Sprunggelenks-Endoprothese

Sprunggelenks-Endoprothese
Der Einbau einer Prothese des oberen Sprunggelenkes gehört zu den technisch anspruchsvollsten Operationen in der Orthopädie bzw. Unfallchirurgie und erfolgt in spezialisierten Zentren für Sprunggelenks-Endoprothetik

Inhaltsverzeichnis

Historie

Die Prothese im oberen Sprunggelenk (OSG) ist keine neue Erfindung. Künstliche Sprunggelenke werden seit etwa 1970 eingesetzt. Die optimistischen Erwartungen aus der Anfangszeit konnten in der Langzeitbeobachtung nicht bestätigt werden. Die Prothesen lockerten sich nach wenigen Jahren und mussten entfernt werden: Das Design und die Verankerungsmethode der Prothesen erster Generation waren noch nicht ausgereift. Inzwischen gibt es jedoch seit ca. 15 Jahren Erfahrungen mit modernen Totalendoprothesen des Sprunggelenkes.

Komponenten

Die modernen Sprunggelenk-Endoprothesen bestehen aus 3 Komponenten: 1. einer gerundeten Kappe für die Talus-Rolle aus einer Kobalt-Chrom-Legierung, 2. einer Platte für die Tibia-Gelenkfläche aus einer Kobalt-Chrom-Legierung, und 3. einem frei beweglichen Polyethylen-Gleitkern.

Die Anpassung der Stabilität im künstlichen Gelenk erfolgt über die Höhe des Polyethylen-Gleitkernes.

Eine entscheidende Verbesserung erbrachte bei der modernen Sprunggelenks-Endoprothese die zementfreie Verankerung der beiden Komponenten an Sprungbein (Talus) und Schienbein (Tibia). Eine Spezialbeschichtung, beispielsweise mit Titan/Calciumphosphat ermöglicht das feste Verwachsen des Knochens mit den Implantaten.

Implantierte Sprunggelenks-Endoprothese

Prothesenarten und Operationstechnik

Es gibt zur Zeit mehrere Prothesen-Modelle, allen gemeinsam ist jedoch das 3-Komponenten-Design. Die meisten Sprunggelenksprothesen werden über einen vorderen, längsverlaufenden Zugang zum oberen Sprunggelenk eingesetzt. Dabei wird ein ausreichend langer Hautschnitt durchgeführt um Zug der Haken auf die Weichteile zu vermeiden. Durch präzise Ausrichtungs- und Sägeschablonen wird das Knochenlager im Bereich der Tibia und des Talus entsprechend zugerichtet, so dass die Prothese eingesetzt werden kann.

Der Eingriff erfolgt normalerweise in Regionalanästhesie, bei der entweder die untere Körperhälfte, oder nur das betroffene Bein in die Anästhesie einbezogen werden. Der wesentliche Vorteil dieser Methode liegt in der erleichterten Schmerztherapie nach der Operation. In besonderen Fällen wird der Eingriff auch in Allgemeinnarkose durchgeführt und dauert zwischen 90 und 120 Minuten. Unmittelbar nach der Operation wird der Patient mit einer abnehmbaren Vacoped®-Schiene versorgt. Bei unkompliziertem Verlauf kann der Patient bereits am 1. Tag nach der Operation mit Hilfe aufstehen. Am 2. Tag nach der Operation wird das Bein mit der Vacoped®-Schiene einmalig kontrolliert axial voll belastet. Dies dient zur Nachkompression der Prothesen-Komponenten im Knochenlager.

