St. Maria (Ramersdorf)

St. Maria (Ramersdorf)
St. Maria Ramersdorf in München-Ramersdorf
Innenansicht

Die katholische Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Maria Ramersdorf in München-Ramersdorf gehört zu den ältesten und wichtigsten Wallfahrtskirchen im Erzbistum München und Freising.

Zusammen mit St. Pius (München) bildet St. Maria Ramersdorf seit 2009 den Pfarrverband Maria Ramersdorf––St. Pius. St. Maria Ramersdorf gehört zum Dekanat München-Perlach.

Inhaltsverzeichnis

Lage

St. Maria Ramersdorf (Aribonenstr. 9) liegt im alten Dorfkern nördlich des Mittleren Ringes/Innsbrucker Ringes nahe am Anfang der A8 Richtung Salzburg. Die Kirche liegt daher samt Resten des Dorfkerns etwas im Schatten beider großer Straßenverbindungen.

Geschichte

Die Baugeschichte der Vorgängerbauten der heutigen Kirche liegen etwas im Dunkeln. Ramersdorf selbst ist seit dem 11. Jahrhundert urkundlich belegt. Die Familie der Rumolte, die für das Dorf mindestens Namensgeberin war, hat wohl bald eine adlige Eigenkirche auf dem Hügel, der bis heute erkennbar ist, erbaut. Urkundlich zum ersten Mal tritt St. Maria Ramersdorf in den Konradinische Matrikeln aus dem Jahre 1315 in Erscheinung, In dieser Diözesanbeschreibung wird die Kirche mit Friedhof als Filiale von St. Michael in Perlach genannt. Im dortigen Pfarrarchiv waren wohl auch die Unterlagen und Akten der Ramersdorfer Kirche gelagert, das allerdings bei einem Brand im 18. Jahrhundert vollständig vernichtet wurde; das dürfte auch der Grund für die späte Ersterwähnung sein. Ebenso sind keine Nachrichten über das Aussehen der Kirche zu Beginn des 14. Jahrhunderts mehr erhalten. Es wird vermutet, dass der Unterbau des heutigen Kirchturms aufgrund seiner Mauerstärke und Gewölbeform als letzter erhaltener Rest eines romanischen Vorgängerbaus ist.

Ebenso sind keine Nachrichten über das ursprüngliche Patrozinium der Kirche vorhanden. Das Marienpatrozinium der Ramersdorfer Kirche wird erstmals urkundlich 1381 genannt. Es wird daher angenommen, dass bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts ein Marienbild das Ziel von Wallfahrern gewesen ist.

Dennoch muss Maria Ramersdorf im 14. Jahrhundert eine große Bedeutung erlangt haben: 1360 schenkte ein Sohn Kaiser Ludwigs des Bayern der Kirche eine Kreuzreliquie, die Kaiser Ludwig der Bayer von (Gegen-)Papst Nikolaus V. in Rom erhalten hatte. Auch wird erzählt, dass Ludwig der Bayer diese Kreuzreliquie in ein kostbares Umhängekreuz eingefasst ständig getragen haben soll. Die Identität des Sohnes ist nicht restlos geklärt. Laut Kircheninventar von 1761 soll die Reliquie von Herzog Otto V. stammen, der sie 1379 der Kirche gestiftet habe. Es gilt heute als gesichert, dass Otto V. die Kreuzreliquie noch als Herzog von Oberbayern gestiftet hat und nicht erst nach seiner Absetzung als Markgraf und Kurfürst von Brandenburg, die 1373 erfolgte.

In der Folgezeit blühte Maria Ramersdorf als Wallfahrts- und Gnadenstätte regelrecht auf. Um die Wende des 14. zum 15. Jahrhundert wurde ein spätgotischer Neubau errichtet, dessen Größe die einer angemessenen Dorfkirche bei weiten übertraf und mit den Stadtpfarrkirchen in München, vor allem mit dem Alten Peter, vergleichbar ist. Dazu wurden vom Wittelsbacher Herrscherhaus immer mehr Stiftungen und Benefizien für die Kirche errichtet. So stifteten 1381 die Herzöge Stephan, Friedrich und Johann, Söhne von Herzog Stephan II., das St.-Sigismund-Benefizium und bestellten einen Kaplan zur täglichen Messlesung. Erst 1384 bestätigt der Bischof von Freising die Messstiftung und gewährte einen Ablass. 1635 stifteten die 42 Geiseln des Königs Gustav Adolf von Schweden zum Dank für ihre glückliche Rückkehr ein Votivbild.

1675 erfolgte die Barockisierung, die den gotischen Raumeindruck wahrte. Gleichzeitig wurde der Haupteingang vom Turm an die Nord- und Südwand verlegt. Dieser Bauzustand ist dokumentiert durch ein Ölgemälde, das heute in der Turmkapelle zu sehen ist. 1791 zerstörte ein Blitz die gotische Turmspitze und Teile der Glockenstube, so dass der Turm 1792 die bis heute charakteristische Zwiebel erhielt. 1733 erfolgte eine Überarbeitung der Kirche, vor allem der Turmkapelle, im Stil des Rokokos. 1866 wurde die Kirche restauriert, dabei wurden die Rokokoeinbauten insbesondere in der Turmkapelle wieder entfernt, nachdem bereits kurz nach 1800 viele Votivbilder und Darstellungen, die einem überschwänglichen Heiligenkult huldigten, „im Namen der Aufklärung“ entfernt wurden.

