Sklavin des Herzens

Sklavin des Herzens
Filmdaten
Deutscher Titel Sklavin des Herzens
Originaltitel Under Capricorn
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1949
Länge 112 Minuten
Altersfreigabe FSK 12
Stab
Regie Alfred Hitchcock
Drehbuch John Colton,
Margaret Linden,
Hume Cronyn,
James Bridie
Produktion Sidney Bernstein,
Alfred Hitchcock
Musik Richard Addinsell
Kamera Jack Cardiff
Schnitt Bert Bates
Besetzung

Sklavin des Herzens (Originaltitel: Under Capricorn, zu deutsch „Unter dem {Wendekreis des} Steinbock{s}“) ist ein US-amerikanischer Spielfilm von Alfred Hitchcock, der 1949 nach dem erstmals 1937 erschienenen Roman Under Capricorn von Helen Simpson gedreht wurde.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

1831 reist der vornehm-verlotterte Ire Charles Adare nach Australien, um mit Hilfe seines Vetters, der gerade zum Gouverneur ernannt worden ist, in Sydney ein neues Leben zu beginnen. Bei seiner Ankunft trifft er auf den „freigelassenen“ Landbesitzer und inzwischen erfolgreichen Geschäftsmann Sam Flusky. Während einer Dinner-Party im Hause Fluskys erkennt Charles in dessen Ehefrau Henrietta seine Kindheitsgespielin wieder. Henrietta ist alkoholkrank und leidet unter Wahnvorstellungen. Der Haushalt wird von der jungen Haushälterin Milly geführt, die offensichtlich in Sam verliebt ist.

Flusky wird zwar als Geschäftsmann akzeptiert, nicht jedoch gesellschaftlich. Er wurde in Irland für die Ermordung von Henriettas Bruder verurteilt, aufgrund von Restzweifeln jedoch mit siebenjähriger Verbannung statt mit dem Galgen bestraft. Henrietta ist ihm nach Australien gefolgt, und nach seiner Freilassung haben sie sich in Sydney angesiedelt. Doch die Ehe ist in eine Krise geraten, Henrietta dem Alkohol verfallen.

Charles, dem die gesellschaftlichen Gepflogenheiten in der Sträflingskolonie gleichgültig sind, verhilft Henrietta wieder zu Lebensmut. Sam, der bereits resigniert hat, unterstützt ihn dabei. Charles beginnt jedoch, sich in Henrietta zu verlieben. Milly intrigiert gegen die beiden und treibt Sam in die Eifersucht. Auf einem Empfang des Gouverneurs, zu dem sich Charles mit Henrietta selbst einlädt, kommt es durch den plötzlich auftauchenden Sam zum Eklat.

Henrietta sieht danach keinen anderen Ausweg, als Charles die Wahrheit zu sagen: Nicht Sam, sondern sie selbst habe ihren Bruder erschossen, und zwar in Notwehr. Sam habe damals Schuld und Strafe auf sich genommen. Sie haben sich geschworen, dieses Geheimnis nie preiszugeben. Sam kommt hinzu und verweist Charles des Hauses. In einem Handgemenge löst sich ein Schuss, Charles wird verletzt, Sam des Mordversuchs beschuldigt. Diese „zweite“ Tat würde ihn an den Galgen bringen. Henriettas Selbstbezichtigung findet keinen Glauben, denn Sam als der einzige Zeuge weigert sich, ihre Aussage zu bestätigen. In ihrer Verzweiflung fängt sie – vom Milly animiert – wieder an zu trinken.

Zufällig erkennt Henrietta, dass Milly die Verursacherin ihrer Wahnvorstellungen ist (sie hat einen Schrumpfkopf in Henriettas Bett versteckt), und dass Milly sogar versucht, sie zu vergiften. Sam durchschaut nun ebenfalls die Zusammenhänge: Milly hat aus Liebe zu Sam von Anfang an gegen Henrietta intrigiert und sie zum Trinken verleitet.

Der Generalstaatsanwalt kommt und möchte von Sam die Bestätigung der Aussage seiner Frau. Diese würde ihn retten und sie zur Aburteilung zurück nach Irland bringen. Da Sam sich weigert, wird er verhaftet. Charles hilft ihm jedoch, indem er den Schuss auf ihn als Unfall darstellt. So gibt es keine Handhabe gegen Sam. Charles fährt zurück nach Irland, Sam und Henrietta bleiben zurück in Sydney.

Hintergrund

Hitchcock wählte für Sklavin des Herzens, seinen zweiten Farbfilm, eine ähnliche Technik wie für Cocktail für eine Leiche (1948), indem er lange Dialoge ungeschnitten aufnahm und - jetzt von der Enge eines einzigen Raumes befreit - dabei zum Teil (für damalige Verhältnisse) atemberaubende Kamerafahrten unternahm.

Hitchcock variierte eines seiner Lieblingsthemen von Schuld und Sühne. Henrietta und Sam sind durch ihr dunkles Geheimnis aneinander gekettet. Er nimmt ihre Schuld auf sich. Ein Dritter, Charles, opfert seine Liebe zu Henrietta, um beide von ihrem Albtraum und ihrer Last zu befreien. Die Ausgangskonstellation der Beziehung zwischen Sam, Henrietta und dem düsteren Geheimnis erinnert an Rebecca (1940) oder Verdacht (1941).

