Tage in Burma

Tage in Burma

Tage in Burma (Burmese Days) ist ein Roman von George Orwell, der in den 1920er Jahren im vom zerfallenden British Empire kolonisierten Birma spielt.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Orwell arbeitete als Polizeioffizier in der Indian Imperial Police in Birma, das im 19. Jahrhundert an Britisch-Indien angeschlossen wurde. und kündigte dort 1927 seinen Dienst, um Schriftsteller zu werden. Er selbst sagte dazu: „Der Dienst als Offizier in Birma entsprach mir nicht und ließ mich den Imperialismus verabscheuen, obwohl nationalistische Gefühle zu dieser Zeit in Birma nicht sehr ausgeprägt und die Beziehungen zwischen Engländern und Birmanen nicht besonders schlecht waren. Als ich 1927 in England auf Urlaub war, quittierte ich den Dienst und beschloss, Schriftsteller zu werden.“

Handlung

Ort der Handlung ist der fiktionale Distrikt Kyauktada im nördlichen Birma. Zu Beginn der Geschichte wird der Plan des birmanischen und massiv übergewichtigen Distriktrichters U Po Kyin ausgerollt, der die Zerstörung der Reputation eines indischen Arztes und Gefängnisdirektors namens Dr. Veraswami zur Folge haben soll. Hauptcharakter ist jedoch der 35-jährige alleinstehende englische Holzhändler John Flory, der stark unter der Einsamkeit des Lebens in der fremden Landschaft leidet, umgeben von Birmesen und einigen anderen Europäern, mit denen sich Flory fast täglich im European Club trifft. Auf der anderen Seite ist Flory aber auch von den Burmesen und ihrer Lebensweise fasziniert und durch seinen langjährigen Aufenthalt in Birma so tief verwurzelt, dass eine Rückkehr nach England utopisch erscheint. Zudem zeigt er sich stark gezeichnet vom Leben zwischen den zahlreichen Ausschweifungen mit Alkohol und einheimischen Prostituierten. Linderung findet er nur in den Gesprächen mit dem indischen Arzt Dr. Veraswami. Dieser ist ein begeisterter Anhänger der britischen Kultur, von der er selbst aber ausgeschlossen wird. Somit bildet Veraswami einen optimistischen Gegenpol zu Florys pessimistischen Ansichten zum Kolonialismus.

Als die Nichte eines anderen Holzhändlers, Elizabeth Lackersteen, in der Stadt eintrifft, scheint Flory endlich jene Gesellschaft bekommen zu haben, nach der er sich so lange gesehnt hat - ohne vorher diese Sehnsucht überhaupt bemerkt zu haben. Flory und Elizabeth entwickeln nach einigen Anlaufschwierigikeiten eine enge Freundschaft, die eines Abends im Club darin mündet, dass Flory ihr einen Heiratsantrag machen will, vor der entscheidenden Frage jedoch von einem Erdbeben und daraufhin auch von Elizabeths Tante gestört wird. Die Störung durch Mrs. Lackersteen war allerdings absichtlich, da diese seit Elizbeths Ankunft versucht, die junge Frau an den bestverdienenden Junggesellen der Stadt zu verheiraten und gerade an diesem Abend entdeckt hatte, dass ein junger Polizeioffizier namens Verrall in ein paar Tagen hier stationiert werden würde. Da Verrall aus gutem Hause ist, meint Mrs. Lackersteen in ihm den besseren Ehemann für ihre Nichte gefunden zu haben.

Um Elizabeth von Flory zu entfremden, erzählt ihre Tante von Florys birmesischer Mätresse, obwohl Flory diese gleich nach Elizabeths Eintreffen weggeschickt hatte. Elizabeth verliebt sich auch tatsächlich in den arroganten Verrall, was Flory zutiefst betrübt.

Unterdessen hat die Verleumdungskampagne des Distriktrichters U Po Kyin Früchte getragen. Er enthüllt das Ziel dieser Kampagne: U Po Kyin will Mitglied des European Club werden, nachdem von der Führung in Rangun die Devise ausgegeben wurde, einen Einheimischen in den Club aufzunehmen, dessen Wahl zuvor wahrscheinlich auf Dr. Veraswami gefallen wäre. U Po Kyin arrangiert einen Ausbruch aus dem Gefängnis, dessen Direktor Veraswami ist, und plant einen Aufstand, dessen Schuld ebenfalls dem indischen Arzt angelastet werden soll. Der Aufstand wird - vor allem Dank der Hilfe des untertänigsten Distriktrichters U Po Kyin - schnell niedergeschlagen, einer der Rebellen aber vom englischen Forstdirektor Maxwell erschossen. Tage später wird Maxwell tot aufgefunden, ein für damalige Verhältnisse beinahe undenkbarer Vorfall, der die Spannungen zwischen Birmesen und Europäern deutlich sichtbar werden lässt. Diese entladen sich nach einem weiteren Übergriff eines Europäers auf einheimische Schulkinder in einem Aufstand, der das Clubhaus des European Clubs zum Ziel hat. Flory und Dr. Veraswami können jedoch eine weitere Eskalation verhindern und mutieren über Nacht zu Helden - vor allem die Reputation des Arztes scheint wiederhergestellt.

Später verlässt Verrall Kyauktada, ohne Elizabeth Lebewohl zu sagen, was Elizabeth wieder in die Arme Florys treibt. Florys Welt scheint wiederhergestellt und die Hochzeit nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Allerdings hat der Distriktrichter U Po Kyin noch nicht aufgegeben und bezahlt Florys ehemalige Mätresse, eine Szene während des sonntäglichen Gottesdienstes zu machen. Der Auftritt hat den erhoffen Erfolg und Elizabeth ist nun mehr als je zuvor überzeugt, Flory nicht heiraten zu wollen. Überwältigt von Trauer und Verlust begeht Flory Selbstmord.

Dr. Veraswami wird daraufhin nach Mandalay versetzt und U Po Kyin zum neuen Mitglied des European Clubs gewählt. Dem buddhistischen Glauben entsprechend plant U Po Kyin, sein Leben voller Sünden durch den Bau von Pagoden wiedergutzumachen, stirbt aber vor Umsetzung des Plans an einem Schlaganfall.

Kritik

„Das Buch darf aus zwei Gründen besonderes Interesse beanspruchen: zum einen, weil es zeigt, wie ein klarsichtiger Beobachter auch vor 70 Jahren schon in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts zu der Einsicht kommen konnte, daß das Ziel des europäischen Kolonialismus nichts anderes als Ausbeutung war; zum zweiten, weil in seiner Kolonialismus-Kritik die Wurzeln für George Orwells Kapitalismus-Kritik liegen.“

Westdeutscher Rundfunk

„Mit später Bewunderung wird heute auch jener einst so mißachtete, andere Orwell zur Kenntnis genommen, der in Romanen, Reportagen und Essays Zeugnis ablegt von seiner Zeit, den dreißiger und vierziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, in denen sich Europas Gesicht verändert hat.“

Der Spiegel

„Ein einzigartig scharfsichtiger Zeuge der Zeit“

Die Weltwoche

Literatur

Weblinks


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