Bachhaus Eisenach

Bachhaus Eisenach
Das Bachhaus, 2008
Bach-Denkmal und Bach-Haus, 1954

Das Bachhaus Eisenach widmet sich als ältestes Museum seiner Art dem im thüringischen Eisenach geborenen Komponisten Johann Sebastian Bach. Es befindet sich in einem etwa 550 Jahre alten Fachwerkhaus, das bereits von Bachbiograph Karl Hermann Bitter irrtümlich als Bach-Geburtshaus angesehen wurde und damit als Komponisten-Gedenkstätte galt. Im Jahr 1907 richtete es die Neue Bachgesellschaft als Museum ein.[1] Es enthält umfangreiche Bach-Original-Dokumente und stellt Forschern eine Fachbibliothek zur Verfügung. Im Sommer ist den Museumsbesuchern ein kleiner barocker Garten hinter dem Haus zugänglich.

Der Museums-Eingang befindet sich im 2007 fertiggestellten Anbau.

Inhaltsverzeichnis

Historische Grundlage

Die Musiker-Familie Bach war in Mitteldeutschland seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis zum Ende des 18. Jahrhunderts ein weit verzweigtes Musikergeschlecht. Bereits 1665 war ein Johann Christoph Bach Organist der Georgenkirche Eisenachs.

Johann Ambrosius Bach nahm 1671 eine Stelle als Ratsmusiker in Eisenach an,[2] die Familie wohnte vorübergehend bei dem Forstrat Schneider in einem Fachwerkhaus in der Rittergasse, nur wenige Meter durch den jetzigen Garten südlich hinter dem heutigen Museumsgebäude. Da es zu den Bürgerpflichten gehörte, ein eigenes Haus zu besitzen, erwarb Johann Ambrosius Bach nach etwa 3 Jahren in der Fleischgassen (heute: Lutherstrasse 35) ein Haus, dieses befand sich ca. 100 Meter nördlich vom heutigen Museum entfernt. Nach dem Wegzug Johann Sebastian Bachs aus Eisenach wurde dessen Vaterhaus durch ein neues Gebäude ersetzt, das jedoch auch nicht mehr erhalten ist.

Johann Sebastian Bach verbrachte seine ersten zehn Lebensjahre in Eisenach. Durch die musikalische Tradition der Familie Bach wurde er früh an die Musik herangeführt. Der junge Johann Sebastian lernte in der Stadtkirche bei seinem Onkel eines seiner späteren Lieblingsinstrumente, die Orgel, kennen. Sein Vater war in Eisenach als Leiter der Stadtmusik ein angesehener Bürger. Von 1692 bis 1695 besuchte Johann Sebastian die örtliche Lateinschule. Auch hier wurden seine musikalischen Fähigkeiten gefördert. Mit dem Tod der Mutter 1694 endete seine Eisenacher Kindheit. Nur wenige Monate später starb 1695 auch sein Vater. Die Vollwaisen Johann Sebastian und sein Bruder Johann Jakob fanden wenig später Aufnahme bei ihrem älteren Bruder Johann Christoph in Ohrdruf.

Das Bachhaus

Relikt eines historischen Irrtums: Gedenktafel am Bachhaus in Eisenach

Geschichte des Bachhauses

Das heutige Bachhaus in Eisenach ist ein etwa 550 Jahre altes Fachwerkhaus. Forschungen der Universität Bamberg ergaben, dass der östliche Teil des Hauses 1456, der westliche 1458 errichtet wurde. Erst um 1600 wurden beide Teile des jetzigen Hauses verbunden. Heute wird davon ausgegangen, dass das Gebäude bis in das 19. Jahrhundert hinein ständig bewohnt war. Der historische Eingang zum alten Bachhaus befindet sich im zwei Jahre später errichteten Westteil des Hauses. Heute erreicht man das historische Gebäude durch den modernen Anbau. Auf dem Weg dorthin tritt man durch eine Tür aus der ehemaligen Kantorenwohnung der Thomasschule, Bachs Leipziger Wohn- und Wirkungsstätte. Die Tür gelangte ins Bachhaus, als die Thomasschule 1902 abgerissen wurde. Sie wurde 2007 in die neue Ausstellung integriert.

