Sound (Berliner Diskothek)

Sound (Berliner Diskothek)
Die unspektakuläre Außenansicht des Sound, Blickrichtung zur Kurfürstenstraße, Juni 1974

Sound (engl.: Geräusch, Klang, Laut), auch in der Schreibung S.O.U.N.D., war der Name einer Berliner Diskothek, die sich in den 1970er und 1980er Jahren als seinerzeit „modernste Diskothek Europas“ bezeichnete und es aufgrund der Technik, zumindest in den 1970er Jahren, auch war. So gab es um 1975 bereits unter anderem Laserprojektionen, eine Nebelmaschine und ein professionelles Videoaufzeichnungsgerät. Der Stempel, den man am Einlass bekam, war nur unter Schwarzlicht sichtbar.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1970er Jahre

Die Diskothek wurde im Juni 1971 in der Genthiner Straße 26 im damaligen Bezirk Tiergarten eröffnet und war täglich ab 19 Uhr geöffnet. Zunächst trug sie den Namen CENTRUM 2000,[1] dann Unlimited!, und schließlich wurde sie 1973 in S.O.U.N.D. umbenannt. Sie befand sich in einem Teil einer umgebauten Tiefgarage, der Eingang, Mitschnittraum, Toiletten und Videotechnik auf Höhe der Genthiner Straße. Später gab es auf der Straßenebene noch das Café am Park. Man gelangte über eine breite Treppe in die Diskothek.

In der Diskothek wurde Progressive Rock und auch viel experimentelle Musik gespielt. Neben aktueller Musik traten auch Musiker und Gruppen live auf, beispielsweise die walisische Rockband Man zur Jahresparty am 6. Juni 1974.

Im Sound bestand nicht nur die Möglichkeit, nach der Musik zu tanzen, sondern auch Mitschnitte davon zu machen. Hierzu gab es einen Raum mit Stromanschlüssen und Aufnahmebuchsen, die Anschlüsse ermöglichten es den Besuchern, die von den DJs gespielte Musik auf Tonbändern bzw. Kassetten mitzuschneiden. Der DJ legte die Cover der laufenden Musik in eine Box, die mittels Videokamera das Bild auf einen Monitor übertrug, somit musste niemand die DJs nach der laufenden Schallplatte fragen, das Bild wurde zudem in den Aufnahmeraum übertragen.

Die Diskothek verfügte über ein kleines Kino in dem aktuelle und auch Klassiker-Kinofilme gezeigt wurden, in einem Videoraum konnte man auf Monitoren die damals aktuellen TV-Programme und Videoaufzeichnungen sehen. Gegen eine geringe Pfandgebühr waren die dazugehörigen Kopfhörer zu leihen. Zum kurzzeitigen Entspannen zogen sich die Besucher in die Tee- bzw. Weinstube zurück, gegen den Hunger gab es in einem Bistro Snacks und komplette Mahlzeiten.

Berlin war Mitte der 1970er Jahren mit bunten großformatigen Sound-Plakaten zugeklebt, ein Mund vor einem strahlenförmigem Regenbogenmuster.

Drogenszene

Der Grad der Popularität wurde durch das Buch Wir Kinder vom Bahnhof Zoo von Christiane F. gesteigert. Sie wurde weltbekannt durch ihren Drogenkonsum.[2] Christiane F. war eine regelmäßige Sound-Besucherin.[3]

Um zu verhindern, dass die Diskothek wegen Drogenkonsums und -handels geschlossen würde, wurden eine Zeit lang nur nichtalkoholische Getränke ausgeschenkt („Milchbar-Konzession“). Trotz eines strikten Drogenverbots konnten Jugendliche hier u. a. an Heroin gelangen. In der Nähe des Sound befand sich an der Kurfürstenstraße der sogenannte ‚Babystrich‘. In der Umgebung der Diskothek herrschte reger Autoverkehr, Freier hielten Ausschau nach Mädchen und/oder Jungen.[4] Um den Handel und Konsum im Sound einzudämmen wurden die Toilettentüren wie Western-Saloon-Türen (halbhoch) angelegt, damit sich niemand unbeobachtet fühlen konnte, insbesondere beim Fixen. Trotz vieler Gegenmaßnahmen wurde das Sound immer wieder von Razzien heimgesucht. Aufgrund von Problemen mit dem Finanzamt musste das Sound schließlich geschlossen werden.

