Solothurner Dialekt

Solothurner Dialekt
Solothurner Dialekt

Gesprochen in

Schweiz (Kanton Solothurn)
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache von -
Sprachcodes
ISO 639-1:

-

ISO 639-2:

gsw (Schweizerdeutsch)

ISO 639-3:

gsw

Unter dem Begriff Solothurner Dialekt oder Solothurnisch werden die verschiedenen im Kanton Solothurn (Schweiz) gesprochenen Mundarten zusammengefasst.

Inhaltsverzeichnis

Umschreibung

Den Solothurner Dialekt gibt es in einem Kanton mit starker regionaler Ausprägung nicht. Es werden im grossen Ganzen gesehen drei unterschiedliche Mundarten gesprochen, die sich recht stark an diejenigen der jeweils angrenzenden Kantone anlehnen, allerdings doch unter Bewahrung einer gewissen Eigenart. Die drei Sprachräume umfassen die Regionen der Hauptstadt Solothurn, Oltens sowie des Schwarzbubenlandes. Die Region Solothurn lehnt sich sprachlich stark ans Berndeutsch an, während im Raum Olten (v.a. im unteren Niederamt) weitgehend der Aargauer Dialekt und im Schwarzbubenland jenseits des Jura das Baseldeutsch rezipiert wird.

Herkunft

Wie alle anderen Deutschschweizer Dialekte ist auch der solothurnische aus Abwandlungen des durch die Völkerwanderung erworbenen Alamannischen entstanden. Die Differenzierungen innerhalb der regionalen Volksgruppen wurden dann – in einer noch wesentlich kleinräumigeren Gesellschaft – innerhalb besonders eng miteinander verkehrender Bevölkerungsgruppen herausgebildet.

Merkmale

Wie in den Kantonen Bern und Freiburg üblich, wird auch im Kanton Solothurn geihrzt statt gesiezt. Man sagt also Grüessech ([ˈɡ̊ryə̯sːəx]; «(ich) grüss(e) Euch»), anstelle von Grüezi («(ich) grüss(e) Sie»).

Region Solothurn

Der Solothurner Dialekt in der Region Solothurn teilt die meisten Merkmale mit Berndeutsch. So wird etwa /l/ vor einem Konsonanten, bei doppeltem /l/ oder am Ende der Silbe als geschlossenes ‹u› ausgesprochen, wie etwa in Müuch (Milch; aber Berndeutsch: Miuch), "Öuf" (Elf; aber Berndeutsch "E-uf") Fauue (Falle) oder Esu (Esel). Das hochdeutsche /nd/ wird meist als [ŋ(ː)] (vor allem in den Bezirken Bucheggberg und Wasseramt) ausgesprochen, zum Beispiel angers (anders), Ching (Kind), Hang (Hand), jedoch Fründ (Freund).

Als grösster Unterschied wird das ‹a› des Berner Mundarts im Solothurner Dialekt zum ‹o›, wie etwa bei Jo/Ja (Ja), Obe/Aabe (Abend), go/ga (gehen) sowie die Dehnung der im Berndeutschen kurzen Vokale (z.B. "Laːde" statt wie im Berndeutschen "Lade") Darüber hinaus gibt es zahlreiche Berndeutsche Ausdrücke, die im Kanton Solothurn nicht üblich sind, etwa Müntschi (Küsschen; der Solothurner sagt Küssli) oder gredi (geradeaus; graduus). Ein Solothurner Ausdruck ist etwa Düudäppeli (Trottel).

Zu den bekanntesten Schriftstellern die im Solothurner Dialekt geschrieben haben, gehören Josef Reinhart und Ernst Burren, die beide auch den Gesamtwerkspreis der Schweizerischen Schillerstiftung gewinnen konnten.

Thal

Der Solothurner Dialekt im Bezirk Thal (auch bekannt als Thaler Dialekt) weist verschiedene unverkennbare Merkmale auf, an denen Personen aus dieser Region sofort zu erkennen sind. Zu den Besonderheiten gehört insbesondere die spezifische Färbung der Aussprache der Diphthonge ‹au›, ‹öu› und ‹ue›. So sagt man im Thaler Dialekt «gröu» (grau), «öuf» (elf) oder «Buech» (Buch). Ebenfalls typisch ist der Ausfall des «r» in bestimmten Stellungen; ein bekanntes Beispiel ist «moon am Moogge» (morgen am Morgen). Charakteristisch ist auch die starke Dehnung der Monophthonge ‹i:›, ‹y:› und ‹u:›; so heisst es «Wiiber» (Weiber), «Füür» (Feuer) oder «Muus» (Maus). Ebenfalls stark gedehnt werden die Vokale vor ‹l› und ‹r›, also beispielsweise «Chaare» (Karren).