Ingrid Bergmans Rolle in Sklavin des Herzens wurde eine Variation ihrer Rolle in Berüchtigt (1946): Sie spielte schon seinerzeit eine Trinkerin, die sich aufgrund einer „Schuld“ aus der Vergangenheit (damals die Kriegsverbrechen ihres Vaters, im späteren Film der „Mord“ an ihrem Bruder) an einen Ehemann bindet. In beiden Fällen versucht eine Frau (hier die Haushälterin, dort die Schwiegermutter) sie zu vergiften, in beiden Fällen wird sie von einem Außenstehenden, der sie liebt (hier der Freund aus Kindsheitstagen, dort der CIA-Agent) gerettet. Die Rolle der Haushälterin Milly wiederum erinnert stark an die Rolle der Mrs. Danvers in Rebecca (1940). Joseph Cotten und Ingrid Bergman spielten bereits fünf Jahre zuvor zusammen in George Cukors Film Das Haus der Lady Alquist, wo die Ausgangslage des Plots (Ehefrau am Rande des Wahnsinns, undurchsichtiger Ehemann, helfender Freund von außen) dieselbe ist, nur dass Cotten dort den Außenstehenden spielt.

Ingrid Bergman war von Anfang an die Wunschbesetzung Hitchcocks für die weibliche Hauptrolle. Als Sam, den ehemaligen Pferdepfleger, hätte Hitchcock allerdings lieber Burt Lancaster gesehen, dem man „den Stallgeruch“, so Hitchcock, „buchstäblich angesehen“ hätte. Der Film kostete 2,5 Millionen Dollar und wurde ein finanzieller Misserfolg. Er besiegelte den Untergang der Produktionsfirma Transatlantic.

Kritik

Sklavin des Herzens wurde von Publikum und Kritik zunächst überwiegend negativ aufgenommen. Einer der Gründe für die schlechte Publikumsbewertung liegt vermutlich in der in weiten Kreisen getäuschten Erwartungshaltung: Zuschauer, die den zu Grunde liegenden Roman gelesen hatten, erwarteten eine Komödie[1]; diejenigen, die sich von den Filmankündigungen leiten ließen, erwarteten einen Hitchcock-typischen Thriller – beide Zuschauergruppen wurden von dem sich als Psychodrama entpuppenden Kostümfilm enttäuscht. Weiters war die ehebrecherische Affäre Ingrid Bergmans mit dem italienischen Regisseur Roberto Rossellini einer günstigen Rezeption des Films im prüden Amerika nicht eben förderlich.

In Europa hingegen nahm man den Streifen mit wesentlich größerer Zustimmung auf; zahlreiche französische Filmkritiker zählen Les Amants du Capricorne zu Hitchcocks Meisterwerken[2]. So erwähnt Peter Bogdanovich in seinem Interview mit Alfred Hitchcock, dass in den Cahiers du cinéma der 1950er Jahre Capricorn als einer der schönsten Filme des Regisseurs bewertet wurde.

„Hitchcock, der Meister des Melodrams, ist gestolpert. Unter denen, die diesen Film möglichst schnell vergessen wollten, war wohl auch Hitchcock selbst.“

New York Herald Tribune

„Historisches Melodram über Opfer und Schuld, mit starker Atmosphäre und wenig Spannung. Hitchcock, der sich nach eigener Aussage in Kostümstücken nie wohl fühlen konnte, experimentierte in diesem Film, den er nach langen Hollywood-Jahren wieder in England realisierte, erfolglos mit farbdramaturgischen Effekten und ungewöhnlich langen Einstellungen.“

Lexikon des Internationalen Films

Cameo

Ausnahmsweise tritt Hitchcock hier zweimal in Minirollen auf: Er ist auf dem Marktplatz zu sehen (mit Mantel und braunem Hut); zehn Filmminuten später ist er noch einmal als einer der drei Männer auf den Treppen des Gouverneurs-Gebäudes zu erkennen. Siehe auch Cameo-Auftritt.

DVD

1995 wurde Sklavin des Herzens vom ZDF erstmals dem deutschen Publikum ungekürzt präsentiert[3]. Einige auf DVD veröffentlichte Fassungen des Films enthalten jene Szene, die in der deutschen Kinoversion nicht zu sehen war. Ab etwa der zwölften Filmminute, unmittelbar nach Charles' erster Begegnung mit Sam Flusky, unterhält er sich im Gouverneurspalast mit seinem Vetter unter anderem über seine neue Bekanntschaft, während dieser ein Bad in einem Holzzuber nimmt und sich zwischendurch mit seinem Sekretär bespricht. Die etwa vierminütige Szene – in deutsch untertiteltem Originalton und merklich schlechterer Bildqualität – endet mit dem ausdrücklichen Befehl des Gouverneurs an Charles, die Einladung Fluskys auszuschlagen. Für eine Fernsehausstrahlung auf arte wurden diese Szenen ergänzend nachsynchronisiert.[4]

Literatur

  • Helen Simpson: Under Capricorn. W. Heinemann, London und Toronto 1937, 305 S. (bislang keine deutsche Übersetzung)
  • Robert A. Harris, Michael S. Lasky, Hrsg. Joe Hembus: Alfred Hitchcock und seine Filme (OT: The Films of Alfred Hitchcock). Citadel-Filmbuch bei Goldmann, München 1976, ISBN 3-442-10201-4

Einzelnachweise

  1. Robert A. Harris, Michael S. Lasky; Joe Hembus (Hrsg.): Alfred Hitchcock und seine Filme. Wilhelm Goldmann Verlag, München 1976 (Originalausgabe).
  2. IMDb; Stand 10. Feb. 2009
  3. Lexikon des Internationalen Films
  4. Sklavin des Herzens bei arte.tv

Weblinks


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