Stop Huntingdon Animal Cruelty

Stop Huntingdon Animal Cruelty

Stop Huntingdon Animal Cruelty (SHAC, auf Deutsch etwa: Stoppt Huntingdons Grausamkeit gegen Tiere) ist eine internationale Kampagne, deren Ziel die Schließung von Huntingdon Life Sciences (HLS), des größten europäischen Tierversuchsunternehmen mit Labors in Huntingdon und Occold in England und East Millstone in New Jersey in den USA, ist.

Gruppierungen von SHAC existieren nach Angaben auf SHACs Website unter anderem in Großbritannien, den USA, Frankreich, den Niederlanden, Deutschland, Italien und der Schweiz.[1]

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

HLS testet Produkte wie Haushaltsreiniger, Pestizide und Lebensmittelzusatzstoffe pro Jahr an rund 75.000 Tieren, von Ratten bis zu Primaten.[2]

Das Unternehmen ist seit dem Jahr 1989 mehrfach Gegenstand von Undercover-Recherchen gewesen. 1997 veröffentlichte Zoe Broughton für den britischen Fernsehsender Channel Four Bilder, die zeigten, wie HLS-Mitarbeiter Hundewelpen schüttelten und schlugen. Ihre Reportage über die Lebensverhältnisse der Versuchstiere im HLS-Labor löste eine öffentliche Empörung aus, durch die sich auch Aktionäre und Kunden vom Unternehmen distanzierten und es dadurch in finanzielle Bedrängnis brachten.[3]

Im Jahr darauf filmte Michelle Rokke für die Organisation PETA heimlich bei der Vivisektion eines Affen bei HLS in New Jersey. Auf ihrem Video bringt ein Techniker die Befürchtung zum Ausdruck, der Affe sei nicht ausreichend anästhesiert.[4] HLS wurde daraufhin mit einer Strafe von 50.000 US-Dollar für 28 mutmaßliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz belegt.[5]

Zu den Gründern von SHAC gehören unter anderem die britischen Tierrechtsaktivisten Greg Avery und Heather James, die sich bereits zuvor gegen Tierversuche engagiert hatten. Sie starteten die Initiative, nachdem sie im britischen Fernsehen den von PETA veröffentlichten Film aus den Labors von HLS gesehen hatten. SHAC-USA wurde im Jahr 2004 von Kevin Jonas, einem Absolventen der Politikwissenschaft der Universität von Minnesota, gegründet, nachdem er zwei Jahre in Großbritannien mit Greg Avery zusammengearbeitet hatte.[6]

Kampagne

SHAC-Protest-Marsch in Huntingdon im November 2007

SHAC verfolgt einen dezentralen Ansatz und operiert ohne eine offizielle Führung, was den einzelnen Aktivsten erlaubt, autonom zu handeln. Allerdings beschrieb die Zeitung The Guardian Avery 2008 als faktischen Leiter der Kampagne.[7]

Aktivisten beteiligen sich durch Direkte Aktionen, die von legalen Protesten bis zur Einschüchterung und Bedrohung nicht nur der Mitarbeiter von HLS und deren Familien, sondern auch der Geschäftspartner von HLS als sekundäre und tertiäre Ziele reichen, darunter Banken, Versicherer, Caterer, Reinigungsunternehmen, Lieferanten und Kinderkrippen.[8] Tierrechtsgruppen halten vor den Türen der jeweiligen Institutionen und Privatwohnungen Demonstrationen ab, stören Aktionärsversammlungen, protestieren lautstark in Direktionsbüros und verteilen Flugblätter an Angestellte und Nachbarn.[9]

SHAC veröffentlicht die Namen, Privatadressen und Telefonnummern von Führungskräften und Angestellten von HLS und der Unternehmen, mit denen HLS Geschäftsbeziehungen unterhält und ruft dazu auf, diesen das eigene Missfallen über die Tierversuche von HLS kundzutun.[10]

Der SHAC-Website zufolge werden dort Namen und Adressen nur veröffentlicht, um Menschen Möglichkeiten zu Protesten innerhalb des gesetzlichen Rahmens aufzuzeigen.[11] Exzerpte eines Dokuments, das mutmaßlich von SHAC stammt, geben Aktivisten jedoch Tipps zu Taktiken, um vor den Häusern von „Zielen“ zu protestieren. Diese Hinweise schließen das nächtliche Werfen von Schrillalarmen auf Dachrinnen, das Abschießen von Feuerwerk und das Bestellen von Taxis und Pizzas zu der jeweiligen Adresse ein.[12]

