Stadtkirche (Gießen)

Stadtkirche (Gießen)
Stadtkirchturm im Jahr 2005

Die Stadtkirche ist eine ehemalige Kirche in Gießen, von der heute nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg noch der Kirchturm erhalten ist.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Anfänge

In der Zeit von Mitte des 13. Jahrhunderts bis Beginn des 14. Jahrhunderts (ein genauer Zeitpunkt ist nicht bekannt, auch wenn 1248 gelegentlich genannt wird) entstand in Bereich des heutigen Kirchplatzes ein gotisches Gotteshaus, das dem Heiligen Pankratius geweiht war. Diese „Kapelle“, wie sie damals noch bezeichnet wurde, erhielt 1265 einen Pfarrer und 1285 einen eigenen Kirchhof und trägt 1334 zum ersten Mal die Bezeichnung „Pfarrkirche“. Die Stadtkirche wurde als katholisches Gotteshaus errichtet. Nach der Reformation war die Stadtkirche das Gotteshaus der protestantischen Gemeinde (nach dem Prinzip Cuius regio, eius religio).

Turmbau

Von 1484 bis 1520 wurde der Kirchturm – ebenfalls im gotischen Stil – über dem Burggraben der 1152 errichteten Wasserburg Gießen gebaut. Die eingeschossige Kuppel war im Stil der Renaissance gehalten. In einer weiteren Bauphase wurde von 1613 bis 1622 das Hauptschiff in nördliche Richtung erweitert und eine Verbindung zum Turm geschaffen. 1699 wurde die Kuppel gegen einen barocken Helm mit drei Etagen ausgetauscht. Als dieser Kirchenbau zunehmend Renovierungsbedarf aufwies, wurde er im Mai 1808 schließlich bis auf den Turm aufgegeben.

Neubau

Eine neue Stadtkirche wurde in den Jahren 1810 bis 1821 errichtet und am 29. Juli 1821 eingeweiht. Sie befand sich an derselben Stelle, war jedoch um etwa 90 Grad gedreht gegenüber dem gotischen Vorgängerbau. 1897 wurde die Kirche abermals umgebaut, so wurden etwa die Fenster erneuert. Am 30. Januar 1898 wurde die umgebaute Kirche wieder eröffnet.

Zerstörung

Pankratiuskapelle

Während eines Bombenangriffs auf Gießen am 6. Dezember 1944 wurde die Stadtkirche vollständig zerstört. Die Trümmer wurden für den Bau der Notkirche für die evangelische Matthäus- und Markusgemeinde (heutige Pankratiuskapelle) verwendet. Diese wurde von November 1948 bis zum Richtfest am 14. April 1949 in der Nähe der Stadtkirche gebaut. Das Areal der Stadtkirche wurde 1954 in eine Grünfläche umgebaut. Heute weisen dort Steinlinien auf den Grundriss der ehemaligen Kirche hin.

Auch der Stadtkirchturm brannte aus und verlor seine Kuppel. Als Folge sollte der Turm ohne Kuppel als Mahnmal dienen.

Turm

Der Glockenturm der ehemaligen Kirche ist als ältestes Gebäude der Kernstadt Gießens heute noch erhalten. Er hat eine Höhe von 50,70 Metern und im Erdgeschoss 2,25 Meter dicke Wände. Er besteht neben der Kuppel aus drei Stockwerken im unteren Bereich (davon zwei ohne Zwischendecke und ein Glockenstuhl) und einem Wohngeschoss oben. Dort befand sich eine kleine Wohnung mit drei Zimmern und einer Küche, in der der Turmwächter wohnte. Bis 1910 gab es einen solchen Türmer in Gießen. In diesem Jahr wurde der Turm auch von der Stadt Gießen auf die Kirchengemeinde übertragen und ging in ihren Besitz über.

Am 6. Dezember 1952 wurde eine Taufkapelle im Turm eingeweiht („Michaelskapelle“). Das Taufbecken stammt wohl aus der ersten Stadtkirche, die 1808 abgebrochen wurde. 1955 erhielt der Turm vier neue Glocken, die vom Bochumer Verein aus Gussstahl gegossen wurden. Sie erklingen in den Schlagtönen h0, d1, e1 und g1. 1979 wurde eine neue Turmhaube errichtet. Das Richtfest fand am 11. Juli statt. Ein Jahr später wurde die Außenfassade des Turms neu verputzt und gestrichen. Im Inneren wurde ab 1986 eine umfangreiche Renovierung vorgenommen. Heute findet regelmäßig ein „Turmgebet“ in der Kapelle statt. Der Turm gilt als eines der Wahrzeichen der Stadt Gießen.

Literatur

  • Peter W. Sattler, Hermann Klehn: Der Stadtkirchturm. Das Wahrzeichen Gießens. So oft der Glocken Schall … Geiger-Verlag, Horb am Neckar 1992.

Weblinks

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