationen anzeigen.

Im Auftrag der Kriegsmarine wurde ein Pulsradar entwickelt, mit dem sie im Sommer 1935 den leichten Kreuzer Königsberg in einer Entfernung von 8 km mit einer Genauigkeit von 50 m erfassen konnten. Das war für die Feuerleitung bei Schiffen gut genug. Das gleiche System war auch in der Lage, ein Flugzeug in 28 km Entfernung und 500 m Höhe zu entdecken [1][2]. Der militärische Nutzen wurde in dieser Zeit nicht außer Acht gelassen. Die Entwicklung einer landgestützten Version erfolge unter den Namen Freya, die der seegestützten Versionen unter dem Namen Seetakt. Für die Kriegsmarine lag der Schwerpunkt der Entwicklung dabei zuerst auf der Entfernungsmessung, die Auffassung von Zielen und Hindernissen bei Nacht und schlechtem Wetter war der nächste Punkt in der Prioritätenliste. Die Verwendung als Zielradar, für die das Radargerät Würzburg für die Wehrmacht entwickelt wurde, war für die Marine zunächst nebensächlich[3].

Die ersten Prototypen verwendeten noch die Wellenlänge von 50 cm bzw. 600 MHz. Da diese Frequenzen zu jener Zeit jedoch noch schwierig zu beherrschen waren und die GEMA auch noch wenig Erfahrung im Serienbau, speziell auch für den rauen Einsatz auf Schiffen, besaß, arbeitete das erste Gerät aus der Produktionsserie auf 60 cm bzw. 500 MHz und wurde im Januar 1938 auf dem Panzerschiff Admiral Graf Spee installiert. Damit verfügte die Marine auf Grund der Initiative einiger vorausschauender Offiziere weit vor der Royal Navy und der amerikanischen Marine über funktionsfähige Radargeräte auf ihren Schiffen. Die weitere Entwicklung verzögerte sich, da sowohl die Marine als auch die GEMA dem Projekt keine hohe Priorität beimaßen. Außerdem waren aus Geheimhaltungsgründen immer nur wenige Leute informiert und detaillierte Unterlagen zur Fehlerentstörung (z. B. Schaltungspläne) nicht an Bord.

Technik

Spätere Geräte (z. B. FMG 41gU oder FuMO 29) wurden dann auf 82 cm bis 77 cm bzw. 368 MHz bis 390 MHz betrieben[4]. Bei einer Spitzenleistung von 8 kW, einer Impulslänge von drei Mikrosekunden und einer Impulsfrequenz von 500 Hz konnten Ziele in der Größe eines Schiffes auf See an guten Tagen in bis zu 220 km Entfernung erfasst werden, normalerweise lag die maximale Erfassungsentfernung aber nur bei 110 km [3]. Die Genauigkeit lag bei ungefähr 70 m und drei Grad Winkelabweichung [5].

Es wurden ungefähr 200 Seetakt-Geräte hergestellt und auf Überwasserschiffen, U-Booten [6] und – in größerer Zahl – an Land zur Küstenverteidigung eingesetzt. Auf U-Booten lag die Reichweite aufgrund des niedrigeren Antennenaufbaus mit 7 km weit darunter, auch der Erfassungsbereich beschränkte sich auf 60 Grad.

Entdeckung

Am Ende des Jahres 1939 waren aufgrund der Entwicklungshemnisse und der noch geringen Zuverlässigkeit erst vier Seetakt-Geräte im Einsatz, eines davon war auf der Atlantikfahrt der Admiral Graf Spee von großem Nutzen gewesen. Am 13. Dezember 1939 wurde sie in ein Seegefecht vor Montevideo verwickelt, in dem sie so beschädigt wurde, dass der Hafen von Montevideo im neutralen Uruguay angelaufen werden musste. Da dort die Internierung drohte und der Schaden nicht ausreichend behoben werden konnte, um den Einsatz fortsetzen zu können, wurde die Admiral Graf Spee nach drei Tagen Hafenaufenthalt außerhalb der uruguayischen Hoheitsgewässer durch Sprengung selbstversenkt. Die Besatzung war zuvor von Bord gegangen und wurde interniert. Das Schiff war aber nicht sehr tief gesunken und in seinen oberen Teilen nicht vollständig von Wasser bedeckt. Deswegen ragte die Antenne des Seetakt-Gerätes noch aus dem Wasser und wurde nach einer Besichtigung durch die Royal Navy in ihrem Bericht an die Heimatdienststelle erwähnt. Die wenigsten nahmen den Bericht zur Kenntnis, mit Ausnahme von Reginald Victor Jones, einem wissenschaftlichen Experten im britischen, militärischen Geheimdienst, für den dieser Bericht sehr aufschlussreich war: ermöglichen doch allein die Antennenabmessungen Rückschlüsse auf die verwendeten Frequenzbereiche.

Nachdem im Herbst 1940 auch in der Royal Navy, die nichts von den deutschen Radargeräten wusste, auf Grund von gezielten Angriffen auf nächtliche Schiffskonvois im Kanalbereich Vermutungen über ein dem britischen Chain Home-System vergleichbares System auf deutscher Seite aufkamen, wurde N. E. Davis, ein Nachrichtentechniker von Marconi, mit weiteren Nachforschungen beauftragt. Mit einem Breitbandempfänger gelang ihm die Aufnahme der Seetakt-Ausstrahlungen und im Februar 1941 wurden sechs Störsender auf diesen Frequenzen im Bereich von Dover an der Kanalküste installiert: der Radarkrieg begann.

Siehe auch

Weblinks

Quellen


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