Die Aktionen gegen das Unternehmen HLS im Rahmen der Kampagne reichen von gewaltlosem Protest bis zum mutmaßlichen Zünden von Brandbomben in Häusern von Führungskräften von HLS-Kunden und -Investoren.[13] Seit dem Anlaufen der Kampagne verringerten sich die Gewinne von HLS, der Aktienpreis sank und es fiel dem Unternehmen schwer, Finanz- und Geschäftspartner zu finden.[14] Im Jahr 2000 gelangte SHAC in den Besitz einer Liste von HLS-Shareholdern, darunter anonyme Einzelpersonen und Unternehmen, die im Auftrag Dritter Anteile gekauft hatten. Auf der Liste befanden sich auch die britische Labour Party, Rover Automobile und der London Borough of Camden.

Die Liste wurde an die Zeitung Sunday Telegraph weitergeleitet, worauf mehrere Eigner, darunter die Labour Partei, sich ihrer Anteile entledigten.[15]

Strafrechtliche Verfolgung

SHAC 7 (USA)

Im Jahr 2009 wurden 13 SHAC-Aktivisten, darunter auch Avery, zu Haftstrafen zwischen 15 Monaten und sechs Jahren verurteilt. Ihnen wurde vorgeworfen, sich zur Erpressung verschworen zu haben oder HLS und seinen Zulieferern zu schaden.[16]

Die Untersuchung, an der Mitglieder der Joint Terrorism Task Force beteiligt waren, beinhaltete die höchste Zahl von Genehmigungen für Telefonabhörungen und elektronische Überwachung in den USA im Jahr 2003. Dennoch konnten kaum kriminelle Handlungen mit den SHAC 7 in Verbindung gebracht werden. Die Anklage bezog sich statt dessen hauptsächlich auf die Webseite der Gruppe.[17]

Im März 2006, befand ein Bundesgericht in Trenton, New Jersey, sechs SHAC-Mitglieder für schuldig, auf ihrer Webseite zu Angriffen auf Geschäftspartner von HLS anzustiften.[18] Ursprünglich waren sieben Aktivisten (die SHAC 7) angeklagt: Kevin Jonas (ehemals Präsident von Stop Huntingdon Animal Cruelty USA), Lauren Gazzola, Jacob Conroy, Joshua Harper, Andrew Stepanian, Darius Fullmer und John McGee. Die Anklage gegen McGee wurde später fallengelassen.[19]

Die übrigen Angeklagten wurden der Verschwörung zum Verstoß gegen den Animal Enterprise Protection Act in der Fassung aus dem Jahr 1992 angeklagt. Jonas, Gazzola, Conroy und Harper wurden ebenso der Verschwörung zur Schikane mittels eines Telekommunikationsgerätes (des Sendens schwarzer Faxe) beschuldigt. Jonas, Gazzola, Conroy und der Kampagne SHAC USA wurde zudem Internetstalking vorgeworfen. Die Angeklagten wurden für schuldig befunden und vier von ihnen zu Haftstrafen zwischen drei und sechs Jahren sowie zur Zahlung einer gemeinsamen Entschädigungszahlung von 1.000.001 Dollar verurteilt.[20]

Operation Achilles (GB)

Im Mai 2007 wurde in Europa unter dem Namen Operation Achilles eine Polizeioperation gegen SHAC ins Rollen gebracht, die 700 Polizeibeamte in England, Amsterdam und Belgien beschäftigte.[21]

Insgesamt wurden in Verbindung mit SHAC 32 Menschen verhaftet[22][23] und sieben SHAC-Mitglieder, darunter Greg Avery, wurden der Erpressung für schuldig befunden.[24]

Der Anklage zufolge sei ein Treffen im Jahr 2007 zwischen den Angeklagten von der Polizei abgehört worden und enthülle, dass SHAC in illegale Aktivitäten verwickelt sei. Die Anklage erklärte zudem, es gebe Beweise für einen direkten E-Mail-Kontakt zwischen SHAC, der Animal Liberation Front und der Animal Rights Militia.[25]

Im Januar 2009 wurden sieben Aktivisten zu Haftstrafen zwischen vier und elf Jahren verurteilt.[26]

