Skintiefe

Skintiefe
Stromverdrängung in einem Leiter (=Skin-Effekt)

Der Skin-Effekt (von engl. Skin für Haut), auch Stromverdrängung, ist ein Effekt in von höherfrequentem Wechselstrom durchflossenen elektrischen Leitern, durch den die Stromdichte im Inneren eines Leiters niedriger ist als an der Oberfläche.

Er tritt in relativ zur Skin-Tiefe dicken Leitern und auch bei elektrisch leitfähigen Abschirmungen und Leitungsschirmen auf. Der Skin-Effekt begünstigt mit zunehmender Frequenz die Transferimpedanz geschirmter Leitungen und die Schirmdämpfung leitfähiger Abschirmungen, erhöht aber den Widerstandsbelag einer elektrischen Leitung.

Inhaltsverzeichnis

Ursache

Innerhalb einer von Gleichstrom durchflossenen elektrischen Leitung baut sich genauso ein Magnetfeld auf, wie es um den Leiter herum geschieht. Bei Gleichstrom ist die Stromdichte im Querschnitt überall gleich.

Im Leiter überlagern sich Wechselstrom und Wirbelströme

Anders ist dies bei Wechselstrom: Bei wechselnder Polarität des Stromflusses verändert sich auch das Magnetfeld und erzeugt im Leitermaterial Wirbelströme, die dem Erzeugerstrom entgegengerichtet sind und diesen in der Mittelachse des Leiters abschwächen. Das den Strom umgebende Magnetfeld wirkt sich so aus, dass die Elektronen in der Mitte des Leiters von mehr Feldlinien umschlossen werden als die Elektronen weiter außen. Bei Wechselstrom induziert das wechselnde Magnetfeld im Inneren des Leiters eine höhere Gegenspannung (Gegendruck) als am Rand.

In der Leitungsmitte ist die Gegenspannung also am größten, was zu einer Verdrängung des Stromes an den Rand führt. Das wirkt wie eine Verringerung des wirksamen Leiterquerschnitts, sodass sich die Impedanz (Scheinwiderstand) des Leiters vergrößert. Je höher die Frequenz ist, desto stärker ist dieser Effekt, bis bei hohen Frequenzen nur noch ein dünner Bereich an der Oberfläche den größten Teil des Stromes führt.

Berechnung

Frequenzabhängige Skin-Tiefe δ einer Kupferleitung
Frequenz δ
50 Hz 9,38 mm
60 Hz 8,57 mm
1 kHz 2,10 mm
5 kHz 0,94 mm
10 kHz 0,66 mm
50 kHz 0,30 mm
100 kHz 0,21 mm
500 kHz 0,094 mm = 94 µm
1 MHz 0,066 mm = 66 µm
10 MHz 0,021 mm = 21 µm
100 MHz 6,6 µm
1 GHz 2,1 µm
10 GHz 0,7 µm
100 GHz 0,2 µm

Die äquivalente Leitschichtdicke (auch Skin-Tiefe) δ lässt sich mit folgender Gleichung berechnen:

\delta=\sqrt{\frac{2}{\omega\,\sigma\,\mu}}=\frac{1}{\sqrt{\pi f \mu_0 \mu_r \sigma}}

mit
ωKreisfrequenz
σelektrische Leitfähigkeit des Materials
fFrequenz
μPermeabilität
μ0Permeabilitätskonstante des Vakuums
μr – relative Permeabilitätszahl des Materials

Diese Gleichung gibt nicht die tatsächliche Stromverteilung über den Leiterquerschnitt an, sondern beschreibt die Dicke eines fiktiven Ersatzleiters, bei einem Rundleiter die Dicke des Kreisringes, der bei Gleichstrom den gleichen Widerstand besitzt wie der Volldraht infolge des Skin-Effektes bei der Frequenz f.

Für einen Rundleiter, dessen Radius sehr klein gegenüber der Länge, aber deutlich größer als δ ist, gibt δ die Tiefe an, bei der die Stromdichte um den Faktor e − 1 abgesunken ist.

