Steinach an der Saale

Steinach an der Saale

Steinach ist der zweitgrößte Ortsteil der Marktgemeinde Bad Bocklet, liegt an der Fränkischen Saale und hat 1.200 Einwohner.

Das Steinacher Wappen: Durch einen blauen Wellenpfahl (Fränkische Saale) gespalten von Silber und Gold; vorne schräg gekreuzt zwei rote Streitkolben (Zeichen der Forstmeister von Rothenkolben und Lebenhan); hinten ein schwarzer Biber (Wappentier der Ritter von Bibra).

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Steinach wird umgeben von Wiesenauen und bewaldeten Hügeln an der Fränkischen Saale.

Der Ort liegt 224 Meter über NN. und befindet sich 14 Kilometer nordöstlich von Bad Kissingen und 12 Kilometer südwestlich von Bad Neustadt an der Saale. Durch Steinach führen die Staatsstraßen St 2292 (Bad KissingenBad Neustadt an der Saale) und St 2267 (Bischofsheim a. d. Rhön–Steinach)

Geschichte

Steinach – im Jahre 979 n. Chr. in einer Schenkungsurkunde Kaiser Ottos II. erstmals urkundlich erwähnt, wobei jedoch davon auszugehen ist, dass sich schon zu früheren Zeiten dort eine befestigte Siedlung befand – war stets ein Zankapfel zwischen den verschiedenen Territorialinteressen im Gebiet Main-Rhön. Davon zeugen die Reste der Talburg der Grafen zu Henneberg und die in der Nähe liegende Burgruine Steineck sowie das Neue Schloss.

Der Ort liegt im Bereich alter Handels- und Königsstraßen, die von Mainz und Worms zum fränkischen Königsgut Salz unterhalb der Burg Salzburg (bei Bad Neustadt an der Saale) führten. Verschiedene Straßen, die heute noch als Wanderwege und Straßen Verwendung finden, verbanden Würzburg und die ehemalige Freie Reichsstadt Schweinfurt mit diesen West-Ost-Magistralen: „Doch ist eine Verbindung in südliche Richtung vom Sinntal nach Steinach im Tal der Fränkischen Saale anzunehmen, von wo es über die Haardt in Richtung Schweinfurt/Würzburg ging. Zahlreiche Wegerinnen und tief eingeschnittene Hohlwege sowie alte Kreuzungen, z.B. die Bildeiche, an denen mehrere alte Wege zusammen laufen, zeugen noch heute davon.“ [1].

Steinach besaß als einziger Gemeindeteil des heutigen Markts Bad Bocklet das Recht zur Abhaltung eines Marktes (Pferdemarkt), eine Tradition, die in Vergessenheit geriet, aber seit der Tausendjahrfeier in Form eines Markfestes (allgemeiner Jahrmarkt mit Festbetrieb) wieder eingeführt wurde.

Anfang der 1970er Jahre schlossen sich die Gemeinden Nickersfelden, Roth an der Saale und Hohn der Gemeinde Steinach an der Saale an. 1978 wurde der Markt Steinach an der Saale mit seinen Ortsteilen nach Bad Bocklet eingemeindet.

Sehenswürdigkeiten

Bauwerke und Denkmäler

  • Burgruine Steineck (im ehemaligen Gemeindeteil Roth an der Saale)
  • Reste der Talburg der Grafen zu Henneberg (Altes Schloss) aus dem 13. Jahrhundert
  • Pfarrkirche St. Nikolaus mit für Franken typischem Echter-Turm und dem Kruzifix von Tilman Riemenschneider
  • Altes Pfarrhaus (frühes 17. Jahrhundert)
  • Altes Forsthaus (um 1800)
  • Neues Schloss, ehemaliger Sitz der fürstbischöflichen Forstmeister (erbaut 1707 von Freiherr Caspar Otto V. von Diemer)
  • Reste der Synagoge im Schulhaus
  • Jüdischer Friedhof mit Prof.-Dr.-Alex-Bein-Weg
  • Bergkapelle (Kriegsgedächtniskapelle)
  • Gedenkplatte der Augustinerpatres und astronomischen Uhrmacher Nikolaus Alexius Johann Habich (1753–1826) und Johann Baptist Michael Habich (1765–1826) am Steinacher Friedhof (Altes Leichenschauhaus)

Öffentlich zugänglich sind die Pfarrkirche, der Jüdische Friedhof (nach vorheriger Absprache mit Herrn Robert Schmitt, Roth), die Bergkapelle und der Steinacher Friedhof.