Mit der neuen Bach-Bewegung durch Felix Mendelssohn und Robert Schumann wuchs das Interesse an einem Geburtshaus Johann Sebastian Bachs. Fälschlicherweise ging man davon aus, dass es sich bei dem heutigen alten Fachwerkhaus (Frauenplan 21) um die Geburtsstätte des Komponisten handelte, vermutlich durch die territoriale Nähe der ersten Wohnung der Familie des Ambrosius Bach. 1906 erwarb die Leipziger Neue Bachgesellschaft das aus dem 15. Jahrhundert stammende Haus, um in Johann Sebastian Bachs Geburtsstadt das weltweit erste Bach-Museum zu eröffnen. Der Ankauf wurde von zahlreichen Förderern unterstützt. Darunter waren der Geiger Joseph Joachim, der Thomaskantor Gustav Schreck, der Direktor der Sing-Akademie zu Berlin Georg Schumann und der Leipziger Musikverlag Breitkopf & Härtel, wo die (heute so genannte) „alte“ Bach-Ausgabe erschienen war. Am 27. Mai 1907 wurde das Museum feierlich eröffnet.

Das Fachwerkhaus erlitt im Zweiten Weltkrieg einen Schaden, der Befehl zu dessen Beseitigung kam bereits 1945 von dem amerikanischen Stadtkommandanten Hansston.

Als man im 20. Jahrhundert auf Grund von Steuerbelegen herausfand, dass Ambrosius Bach eine andere Immobilie erworben hatte, war das heutige Bachhaus längst als Geburtshaus des Komponisten etabliert. Auf einer 1868 gestifteten Gedenktafel für das Gebäude steht: Johann Sebastian Bach wurde am 21. März 1685 in diesem Hause geboren. Bis 1972 war diese am Gebäude angebracht, danach wurde sie wegen besagten Irrtums im Museumsarchiv eingelagert. Mit der Neueröffnung des Museums im April 2007 wurde sie wiederum an der Hauswand befestigt.

Ausstellungsräume

Komponierzimmer im Bachhaus

Das alte Bachhaus stellt die Person Johann Sebastian Bach in den Vordergrund. Auch befindet sich hier die Musikinstrumentensammlung des Museums. Die Ausstellung verteilt sich auf zwei Etagen. Während im Erdgeschoss vor allem die Instrumente zu besichtigen sind, informiert der erste Stock über Johann Sebastian Bachs Leben.

Einige Räume des Hauses wurden als bürgerliche Wohnräume zur Zeit Bachs gestaltet. Zu sehen sind u. a. ein Schlafzimmer und eine Küche. Auch das Komponierzimmer des Musikers wurde nachgebildet. Bilder, Notenhandschriften und andere Dokumente illustrieren den Lebensweg des Komponisten. Zahlreiche Texttafeln beschreiben die Lebensstationen in Eisenach, Lüneburg, Ohrdruf, Arnstadt, Mühlhausen, Weimar, Köthen und Leipzig. Zur Veranschaulichung seines Lebens sind beispielsweise auch die Familienbibel und eine Reproduktion des von Bach angefertigten Stammbaums[3] der Familie zu besichtigen. Hinter dem Haus befindet sich ein barocker Garten, in welchem ein Brunnen aus der Bach-Zeit erhalten ist.

