Sempergalerie

Sempergalerie
Blick vom Innenhof des Zwingers auf die Sempergalerie

Die Sempergalerie (auch: Semperbau oder Gemäldegalerie) ist ein vom Architekten Gottfried Semper von 1847 bis 1854 errichteter Museumsbau im Stil der italienischen Hochrenaissance. Der Bau begrenzt den Zwinger nach Nordosten zur Elbe hin. Mit 127,35 Meter Länge und 23,77 Meter Höhe ist die Sempergalerie das größte Gebäude des Zwingerkomplexes.

Die Sempergalerie beherbergt die Gemäldegalerie Alte Meister sowie die Rüstkammer.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Sempergalerie am Theaterplatz, um 1900
Die Sempergalerie nach ihrer Zerstörung im Jahr 1945
Russische Inschrift an der Sempergalerie „Museum überprüft. Keine Minen. Es prüfte Chanutin.“

Die Grundsteinlegung dieses Bauwerkes erfolgte 1847. Als Semper wegen seiner Beteiligung am Maiaufstand 1849 aus Sachsen fliehen musste, war der Bau bis zum Erdgeschoss fertiggestellt. Die Dresdner Bildhauer Ernst Rietschel (1804-1861) und Ernst Julius Hähnel (1811-1891) wurden beauftragt, den plastischen Fassadenschmuck zu modellieren. Das „ikonografische Programm“ spielte bei den Museumsbauten des 19. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle: Die Darstellungen an der Fassade wurden in Beziehung zu den Kunstwerken im Museum gestellt.

Semper nahm auf die Motivauswahl der Sandsteinarbeiten Einfluss. Im Semperarchiv der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich existiert ein handschriftliches Dokument zu diesem Fassaden-Programm. Die Dresdner Unterlagen zur Baugeschichte der Sempergalerie gingen durch Kriegseinwirkungen im Zweiten Weltkrieg verloren.

An der Fassade zum Theaterplatz stammen die dargestellten Personen aus der klassischen Antike und an der Südseite (zum Zwingerhof gelegen) aus dem christlich-abendländischen Kulturkreis. Rietschel und Hähnel teilten sich die künstlerische Ausführung und legten der Baukommission 1850 ihre Entwürfe vor, die am 28. Februar 1851 durch den sächsischen König Friedrich August II. mit der Auflage genehmigt wurden, die plastischen Entwürfe bis Ende 1853 fertigzustellen.

Rietschel übernahm die Verantwortung für die Theaterplatzseite und Hähnel war für die Zwingerseite zuständig. Die beschwerlichen Arbeiten wurden unter der Aufsicht der Bildhauer direkt an der Baufassade vom Gerüst aus nach Tonmodellen durch Steinmetze ausgeführt.

Baubeschreibung

Sempergalerie, Theaterplatz, Mittelrisalit
Sempergalerie, Theaterplatz, Ädikulafenster

Die Sempergalerie ist ein dreigeschossiger Sandsteinbau. Die Schaufassade ist in 23 und die Seitenfassaden sind in drei Achsen unterteilt. Die Fassade zeigt einen Mittel- und zwei Seitenrisalite. Der mittlere Risalit ist dreiachsig, während die beiden Seitenrisalite einachsig sind.[1]

An der Sempergalerie befinden sich 120 Sandsteinskulpturen an der Außenfassade, insbesondere 12 Statuen, 16 Reliefs, 20 Medaillons und 72 Zwickelfiguren über den Fenstern und Torbögen. Über 160 Figuren aus unterschiedlichsten Epochen (von Zeus über Moses und Michelangelo bis hin zu Goethe) sind zu sehen. Bei ihrer Gründung galt die Dresdner Sempergalerie als das „großartigste und am reichsten verzierte Museumsgebäude der neuesten Zeit“.[2]

Das Relief „Amor und Psyche“ schmückt den Haupteingang der Gemäldegalerie als Supraporte. Nach einer Erzählung in den Metamorphosen des Lucius Apuleius (160 n. Chr.) hatte Psyche im Auftrag der Göttin Venus eine Salbenbüchse, die Pyxis der Persephone, aus der Unterwelt geholt. Es war ihr untersagt, das Gefäß zu öffnen, und weil sie dieses Gebot nicht befolgte, fiel sie in einen todesähnlichen Schlaf. Der herbeigeeilte Amor rettet Psyche mit einem Stich seines Pfeils aus der Ohnmacht und erweckt sie zu ewiger Liebe. Mit weit ausgebreiteten Flügeln kniet Amor neben der Erwachenden, sie liebevoll umfassend. Ein Rosenzweig symbolisiert die aufblühende Liebe.[3] Dieser antike Mythos war in der Zeit der Romantik ein beliebtes Thema in der bildenden Kunst.

