Senckenbergmuseum

Senckenbergmuseum
Das Senckenbergmuseum

Das Naturmuseum Senckenberg in Frankfurt am Main gilt (neben dem Berliner Museum für Naturkunde) als das größte naturkundliche Museum in Deutschland mit vielen sehenswerten Exponaten aus den Bereichen Biologie und Geologie. Kult-Status, vor allem bei Kindern, genießen die Dinosaurier-Skelette: Senckenberg präsentiert eine der umfangreichsten Ausstellungen von Großgruppensauriern in Europa. Ein besonderer Schatz ist das Original eines versteinerten Sauriers mit erhaltener, schuppiger Haut. Das Museum beherbergt aber auch die mit rund 1000 Präparaten weltweit größte und zugleich artenreichste Schausammlung von Vögeln. 2008 wurden nahezu 348.000 Besucher registriert (2007: 338.000). Als Forschungsmuseum ist das Forschungsinstitut und Naturmuseum Senckenberg Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.

Seit dem 1. Januar 2009 sind durch eine Fusion die Naturhistorischen Sammlungen Dresden und das Naturkundemuseum Görlitz mit dem Forschungsinstitut und Naturmuseum Senckenberg verbunden.

Inhaltsverzeichnis

Gründung

Tyrannosaurus rex auf der Senckenberganlage vor dem Museum

Das Gebäude des Senckenbergmuseums wurde in den Jahren 1904–1907 auf freier Fläche außerhalb der Frankfurter Kernstadt errichtet, in unmittelbarer Nähe der erst 1914 gegründeten Johann Wolfgang Goethe-Universität. Bauherr und bis heute Träger (sowie Mitbegründer der Universität) war und ist die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, die nur indirekt auf die Stiftung von Johann Christian Senckenberg aus dem Jahr 1763 zurückgeht. Der 1817 von 32 Frankfurter Bürgern gegründete Naturforschende Verein erhielt, unter anderem auf Anregung von Goethe, die Erlaubnis der Dr. Senckenbergischen Stiftung den Namen Senckenbergs für seine Arbeit zu führen. Bereits 1821 wurde als Vorläufer des späteren Museumsbaus ein „Öffentliches Naturalienkabinett“ südöstlich des Eschenheimer Tors gegründet. Der neue Verein übernahm von der Stiftung Teile der Bibliothek und den Grundstock der Naturaliensammlung. Am ursprünglichen Standort musste das Museum Anfang des 20. Jahrhunderts auf Druck der Frankfurter Stadtverwaltung weichen. Das Senckenbergische Gelände, auf dem u.a. auch das ursprüngliche Bürgerhospital, der Frankfurter Botanische Garten und ein anatomisches Institut errichtet worden war, sollte mit Wohn- und Geschäftshäusern bebaut werden.

Die Schausammlung

Rekonstruktion eines Triceratops-Skeletts

Heute wird der Besucher bereits vor dem Gebäude von zwei Nachbildungen großer Dinosaurier empfangen, deren Äußeres anhand neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und in Originalgröße modelliert wurde. Im Gebäude kann man der rekonstruierten, in den Boden eingelassenen Fährte eines Titanosaurus in den überdachten Lichthof mit Saurierskeletten folgen.

Die 18 präsentierten Arten sind die umfangreichste Ausstellung von Dinosauriern in Deutschland. Das größte Skelett ist ein 18 Meter langer Diplodocus aus dem Bone Cabin Quarry in Wyoming (USA). Das bis auf den Schädel aus originalen Teilen zusammengesetzte Skelett eines Sauropoden war der erste im Naturmuseum Senckenberg ausgestellte Dinosaurier und wurde der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung anlässlich der Eröffnung des neuen Museumsgebäudes an der Viktoria-Allee 1907 vom American Museum of Natural History überlassen.[1]

Originale Dinosaurier und Messel-Pferdchen

T. rex im 1. Lichthof

Der Hadrosaurier Parasaurolophus mit dem gebogenen Schädelkamm, Psittacosaurus mit der deutlich herauspräparierten Beborstung im Schwanzbereich sowie dem gut sichtbaren fossilen Mageninhalt und Oviraptor auf den originalen Sauriergelegen gehören zu Europas größter Ausstellung von Großsauriern, zu der auch der Abguss eines „Quetzalcoatlus“ („Quetzi“), des größten bekannten Flugsauriers, zählt. Weitere Publikumsmagnete sind Kopien von Tyrannosaurus rex, Iguanodon und Triceratops aus der Oberkreide von Nordamerika von dem auch zwei originale Schädel ausgestellt sind (Triceratops horridus aus der Lance-Formation, Wyoming (USA)[2]). Das vollständige Exemplar ist das „Wappentier“ des Museums. Von größter Seltenheit ist die fossile Mumie eines entenschnäbeligen Hadrosauriers.