Kontroverse

Argumente von SHAC-Kritikern beziehen sich zum einen darauf, dass die Methoden der Kampagnen nicht funktionierten. HLS-Geschäftsführer Brian Cass erklärte, seit der Gründung von SHAC im Jahr 1999 habe HLS seine Aufträge verdoppelt.[27] Auch wird angeführt, dass HLS angebe, die britischen Tierschutzgesetze zu beachten, die weltweit zu den strengsten im Hinblick auf Tierversuche gelten. Würde HLS in Großbritannien geschlossen, wird argumentiert, würde die Gesellschaft ihre Testlabors wahrscheinlich in andere Länder verlagern, die weniger strenge Gesetze haben. Beanstandet werden nicht zuletzt die Methoden von SHAC, die auf Grund falscher Informationen auch Unbeteiligte treffen können. Kritisiert werden zudem Spendensammlungen durch SHAC, da die Organisation nicht als gemeinnützig anerkannt ist und die Verwendung dieser Spenden nicht kontrolliert werden können.

Fürsprecher der Kampagne führen hingegen an, dass diese angesichts des von HLS verursachten Leids nicht nur in ihren Methoden legitim, sondern auch effektiv sei und das das Unternehmen HLS an den Rand des Ruins getrieben habe.[28] Befürworter sprechen zudem hinsichtlich der Strafverfolgung von SHAC-Aktivisten von einer Kriminalisierung grundsätzlich legaler Kampagnenarbeit und berufen sich auf das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dabei beziehen sie sich häufig auch auf den Begriff Green Scare und ziehen damit eine Parallele zur Kommunistenverfolgung während der McCarthy-Ära in den USA, womit zum Ausdruck gebracht werden soll, dass Tierrechts- und Umweltaktivisten als Ökoterroristen gebrandmarkt werden.[29]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Shac-Website
  2. http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/1123837.stm
  3. SHAC – eine Kampagne. Auf der Webseite der Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner.
  4. HLS-Undercover-Video
  5. John Cook: Thugs for Puppies. Artikel vom 7. Februar 2006
  6. John Cook: Thugs for Puppies. Artikel vom 7. Februar 2006
  7. "Campaigns, protests and prison terms: how activists formed militant cell", The Guardian vom 24. Dezember 2008.
  8. "Childcare group warned of 'hell'", BBC News vom 29. September 2005.
  9. SHAC – eine Kampagne. Auf der Webseite der Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner
  10. John Cook: Thugs for Puppies. Artikel vom 7. Februar 2006
  11. SHAC Disclaimer
  12. House of Commons Hansard Debates am 19. März 2003.
  13. [1] Artikel auf der Seite des Southern Poverty Law Center
  14. "Money talks", The Guardian vom 1. Juni 2006
  15. "Lab that tests Labour's ethical policy," January 23, 2000;
    "Labour pension fund sells animal research lab shares," January 30, 2000; Harrison, David and Foggo, Daniel.
  16. "Animal rights activists jailed for terrorising suppliers to Huntingdon Life Sciences", The Guardian, October 25, 2010.
  17. John Cook: Thugs for Puppies. Artikel vom 7. Februar 2006
  18. Kocieniewski, David. "Six Animal Rights Advocates Are Convicted of Terrorism", The New York Times, March 3, 2006.
  19. Cook, John. "Thugs for Puppies", Salon, February 7, 2006.
  20. SHAC 7 Defendents Sentenced This Week", Indymedia-Artikel.
  21. "Britain's other war on terror", Spiegel Online vom 19. November 2007
  22. "Animal rights extremism – police arrest 32 people", Pressemitteilung der National Extremism Tactical Coordination Unit vom 1. Mai 2007.
  23. Laville, Sandra
  24. "Activists in live testing trial deny blackmail", Financial Times vom 6. Oktober 2008.
  25. "Five deny animal rights blackmail ", BBC News, October 6, 2008.
  26. Yeoman, Fran. Jail for animal rights extremists who waged six-year blackmail campaign, The Times vom 21. Januar 2009.
  27. London Evening Standard vom 31. März 2003
  28. http://www.telegraph.co.uk/news/uknews/1318487/Terror-tactics-that-brought-a-company-to-its-knees.html
  29. Webseite zum Buch ’’Green is the new Red’’

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