Taktische Einheit

Taktische Einheit

Als taktische Einheiten werden bei den deutschen Hilfsdiensten nach ihrem taktischen Nutzen erfolgende Zusammenfassungen von Personal und Material bezeichnet, die einsatzrelevante Aufgaben selbstständig erledigen können.

Die taktische Gliederung der Kräfte wird in der Regel nach folgendem Schema vorgenommen,[1] wobei die einzelne Einsatzkraft (Helfer) die Grundlage aller Einheiten bildet:

  • Kleinste Einheit ist ein Trupp, der üblicherweise aus zwei oder drei Einsatzkräften besteht und selbstständig nur als Besatzung bestimmter Sonderfahrzeuge oder für einzelne Aufgaben eingesetzt werden kann. Einer der Helfer fungiert in der Regel als Truppführer.
  • Eine Staffel ist eine Einheit aus ca. sechs Einsatzkräften, die bereits selbstständig erweiterte Aufgaben kleineren Umfangs unter Leitung des Staffelführers wahrnehmen kann. Hiermit werden aber auch größere bzw. spezielle Einheiten bezeichnet, wie Hubschrauberstaffel oder Rettungshundestaffel.
  • Die Gruppe ist meist das kleinste Element, das auch umfangreichere Aufgaben selbstständig bewältigen kann. Sie besteht aus mehreren Trupps und insgesamt rund zehn Einsatzkräften, davon ein Gruppenführer (Österreich: Gruppenkommandant).
  • Ein Zug ist eine Einheit mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten, bestehend aus mehreren Gruppen in Größenordnung von 20 bis ca. 50 Einsatzkräften, geführt von einem Zugführer (bzw. speziell dem Feuerwehr-Zugführer, in Österreich dem Zugskommandant). Es gibt die Begriffe erweiterter bzw. verstärkter Zug, wenn ein regulärer Zug mit speziellen Fachkräften (in Trupp-, Gruppen- oder Staffelstärke) ergänzt wird.
  • Mehrere taktische Einheiten können in einem Verband zusammengefasst werden. Hier sind Verbände der Größen I (Bereitschaft, bestehend aus drei bis fünf Zügen sowie den erforderlichen Führungs-, Versorgungs- und Reserveeinheiten, mit bis ca. 150 Einsatzkräften), II (Abteilung, bestehend aus drei bis fünf Bereitschaften, mit bis zu 750 Einsatzkräften) und III (Großverband aus drei bis fünf Abteilungen mit bis zu 3000 Einsatzkräften) üblich. Die Führung obliegt dem Verbandsführer.

Die Stärke der taktischen Einheiten wird auch durch den so genannten Gruppengleichwert ausgedrückt. Dieser sagt etwas über den Einsatzwert der jeweiligen Einheit im Verhältnis zur Gruppe als Basiseinheit aus.

Inhaltsverzeichnis

Feuerwehr

Die Stärke und Gliederung der Feuerwehreinheiten sind in Deutschland einheitlich in der Feuerwehrdienstvorschrift 3 „Einheiten im Lösch- und Hilfeleistungseinsatz“ festgelegt, die genormten Fahrzeuge der Feuerwehr sind jeweils auf eine entsprechende Gruppen-, Staffel- oder (selbstständige) Truppbesatzung ausgelegt. Die taktische Grundeinheit stellt die Gruppe dar. Sie besteht aus neun Feuerwehrleuten, davon ein Gruppenführer.[2]

Weitere Einheiten sind die Staffel, die aus sechs Personen besteht und der Trupp. Bei Letzterem unterscheidet man den Trupp einer Staffel oder Gruppe bestehend aus zwei Feuerwehrleuten (Truppführer und Truppmann) und den selbstständigen Trupp, der einen Truppmann, einen Truppführer mit Gruppenführerqualifikation und einen Maschinisten umfasst und meist im Zusammenhang mit Sonderfahrzeugen (z. B. Drehleiter, Tanklöschfahrzeug) zum Einsatz kommt.

