Straßenbahn Wiesbaden

Straßenbahn Wiesbaden

Die Wiesbadener Straßenbahn ist ein ehemaliger Straßenbahnbetrieb in der Stadt Wiesbaden. Sie existierte zwischen dem 16. August 1875 und dem 30. April 1955, ab 1888 als meterspurige Straßenbahn.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Begonnen hat alles am 16. August 1875 mit der Eröffnung einer Pferdebahnstrecke zwischen der Rheinstraße und dem Nerotal. Diese rund drei Kilometer lange Strecke wurde von der The Wiesbaden Tramways Company betrieben. Einen Monat später wurde sie bis zum Ausflugslokal Beau-Site verlängert. Das Ende dieses Betriebes kam rund 13 Jahre später, als das Eisenbahn-Consortium Herrmann Bachstein die Bahn am 1. November 1888 erwarb und sie Ende des Jahres stilllegte. Als Ersatz wurde die Strecke zu einer meterspurigen Dampfbahn umgebaut. Am 5. April 1889 kam zu einer Strecke zwischen Haltepunkten im Nerotal und dem Kreuzplatz eine weitere Strecke, welche zunächst als Pferdebahn betrieben wurde. Als sich auf Initiative von Herrmann Bachstein am 11. Februar 1895 in Darmstadt die SEG gründete wurde, ging die Wiesbadener Straßenbahn in deren Besitz über.

Am 16. Mai 1896 nahm die erste elektrische Straßenbahn zwischen den Bahnhöfen an der Rheinstraße und der Brauerei Walkmühle ihren Betrieb auf. Aufgrund des Erfolges der Bahn schlossen dann am 4. April 1899 die Stadt und die SEG einen Vertrag zur Elektrifizierung der übrigen Bahnen ab. Am 14. August 1900 ging nach einem Vierteljahrhundert die Pferdebahnzeit in Wiesbaden zu Ende. Die Dampfstraßenbahn verkehrte noch bis zum 27. August. Somit hatte die Stadt gegen Ende des Jahres eine rund elf Kilometer langes Netz mit drei Straßenbahnlinien:

Strecke
Nerotal - Wilhelmstraße - Rheinstraße - Biebrich
Unter den Eichen - Rheinstraße
Altstadt - Rheinstraße

Nach und nach wurden auch die Vororte erschlossen. So erreichte 1901 die Straßenbahn Sonnenberg, 1904 Schierstein und Biebrich und 1906 Erbenheim und den Hauptbahnhof. Nach zwei Verlängerungen in Biebrich 1907 und in Erbenheim 1907 hatte das Netz eine Länge von insgesamt 42 Kilometern. In Biebrich bestand zudem Anschluss an die Linie 6 und 9 in Richtung Amöneburg, Kastel und Mainz. Die größte Ausdehnung wurde nach einigen kleineren Verlängerungen 1914 erreicht. Man betrieb insgesamt 9 Linien, von denen die Linie 7 sich im Besitz der Stadt befand, welche mit Ziffern und Farben gekennzeichnet waren:

Nummer
Farbe
Verlauf
1 Gelb Nerotal - Kurhaus - Hauptbahnhof - Biebrich - Rheinufer
2 Rot Sonnenberg - Kochbrunnen - Kirchgasse - Hauptbahnhof
3 Blau Unter den Eichen - Dürerplatz - Rathaus - Hauptbahnhof
4 Grün Dürerplatz - Ringkirche - Hauptbahnhof
5 Weiß Kaserne - Ringkirche - Rheinstraße - Südfriedhof/Erbenheim
6 Blau/Gelb Kurhaus - Hauptbahnhof - Biebrich - Amöneburg - Kastel - (Kaiserbrücke) - Mainz Hauptbahnhof
7 Blau/Grün Dotzheim - Boseplatz - Bierstadt
8 Weiß/Rot Biebrich-Bahnhof - Biebrich-Rheinufer
9 Weiß/Gelb Schierstein - Biebrich - Amöneburg - Kastel - (Rheinbrücke) - Mainz-Stadthalle

In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg kam es zwischen der Stadt und der SEG immer wieder zu Unstimmigkeiten. Diese drehten sich hauptsächlich um die Instandsetzung und Modernisierung der Straßenbahn, welche von der SEG stark vernachlässigt wurde. Zudem strebte die Stadt an, die Straßenbahn nach Ablauf der Konzession am 1. April 1929 zu übernehmen. Dies scheiterte allerdings an den überhöhten Preisvorstellungen der SEG. So entschied sich die Stadt nach dem 1. April auf den von den Linien 1, 2, 3 und 4 befahrenen Strecken und auf Teilstücken der Linie 5 Busse einzusetzen. Gleichzeitig begann man damit, die Gleisanlagen zu entfernen oder mit Teer zu vergießen. Somit schrumpfte das Netz auf einen Schlag um fast 25 Kilometer. Die übrigen Strecken hatten zuvor vom Regierungspräsidium eine Verlängerung der Konzession bis zum 31. Dezember 1949 erhalten.

