Sichteinlage

Sichteinlage

Sichteinlage ist im Kreditwesen die Bezeichnung für Bankguthaben, bei denen keine Laufzeit oder Kündigungsfrist vereinbart ist oder deren Laufzeit oder Kündigungsfrist weniger als ein Monat beträgt. Regelfall sind die täglich fälligen Sichteinlagen. Der Begriff stammt von Einlagen, über die der Gläubiger auf Sicht – also jederzeit – durch Barabhebung oder im unbaren Zahlungsverkehr verfügen kann, ohne seine Absicht dem kontoführenden Kreditinstitut vorher anzeigen zu müssen.


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Inhaltsverzeichnis

Rechtsgrundlagen

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG gilt die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums als Bankgeschäft, das nur mit Erlaubnis der Bankenaufsicht BaFin betrieben werden darf. Deshalb sind ausschließlich Kreditinstitute berechtigt, Sichteinlagen entgegenzunehmen.

Eine Legaldefinition des Begriffs Sichteinlagen fand sich in § 3 der Anweisung der Deutschen Bundesbank über Mindestreserven (AMR), die Sichtverbindlichkeiten als täglich fällige und solche Verbindlichkeiten der Kreditinstitute bezeichnete, für die eine Kündigungsfrist oder Laufzeit von weniger als einem Monat vereinbart ist. Diese Anweisung wurde wegen der dritten Stufe der Währungsunion durch die Bundesbank aufgehoben.[1]

Die für Kreditinstitute geltende Liquiditätsverordnung umschreibt nunmehr in § 2 Abs. 1 Nr. 1 die Sichteinlagen als täglich fällige oder in bis zu einem Monat fällige Zahlungsverpflichtungen. Danach sind 10 % der Sichteinlagen nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 als Zahlungsverpflichtungen zu erfassen.

Arten

Das Guthaben auf Girokonten ist die häufigste Form der Sichteinlagen, weil es täglich fällig ist; auch die Guthaben von Tagesgeldkonten sind täglich fällig. Dies bedeutet, dass der Konteninhaber beabsichtigte Verfügungen vorher dem Kreditinstitut nicht ankündigen muss und die Guthaben unbegrenzt abrufen kann. Während bei Girokonten Liquiditäts- und Zahlungsverkehrsmotive im Vordergrund stehen, dienen Tagesgeldkonten ausschließlich der Geldanlage. Formal gehören die Verfügungen im Rahmen der „versprochenen Leistung“ bei Spareinlagen bis zum Betrag von 2000 Euro nicht zu den Sichteinlagen, sondern sind Bestandteil der Spareinlagen, auch wenn über sie ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist verfügt werden kann.

Zweck

Sichteinlagen werden wegen ihrer Disponibilität insbesondere für Zahlungsverkehrszwecke verwendet. Wegen ihrer sehr ungünstigen Verzinsung oder sogar Unverzinslichkeit eignen sie sich deshalb nicht zur Geldanlage; dennoch verbleibt erfahrungsgemäß ein gewisser Betrag auf Girokonten, über den auch mittelfristig nicht verfügt wird. Sichteinlagen verringern die Bargeldhaltung und damit die Verlustrisiken (Diebstahl, Verlieren, Feuer).[2]

Bedeutung

Etwa 40 % der Einzelhandelsumsätze in Deutschland werden einer Bundesbank-Studie zufolge bargeldlos abgewickelt.[3] Der Bundesbank-Statistik zufolge erreichten die Sichteinlagen im Februar 2010 etwa 37 % aller Einlagen von Nichtbanken im Inland, der Rest waren Termineinlagen. In der mikroökonomischen Geldangebotstheorie (siehe Geldbasis) wird der Quotient aus Bargeldhaltung und Sichteinlagenhaltung als Bargeldkoeffizient bezeichnet. Er sagt aus, wie hoch der Anteil des umlaufenden Bargeldes im Vergleich zu den Sichteinlagen bei Kreditinstituten ist, die jederzeit durch Abhebung in Bargeld umgewandelt werden könnten. Gemeinsam mit dem Bargeldumlauf bilden Sichteinlagen die Geldmenge M1, eine wichtige mikroökonomische Kennziffer zur Beurteilung der Geldmengenentwicklung.

Sicherheit

Wie sämtliche Bankguthaben unterliegen auch Sichteinlagen bei deutschen Kreditinstituten mindestens der gesetzlichen Einlagensicherung und häufig darüber hinaus der freiwilligen Einlagensicherung einzelner Bankenverbände. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (EAEG) sind Einlagen bis zur Höhe von 100.000 Euro gesichert, die im Entschädigungsfall ausgezahlt werden, wenn ein Kreditinstitut nach § 5 dieses Gesetzes nicht in der Lage ist, Einlagen zurückzuzahlen. Einlagen im Sinne des EAEG sind (vereinfacht ausgedrückt) Guthaben bei Kreditinstituten, die sich im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Instituts ergeben und von diesem auf Grund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen zurückzuzahlen sind. Dazu zählen auch Forderungen, die das Institut durch Ausstellung einer Urkunde verbrieft hat, jedoch nicht Inhaber- und Orderschuldverschreibungen. Von dieser Bestimmung werden mithin auch Sichteinlagen erfasst. Neben dieser gesetzlichen Einlagensicherung besteht bei den einzelnen Bankenverbänden noch eine zusätzliche, über diesen Betrag hinausgehende Einlagensicherung. Die Kreditinstitute sind rechtlich verpflichtet, über Art und Höhe der Einlagensicherung Auskunft zu geben, wenn ihre Kunden ein besonderes Interesse an der Nominalsicherheit einer Geldanlage offenbaren.[4]

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Sichteinlage – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Mitteilung Nr. 5004/98 der Deutschen Bundesbank vom 29. Dezember 1998
  2. Karl Friedrich Hagenmüller/Reinhold Adrian/Gerhard Diepen/Thomas Heidorn, Der Bankbetrieb, 2000, S. 239
  3. Deutsche Bundesbank, Zahlungsverhalten in Deutschland, 2009, S. 3
  4. BGH, Urteile vom 14. Juli 2009, Az.: XI ZR 152/08 und XI ZR 153/08

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