Tango (Tanz)

Tango (Tanz)
Tango
Technik: Standard
Art: Gesellschaftstanz, Turniertanz, Paartanz
Musik: Tango, Popmusik
Taktart: 2/4-Takt, (4/4-Takt)
Tempo: 31-33 TPM (124-132 bpm)
Herkunft: Argentinien, Frankreich, Großbritannien
Entstehungszeit: ~1910
Liste der Tänze

Tango, auch Internationaler Tango, Europäischer Tango, Standard-Tango, Englischer Tango oder Ballroom Tango (ballroom ist die englische Bezeichnung der Standardtänze) genannt, ist ein Gesellschaftstanz und Turniertanz, der paarweise getanzt wird. Er ist einer der fünf Standardtänze, Bestandteil des Welttanzprogramms und weltweit verbreitet.

Im deutschen Sprachgebrauch wird Tango mit dem europäisierten Tango gleichgesetzt. Dagegen wird der ursprüngliche Tango, der aus Argentinien und Uruguay kommt, trotz der heute viel stärkeren Verbreitung als Tango Argentino bezeichnet. Auch in den klassischen Tanzschulen wird die europäisierte Form immer mehr durch den Tango Argentino abgelöst. Die beiden Tangoformen unterscheiden sich erheblich in ihrem Charakter, Ausdruck und Bewegungsformen. Um Verwechslungen zu vermeiden, verwendet dieser Artikel daher bevorzugt die Bezeichnung Internationaler Tango.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Geschichte

Hinweis: Hier wird nur die Entstehungsgeschichte des Internationalen Tango aus dem Tango Argentino beschrieben; für die Entstehungsgeschichte des Tango Argentino und genauere Auskünfte über den kulturellen Ursprung siehe dort.

Der Internationale Tango entstand um 1910 in Europa. Reisende der oberen gesellschaftlichen Klassen brachten von ihren Reisen nach Buenos Aires in Argentinien den Tango Argentino nach Paris in Frankreich. Die dortige konservative Oberschicht empfand den Tanz jedoch als „wild“ und „anstößig“ und wollte eine weitere Verbreitung vermeiden. Britische Choreografen nahmen sich schließlich des Tango Argentino an und passten ihn stilistisch den gesellschaftlich akzeptierten Standardtänzen an. Das Ergebnis war der Internationale Tango, der in seiner Form bis heute keine wesentlichen Veränderungen mehr erfahren hat. Zwischen 1910 und 1916 trugen Vernon und Irene Castle maßgeblich zur Entwicklung und Verbreitung des Internationalen Tango bei, unter anderem indem sie eine Tanzschule in New York City in den USA betrieben. Von 1958 bis 1960 wurde der Tango in Deutschland zu den Lateinamerikanischen Tänzen gerechnet, 1963 wurde er jedoch als Standardtanz in das Welttanzprogramm aufgenommen und gehört seither zum Standard-Repertoire der europäischen Tanzschulen.

In den 1990er Jahren wurde der Tango Argentino zusammen mit seinen verwandten Formen, der Milonga und dem Vals, sowie den lateinamerikanischen Tänzen Salsa, Merengue, Bachata und kubanischem Cha-Cha-Cha zum Modetanz und fand Anhänger in aller Welt. Auch in Europa und speziell in Deutschland hat sich seitdem eine große Tango-Argentino-Szene etabliert. Der Trend ging mit einer Back-to-the-roots-Mentalität einher; die Tänzer strebten und streben noch heute danach, die Tänze in ihrer ursprünglichen Form zu tanzen. Das führte dazu, dass der Internationale Tango heute oft negativ als „verfälscht“ und „künstlich“ empfunden wird. Einige Tanzschulen reagierten auf diese Entwicklung, indem sie Tango Argentino in ihr Standard-Repertoire aufnahmen und im Gegenzug den Internationalen Tango weniger häufig unterrichteten. Des weiteren wandelten viele Tango-Tänzer ihren Tanzstil ab, indem sie Tanzfiguren und Charakter des Tango Argentino übernahmen. Da der Internationale Tango als Turniertanz jedoch in ausführlichem Regelwerk festgeschrieben ist, blieben diese Änderungen geringfügig und wirkten sich nicht nachhaltig auf sein Erscheinungsbild aus.