Musikinstrumentensammlung

Im Bachhaus Eisenach findet man zahlreiche barocke Musikinstrumente. Heutige Instrumente unterscheiden sich oft in Bau, Klang und Spielweise von historischen Instrumenten aus Johann Sebastians Zeit. Dem Besucher soll der Unterschied zwischen Bachs damaligen und modernen Instrumenten verdeutlicht werden. Jeder Museumsbesucher kann einen Live-Musikvortrag auf historischen Tasteninstrumenten der Bach-Zeit erleben, darunter ein Silbermann-Spinett (von 1765), zwei Hausorgeln (1722) und ein Clavichord (um 1770). Ein Originalinstrument aus dem Besitz des Komponisten ist nicht erhalten. Diese Form musikalischer Wissensvermittlung ist einzigartig für deutsche Musikmuseen. Neben den Tasteninstrumenten werden weitere historische Instrumente ausgestellt, darunter einige Kuriositäten. Beispielsweise eine Violine mit einer eingebauten Trompete. Ihr Trompetenmundstück befindet sich an der Violin-Schnecke, das Mundrohr führt durch den Geigenhals, das Schallstück verbreitert sich am unteren Zargenkranz an Stelle des Endknopfes rechteckig. Dabei ist weder die Violine noch die Trompete musikalisch vollwertig verwendbar.

Seit der Ausstellung der großen Privatsammlung von Alois Obrist konnte der anfängliche Bestand von 20 historischen Instrumenten zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf 154 aufgestockt werden. Heute umfasst die Sammlung etwa 400 Instrumente. [4]

Der Anbau

Der Anbau des Bachhauses in Eisenach
Hörsessel im neuen Teil des Bachhauses

Im April 2007 wurde auf der rechten Seite des alten Bachhauses ein neuer Anbau eröffnet. Dadurch wurde die Ausstellungsfläche mehr als verdoppelt. Berthold Penkhues aus Kassel ist der Architekt des umstrittenen Neubaus. Der neue Teil des Bachhauses ist in Grau gehalten und von futuristischem Charakter. Der dortige Ausstellungsteil betont die Musik des Komponisten. In modernen, an Stahlketten zwischen Decke und Boden hängenden Hörsesseln in Form von Plexiglas-Halbkugeln erklingen Beispiele aus Bachs kompositorischem Schaffen. Angeboten werden Sätze seiner Cembalokonzerte, Ouvertüren und Goldberg-Variationen.

Ein rundes Steh-Kino in Raummitte zeigt berühmte Konzertaufnahmen von Bachs Werken. Es wurde eigens entwickelt, um Musik dreidimensional erleben zu können.

Durch Schautafeln werden dem Besucher das kompositorische Schaffen Bachs und seine Kompositionstechniken näher gebracht. Sie bieten Einführungen in die musikalischen Formen der Kantate, des Oratoriums, des Solokonzerts, der Motette und der Fuge. Bachs Kunst der Fuge wird ausführlich erläutert. Dabei lassen sich Einblicke in den Aufbau einer Fuge als komplizierteste Form der Polyphonie erhalten. Besonderheiten der Bach'schen Fugen-Kompositionen werden ebenfalls vermittelt.

Eine Sammlung von Bach-Gemälden befindet sich im modernen Museums-Anbau. Ebenfalls im Anbau befindet sich ein Mischpult, mit dem ein Werk Bachs interaktiv bearbeitet werden kann. Computer ermöglichen den Besuchern eine Übersicht über die gesamte Literatur zum Thema. Bach-Werke-Verzeichnisse sind dort ebenfalls verfügbar.

Konzerte und Fachbibliothek

Das Bachhaus Eisenach entwickelte eine eigene Konzertreihe. Neben unregelmäßigen Konzerten während des ganzen Jahres finden an den größten Feiertagen Festkonzerte statt, beispielsweise ein Weihnachtskonzert und ein Neujahrskonzert. Daneben werden historische Abendmusiken mit den im Museum vorhandenen historischen Instrumenten veranstaltet.

