Simultanschule

Simultanschule

Simultanschule (juristische Bezeichnung in Nordrhein-Westfalen ist Gemeinschaftsschule, in Niedersachsen Schule für Schülerinnen und Schüler aller Bekenntnisse) werden Bildungseinrichtungen genannt, in denen Schüler unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit gemeinsam unterrichtet werden. Im Gegensatz dazu stehen konfessionell gebundene Schulen, die als Konfessions- oder Bekenntnisschulen (in Niedersachsen Schule für Schülerinnen und Schüler des gleichen Bekenntnisses) bezeichnet werden.

Mit Gemeinschaftsschule ist die Christliche Gemeinschaftsschule gemeint, an der Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach unterrichtet wird, im Gegensatz zur „bekenntnisfreien Schule“.

Geschichte

Im Zeitalter der Konfessionalisierung wurde in zahlreichen Schulprojekten die Trennung der Konfessionen nicht prinzipiell durchgesetzt. Nach Abschluss des Westfälischen Friedens führten das Prinzip Cuius regio, eius religio und die Grundsätze des Augsburger Reichs- und Religionsfriedens dazu, dass im römisch-deutschen Reich Schulen in der Regel konfessionell getrennt wurden. Spätestens nach dem Trienter Konzil scheiterten die meisten Simultanschulen. Ein Beispiel einer damals funktionierenden Simultanschule ist hingegen das Gymnasium Carolinum in Osnabrück, für das im 16. Jahrhundert Schulverträge geschaffen wurden, in denen den Konfessionen nach möglichst paritätischen Grundsätzen Zugeständnisse gemacht wurden. Erst die Schaffung konfessionell gemischter Staaten nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation 1806 führte zur Neugründung von Simultanschulen. So wurde beispielsweise 1817 im Herzogtum Nassau die Simultanschule eingeführt. Baden führte sie 1868 und Hessen-Darmstadt 1874 ein.

Der Begriff der Simultanschule war bis in die Zeit der Weimarer Republik gebräuchlich. Seitdem wird meist von der Gemeinschaftsschule beziehungsweise der bekenntnisfreien Schule im Gegensatz zur Konfessionsschule gesprochen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu heftigen Auseinandersetzungen darüber, welche der beiden Schulformen verfassungsrechtliche Regelschule werden würde. Derzeit spielen konfessionelle Unterschiede (abgesehen vom Religionsunterricht bzw. Schulen in kirchlicher Trägerschaft) nur noch in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen eine wichtige Rolle.

In Niedersachsen gibt es nach wie vor Probleme damit, dass in bestimmten Gemeinden die meisten oder alle Grundschulen katholische Bekenntnisschulen sind. Grundschulen für Schülerinnen und Schüler aller Bekenntnisse sind schlecht erreichbar und haben oftmals einen hohen Anteil von Schülern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Für das Gebiet des ehemaligen Landes Oldenburg gibt es darüber hinaus spezielle gesetzliche Normen, welche die Einrichtung oder die Erhaltung von Schulen für Schülerinnen und Schüler aller Bekenntnisse erschweren. [1]

In Nordrhein-Westfalen ist die Gemeinschaftsschule als Schulart für Grundschulen und Hauptschulen in der Landesverfassung (Art. 12 Abs. 3 und 4 LV NRW) verankert, allerdings neben Bekenntnisschulen und Weltanschauungsschulen. Diese sog. weltanschauliche Gliederung des Schulwesens in NRW kann nur durch eine Verfassungsänderung mit einer Zweidrittelmehrheit im Landtag beseitigt werden. Solange dies nicht geschieht, ist die Bekenntnisschule wie auch die Hauptschule dem Zugriff des einfachen Gesetzgebers (Schulgesetz NRW) entzogen.[2]

Einzelnachweise

  1. vgl. den Artikel Die Ketzer von Lohne, in: Die Zeit; Ausgabe 42/2003 [1]
  2. Siehe Landesverfassung NRW: Artikel 12 und 69

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