Starkstromtechnik

Starkstromtechnik

Die Elektrische Energietechnik ist ein Fachgebiet innerhalb der Elektrotechnik und der Energietechnik, das sich mit Erzeugung, Umwandlung, Speicherung, Transport und Weiterleitung in elektrischen Netzen und Nutzung von elektrischer Energie (umgangssprachlich Strom oder Elektrizität) beschäftigt. Die Abgrenzung zu anderen Gebieten der E-Technik ist dadurch gegeben, dass in der Energietechnik i.d.R. mit Hochspannung und Starkstrom gearbeitet wird, um große bis sehr große Leistungen (Kilo- bis Gigawatt) zu übertragen.

Inhaltsverzeichnis

Energiebereitstellung

Ein Großteil unserer täglich verfügbaren Energie wird als elektrischer Strom in Kraftwerken bereitgestellt. Dabei werden verschiedene Arten von Energiequellen (z. B. Kohle, Gas, Sonne, Uran, Wind) in Nutzenergie (z. B. Licht, Wärme, Kälte) umgewandelt. Der Bedarf an Energie in einem öffentlichen Elektroenergienetz ist stark von saisonalen Schwankungen geprägt. Im Sommer wird weniger Strom für Licht und Wärme benötigt als im Winter. Auch während eines Tages treten große Schwankungen auf. So ist eine Spitze des Strombedarfs eines öffentlichen Netzes vor allem morgens zwischen 6-8 Uhr, zwischen 11-13 Uhr und zwischen 19-22 Uhr zu bemerken. Elektrische Energie lässt sich bis heute nicht in nennenswertem Umfang speichern. Daraus folgt, dass Erzeugung und Verbrauch der elektrischen Energie immer im Gleichgewicht sein müssen. Dies führt zu einer aufwändigen und teuren Regelung des Netzes und der Kraftwerke. Schwankungen bei der Erzeugung und beim Bedarf regionaler Stromnetze werden ausgeglichen, indem mehrere regionale Stromnetze miteinander verbunden und Pumpspeicherkraftwerke als Energiepuffer eingesetzt werden. In Europa sind die Höchstspannungsnetze im Verbund der UCTE (Union for the Co-ordination of Transmission of Electricity) zusammen geschaltet. Die Frequenzregelung erfolgt über zwei Koordinationsstellen in Brauweiler (Pulheim) / D und Laufenburg / CH.

Kraftwerksarten

Hauptartikel: Kraftwerk

Unterteilung nach der Lastverteilung

KKW Grafenrheinfeld, Bayern
Diese beanspruchen hohe Investitionskosten, haben dafür allerdings geringe Betriebskosten. Als Konsequenz sind sie also nur wirtschaftlich, wenn sie sehr lange Jahresbetriebszeiten aufweisen. Das Anfahren von Grundlastkraftwerken beansprucht im Extremfall bis zu mehreren Tagen. Sie produzieren den Großteil des in Europa verbrauchten Stromes.
Als Grundlastkraftwerke werden vor allem Flusskraftwerke, Kernkraftwerke und Braunkohlekraftwerke eingesetzt.
Diese befinden sich in den Investitionskosten bzw. Betriebskosten zwischen den Grund- und Spitzenlastkraftwerken und sind dafür ausgelegt, größere Schwankungen im Tagesverlauf der Energieversorgung auszugleichen.
Als Mittellastkraftwerke werden vor allem Steinkohlekraftwerke eingesetzt.
Die Rohrleitungen des Kraftwerks Walchensee
Sie haben die Aufgabe Versorgungslücken der Energiebereitstellung zu schließen. Geringe Investitionskosten und hohe Betriebskosten machen den Strom aus Spitzenlastkraftwerken sehr teuer. Dies ist auch der Grund für nur geringe Betriebszeiten von Spitzenlastkraftwerken. Sie können jedoch sehr schnell angefahren werden. Ein typisches Beispiel für Spitzenlastkraftwerke sind Pumpspeicherkraftwerke. Deutschland muss Strom in Spitzenzeiten sehr oft von seinen Nachbarländern zu hohen Preisen zukaufen. 2003 wurde das in Deutschland größte Pumpspeicherkraftwerk (Pumpspeicherwerk Goldisthal) im Thüringer Wald errichtet.
Je mehr Stromerzeuger errichtet werden, welche unstetig Strom produzieren (Windkraft, Photovoltaik) umso größer wird die Bedeutung von Spitzenlastkraftwerken.

