Stephan Freiherr von Stengel

Stephan Freiherr von Stengel

Stephan Christian Freiherr von Stengel (* 6. Oktober 1750 in Mannheim; † 3. Oktober 1822 in Bamberg), war ein pfalz-bayerischer Aufklärer, liberaler Finanz- und Wirtschaftsfachmann im Dienst des Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Bayern, Staatsrat, und Generalkommissar der Landesdirektion Bamberg, Radierer und Zeichner sowie Mäzen und Kunstsammler.

Leben

Stengel war der Sohn des pfälzischen Kanzleidirektors und Staatsrats Johann Georg Freiherr (seit 1788) von. Stengel (1721-98) und der Maria Christine Edle von. Hauer (1734-96). Als sein natürlicher Vater gilt Karl Theodor von Pfalz-Bayern.

Stengel studierte Rechts-, Staats- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Heidelberg. Er machte sich früh mit dem Physiokratismus vertraut. In den Staatswissenschaften folgte er den Lehren der Philosophen Christian Wolff und Immanuel Kant. Die modernen Wirtschaftswissenschaften studierte er am Beispiel der Lehren des schottischen Nationalökonomen und Moralphilosophen Adam Smith. 1775 regte er die Gründung der Deutschen Gesellschaft an, um die Erkenntnisse in Kunst und Wissenschaft einer breiten Leserschaft zu vermitteln und die Schriftsprache zu verbessern. 1780 gehörte er in zu den Stiftern der später weltweit agierenden Meteorologischen Gesellschaft. Als Kurfürst Karl Theodor 1778 die Regierungsgeschäfte auch in Bayern übernahm und seinen Hof von Mannheim nach München verlegte, erhielt er dort die Stelle des Geheimen Kabinettssekretärs, die er bis zum Tod des Kurfürsten inne hatte. Im Jahr des Beginns der Französischen Revolution berief ihn Karl Theodor zum Leiter des Finanzdepartments mit weitreichenden Vollmachten zur Durchführung einer liberalen Wirtschaftspolitik. Stengel war ein Gegner des merkantilistischen Wirtschaftssystems. Er setzte in Bayern den für den Staatshaushalt unentbehrlichen Getreide-Freihandel durch. Als Direktor der Donaumoos-Kommission sorgte er für die Trockenlegung und Kultivierung des Donaumooses, eines 4.000 Quadratmeilen großen öden Sumpfes. Die Kapitalisierung des Bodens und die Beförderung der Kreditwirtschaft waren Ziele seiner Finanzpolitik. Seit 1793 leitete Stengel die langwierigen Steuerverhandlungen mit den Landständen, deren Aufhebung er anstrebte. Stengel war für die Gleichheit aller vor der Steuer. Auch der Adel sollte Steuern zahlen. Stengel begann schon vor 1803 mit der Säkularisation der bayerischen Klöster.

Unter der nachfolgenden Regierung übernahm er ab 1808 als Generalkommissar die Landesdirektion des neu gegründeten Mainkreises in Bamberg, wo er eine an rechtliche Grundsätze gebundene moderne Staatsverwaltung aufbaute. Er hinterließ ein umfangreiches Werk von Feder- und Pinzelzeichnungen und Radierungen. Erstmals wurde sein gesamtes druckgraphisches Schaffen 2009 von den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim im Museum Zeughaus C 5 gezeigt. Stengel war mit bedeutenden Künstlern seiner Zeit wie Ferdinand Kobell und Johann Georg von Dillis befreundet.

Stengel war verheiratet in 1. Ehe mit Marianne (v.) Blesen (gest. 1802) und in 2. Ehe mit Juliane Marc, geborene Stieglitz (1765-1834).

Literatur

  • Stephan v. Stengel: Denkwürdigkeiten, hrsg. v. G. Ebersold (Schriften der Freunde Mannheims und der ehemaligen Kurpfalz, Mannheimer Altertumsverein von 1859, Heft 23) Mannheim 1993.
  • Stephan v. Stengel: Kurfürst Karl Theodor in Rom. Tagebuch seiner zweiten Romreise 1783, hrsg. v. G. Ebersold (Schriften der Gesellschaft der Freunde Mannheims und der ehemaligen Kurpfalz, Mannheimer Altertumsverein von 1859, Heft 24) Mannheim 1997.
  • Lothar Braun: Stephan Freiherr von Stengel (1750-1822). Erster Generalkommissar des Mainkreises in Bamberg, in: R. Baumgärtel-Fleischmann (Hg.): Bamberg wird bayerisch. Die Säkuralisation des Hochstifts Bamberg (1802/3), Bamberg 2003.
  • Monika Groening: Karl Theodors stumme Revolution. Stephan Freiherr von Stengel (1750-1822) und seine staats- und wirtschaftspolitischen Innovationen in Bayern (Mannheimer Geschichtsblätter. Neue Folge/Beiheft 3) Ubstadt-Weiher 2001.
  • Josephine Käse: Dynastische Einheit und staatliche Vielfalt - die frühe Reformpolitik Kurfürst Karl Theodors in Pfalz-Bayern 1778/9, Diss. 1999.
  • Stefan Mörz: Aufgeklärter Absolutismus in der Kurpfalz während der Mannheimer Regierungszeit des Kurfürsten Karl Theodor (1742-1777), Stuttgart 1991.
  • Hans Rall: Kurfürst Karl Theodor. Regierender Herr in sieben Ländern (Forschung zur Geschichte Mannheims und der Kurpfalz, Neue Folge, Bd 8) Mannheim 1993.

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