Riemenschneider Kruzifix

Die katholische Pfarrkirche St. Nikolaus mit ihrem spätgotischen Chorturm birgt neben einem spätgotischen Taufstein eine besondere Kostbarkeit mit einem Holzkruzifix von Tilman Riemenschneider aus dem Jahre 1516:

Pfarrer Kolb schrieb damals wörtlich: „Über dem Triumphbogen befand sich seit Jahrhunderten ein altes, unscheinbares Kruzifix. Man brachte es nach Aschaffenburg um es einer gründlichen Reinigung zu unterziehen, es war ganz mit Schmutz und alter Farbe überkleistert. Beim Ablaugen entdeckte man im Rücken ein mit einem Korkpfropfen geschlossenen Kanal und fand in demselben einen Bleiwürfel. Derselbe enthielt einige Reliquien und eine Urkunde über den Ursprung des Kruzifixes.“ (aus Chronik der Pfarrei Steinach 1901)

Aus dieser Urkunde geht hervor, dass das Kruzifix ein Werk des berühmten fränkischen Meisters Tilmann Riemenschneider ist. Die Kopie ist an der rechten Chorwand ausgestellt. Sachkenner erklärten es für eines seiner schönsten Werke. Die Wiederanbringung am Triumphbogen der Kirche erschien damals wegen des Lichteinfalls an dieser Stelle ungeeignet und so wurde es an der Kanzel, die sich an der vom Chor aus gesehen rechten Wand des Kirchenschiffs befand, angebracht. In der besagten Bleikasette waren zwei Säckchen untergebracht. Ein dünner Pergamentstreifen mit der Beschriftung „de lingo crucis“ lag auf dem ersten Säckchen das zwei kleine Holzsplitter (also Kreuzpartikel) enthielt. In dem zweiten waren mehrere Knochensplitter, die durch einen Streifen mit der Beschriftung „S. Walpurgis“ als Reliquie der hl. Walpurga identifiziert wurden. Im Zuge verschiedener Kirchenrenovierungen des 19. und 20. Jahrhunderts ging alter Kirchenschmuck verloren, so zum Beispiel die historischen Malereien des Letzten Gerichts an der Frontwand vor dem Chor, die Kanzel, der Hochaltar und die Seitenaltäre. Das gotische Sakramentshäuschen der Herren von Bibra befindet sich seit 1872 im Bayerischen Nationalmuseum München. Allein der Riemenschneider-Crucifixus überstand die königlich-bayerischen Staatsraubzüge im fränkischen Kultur- und Kirchenbesitz in Steinach, da er den königlich-bayerischen Beamten nicht als Kunstwerk ins Auge fiel.

Bergkapelle

Am Ortsausgang führt links ein Flurweg hinauf zur Bergkapelle mit einem Soldatenfriedhof. Die Kriegergedächtniskapelle erinnert an die überaus hohe Zahl der Kriegstoten im Zweiten Weltkrieg. Beim Kampf um Steinach wurden ca. 75 % des Dorfes zerstört bzw. durch Bomben- und Granattreffer sehr stark beschädigt, darunter auch das Kirchenschiff von St. Nikolaus, das von einer Bombe getroffen wurde. Auf diese Geschehnisse weist eine Steintafel hin, die außen am Kirchenschiff rechts neben dem Hauptportal in die Wand eingelassen ist.

Jüdischer Friedhof/Synagoge

Juden gab es schon im frühen 14. Jahrhundert in Steinach. Die Gemeinde, die bis 1942 bestand, ging bis ins frühe 17. Jahrhundert zurück. Eine Synagoge gab es in Steinach seit 1676. Im Wald zwischen Steinach und Unterebersbach liegt der Friedhof der ehemaligen jüdischen Gemeinde Steinach.

