Stiftskirche zu Klosterneuburg

Stiftskirche zu Klosterneuburg
Ansicht von Süden mit Kaiserappartements

Das Stift Klosterneuburg liegt im niederösterreichischen Klosterneuburg und ist ein Stift der Augustiner-Chorherren. Die Basilika hat einen romanischen Ursprung mit gotischen Ergänzungen. Das Innere ist barock geprägt, mit Fresken unter anderem von Johann Michael Rottmayr.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Mittelalter

Das Stift wurde 1114 als Säkularkanonikerstift durch den österreichischen Markgrafen Leopold III. (der Heilige) gegründet. Das ursprüngliche Ziel des Markgrafen war es, dass dort - an der Residenz des Babenberger-Markgrafen - ein Dom für ein Landesbistum errichtet würde, was aber nicht zuletzt aufgrund des Widerstandes des zuständigen Bischofs von Passau scheiterte. Erster Propst dieses Säkularkanonikerstiftes war der bedeutende mittelalterliche deutsche Geschichtsschreiber Otto von Freising, ein Sohn des Markgrafen.

Nach dem erkennbaren Scheitern der Pläne für ein eigenes österreichisches Landesbistum zogen 1133 die regulierten Augustiner-Chorherren in Klosterneuburg ein. Erster Propst der neuen Gemeinschaft wurde der selige Hartmann.

Um die Gründung des Klosters spinnt sich die Legende, dass Agnes, die Frau des Markgrafen Leopolds III. einmal an einem Aussichtspunkt auf dem Leopoldsberg, dem damaligen Kahlenberg, ihren kostbaren Schleier durch einen Windstoß verloren habe. Er sei jahrelang nicht mehr gefunden worden, bis Leopold eines Tages diesen Schleier auf der Jagd entdeckt habe. Dazu sei Maria erschienen und habe Leopold befohlen, an dieser Stelle ein Kloster zu errichten. In Wirklichkeit ist die Gründung Teil der babenbergischen Erschließung des Donauraums - die Rodung von Wäldern und die Urbarmachung neuer Landstriche wurde hauptsächlich von Klöstern (Benediktinern, später auch Cluniazensern) vorangetrieben.

Die älteste Mauer aus dem Mittelalter wurde vor 1100 erbaut und war Bestandteil eines Wohnturmes, der bereits vor der Burg von Leopold III. entstand. Diese Mauer ist im sogenannten „Seilerkeller“ zu sehen.

Der älteste gotische Teil, von dem zumindest die Grundmauern erhalten sind, ist die 1222 geweihte Capella Speciosa, die zugleich das älteste gotische Bauwerk Österreichs ist.

In einer Seitenkapelle des Kreuzgangs (der Leopoldskapelle) befindet sich das Grabmal von Leopold III. mit dem berühmten Verduner Altar aus dem Jahr 1181, der 1330 zum Flügelaltar umgestaltet wurde. Die Rückseite des Verduner Altars zeigt Bilder des Marienlebens und zählt zu den ältesten monumentalen Tafelmalereien der österreichischen Kunst. Im gotischen Brunnenhaus befindet sich der bronzen Siebenarmige Leuchter der Agnes aus dem frühen 12. Jahrhundert.

Barock

Abendansicht der neugotischen Türme

Die barocke Umgestaltung wurde in mehreren Phasen in den Jahrzehnten nach 1634 vorgenommen, als Baumeister des ältesten Abschnitts sind die Comasken Andrea de Retti, Giacomo Spazzio und Giovanni Battista Carlone überliefert, als Steinmetze wirkten Santino Cechina und Pietro Maino Maderno, als Stukkateur Carlo Passarino. Seit 1637 wuchs nach den Plänen des Battista Carlone der Nordturm empor. Er hatte ihn in allem gleichförmig nach dem Südturm zu gestalten. Die gesamten Steinmetzarbeiten leitete Meister Maderno, aus den vorhandenen Rechnungen wird aufgezeigt, das durchschnittlich 50 Personen bei Maderno beschäftigt waren. Dieser Auftrag war 1648, nach einer Unterbrechung, abgeschlossen. Maderno übernahm danach das Richteramt im Kaiserlichen Steinbruch, wo er das Handwerk gelernt hatte. 1649 erhob ihn Ferdinand III. für seine künstlerischen Arbeiten in Österreich und Ungarn in den Adelsstand. Die Meister Ambrosius und Giorgio Regondi lieferten mehrmals Plattensteine.

Die ganze Anlage wurde im 18. Jahrhundert wesentlich umgebaut. 1706 begann der bedeutende Barockbaumeister Jakob Prandtauer mit ersten Plänen, die auch den Altbestand einbezogen. Der Melker Abt Berthold Dietmayr schlug daraufhin Donato Felice d'Allio als Architekten vor, der 1730 einen weitläufigen Gebäudekomplex mit vier regelmäßigen Innenhöfen entwarf und nurmehr die Stiftskirche erhalten wollte. Dennoch waren seine Entwürfe weniger prunkvoll als Melk und Stift Göttweig. Karl VI. wollte das Kloster zu einem Österreichischen Escorial, d.h. zu einer herrschaftlichen Klosterresidenz, umbauen. Man vermutet, dass er damit den Verlust der spanischen Krone kompensieren wollte - wäre sein älterer Bruder Joseph nicht zur Unzeit gestorben, wäre er als Karl III. von Spanien bekannt geworden. Karl VI. war mit den Planungen d'Allios daher unzufrieden. Joseph Emanuel Fischer von Erlach (als Erster Architekt des Kaiserlichen Hofbauamtes) erhöhte den Bau, gliederte die Fassaden stärker und krönte jede Ecke mit einer Kuppel. 1730 wurde auch Donato Felice d'Allio mit der Ausführung betraut.