Des Weiteren besteht die Möglichkeit, sich im Bachhaus Eisenach Noten zu entleihen. Zur Verfügung steht ein sehr umfangreiches Notenmaterial zu den Kantaten und den großen Oratorien Johann Sebastian Bachs. Nach Anmeldung kann auch die an das Museum angeschlossene Fachbibliothek besucht werden. Sie umfasst eine große Auswahl von Veröffentlichungen über Johann Sebastian Bach. Die Bibliothek und das Archiv des Bachhauses stehen für wissenschaftliche Arbeiten zur Verfügung.[4]

Museumspädagogik

Das Museum bietet für Kinder und Jugendliche verschiedene themenbezogene Führungen. Auf diese Weise werden Informationen über Bachs Leben und Wirken dem Wissensstand der jeweiligen Schüler entsprechend vermittelt. Ein weiteres Ziel ist es, Musik aktiv zu erleben. Durch die Verbindung von Hören, Reflektieren (themenbezogene Gespräche) und aktiver Mitwirkung (Musizieren, Tanzen) soll Musik erlebt werden. Das Museum begleitet ebenfalls musikalische Schulprojekte.

Trägerschaft

Die Trägerschaft des Bachhauses Eisenach wurde im Sommer 2001 von der Bachhaus Eisenach gGmbH übernommen. Die Hauptgesellschafterin ist die Neue Bachgesellschaft e. V. Das Bachhaus finanziert sich größtenteils aus Mitteln des Freistaates Thüringen. Eine weitere wichtige Finanzierungsquelle sind eigene Einnahmen sowie private Geld- und Sachspenden.

Museumsdirektoren

Seit seiner Eröffnung wurde das Museum von insgesamt sieben verschiedenen Direktoren beziehungsweise Geschäftsführern geleitet. Unter anderen waren das: [5]

  • Georg Bornemann 1907 - 1914
  • P. Döhler 1914 (fiel im ersten Jahr seiner Amtszeit an der Front)
  • unter Landesverwaltung 1914 - 1923
  • Conrad Freyse 1923-1964[6]
  • Günther Kraft 1964 - 1971
  • Ilse Domitzlaff 1971 - 1990
  • Claus Oefner 1990 - 07/2001
  • Jörg Hansen 07/2001 - 01/2002
  • Franziska Nentwig 01/2002 - 12/2005
  • Jörg Hansen seit 01/2006

Sonderausstellungen

Sonstiges

Bach-Denkmal in Eisenach

Im Museum befinden sich ein Museums-Shop und seit 2007 auch das „Café Kantate“. Vor dem Museum steht seit 1938 in einer kleinen parkähnlichen Anlage ein Denkmal für Johann Sebastian Bach. Diese Skulptur, geschaffen von Adolf von Donndorf (1884) und ausgeführt von Hermann Heinrich Howaldt, widmete die Stadt Eisenach dem Komponisten. Ursprünglich stand sie vor der Stadtkirche, der Georgenkirche am Markt. Sie zeigt den stehenden Komponisten in der rechten Hand eine Schreibfeder haltend, die linke Hand hält ein von einem Engel gestütztes Notenblatt. Jährlich finden hier an seinem Geburtstag Ehrungen statt. [7]

Das Bachhaus Eisenach wurde in das 2001 erschienene Blaubuch, eine Liste sogenannter kultureller Gedächtnisorte aufgenommen.

Einzelnachweise

  1. Bachhaus Eisenach
  2. Martin Geck: Johann Sebastian Bach, Seite 10 Siehe auch Literaturangaben
  3. Martin Geck: Johann Sebastian Bach, Seite 8. Siehe auch Literaturangaben
  4. a b Bachhaus Eisenach
  5. http://www.nmz.de/kiz/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=11447 (Version vom 27. September 2007 via archive.org)
  6. Lobet Bach in seinen Reichen. In: Hessische/Niedersächsische Allgemeine, 15. Juli 2007.
  7. A bis F

Literatur

  • Christoph Wolff: Johann Sebastian Bach. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007 (2. Aufl.). ISBN 978-3-596-16739-5
  • Martin Geck: Johann Sebastian Bach. rowohlt-Verlag, Hamburg 2000. ISBN 3-499-50637-8
  • Hans H. Eggebrecht: Bach - Wer ist das?. Piper & Schott, Mainz 1992. ISBN 3-492-18323-9
  • Informationsbroschüren aus dem Bachhaus Eisenach:
    • Bach der komponierende Virtuose
    • Das Bachhaus
    • Bach als Lehrer

Weblinks

 Commons: Bachhaus Eisenach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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