Originalschädel von Triceratops horridus, das vollständige Stück hat eine Länge von etwa 2,5 Metern

Zwar ziehen die Saurier schon wegen ihrer Größe die meisten Besucher an, das Senckenbergmuseum hat jedoch eine große Sammlung von Exponaten ausgestorbener Tieren aus allen erdgeschichtlichen Epochen: Zum Beispiel auch eine große Anzahl von Originalen aus der Ölschiefergrube Messel: Fledermäuse, Reptilien, Fische und die frühe Pferdeart Propalaeotherium hassiacum, die vor ca. 50 Millionen Jahren lebte und eine Schulterhöhe von nur 55 bis 60 Zentimetern hatte.

Eine Nachbildung von „Lucys“ Skelett

Einzigartig in Europa ist zudem der in aufrechter Körperhaltung montierte Abguss des Skeletts von Lucy, des am vollständigsten erhaltene Skeletts eines Australopithecus afarensis.

Die Bewegung der Kontinente

Die Ausstellung zur Entwicklungsgeschichte der Erde und des Lebens wird durch eine „Zeitmaschine“ ergänzt: Mit Hilfe eines großen Zeitrades kann man 750 Millionen Jahre in die Vergangenheit reisen – oder 250 Millionen Jahre in die Zukunft, was dem Besucher eine Vorstellung davon gibt, wie sich unser Planet verändern wird. Der schnelle Überblick über die Bewegungen der Kontinente lässt sich zu den umgebenden Stationen der Erdgeschichte in Bezug setzen, so dass u. a. gut nachvollziehbar wird, warum heute in Gesteinen im Binnenland fossile Meerestiere zu finden sind.

Das Museum im Museum

Eine südamerikanische Anakonda (Eunectes murinus) verschlingt ein Capybara (Hydrochoerus hydrochaeris)
Schädel eines Schwertwals

Als „Museum im Museum“ gestaltet sind in den oberen Etagen einige Bereiche mit historischen Schränken voller ausgestopfter Tiere – u. a. kann man dort eines von 20 noch erhaltenen Exemplaren des seit 1883 ausgestorbenen Quaggas sehen.

Sonderausstellungen und Events

Seit Dezember 2008 verfügt das Museum in seinem Hinterhof über eine zusätzliche, zweistöckige Ausstellungshalle für aufwändige Sonderausstellungen. Bis zum 30. Juni 2009 wird dort auf rund tausend Quadratmeter Fläche die Welt der Tiefsee anschaulich gemacht. Danach soll „Die Evolution des Menschen“ und 2010 „Dinosaurier - Giganten Argentiniens“ thematisiert werden.

Die zur Wiederöffnung nach dem Umbau 2003 neu konzipierte Reptilienausstellung nimmt sich, neben der Artenvielfalt der Reptilien und Amphibien, auch dem Thema Naturschutz an: Ein von Senckenberg-Wissenschaftlern initiiertes Leguan-Schutzprojekt in Utila, Honduras wird ebenso dargestellt, wie die Möglichkeiten im eigenen Garten Lebensbedingungen für heimische Reptilien und Amphibien zu schaffen. Ein begehbarer Regenwaldbaum bietet Einblicke in verschieden Zonen des Regendwaldes vom Bodengrund bis zur Baumkrone um die Lebensräume der exotischen Kriechtiere erfahrbar zu machen.

Mehrere kleinere Dauerausstellungen beschäftigen sich u. a. mit der Entwicklungsgeschichte der Pflanzen, unter dem Motto „Riesen und Zwerge“ mit besonders großen und besonders winzigen Tieren und Pflanzen sowie mit Maria Sibylla Merian – Von der Naturgeschichte zur Naturwissenschaft.