Das Erlösungsthema wird als Verbindung der klassischen Antike mit der christlichen Thematik in den Werken der Gemäldegalerie Alte Meister in der Sempergalerie gedeutet.[4]

Fassade zum Theaterplatz

Die Fassade zum Theaterplatz besitzt im Obergeschoss rundbogige Fenster, die mit Ädikulafenstern abwechseln. Der Mittelrisalit zeigt eine architektonische Dominanz: So wegen der Vollsäulen „als zweite Raumschicht“ und des Triumphbogenmotivs; Bauplastik in Form von Statuen bleibt auf den Mittelrisaliten beschränkt. Die Rücklagen des Mittelrisalits verkörpern leichtere Achsen, darüber befinden sich Kreismedaillons mit Büsten. Die figürliche Reliefplastik bleibt ebenso auf den Mittelrisalit beschränkt.[5]

Fassade zum Zwingerhof

Der Bau hat eine zweigeschossige Front vor einem dreigeschossigen Kernbau, wobei das Untergeschoss eine kräftige Rustika aufweist. Die Fensterachsen werden als Arkaden interpretiert. Das Obergeschoss der Fassade zum Zwingerhof zeigt eine gleichförmige Reihung bestehend aus Rundbogenfenstern mit Palladiomotiv und Halbsäulen. Den oberen Abschluss bildet eine Attika. Der mittlere Risalit zum Zwingerhof wird in beiden Geschossen als antiker Triumphbogen mit vorgestellten korinthischen Vollsäulen dargestellt. Im Erdgeschoss zeigen die Pfeiler des Mittelrisalits das Palladiomotiv. Vorgelegte Säulen, die kanneliert sind, tragen Architrav und Gebälk. Im Obergeschoss des Mittelrisaliten sind statt der seitlichen Öffnungen Nischenfiguren zu finden. Der Risalit wird mit einer oktogonalen Kuppel abgeschlossen. Der Durchgang wird vom Oktogon des Kuppelbaus bestimmt. Vorbild war dabei der Triumphbogen des Septimius Severus oder des Konstantin in Rom.[5]

Inneres

Das Erdgeschoss auf der Ostseite ist als eine Säulenhalle mit schlanken ionischen Säulen von schwarzem Marmor und steil ansteigenden Gewölbegurten gestaltet. Im oberen Teil des Treppenraumes befanden sich auf den grau in grau gemalten Wandfeldern die allegorischen Gestalten der Malerei und der Saxonia. Künstler war der Maler C. Rolle.

Auf der Westseite wird das Treppenhaus durch das Vestibül aufgenommen. Dieses ist mit Kreuzgewölben versehen, die sich auf korinthischen Säulen von poliertem grauen sächsischen Granit stützen. Die Kapitelle sind aus Sandstein, weiß bemalt und mit einer Goldverzierung versehen. Die beiden Seitenhallen stattete man mit Tonnengewölben aus; sie zeigen zierliche Rosetten in den Kassetten.

Die Mittelsäle im Obergeschoss sind mit einem Oberlicht versehen. Die dekorativen Malereien im Inneren sind verlorengegangen. Sie waren grau in grau, auf mattgrünem oder gelblichen Grund gehalten. An den Wänden der Seitenhalle waren Friese von Gipsreliefs angebracht, die die Geschichte der italienischen, deutschen und niederländischen Maler zeigten.[6]

Das Innere der Sempergalerie wurde 1945 zerstört. In der anschließenden Rekonstruktion stellte man die ursprünglichen Malereien stark vereinfacht dar.

Siehe auch

Literatur

  • Sächsischer Ingenieur- und Architekten-Verein und dem Dresdener Architekten-Verein (Hrsg.):Die Bauten, technischen und industriellen Anlagen von Dresden (BvD), Meinhold & Söhne, Dresden 1878, S. 164–172.

Einzelnachweise

  1. Volker Helas, Architektur in Dresden 1800-1900, S. 180
  2. Andreas Oppermann, 1863
  3. Monika Schulte-Arndt: Ernst Rietschel als Zeichner, Dresden 1995.
  4. Bärbel Stefan: Ernst Rietschel – Zum 200. Geburtstag des Bildhauers, Skulpturensammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, 2004.
  5. a b vgl. Volker Helas, Architektur in Dresden 1800-1900, S. 180
  6. Vgl. Sächsischer Ingenieur- und Architekten-Verein und dem Dresdener Architekten-Verein (Hrsg.):Die Bauten, technischen und industriellen Anlagen von Dresden(BvD), Meinhold & Söhne, Dresden 1878, S. 169.
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