Unterteilung nach der Energiequelle

Kohlekraftwerke
In einem Brennerraum wird Kohle verbrannt. Die erzeugte Wärmeenergie wird dazu genutzt, in einem Wasserrohrkessel Wasser zu verdampfen. Der Wasserdampf wird überhitzt, es bildet sich Dampf mit einer sehr hohen Temperatur und unter sehr hohem Druck. Anschließend wird er in einer Dampfturbine, eventuell mit Zwischenüberhitzung, entspannt, die Temperatur und der Druck fällt. Das Wasser liegt jedoch noch immer als Dampf vor. Hinter der Turbine wird der Wasserdampf in einem Kondensator verflüssigt, so dass am Schluss wieder Wasser vorliegt. Dieses Wasser wird über die Speisepumpe in den Kessel zurückgespeist. Dieser spezielle Kreisprozess wird Clausius-Rankine-Prozess genannt. Die angetriebene Turbine treibt über eine Welle einen Generator an, der Strom erzeugt.
Gasturbinenkraftwerke
Bei Gaskraftwerken wird in einer Gasturbine ähnlich einem Flugzeugtriebwerk ein komprimiertes, also unter hohem Druck stehendes Gemisch aus Luft und Gas entzündet. Die Wärmeausdehnung dieses Gemisches treibt in der Gasturbine die Welle an, an die ein Generator angeschlossen ist. Die Luft wird am Eintritt der Gasturbine unter Umgebungsdruck und Temperatur angesaugt und komprimiert. In der Brennkammer wird Gas eingespritzt und entzündet. Dies ist eine exotherme Reaktion, es wird also Energie freigesetzt. In der eigentlichen Turbine wird das verbrannte Gemisch dann expandiert, d. h. der Druck und die Temperatur sinken und die kinetische Energie des Gemisches wird auf die Laufschaufeln der Turbine übertragen. Diese drehen sich und übertragen das Drehmoment weiter an die Welle, die letztendlich den Generator antreibt.
GuD-Kraftwerke
GuD-Kraftwerke sind kombinierte Gas- und Dampfkraftwerke. Bei einer Gasturbine hat die Luft am Austritt noch eine hohe Temperatur. Diese kann genutzt werden um Wasser, ähnlich wie bei Dampfkraftwerken, zu verdampfen. GuD-Kraftwerke erreichen einen höheren Wirkungsgrad als einzelne Dampf- oder Gaskraftwerke.
Fernwärmekraftwerke
Fernwärmekraftwerke lassen sich nur in der Nähe von Ballungszentren realisieren, da die erzeugte Wärme in der unmittelbaren Umgebung abgenommen werden muss. Fernwärmekraftwerke sind häufig mit Dampfkraftwerken kombiniert, können jedoch auch einzeln betrieben werden. Bei den Heizkraftwerken wird die restliche Energie des Wassers am Turbinenaustritt genutzt. Der Dampf wird nicht bis auf Umgebungstemperatur abgekühlt sondern bei einem höheren Temperaturniveau durch große Rohrleitungen in ein Fernwärmenetz eingespeist. Beim Verbraucher gibt der Dampf dann seine Wärme ab und kommt als Wasser mit geringerer Temperatur wieder zum Kraftwerk zurück.
Wasserkraftwerke
Wasserkraftwerke kommen in sehr unterschiedlicher Form und für sehr unterschiedliche Einsatzzwecke vor. Grundlastkraftwerke sind sehr große Stauwasserkraftwerke wie z. B. Itaipú oder der Drei-Schluchten-Damm. Sie werden mit großen Francisturbinen betrieben. Dies sind Wasserturbinen für eine mittlere Fallhöhe und einen mittleren Durchfluss. Sie erreichen Leistungen von bis zu 800 MW pro Turbine und Kraftwerksleistungen von bis zu 12,6 GW. Auch Laufwasserkraftwerke (Flusskraftwerke) wie das Laufwasserkraftwerk Mühlhausen werden als Grundlastkraftwerke eingesetzt. Charakteristisch ist ein großer Durchfluss und niedrige Fallhöhen welche mittels einer Kaplan-Turbine oder einer Francisturbine zur Stromgewinnung genutzt werden. Speicherkraftwerke wie das Kraftwerk Walchensee dienen vor allem zur Abdeckung des Strombedarfs in Spitzenzeiten.