Die größte, im Normalfall taktisch selbstständig eingesetzte Einheit ist der Zug (Löschzug, Rüstzug, Gefahrstoffzug), der in der Regel aus zwei Gruppen und dem Zugtrupp mit insgesamt 22 Feuerwehr-Einsatzkräften besteht. Für besondere Aufgaben kann der Zug und entweder um einen selbstständigen Trupp, eine Staffel oder eine Gruppe erweitert werden.[2] Der hierfür früher verwendete Begriff des „erweiterten Zugs“[3] wurde nicht in die neue FwDV 3 übernommen.

Der Verband ist ein Zug, der um eine Einheit erweitert wurde, die größer als eine Gruppe ist. Im erweiterten Katastrophenschutz kam noch die Bereitschaft hinzu, die aus zwei Zügen und dem Führungstrupp besteht. Für die überregionale Hilfeleistung wurden solche Bereitschaften wieder geplant, manche Bundesländer oder Regionen haben entsprechende Verbände (z. B. als Kreisfeuerwehrbereitschaft) vorbereitet, zum Teil mit unterschiedlichen Zusammenstellungen speziell auf die Belange von großflächigen Hochwassern und Waldbränden orientiert.

Die Einheiten der österreichischen Feuerwehren sind mit einigen Ausnahmen ähnlich organisiert. Während es die Staffel als solches (noch) nicht gibt, wird die Gruppe als Löschgruppe mit einer Mannschaftsstärke von neun Einsatzkräften (der Mannschaft eines Löschfahrzeuges) oder Tanklöschgruppe mit sieben Einsatzkräften aufgestellt. Aufgrund neuer baulicher und gesetzmäßiger Beschränkungen der Feuerwehrfahrzeuge wird die Staffel mit sechs Personen auch in Österreich diskutiert. Mehrere Gruppen bilden einen Zug, der von einem Zugskommandant geführt wird.

Technisches Hilfswerk

Die Grundeinheit des Technischen Hilfswerks (THW) ist der Technische Zug, bestehend aus Zugtrupp, zwei Bergungsgruppen und weiteren Fachgruppen. Der Trupp ist jeweils eine Untereinheit der Gruppe.

Die Personalstärke eines Technischen Zuges des THW beträgt im Regelfall zwischen 28 und 43 Helfern.

Katastrophenschutz

Katastrophenschutzeinheiten sind hinsichtlich Stärke, Aufbau und Führungsstruktur festgelegte Gruppen von Helfern in den am Katastrophenschutz beteiligten Hilfsorganisationen. Ihre genaue personelle und materielle Ausstattung ist abhängig vom jeweiligen Fachdienst der Einheit und richtet sich nach landesspezifischen gesetzlichen Vorgaben und Richtlinien.

Bis 1997 war der Katastrophenschutz in Züge, Gruppen und Einrichtungen aufgeteilt, deren Größe und Ausstattung in den Stärke- und Ausstattungsnachweisungen (STAN) für die Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes aufgeführt waren. Diese Vorschriften sind jedoch seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Zivilschutzes (ZSNeuOG) am 25. März 1997 nicht mehr gültig.[4]

Alle durch Landesrecht aufgestellten Einheiten zum Katastrophenschutz übernehmen danach auch die Aufgabe des Schutzes der Bevölkerung im Verteidigungsfall. Hierfür erhalten Einheiten der Bereiche Brandschutz, ABC-Schutz, Sanitätswesen und Betreuung ergänzende Ausstattung.[5]

Hilfsorganisationen

Die Hilfsorganisationen werden vorrangig im Rettungsdienst, Sanitäts- und Betreuungsdienst tätig. Eine einheitliche Vorgabe für deren Gliederungen gibt es nicht, es gelten örtliche und organisationsinterne Regelungen.