Bis in die späten 1930er Jahre existierte eine Israelitische Kultusgemeinde Steinach mit eigener Synagoge (Rabbinat), einem Friedhof, einer Schule und Vereinen, wobei die Schule 1924 wegen Schülermangel geschlossen werden musste. Die Ausschreitungen der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 fanden in Steinach nicht statt, da die örtlichen Nationalsozialisten den Zorn der Bevölkerung fürchteten. Um bei der Gauleitung in Bad Kissingen nicht als judenfreundlich zu gelten, holten die Steinacher Parteigenossen der NSDAP die Reichspogromnacht in der Nacht vom 10. auf den 11. November 1938 mit Hilfe von Nationalsozialisten aus der Umgebung (vorwiegend SA- und SS-Trupps) nach: Das Inventar der Synagoge sowie der Privatbesitz von Steinachern wurden zerstört; das Gebetshaus blieb erhalten, da geplant war, dass dort die Gemeindeverwaltung einziehen sollte. Wertvolle Kultgegenstände (Torawimpel von 1676, Geburtsgürtel von 1666) wurden bereits Ende 1936 nach München verbracht und dem Verband der Israelitischen Gemeinden in München zur Aufbewahrung übergeben. Da nach Kriegsende keine jüdische Gemeinde mehr bestand, wurde die Synagoge Anfang Juni 1952 von der Gemeinde gekauft, Mitte September 1952 abgebrochen und dort eine Schule errichtet. Die Mikwe ist noch im Keller der Schulhauses zu sehen.

Einen tieferen Einblick in die Geschichte der Steinacher Juden gibt Alemannia Judaica: Jüdische Geschichte / Synagoge[2] sowie die Homepage des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern [3].

Literatur: Schultheis Herbert: Juden in Mainfranken 1933 - 1945 unter besonderer Berücksichtigung der Deportationen Würzburger Juden. Bad Neustadt a. d. Saale 1980. ISBN 978-3-9800482-0-0.

Persönlichkeiten

  • Pater Nikolaus Alexius Johann Habich (* 11. November 1753 in Steinach; † 28. Juni 1826 in Mainz), OSA - Musiker und Komponist, Mathematiker, Astronom. Seit 1774: Komposition verschiedener Messen, Vespern, Kompletoren Opern; November 1780: Uraufführung des Requiems für die verstorbene Kaiserin Maria Theresia unter seiner Leitung im Freiburger Münster; seit 1781: Lehrer am kurfürstlichen Gymnasium in Mainz; 1796: Fertigstellung der ersten seiner acht astronomischen Uhren, von denen heute nur zwei erhalten sind.
  • Pater Johann Baptist Michael Habich (* 3. Mai 1765 in Steinach; † 29. September 1826 ebenda), OSA (Bruder von Pater Nikolaus Alexius Johann) - Astronom und Mathematiker; Domvikar zu Mainz; Hersteller von sechs astronomischen Uhren, von denen noch vier erhalten sind.
  • Professor Dr. Alexander Bein (* 21. Januar 1903 in Steinach an der Saale; † 20. Juni 1988 in Stockholm;), Historiker und Archivar: Bein war der Sohn einer alteingesessenen jüdischen Lehrerfamilie: Sein Großvater Salomon (Shlomo) Bein war bis 1884 und sein Vater Mosche Bein bis 1921 Vorbeter und Lehrer an Israelitischen Volksschule (bis 1923, danach der Religionsschule) in Steinach. Mitte Juni 1912 verzog die Familie nach Nürnberg. Nach dem Schulbesuch studierte er Geschichtswissenschaften in Erlangen und Berlin (Promotion in Berlin 1927). 1927-1933 war Bein beim Deutschen Reichsarchiv Potsdam angestellt. Im Jahre 1933 emigrierte er nach Palästina. In Jerusalem 1956-1971 Staatsarchivar/Leiter des Zentralen Zionistischen Archivs.

Einzelnachweise

  1. "Rhönaktiv - Alte Straßen"
  2. Alemannia Judaica: Steinach mit Bad Bocklet (Bad Bocklet, Kreis Bad Kissingen) - Jüdische Geschichte / Synagoge
  3. Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden in Bayern - Friedhof in Steinach an der Saale

Weblinks

50.28583333333310.0958333333337Koordinaten: 50° 17′ N, 10° 6′ O


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