Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft

Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft

Die Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft (SWG) ist ein eingetragener Verein mit Sitz in Hamburg. Zweck des Vereins ist die Durchführung staatsbürgerlicher Bildungsarbeit. Dieses Ziel soll vor allem durch Vortragsveranstaltungen erreicht werden. In Vorträgen und Publikationen der SWG werden u.a. geschichtsrevisionistische Themen behandelt.[1][2]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die SWG wurde am 9. April 1962 in Köln von Hugo Wellems, Chefredakteur der DP-Parteizeitung Das Deutsche Wort und ehemals Pressereferent im Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda, gemeinsam mit dem damaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Artur Missbach und dem Publizisten Karl Friedrich Grau (CSU) gegründet. Wellems stand der SWG bis zu seinem Tod 1995 als Vorsitzender vor,[3] sein Nachfolger wurde Brigadegeneral a. D. Reinhard Uhle-Wettler. Seit April 2008 ist der Rechtswissenschaftler Menno Aden Vorsitzender der Gesellschaft.

Der Umzug von der Kölner Händelstrass 53 nach Hamburg erfolgte 1973. Die Finanzierung der Gesellschaft erfolgt, laut eigenen Angaben, über Spenden.

Tätigkeiten und Publikationen

Laut ihrem eigenen Selbstverständnis möchte die SWG „konservative Bildungsarbeit“ im „vorpolitischen Raum“ betreiben. Die SWG organisiert in erster Linie Vortragsveranstaltungen über politische, soziale und wirtschaftliche Themen. Ziel der Arbeit der Gesellschaft ist das Werben „für die Vaterlandsliebe […] aus welcher Recht und Freiheit in Staat und Wirtschaft entstehen.[4]

Für Vorträge verpflichtete der SWG über die Jahre hinweg die unterschiedlichsten Politiker, Historiker und Diplomaten, welche im folgenden Kapitel Vortragende einzeln aufgeführt werden.

1975 berichtete der Spiegel, dass die SWG im Bundestagswahlkampf 1972 mit Hilfe von Millionenspenden aus der Wirtschaft anonyme Postfach-Kampagnen gegen Willy Brandt und Walter Scheel durchgeführt habe.[5] Wolfgang Hoffmann berichtete unter anderem von einer Zahlung in Höhe von 382.950 Mark an die SWG vom 9. Oktober 1972.[6]

Mit einer Anzeige in der Tageszeitung Die Welt protestierte die SWG 1999 „nachdrücklich“ gegen die Wehrmachtsausstellung des Hamburger Institutes für Sozialforschung. Die Wehrmacht, so in der Anzeige, „war keine verbrecherische Organisation. Ihre Angehörigen haben in ihrer überwiegenden Mehrheit ehrenhaft gekämpft. Die deutschen Soldaten waren und sind keine Mörder!“[7]

Am 17. Juni 2004 setzte die SWG ein Schreiben an den damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler auf mit der Bitte, in Italien einen Gnadenerweis für Erich Priebke zu erwirken.[8]

Von der Deutschen Partei übernahm die Gesellschaft die Zeitschrift Das deutsche Wort, welche bis 1973 als offizielles Organ fungierte.[9] Nach deren Einstellung publiziert die Gesellschaft seit 1973 das Deutschland-Journal mit einer Auswahl an Zeitungsartikeln und Referaten. Die Redaktionsanschrift ist die der Preußischen Allgemeinen Zeitung (ehemals Ostpreußenblatt), deren Chefredakteur Hugo Wellems war. Mit der Jungen Freiheit besteht ein reger Austausch beim Abdruck von Artikeln und Hinweisen auf Veranstaltungen der SWG.

Resonanz

1999 kam es zu einem Skandal, als die SWG den späteren Hamburger Innensenator Ronald Schill neben einer ganzen Reihe Prominenter für eine Veranstaltung gewinnen wollte. Schill sagte seinen Vortrag aufgrund öffentlicher Proteste ab.[10] Eingeladen wurde an seiner Stelle der Brigadegeneral und frühere Befehlshaber der deutschen KFOR-Einheiten im Kosovo, Helmut Harff.

Manfred Muck, der ehemalige Hamburger Vize-Verfassungsschutz-Chef bescheinigte der SWG 2001 eine Nähe zum Rechtsextremismus. Dies äußere sich, so Muck, in „personellen Überschneidungen“ der SWG mit „rechtsextremen Organisationen“.[11]

Der Politikwissenschaftler Wolfgang Gessenharter bezeichnete 2008 die SWG als ein „wichtiges Scharnier zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus“.[12]

Der Staats- und Wirtschaftswissenschaftler Gideon Römer-Hillebrecht schrieb 2009, dass die SWG in ihren Vorträgen und Publikationen häufig geschichtsrevisionistische Themen wie die Relativierung der Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg und die Forderung nach Straffreiheit für die Holocaustleugnung behandeln würde.[13]

Vortragende

Einzelnachweise

  1. vgl. Barbara Junge, Julia Naumann, Holger Stark: RechtsSchreiber: wie ein Netzwerk in Medien und Politik an der Restauration des Nationalen arbeitet. Berlin 1997, ISBN 3885206218, S. 163-165.
  2. Stefan Klemp: KZ-Arzt Aribert Heim. Die Geschichte einer Fahndung. Münster, Berlin 2010, ISBN 9783941688094, S. 140-1.
  3. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 651.
  4. Was will die SWG? (aufgerufen am 5. Januar 2009)
  5. DER SPIEGEL, Nr. 48, 1975, S. 29
  6. Wolfgang Hoffmann, Die Finanzen der Parteien, Praeger 1973, S. 190
  7. Anzeige der SWG, Regionalteil Hamburg, DIE WELT vom 10. Juli 1999; Sekundärquelle hierzu: Daniel Hörsch, Rechte Netzwerke - eine Gefahr, VS Verlag 2004, S.117
  8. Stefan Klemp, KZ-Arzt Aribert Heim - Die Geschichte einer Fahndung, MV-Verlag 2010, S. 140
  9. Die Weltbühne, Heft 13 vom 31. März 1970, Seite 388
  10. Deutscher Bundestag, Drucksache 14/7772:Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS (5. Dezember 2001). S. 2
  11. Andreas Speit: „Unbesiegte Deutsche. Zum 60. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus darf ein dubioser Verein seiner Erinnerungskultur huldigen“, in: die tageszeitung vom 30. April 2005, S. 25
  12. Andreas Speit: „Kein Gastspiel für Professor Daschitschew“, in: die tageszeitung vom 9. Mai 2008
  13. Daniel Hofmann, Gideon Römer-Hillebrecht, Die «jüdisch-zionistische Verschwörung»: Juden, Bundeswehr und ihre Verbündeten als Feindbilder antimoderner Heilsbotschaften, In: Michael Berger, Gideon Römer-Hillebrecht, Juden und Militär in Deutschland: zwischen Integration, Assimilation, Ausgrenzung und Vernichtung, Nomos Verlag 2009, S.337

Literatur

  • Kurt Hirsch: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945. Ein Lexikon. Knesebeck u. Schuler, München 1989, 478 S., ISBN 3-926901-22-5
  • Andreas Speit und Felix Krebs: „Rechts bei der Union“. In: Der Rechte Rand vom November 2005, Seite 3
  • Andreas Speit: „‚Anlage als nicht übersandt betrachten‘. Antisemitismus in der ‚Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft‘ (SWG)“. In: Der Rechte Rand Nr. 101 vom Juli/August 2006

Weblinks


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