Mit der Säkularisation 1803 wurden die Stiftungen sowie der geistliche Grundbesitz in den kurfürstlich-königlichen Besitz übertragen. Dennoch hielt die Bedeutung als Wallfahrts- und Gnadenort an. Erst 1907 war Ramersdorf, 40 Jahre nach seiner Eingemeindung nach München, so sehr gewachsen, dass Maria Ramersdorf zur Pfarrkirche erhoben wurde. Im Dritten Reich kam die Wallfahrt fast vollständig zum Erliegen und ist bis heute nicht in nennenswertem Umfang wiederaufgelebt. Dennoch gilt Maria Ramersdorf insbesondere wegen ihres Reichtums an Reliquien nach Altötting und Ettal als drittwichtigster Marienwallfahrtsort im Erzbistum München und Freising. Nachdem Maria Ramersdorf im Zweiten Weltkrieg nur geringfügig beschädigt wurde, wurde die Pfarrkirche bereits 1945 instandgesetzt.

Ausstattung

  • Hochaltar (Constantin Pader, um 1660) mit dem
  • Gnadenbild der thronenden Muttergottes (Erasmus Grasser (?), um 1480)
  • Kreuzaltar (Erasmus Grasser, Malerei Jan Polack, 1482/83)
  • Tafelbild der Schutzmantelmadonna (Jan Polack (?), 1503)
  • Votivbild der 42 Geiseln Gustav Adolfs (Matthias Kager, 1635)

Glocken

Das Geläut besteht aus sechs Glocken. Die vier kleineren Glocken bilden den Altbestand: Er setzt sich zusammen aus einem mittelalterlichen Glockenpaar, das 1482 vom Münchner Glockengießer Ulrich von Rosen gegossen wurde sowie aus zwei Glocken des 17. Jahrhunderts.

Glocke von 1694.
Rechts auf der Flanke die Pietà-Darstellung.

Die 1694 von Johann Jakob Schorer gegossene Glocke trägt neben einer Darstellung Johannes' dem Täufer und eines Patriarchenkreuzes ein ausdrucksvolles Pietà-Relief mit einer Darstellung Mariens als Mater Dolorosa mit sieben Schwertern.

In den 1950er Jahren goss Karl Czudnochowsky aus Erding zwei große Glocken hinzu. Im Rahmen dieser Ergänzung wurden Tonkorrekturen (durch Ausschleifen) an den vier alten Glocken vorgenommen, wodurch jedoch deren musikhistorischer Wert zerstört wurde.

Mit der Zeit stellte sich heraus, dass das Läuten der beiden größten Glocken den Turm statisch gefährdet und beide Glocken stillegt werden mussten. Nach zehn Jahre langem Schweigen hat das Joch der größten Glocke Obergewichte und einen passenden Gegengewichtsklöppel erhalten, sodass sich die Klöppelanschläge pro Minute verringert haben, die Glocke also langsamer als vorher läutet. Bei der zweitgrößten Glocke ist der Ausschwungwinkel reduziert und dafür ebenfalls ein Gegengewichtsklöppel eingebaut worden. Seitdem liegen beide Glocken außerhalb des statisch gefährlichen Bereichs. Alle Glocken hängen an Stahljochen in einem zweistöckigen Stahlglockenstuhl.

Der Uhrschlag erfolgt über Glocke 2 (Viertelstunden) und Glocke 1 (volle Stunden). Samstags um 15 Uhr wird der Sonntag eingeläutet.

Nr. Name Gussjahr Gießer, Gussort Masse
(kg)
Schlagton
(HT-1/16)
1 Hosanna (Dreifaltigkeit) 1956 Karl Czudnochowsky, Erding 2565 b0 +3
2 Georg 1954 Karl Czudnochowsky, Erding 1650 des1 +4
3 1694 Johann Jakob Schorer, München 930 f1 +3
4 Maria 1482 Ulrich von Rosen, München 658 as1 +4
5 Johannes der Täufer 1610 Batholomäus Wengle, München 450 b1 +4
6 Maria (Sterbeglocke) 1482 Ulrich von Rosen, München 260 des2 +4

Gesamtensemble

Maria Ramersdorf steht auf einem Hügel, der früher als Friedhof genutzt wurde. Dieser Bereich ist mit einer Friedshofumbauung umschlossen, die ein eigenes ehemals spätgotisches Torhaus, heute Torbogenhaus oder Mesnerhaus genannt, besaß. Eine Passionskapelle wurde im 17. Jahrhundert an die Innenseite der Friedhofsmauer angebaut. Im 18. Jahrhundert wurde noch ein kurfürstliches Jagdhaus, das Benefiziatenhaus, in die Mauer eingesetzt. Diese bauliche Einheit hat die Säkularisation und die Purifikationswellen des 19. und 20. Jahrhunderts überlebt. Die heutige städtebauliche Gesamtsituation ist im Wesentlichen in den 1930er Jahren entstanden und das Ergebnis einer nationalsozialistischen Städtebauplanung.

Literatur

  • Mathias Baumgartner: Kath. Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Ramersdorf München (Kurzführer). Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg i. Allg. 2011, ISBN 978-3-89870-715-2.
  • Klaus Gallas: München. Von der welfischen Gründung Heinrichs des Löwen bis zur Gegenwart: Kunst, Kultur, Geschichte. DuMont, Köln 1979, ISBN 3-7701-1094-3 (DuMont-Dokumente: DuMont-Kunst-Reiseführer).
  • Gerlinde Schnabel: Maria Ramersdorf. Ein Kirchenführer für Kinder. Hrsg. vom Kath. Pfarramt Maria Ramersdorf. Selbstverlag, München o.J.
  • Michael Hartig: Die Stadtpfarr- und Wallfahrtskirche Maria Ramersdorf. München. Schnell und Steiner, Regensburg 1935, ISBN ohne Angabe (Reihe: Kleine Kunstführer/Kirchen und Klöster).

Weblinks

 Commons: St. Maria (Ramersdorf) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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