Das Senckenbergmuseum bietet regelmäßig abends Vorträge und Führungen (in der Regel kein Aufpreis zum Eintritt) über naturwissenschaftliche Themen an. Zu besonderen Anlässen finden in den Dinosaurier-Lichthöfen abends Disko-Partys oder Betriebsfeste statt, in wahrhaft pittoresker Umgebung.

Ausbaupläne

Schädeldach „Sangiran II“ (Homo erectus, Original, 1,5 mya), Sammlung Koenigswald. Man beachte den Überaugenwulst über dem linken Auge.

Für die kommenden Jahre ist geplant, die Ausstellungsflächen des Museums erheblich zu erweitern. In einem ersten Schritt wurde Ende 2008 in Holzbauweise eine zusätzliche Ausstellungshalle im Hinterhof errichtet. Mittelfristig ist geplant, dass sowohl das bisherige Universitätshauptgebäude als auch das Gebäude des Physikalischen Vereins teilweise durch das Museum genutzt werden können. Im Universitätshauptgebäude soll u. a. eine Dauerausstellung zur Paläoanthropologie entstehen, in der die Entwicklungsgeschichte des Menschen ausführlicher als bisher dargestellt werden könnte. Im Gebäude des Physikalischen Vereins soll – nach dessen aufwändiger Sanierung – eine Schau zum Thema Urknall untergebracht werden, die als Herzstück eine umfangreiche Sammlung von Meteoriten umfassen wird.

Die mythologische Dekoration des Giebels

Die auf der Fassade über dem Haupteingang dargestellten Figuren sind sowohl der griechischen als auch der römischen Mythologie entlehnt. Ganz oben, über der gesamten Fassade, thront Chronos. Er wird von zwei Putten begleitet und ist als Greis mit Stundenglas und Sichel dargestellt – als Sinnbild für das Verrinnen der Zeit und für den Tod.

Links und rechts neben Chronos befinden sich – auf der Wölbung des Giebels – zwei Knaben, die Tiere in der Hand halten: der linke Knabe einen Vogel, der rechte einen Fisch – dies als Sinnbild für die Unterteilung der Welt in eine terrestrische und eine marine Sphäre.

Links neben den drei Giebelfenstern sitzt Europa auf einem Stier. Europa war eine Geliebte des Göttervaters Zeus, der sich in sie verliebte und sich ihr in Form eines Stiers näherte. Dieser Stier entführte Europa auf seinem Rücken nach Kreta, wo er sich in Zeus zurückverwandelte und mit ihr etliche Nachkommen zeugte. Europa ließ sich auf der Insel nieder, so dass die ihre Geschichte als Sinnbild für „Ankunft“, „Niederkunft“ und „Besiedlung der Erde“ gedeutet werden kann und somit auch als Sinnbild für den terrestrischen Bereich.

Rechts neben den drei Giebelfenstern, auf der gleichen Ebene wie Europa, thront Triton, der Gott des Meeres, auf einem Flusspferd: Er wird dargestellt als Kentaur – vorne als ein Mensch, aber statt der Arme mit den Vorderläufen eines Pferdes, hinten als ein Delphin.

Unmittelbar unter Chronos, innerhalb des halbrunden Reliefs aus rotem Sandstein, befindet sich u.a. eine sitzende Frauengestalt, die auf ihrer Schreibtafel etwas notiert: Kalliope, eine der neun Musen. Sie war die Muse der epischen Dichtung, des Saitenspiels – und der Wissenschaft.

Einzelnachweise

  1. Bernd Herkner: „Diplodocus. Der erste Dinosaurier im Senckenberg-Museum“. In: Natur und Museum, Band 137, Heft 9/10, 2007
  2. Hartmut Haubold: Die Dinosaurier. Die Neue Brehm Bücherei, A. Ziemsen Verlag. Wittenberg Lutherstandt, 1990.

Literatur

  • Wolf-Christian Setzepfandt: Architekturführer Frankfurt am Main. 3. Auflage. Dietrich Reimer Verlag, Berlin August 2002, ISBN 3-496-01236-6, S. 38. 

Weblinks

50.1174768.6516937Koordinaten: 50° 7′ 2,91″ N, 8° 39′ 6,09″ O


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