Regelung

Strom wird erzeugt indem der Rotor eines Generators in eine Drehbewegung versetzt wird. In großen Kraftwerken sind diese Generatoren ausschließlich Synchronmaschinen. Eine solche Synchronmaschine erzeugt mittels ihres Rotors, in dessen Wicklung ein Gleichstrom fließt, ein Drehfeld. Dieses Feld induziert in den drei Wicklungssystemen des Stators drei um jeweils 120° phasenverschobene Sinusspannungen.

Wird nun der Strombedarf eines Stromnetzes erhöht, so muss der Generator mehr Leistung erbringen. Also muss beispielsweise die Dampf- oder Wasserturbine eine größere Leistung an den Generator übertragen. Tut sie dies nicht, wird der Generator infolge des größeren Widerstandes langsamer laufen. Somit ändert sich also auch die Frequenz – sie wird kleiner bis zum Lastabwurf. Die Frequenz ist also ein charakteristisches Merkmal welche den Strombedarf eines Netzes beschreibt. Und tatsächlich werden Kraftwerke nach der Frequenz des Stromnetzes geregelt. Ist sie zu niedrig müssen die Dampf- oder Gasturbinen mehr Leistung bringen. Ist sie zu hoch wird die Leistung reduziert.

Hierzu ist aufwendige Regelungstechnik nötig. In einem großen Stromnetz hängen viele Energieerzeuger miteinander zusammen. Untereinander abgestimmt muss nun die erforderliche Strommenge bereitgestellt werden.

Tatsächlich hängt die Bereitstellung von Strom jedoch von noch weiteren Einflüssen ab. Der deutsche Strommarkt ist seit Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes im April 1998 liberalisiert und Strom wird auf der Strombörse EEX (European Energy Exchange) in Leipzig wie eine Ware gehandelt. Große Energieversorgungsunternehmen (E.ON, RWE, Stadtwerke etc.), aber auch Privatkunden und Industrieunternehmen kaufen bei Kraftwerksbetreibern Strom ein. Je nachdem wie viel Strom ein Energieversorger also verkauft wird er auch produzieren.

Energietransport

Hochspannungsleitungen für den Transport elektrischer Energie

Neben der Erzeugung von Energie ist der Transport der erzeugten elektrischen Energie ein weiteres Aufgabengebiet der Energietechnik. Zur Vermeidung unnötiger Übertragungsverluste gilt es, die elektrische Energie möglichst nah am Verbraucher zu produzieren. Große Verbrauchszentren sind in Deutschland beispielsweise das Ruhrgebiet oder das Rhein-Main-Gebiet. Elektrischer Strom wird mit dem Stromnetz vom Erzeuger zum Verbraucher transportiert. Dabei hängt der Verlust maßgeblich vom elektrischen Widerstand des Leiters ab. Die Verlustleistung Pverlust beträgt:

Mit U = Spannung, I = Stromstärke, R = elektrischer Widerstand

beträgt die elektrische Verlustleistung Pverlust

mit

U = R \cdot I

P_{verlust}=U \cdot I = R \cdot I^2

d. h. sie ist in zweiter Potenz abhängig von der Stromstärke.

Transformatoren wandeln Hochspannung in Netzspannung

Um die Verlustleistung nun zu minimieren, muss man die Stromstärke und den elektrischen Widerstand des Leiters senken. Der Widerstand des Leiters kann durch verbesserte Materialien verringert werden, er sinkt bei verdoppeltem Durchmesser des Leiters auf ein Viertel des ursprünglichen Wertes. Bei Wechsel-/Drehstromsystemen ist dieser Effekt jedoch durch den Skineffekt begrenzt. Eine größere Senkung der Verlustleistung wird allerdings dadurch erreicht, dass man die Spannung durch Transformatoren auf etwa 500 kV erhöht, damit bei gleicher Leistung ein geringerer Strom durch die Leitung fließt. Jedoch sind auch hier die überwindbaren Strecken begrenzt, da die Spannung nicht beliebig hoch transformiert werden kann: Je höher die Spannung ist desto schwieriger wird es, die Isolation auszulegen. Hinzu kommt, dass der kapazitive Blindstrom einer Leitung proportional dem Quadrat der Spannung steigt. Das führt zu einer Blindleistung, welche die Leitung bereits im Leerlauf in Abhängigkeit vom Kapazitätsbelag C' und der Länge der Leitung auslasten kann. Bei Erdkabeln, welche naturgemäß einen großen Kapazitätsbelag aufweisen, führt es dazu, dass die Kabelstrecken auf etwa 70 km begrenzt sind. Ein Ausweg ist die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung.

Siehe auch


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