Eine ausgezeichnete Quelle für die Erforschung des Thaler Dialekts ist die Autobiographie, die Peter Binz aus Welschenrohr im Bezirk Thal in den Jahren 1895/96 niederschrieb. Sie ist zu etwa einem Viertel in Dialekt geschrieben.

Region Olten

Der Solothurner Dialekt in der Region Olten (auch bekannt als Oltner Dialekt) unterscheidet sich vom Dialekt im oberen Kantonsteil hauptsächlich dadurch, dass viele ‹u› zu ‹o› werden, etwa und zu ond, ‹i› zu ‹e›, etwa immer zu emmer, sowie ‹ü› zu ‹ö›, etwa nümme zu nömme. Im weiteren wird die Anpassung von ‹nd› zu ‹ng› im unteren Kantonsteil nicht vollzogen. Man sagt beispielsweise Wonder und nicht Wunger (Wunder). Viele Abweichungen beruhen auf dem Einfluss des Aargauer Dialekts, so sagt man etwa auch mer müend anstatt mir müesse (wir müssen) oder devo anstatt dervo (davon).

Schwarzbubenland

Der Solothurner Dialekt im Schwarzbubenland (auch bekannt als Schwarzbubendeutsch) zeichnet sich vor allem durch die Entrundung (Wandel von ü zu i, ö zu e, üe zu ie, und eu zu ei) aus. Im Gegensatz zu den südlich des Passwangs gelegenen Gebieten des Kantons Solothurn wird also «Briggli» anstatt «Brüggli» (kleine Brücke), «Gmies» anstatt «Gmües» (Gemüse), «Hiener» anstatt «Hüener» (Hühner) oder «Fresch» anstatt «Frösch» (Frösche) gesagt.

Aus Gründen der geographischen Lage gab es schon immer einen starken Einfluss von der Stadt Basel und dem Baselbiet, die leichter zu erreichen sind als die Hauptstadt Solothurn. So sagt man etwa «Stägge» anstatt «Stäcke» (Stock) oder «fufzg» anstatt «füfzg» (fünfzig; in Basel «fufzig»). Das «l» im Inlaut zwischen zwei Vokalen wird in Schwarzbubenland als langes «l» gesprochen: also «Chäller» anstatt «Chäuer» (Keller), «alli» anstatt «aui» (alle), «Däller» anstatt «Däuer» (Teller) oder «Vello» anstatt «Velo» (Fahrrad).

Verschmelzung der Dialekte

Eine Tendenz die schweizweit zu beobachten ist, ist die zunehmende Vermischung der echten, ursprünglichen Mundarten. Bedingt durch die zunehmende Mobilität und der alle Grenzen überschreitenden Kommunikation gleichen sich insbesondere die Dialekte kleinerer, vor allem auch ländlicher Orte den in grösseren Städten gesprochenen Sprachen an. So bilden etwa im Schwarzbubenland die Alteingesessenen in vielen Dörfern nicht mehr die Mehrheit und der Ortsdialekt geht zunehmend verloren. Manche Dialektforscher gehen davon aus, dass im Einfluss expansiver Dialekte stehende fragile Mundarten wie diejenigen, die man im Kanton Solothurn spricht, zunehmend verschwinden.[1] Bei dem sich bildenden Gemisch verschiedener Dialekte wird auch oft vom Bahnhofbuffet-Olten-Dialekt gesprochen.

Literatur

  • Bücher in Solothurner Mundart von Ernst Burren sind im Zytglogge Verlag, Bern erschienen. Z.B.: „Chuegloggeglüt“. ISBN 3-7296-0254-3
  • Ebenfalls in Solothurner Mundart schreibt Beat Jäggi. „Niemer springt über sy Schatte“, Verlag Vogt-Schild/ Habegger. ISBN 3-85723-137-8
  • Ein grosser Teil der Kindheitserinnerungen von Peter Binz ist in Solothurner Mundart geschrieben. „Unstet. Lebenslauf des Ärbeeribuebs, Chirsi- und Geschirrhausierers Peter Binz“. Chronos Verlag. ISBN 978-3-905311-76-1.
  • Teils in Schwarzbuben-Mundart hat Albin Fringeli publiziert, z.B. 1977 "In dr grosse Stadt/Dr Bachmausi"

Quelle

  • Bruno Amiet: Solothurner Kantonsgeschichte, Band 1.
  • Rolf Max Kully: Eine Solothurner Mundart am Ende des 19. Jahrhunderts. In: Jahrbuch für Solothurnische Geschichte. 77. Band. Solothurn 2004. S. 273-327.

Einzelnachweise

  1. Mundart: Huere primitiv (Artikel in der Weltwoche vom 30. Juni 2003)

Weblinks


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