Da die Bahn in den Folgejahren Verluste einfuhr, versuchte die SEG die übrigen Linien an die Stadt abzutreten. Einzig bei der Linie 8 konnte man sich einigen. Diese wurde kurz nach der Übernahme durch die Stadt eingestellt. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges begann man die Buslinien aufgrund der Rationalisierung des Benzins auf Stadtgas umzurüsten. Am 31. Dezember 1939 ordnete das Regierungspräsidium die Wiedereröffnung der Linie 8 an. Am 1. April 1943 gingen die übrigen Linien, nachdem die SEG beschlossen hatte sich zurückzuziehen, in den Besitz der Städte Mainz und Wiesbaden über.

Kriegsbedingt stellte man Anfang 1945 den Straßenbahnbetrieb ein. Ab dem 2. August desselben Jahres nahm man schrittweise die Linien 6, 7, 8 und 9 wieder in Betrieb. Da die Straßenbahn durch den Krieg große Schäden erlitten hatte, beschlossen Mainz und Wiesbaden, nachdem die Sanierungskosten auf 7,5 Millionen Mark geschätzt wurden, die Linien einzustellen. Als erstes verschwand die Linie 7 am 31. März 1952. Das Netz sah am 2. November 1952 wie folgt aus:

Nummer
Verlauf
6 Hauptpost - Hauptbahnhof - Mainzer Straße - Kastel - Mainz Hauptbahnhof
8 Hauptpost - Hauptbahnhof - Mainzer Straße - Bunsenstraße - Armenruhstraße
9 Schierstein - Rheinufer - Amöneburg - Kastel - Mainz Hauptbahnhof

Die drei übrigen Linien wurden schließlich am 30. April 1955 eingestellt.

Relikte

Heute gibt es kaum erkennbare Relikte der Wiesbadener Straßenbahn. Es existiert jedoch noch hier und dort die ein oder andere Oberleitungsrosette in der Marktstraße und in Biebrich.

Die Trassen der Linien 6 und 9 können heute noch im Bereich Amöneburg/Kastel erahnt werden. Der "Christof-Ruthof-Weg" ist die ehemalige Trasse der Linie 6, die an der "Gabelung" (heute "An der Gabelung") auf die Linie 9 traf. Beide Linien fuhren weiter auf dem heutigen "Eisenbahnweg" Richtung Mainz.

Des Weiteren liegen unter anderem unter der Fahrbahndecke der Biebricher Allee noch heute Gleise der Straßenbahn.

Zukunft

1998 kamen Pläne auf, einen Abschnitt der Aartalbahn zwischen Bad Schwalbach und Wiesbaden Dotzheim als Stadtbahn Wiesbaden zu reaktivieren. Zu diesem Zweck wurde 1999 die Stadtbahn Wiesbaden GmbH gegründet. Man hatte vor, bis 2003 die Planfeststellung abzuschließen und bis 2005 die Bahn zu eröffnen. Nachdem sich im Zuge der Kommunalwahl 2001 die Mehrheit im Wiesbadener Rat geändert hatte, beschlossen die CDU zusammen mit der FDP und den Republikanern die Pläne fallen zu lassen. Im Jahre 2005 wurden an zahlreichen Stellen in der Stadt die zulässigen Feinstaubkonzentrationen überschritten und die Diskussion über die Stadtbahn wurde wieder aufgenommen. Zudem hat sich der RMV mit deutlichen Worten für die Wiedereinführung der Stadtbahn in Wiesbaden ausgesprochen. Im neu eingeleiteten Planverfahren (September 2006) wird jetzt eine Reaktivierung der Strecke von Bad Schwalbach bis zum Wiesbadener Hauptbahnhof, unter Einführung eines s.g. "Citylinks" bis in die Innenstadt, auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft.

Siehe auch


Weblinks


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