1740, nach dem Tod Karls VI., geriet das Projekt ins Stocken. Von 1834 bis 1842 wurde das Bauvorhaben zwar unter Joseph Kornhäusel weitergeführt, jedoch nie vollendet. Nur einer der vier Innenhöfe wurde fertiggestellt. Von weitem zu sehen sind aber die Kuppeln mit der riesigen Goldkrone des Heiligen Römischen Reichs und dem Erzherzogshut von Österreich, die die Herrschaftstitel des Hauses Habsburg symbolisieren. Von den 9 geplanten Kuppeln wurden nur 2 fertiggestellt. Sie sind mit Kupferplatten gedeckt.

Neogotik

In den 1880er Jahren wurden die Türme von dem Wiener Architekten Friedrich von Schmidt im neugotischen Stil umgebaut.

Stiftskirche

Stiftskirche, Innenansicht

Berühmt ist auch die Orgel der Stiftskirche von 1642, die von Johannes Freundt aus Passau errichtet wurde und eines der bedeutendsten Instrumente Österreichs darstellt. Das dreimanualige Instrument wurde 1984 und 1990 durch die schweizerische Orgelbau Kuhn AG restauriert. Das von internationalen Solisten gerne bespielte Konzertinstrument zeichnet sich neben seinem hervorragenden Klang unter anderem auch durch die spezielle Tonhöhe (a' = 476 Hz) aus.

Die Verleihung des Titels einer päpstlichen Basilica minor erfolgte 1936.

Stiftsmuseum

Das Stiftsmuseum ist bekannt für seine Sammlung mittelalterlicher Kunst. Am 4. Mai 2006 wurde das Stift für Besucher nach fünf Jahren Renovierung (Gesamtkosten: 33 Millionen Euro) in neuem Barock-Prunk wiedereröffnet. Bisher versperrte Teile des Barock-Trakts wurden neu adaptiert und sind nun erstmals zugänglich. Im Zuge der Gestaltung des neuen Eingangs wurde auch ein Kinderatelier eingerichtet, sowie ein Restaurant. Die Grundmauern der Capella Speciosa sind nach Ausgrabung und Konservierung ebenfalls erstmals zu sehen.

Augustiner-Chorherren-Stift

Derzeit gehören dem Konvent des Stiftes fast 50 Chorherren, darunter rund 15 Juniores, an. Die meisten Chorherren sind als Seelsorger in einer der 25 Pfarrgemeinden (eine davon in Bergen/Norwegen) in und um Wien tätig. Daneben engagieren sich die Priester des Stiftes als Wissenschaftler, Lehrer oder in der Verwaltung des Klosters und des Konventes.

Seit 1995 wird das Stift von Propst Bernhard Backovsky geleitet, der seit 2002 auch Generalabt der Augustiner-Chorherren der Österreichischen Kongregation (Lateranenser) ist.

Seit 2005 ist der frühere Novizenmeister des Stiftes und Pfarrer von St. Leopold, Bernt Ivar Eidsvig, Bischof des Bistums Oslo in Norwegen.

Mit der Einkleidung beginnt für neue Chorherren ein einjähriges Noviziat. Dann legt der Novize die Einfache Profess, ein zeitliches Gelübde, auf drei Jahre ab und wird nach alter Ordenstradition, Kleriker genannt (streng genommen ist man erst nach der Diakonenweihe Kleriker). Nach dem Klerikat folgt die Feierliche Profess, womit der Chorherr Kanoniker wird, d.h. volles Kapitelrecht erhält. In der Regel absolvieren die Chorherren während des Juniorats ein Theologiestudium mit dem Ziel, Priester zu werden.

Wirtschaftliche Bedeutung

Stift Klosterneuburg vom Leopoldsberg aufgenommen

Das Stift hat neben seiner kirchlichen Bedeutung auch im Weinbau eine große wirtschaftliche Bedeutung. Es verfügt mit 108 Hektar Anbaufläche über das größte und älteste Weingut in Österreich, das bereits auf Leopold III. zurückgeht. Bereits im Jahr 1860 wurde mit Unterstützung des Stiftes eine Weinbauschule, die im damaligen Kuchlhof, dem Prälatenhof, untergebracht war, errichtet. Aus dieser ging die heutige Höhere Bundeslehranstalt und Bundesamt für Wein- und Obstbau hervor (siehe auch Klosterneuburger Mostwaage).

Aus den großen Forsten stammt das Rohmaterial für eine Hackschnitzelheizung, die in den letzten Jahren errichtet wurde. Sie beheizt nicht nur das Stift, sondern auch zahlreiche öffentliche Gebäude, wie Rathaus und Krankenhaus.

Von den Erträgen der Wirtschaftsbetriebe werden jährlich 10% an soziale Organisationen, wie jene des Paters Georg Sporschill und seinen Straßenkindern, ausgeschüttet.

Das Stift besitzt darüber hinaus erheblichen Grundbesitz in Klosterneuburg und Umgebung, im Bezirk Korneuburg und im Nordwesten Wiens, welcher verpachtet wird.

Weblinks

48.30717597228216.3258552551277Koordinaten: 48° 18′ 26″ N, 16° 19′ 33″ O


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