Einige Choreografen behaupten, die Aussage, der Internationale Tango sei aus dem Tango Argentino entstanden, sei falsch. Begründet wird diese Behauptung wie folgt: Um 1910, als in Europa der Internationale Tango entstand, war der Begriff „Tango“ in Lateinamerika noch wenig gebräuchlich. Die dort verbreitete Tanzform, aus der später der Tango Argentino wurde, hieß Canyengue, und war nach Aussagen dieser Choreografen in Technik und Charakter dem heutigen Internationalen Tango viel ähnlicher als dem heutigen Tango Argentino. Da die heutige Form des Tango Argentino zudem erst deutlich nach 1910 aus dem Canyengue hervorging, müsse man sagen, der Internationale Tango sei vor dem Tango Argentino entstanden. Kritiker dieser Haltung bemängeln, es handele sich hierbei um Wortklauberei.

Charakteristik und Technik

Der Internationale Tango wird als „feurig“ und „leidenschaftlich“ charakterisiert; häufig geht dies mit Attributen wie „aggressiv“ und „gewaltsam“ einher, was als leidenschaftliche sexuelle Gewalt – ähnlich der Verbindung von Lust und Schmerz beim Geschlechtsakt – ausgelegt wird. Der Tango Argentino wird im Gegenzug ausschließlich mit Zärtlichkeit in Verbindung gebracht. Ursache für die subjektive Empfindung der Gewalttätigkeit des Internationalen Tango sind die abrupten Wechsel von Tempo und Bewegungsform: Lange, schleichende Gehschritte wechseln sich mit kleinen, zackigen Schritten ab, fließende mit abgehackten Bewegungen, das ruhige Dahingleiten der Oberkörper bildet einen Gegenpol zu den ruckartigen Drehungen der Köpfe. Ein besonderes Merkmal des Tangos ist seine gleichmäßige Schrittstruktur. Die Oberkörper bleiben während des Tanzes ruhig, alle Effekte werden nur aus der Körperhaltung des Paares zueinander erzeugt.

Die Haltung ist im Tango eine andere als in den vier anderen Standardtänzen. Da häufig von einer geschlossen Haltung in eine Promenadenposition gewechselt wird, steht die Dame weiter links im Arm des Herrn, dessen rechter Arm nicht auf dem Schulterblatt, sondern auf der Wirbelsäule der Dame ruht und leicht diagonal nach unten zeigt. Die Dame legt ihren Arm nicht auf, sondern um den rechten Arm des Herren hinter die Schulter und „hakt“ sich auf Höhe der Achsel ein. Diese Haltung ermöglich ein leichtes Wechseln in eine Promenadenposition in dem die Dame an rechten Hüfte den Herren abrollen kann. Das Paar steht sehr eng und dreispurig. Führungsimpulse werden zusätzlich auch mit den Knien durchgeführt.

Im Gegensatz zu den anderen Standardtänzen ist der Tango kein Schwung-, sondern ein Schreittanz. Es findet also kein Heben und Senken statt. Der Körper verweilt in einer Höhe und wird eben über das Parkett transportiert. So werden weitaus mehr Vorwärtsschritte mit der Ferse angesetzt.