Indikation

Um die für eine Prothese geeigneten Patienten herauszufinden, wird vor jeder Operation eine gründliche körperliche Untersuchung des Patienten erfolgen, die das Röntgen des erkrankten Gelenkes beinhaltet. Eine Kernspintomographie (NMR) kann in bestimmten Fällen eine notwendige Zusatzuntersuchung sein. Bei Durchblutungsstörungen im Bereich des Talus, Infektionen und schweren Weichteilproblemen im Bereich des Sprunggelenkes ist kein Sprunggelenksersatz möglich. Grobe Fehlstellungen im oberen Sprunggelenk können die Operation erheblich erschweren. Die Implantation eines künstlichen Sprunggelenkes ist eine technisch anspruchsvolle und schwierige Operation. Sie sollte deshalb von geübten, mit dieser Problematik vertrauten Operateuren durchgeführt werden. In Deutschland werden derzeit ca. 1000 Sprunggelenksendoprothesen pro Jahr implantiert. Die Zentren mit der größten Erfahrung auf dem Gebiet der Sprunggelenks-Endoprothetik befinden sich derzeit (2010) in Basel, Bad Bramstedt, Berlin, Magdeburg, Offenburg, Schongau und Wiesbaden.

Komplikationen

Wie bei anderen Operationen können bei der Implantation einer Sprunggelenkprothese Komplikationen auftreten. Ein Bruch des Innen- oder Außenknöchels entweder während der Operation oder unmittelbar nach der Operation muss dann zusätzlich operativ stabilisiert werden. Wundheilungsstörungen und andere Weichteilprobleme benötigen manchmal auch eine längere Behandlung, gelegentlich auch plastisch-chirurgische Zusatzeingriffe. In einigen Fällen müssen auch Nachfolgeoperationen durchgeführt werden. Der Grund hierfür kann zum Beispiel neben Knochenbrüchen, die Lockerung von einzelnen Prothesenkomponenten, fortbestehende Schmerzen, oder auch eine zu stark eingeschränkte Beweglichkeit sein. Selten ist ein Wechsel von Prothesenteilen oder auch eine Versteifungsoperation notwendig. Wegen der relativ geringen Knochenverluste bei den neueren Prothesenmodellen ist die Versteifungsoperation (Arthrodese des Sprunggelenkes) als Rückzug ohne größere Schwierigkeiten immer noch möglich.

Nach der Operation

Röntgenbild einer implantierten Sprunggelenks-Endoprothese mit einer Tibia-Gleitplatte (oben) und einer Kappe für den Talus (unten) mit einem Polyethylen-Gleitkern in der Mitte

Ab dem 2. Tag nach der Operation beginnen die Geh-Übungen mit der Vacoped®-Schiene mit einer 20 kg-Teilbelastung des operierten Beins für insgesamt 6 Wochen nach der Operation. Zusätzlich wird ab diesem Tag eine sogenannte „Zwischenmobilisierung“ des operierten Sprunggelenkes mit Heben und Absenken des Fußes durchgeführt. Ergänzend erfolgt die passive Beübung des Gelenkes mit einer Motorschiene. Manuelle Lymphdrainagen und Hochlagerung fördern das Abschwellen des Gelenkes. Die Fäden werden nach abgeschlossener Wundheilung in der Regel am 12. Tag nach der Operation entfernt. Die weitere physiotherapeutische Behandlung kann dann entweder in einer stationären Anschlussheilbehandlung oder einer ambulanten Physiotherapie durchgeführt werden. Nach Ablauf von 6 Wochen postoperativ kann die Vacoped®-Schiene abgenommen werden und zügig zur Vollbelastung übergegangen werden. Die Rehabilitationsphase dauert insgesamt ca. 12 Wochen.

Kontrolluntersuchungen

Die erste Röntgen-Kontrolle erfolgt unmittelbar nach der Operation. Die weiteren Röntgen-Kontrollen sollen bei der Entlassung aus der stationären Behandlung und weiter 6 Wochen postoperativ, 12 Wochen postoperativ, 6 Monate postoperativ und dann jährlich jeweils im Rahmen der klinischen Kontroll-Untersuchungen durchgeführt werden.

Literatur

  • Hintermann B (1999) Die S.T.A.R.-Sprunggelenkprothese. Kurz- und mittelfristige Erfahrungen. Orthopäde 28: 792-803
  • Kofoed H, Stürup J (1994) Comparison of ankle arthroplasty and arthrodesis. A prospective series with long term follow-up. Foot 4:6-0
  • Kofoed H (1999) Die Entwicklung der Sprunggelenksarthroplastik. Orthopäde 28:804-811

Weblinks


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