1980er Jahre

Eine erneute Öffnung unter anderer Bewirtschaftung stieß auf offizieller Seite sowie bei der Hausverwaltung wegen des darüber liegenden Wohnheims auf wenig Gegenliebe. Erst unter diversen Auflagen und Zugeständnissen konnte das Sound nach ein paar Jahren der Schließung unter einer neuen Bewirtschaftung wieder eröffnet werden. Letztendlich fand diese Ära durch eine Brandstiftung in den unteren Räumen im Jahr 1988 ein Ende.

Das Sound hatte nicht nur Anhänger, sondern auch erbitterte Gegner, sowohl von offizieller als auch von privater Seite. Berlins Regionalfernsehen SFB berichtete mit dem Ton der Empörung von Razzien. Es gab Gruppen, die mit Flugblattaktionen versuchten, der Diskothek ein Ende zu bereiten und erbitterte „Kleinkriege“ wurden ausgetragen.

Die Auseinandersetzungen nahmen teilweise sehr bizarre Formen an, so wurde einem ehemaligen Türsteher nachts die Wohnungstür im 4. Geschoss mit Ziegelsteinen und schnellbindendem Zement zugemauert.[5]

Die Berliner Nacht-Szene ist allerdings immer wieder von dem Ruf des Sound magisch angezogen worden. Gäste wie Mick Jagger oder David Bowie besuchten diese Diskothek, auch das Fernsehen zeigte immer wieder Interesse an dieser Szene. So wurde ein Bericht für die Sendung 37 Grad im Sound gedreht um die damalige Heavy-Metal-Szene näher zu beleuchten.

Remakes und Ableger

Sound-Plakate in der Hauptstraße (Berlin-Schöneberg), April 1983

In den 1980er Jahren wurde in Dillingen im Saarland eine „Filiale“ des Sound eröffnet, die es (nach amtlicher Schließung im Jahr 2004)[6] wieder gibt. Durch die „Verwandtschaft“ mit dem Berliner „Stammhaus“ wurde auch hier mit Berliner DJs das Flair des Sound in das Saarland transportiert.[7]

Es gab auch mehrere Anläufe, wieder ein Sound in Berlin zu eröffnen. Nach der endgültigen Schließung des Sound in der Genthiner Straße gab es ein kurzes Comeback in der Joachimstaler Straße über der Diskothek Ku'dorf. Nach ein paar Monaten war dieser Versuch durch „interne Probleme“ gescheitert. Nach einem groß dimensionierten Neuanfang am 6. Dezember 2001 über mehrere Etagen in der Miraustraße 16 in Wittenau und einer erneuten Schließung wurde ein vierter Anlauf in der Bismarckstraße 90 in Charlottenburg gestartet. Dieser bisher letzte Versuch ist ebenfalls im Jahre 2007 mit einer Schließung beendet worden. Er hatte aber nicht sehr viel mit der ursprünglichen Diskothek gemeinsam.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Geschichte des Drogen-Info-Berlin e.V.
  2. Es ist einsam geworden um Christiane F. – und das Geld wird knapp
  3. Christiane F. – für immer Kind vom Bahnhof Zoo
  4. Love, Sex – und Albträume In: Der Tagesspiegel. vom 13. Oktober 2007.
  5. B.Z. vom 13. Februar 1976, Titelseite: „Berliner kam nach Hause: Tür zur Wohnung war zugemauert!“
    B.Z. vom 13. Februar 1976, Seite 4: „… Barkeeper glaubt an Racheakt – Feuerwehr musste seinen Freund befreien, der Todesängste ausstand“.
  6. SOUND, die CDU und der Musikantenstadl
  7. Homepage der Diskothek Sound-Saarland
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