Kennzeichnend für den Einsatz im Rettungsdienst ist eine Vielzahl von Einzelfahrzeugen (Krankentransportwagen, Rettungswagen, Notarztwagen, Rettungshubschrauber, Notarzteinsatzfahrzeug), die meist nicht als taktische Einheit zusammengefasst werden, sondern im direkten Durchgriff auf das Einzelfahrzeug geführt werden (von einem Rettungsdienst-Einsatzleiter bzw. Organisatorischem Leiter). Das ist neben der täglichen Routine im Einzelnotfall vor allem in der Tatsache begründet, dass diese Rettungsmittel nicht stationär vor Ort bleiben, bis der Einsatz abgearbeitet ist, sondern nach Versorgung vor Ort den Patienten abtransportieren und ggf. dann wieder an den Einsatzort zurückkehren - bei größeren Einsätzen schwankt die Zahl der sich vor Ort befindlichen Fahrzeuge und Einsatzkräfte des Rettungsdienstes damit ständig.

Darüber hinaus sind für den Massenanfall von Verletzten (MANV) meist folgende taktischen Einheiten im Sanitäts- und Betreuungsdienst bekannt:

  • Zug in Form von Sanitätszug, Patiententransportzug, Betreuungszug oder Wasserrettungszug mit unterschiedlicher Gliederung und Zusammensetzung
  • Gruppe als Teileinheit eines Zuges oder eigenständige Elemente, Letztere vor allem in Form von Schnelleinsatzgruppen
  • Trupp als Teileinheit einer Gruppe (Transporttrupp, Kochtrupp) oder eigenständiges Element, z. B. als Besatzung eines Rettungswagens oder als Sanitätstrupp bei Sanitätswachdiensten.

Eine Mischung der Fachdienstaufgaben in einer Einheit ist ebenfalls üblich, zum Beispiel ist die Einsatzeinheit stärkebezogen mit einem Zug vergleichbar, besteht aber aus Einheiten des Sanitäts- und Betreuungsdienstes.

Für überregionale Hilfeleistungen („Ü-MANV“-Einsatz) ist meist vorgesehen, dass die örtliche aufgestellten Einheiten als Verband unter einheitlicher Führung zusammengefasst werden, je nach Organisation und Bundesland bestehen solche Einheiten bereits vorbereitet oder werden ad hoc zusammengestellt (siehe auch Medizinische Task Force).

Bis 2007 verfügte das Deutsche Rote Kreuz mit dem DRK-Hilfszug über die einzige überregional aufgestellte Einheit des Zivil- und Katastrophenschutzes in Deutschland. Diese bestand aus zuletzt neun Abteilungen an verschiedenen Standorten in Deutschland. Jede Abteilung hatte eine Sollstärke von 104 Helfern (zzgl. weiteren Helfern an manchen Standorten) und verfügte damit über die personelle Ausstattung von ca. drei Zügen. Der DRK-Hilfszug war damit, entgegen seiner Bezeichnung, hinsichtlich seiner Größenordnung ein Großverband (Verband III).

Für den Einsatz werden weitere Einheiten vorgehalten, die üblicherweise nicht taktisch gegliedert sind, zum Beispiel das Kreisauskunftsbüro oder Sondereinheiten mit abweichender Gliederung wie die Rettungshundestaffel.

Die örtlichen Zweige der Hilfsorganisationen haben in der Regel Vereins-Charakter und heißen zwar „Ortsverband“ oder „Bereitschaft“, stellen aber per se keine taktischen Einheiten in obigem Sinne dar.

Siehe auch

Anmerkungen

  1. H.Schläfer: Das Taktikschema, 4. Auflage 1982, Kohlhammer-Verlag, Stuttgart, ISBN 3-17-012101-4
  2. a b Feuerwehr-Dienstvorschrift 3 Einheiten im Lösch- und Hilfeleistungseinsatz, Ausschuss Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung (AFKzV), 2008
  3. Feuerwehr-Dienstvorschrift 5, Der Zug im Löscheinsatz, Ausschuss Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung (AFKzV)
  4. Stärke- und Ausstattungsnachweisungen (STAN) für die Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes (KatS)
  5. Gesetz zur Neuordnung des Zivilschutzes (ZSNeuOG), www.gesetze-im-internet.de


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