Die Gleichung sagt zum Beispiel aus, dass die Skin-Tiefe mit steigender elektrischer Leitfähigkeit abnimmt – eine elektrisch hoch leitfähige Beschichtung ist somit oft nur bei schlecht leitenden Grundwerkstoffen sinnvoll. Dass die Skin-Tiefe mit steigender Permeabilitätszahl sinkt, führt zum Beispiel dazu, dass Eisen (μr > 1000) für Hochfrequenzleiter besonders ungeeignet ist (es besitzt zudem eine geringe elektrische Leitfähigkeit).

In Abhängigkeit vom Verhältnis von Eindringtiefe zur mittleren freie Weglänge lm der Ladungsträger unterscheidet man die Fälle

\delta \gg l_m normaler Skin-Effekt und
\delta \ll l_m anomaler Skin-Effekt.

Der anomale Skin-Effekt wird dazu verwendet, die Fermi-Flächen von Materialien auszumessen. Dafür sind tiefe Temperaturen (≈ 1 K) und reine Materialien nötig, damit die mittlere freie Weglänge groß wird.

Maßnahmen gegen die Erhöhung des Widerstandsbelags

Um die Auswirkungen des Skin-Effektes so klein wie möglich zu halten, werden in der Hochfrequenztechnik Leitungen mit möglichst großer Oberfläche eingesetzt, beispielsweise in Form dünnwandiger Schlauchrohre, Litzen oder Bänder. Die geringen Verluste von Hohlleitern beruhen teilweise darauf, dass ein großer Teil der Innenfläche am Stromfluss beteiligt ist.

Des Weiteren werden die Oberflächen von Hochfrequenz- oder Höchstfrequenzleitungen oft mit hochleitfähigen Edelmetallen wie Silber oder Gold beschichtet, um so den spezifischen Widerstand der Außenfläche des Drahtes zu verringern, die den mit Abstand größten Teil des Stromes leitet. Dabei wird vor allem bei Gold der Umstand ausgenutzt, dass dieses Metall an Luft nicht oxidiert, so dass die Oberfläche eine hohe Leitfähigkeit aufweist und Übergangswiderstand gleich bleibt. Denn an sich besitzt Gold eine geringere elektrische Leitfähigkeit als Kupfer, jedoch eine deutlich bessere als Kupferoxid.

Auch wird darauf geachtet, dass die Leiteroberfläche sehr glatt ist, da raue Oberflächen für den Strom einen längeren Weg und damit größeren Widerstand darstellen. Besonders nachteilig sind auch ferromagnetische Leiterwerkstoffe, da sich bei diesen die Eindringtiefe stark verringert. Sie werden aus diesem Grund ebenfalls oft metallisch beschichtet.

HF-Leitungen und Spulenwicklungen werden oft aus verseilten oder verflochtenen, voneinander isolierten Einzeldrähten hergestellt (Hochfrequenzlitze). Die Litzen werden als sogenannter Millikan-Leiter aufgebaut, bei dem die voneinander isolierten Einzeldrähte abwechselnd innen und außen im Gesamtquerschnitt liegen. Dadurch fließt in jedem Einzeldraht der gleiche Strom und zwischen ihnen induzierte Spannungen heben sich auf.

Hochspannungs-Freileitungen sind verdrillte Leitungen aus einzelnen Leitern (Leiterseile). Bei ihnen befinden sich die Tragseile aus Stahl im Inneren und die Leitungsseile aus Aluminium außen. Der Skin-Effekt kommt hierbei allerdings aufgrund der niedrigen Netzfrequenz von 50–60 Hz erst bei großen Querschnitten zum Tragen. Durch den Skin-Effekt fließt der Strom vorrangig in der äußeren Schicht aus Aluminium. Dieser Leitungsaufbau hat auch konstruktive Vorteile: Die Seele aus Stahl im Inneren kann deutlich größere Kräfte aufnehmen als Aluminium. Dazu kommt die Kostenersparnis durch den Einsatz von teurem Aluminium ausschließlich in der äußeren, elektrisch relevanten Zone. Der Stahl lässt sich zudem im Inneren besser vor Witterungseinflüssen schützen.

Auch die immer weiter steigenden Arbeitsfrequenzen von Schaltnetzteilen erfordern die Berücksichtigung des Skin-Effektes bei der Auslegung ihrer Übertragerwicklungen. Man verwendet daher auch hier zunehmend HF-Litze oder Bänder.

Siehe auch

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