Zusammenhang zwischen Musik und Tanz

Der Internationale Tango wird auf die Musikrichtung Tango getanzt, also prinzipiell auf dieselbe Musik wie auch der Tango Argentino. Die Tanzmusik des Internationalen Tango enthält allerdings deutlich erkennbare europäische Einflüsse: Sie ist mit einfacher Staccato-Perkussion unterlegt, die von einem Schlagzeug gespielt wird und mit kurzen Trommelwirbeln durchsetzt ist; die Musik klingt „hart“ und „aggressiv“. Im Gegensatz dazu ist die Tanzmusik des Tango Argentino mit typisch lateinamerikanischer Perkussion versetzt, die von lateinamerikanischen Perkussionsinstrumenten gespielt wird und sehr aufwändig sein kann; die Musik klingt „weich“ und „melancholisch“. Das folgende Hörbeispiel (im MIDI-Format) ist dem klassischen Tango La Cumparsita von Gerardo Matos Rodríguez nachempfunden und demonstriert mit einer typischen Instrumentierung (Bandoneon, Streicher, Bass, Schlagzeug) den Rhythmus des Internationalen Tango:

 La Cumparsita - International Tango Version?/i

Rhythmus

Tanz und Musik basieren auf dem 2/4-Takt. Moderne Popmusik, die als Tango tanzbar ist, weist jedoch einen 4/4-Takt auf (Hörbeispiele: Tango Corrupti von Rainhard Fendrich, Neverending Story von Limahl). Der Hauptunterschied zwischen den Taktarten ist, dass beim 2/4-Rhythmus jeder zweite Schlag stark betont ist, während beim 4/4-Rhythmus nur jeder vierte Schlag stark betont wird. Da die Länge in Schlägen einer Tango-Tanzfigur stets ein Vielfaches von zwei, aber nicht unbedingt ein Vielfaches von vier ist, können bei einem 4/4-Rhythmus Tanzfiguren mitten im Takt zu Ende sein oder Akzente auf musikalisch unbetonte Taktschläge fallen – das Ergebnis ist eine leichte Diskrepanz zwischen Tanz und Musik, die aus interpretatorischer Sicht nicht erwünscht ist.

Turnierrichtlinien

Die Geschwindigkeit der Musik, auf die auf Turnieren Tango getanzt wird, ist vom jeweiligen Land und Turnierverband abhängig. Generell gilt, dass Tango bei einer Geschwindigkeit von 31 bis 33 Takten pro Minute (TPM) bzw. 124 bis 132 Taktschläge pro Minute (BPM) getanzt wird.

In Deutschland

Die Turnierordnung des Deutschen Tanzsportverbandes (DTV)[1] sieht für den Tango folgendes Reglement vor: Tango wird auf 31 bis 33 TPM (124 bis 132 BPM) getanzt, die Dauer eines Tanzes liegt zwischen anderthalb und zwei Minuten, Tango wird in allen Startklassen getanzt, für jede Startklasse und jede Startgruppe existiert eine eigene Kleiderordnung.

Die Turnierordnung des Deutschen Amateur Turnieramts (DAT)[2] sieht für den Tango folgendes Reglement vor: Tango wird bei einer Geschwindigkeit von 32 TPM (128 BPM) getanzt, die Dauer eines Tanzes ist nicht vorgegeben. Spezielle Turnierkleidung ist bei Hobbytänzern weder Pflicht noch erwünscht.

In Österreich

Die Turnierordnung des Österreichischen Tanzsportverbandes (ÖTSV)[3] sieht vor: Tango wird bei einer Geschwindigkeit von 33 TPM (132 BPM) getanzt. Technik und Schrittfolgen müssen den Vorgaben in den jeweils neuesten Ausgaben der folgenden Bücher entsprechen:

  • Guy Howard: Technique of Ballroom Dancing. (IDTA)

In den Startklassen D und C jedes Alters ist ein begrenzter Figurenkatalog einzuhalten. Die Figuren Oversway und Contra Check sind in diesen Startklassen zusätzlich verboten, in anderen Klassen aber gestattet.

Ab 1. März 2006 nicht mehr zugelassene Bücher sind:

  • Alex Moore: The revised Technique.
  • The Ballroom Technique by the Imperial Society. (ISTD)

Quellen

  1. Turnierordnung des Deutschen Tanzsportverbandes
  2. Turnierordnung des Deutschen Amateur Turnieramts
  3. Turnierordnung des Österreichischen Tanzsportverbandes

Weblinks

Video

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