Tannen

Tannen
Tannen
Weiß-Tanne (Abies alba)

Weiß-Tanne (Abies alba)

Systematik
Unterabteilung: Samenpflanzen (Spermatophytina)
Klasse: Coniferopsida
Ordnung: Koniferen (Coniferales)
Familie: Kieferngewächse (Pinaceae)
Unterfamilie: Abietoideae
Gattung: Tannen
Wissenschaftlicher Name
Abies
Mill.

Die Tannen (Abies) bilden eine Pflanzengattung in der Familie der Kieferngewächse (Pinaceae). Es gibt etwa 51 Arten von Tannen, die alle in der gemäßigten Zone der Nordhalbkugel der Erde vorkommen. Nach den Kiefern (Pinus) sind sie die am weitesten verbreitete und artenreichste Gattung in der Familie der Kieferngewächse. In Mitteleuropa ist die Weißtanne (Abies alba) heimisch. Die Gemeine Fichte wird zwar auch Rot-Tanne genannt, gehört aber nicht zu den Tannen. Die Zimmertanne (Araucaria heterophylla) ist trotz des Namens nicht mit den Tannen verwandt.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Tannenzapfen, abgefallene Schuppen und geflügelte Samen
Tannennadeln wachsen unmittelbar am Zweig
Aufrechter junger Tannenzapfen von Abies koreana
Aufrechter junger Tannenzapfen von Abies procera
Abies fraseri, geflügelte Samen
Computertomographische Aufnahme eines Tannenzapfens, teilweiser Aufschnitt in der Mitte, Samen in rot

Alle Tannen-Arten sind immergrüne tiefwurzelnde Bäume. Manche Arten bleiben mit einer Wuchshöhe von 20 Metern relativ klein, andere erreichen Wuchshöhen von fast 100 Metern. Die nadelförmigen Blätter sind flach und leicht biegsam und tragen auf der Unterseite oft zwei helle Streifen (Wachsstreifen). Die Nadeln werden 8 bis 11 Jahre alt. Mit ihrem verbreiterten Fuß sitzen sie unmittelbar auf den Ästen (siehe Bild). Sie unterscheiden sich dadurch z. B. von Fichten.

Tannen-Arten sind einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch), es gibt weibliche und männliche Zapfen an einer Pflanze. Die Zapfen stehen immer aufrecht am Zweig (im Gegensatz zu den hängenden und als Ganzes herabfallenden Fichten-Zapfen). Die Achse (Spindel) des Zapfens verbleibt am Baum, während die Schuppen einzeln abfallen. Folglich können auch keine herabgefallenen Tannenzapfen gesammelt werden. Die geflügelten Samen reifen im Zapfen. Keimpflanzen haben vier bis zehn Keimblätter (Kotyledonen).

Verbreitung der heutigen Tanne

Verbreitung von Abies in Eurasien
Verbreitung von Abies in Amerika

Tannen bilden mit fünf Teilarealen eine holarktisch zirkumpolare Sippe (west-euroasiatisch, sibirisch-ostasiatisch, himalayisch-südost-asiatisch, boreo-kanadisch, westpazifisch). Geschlossen (temperat)-boreal/kontinental bilden Balsam-Tanne (A. balsamea) und Sibirische Tanne (A. sibirica) einen wesentlichen Teil der borealen Nadelwälder Sibiriens und Kanadas, ohne hochkontinentale Bereiche in Nähe der Wald- und Baumgrenze zu besiedeln. Östliche Vorposten dieses Arealtyps finden sich disjunkt im pazifischen Ostsibirien, dem Sichote-Alin-Gebirge, der Mandschurei und Hokkaidō. Neben temperat-borealen sind kontinentale Arten in meridional-submeridionalen Florenzonen anzufinden (mexikanische und südwestchinesische Arten, A. lasiocarpa in den Rocky Mountains).

Formenreich sind die Tannen in montanen, subalpinen und oromediterranen Stufen temperater, submeridionaler und meridionaler Zonen, (sub)ozeanischer Gebirge (A. spectabilis und A. densa im „cloud belt“ des perhumiden Ost-Himalayas, A. squamata in China noch in 4000 bis 4.500 m ü. NN). Altweltlich sind die Tannen gewöhnlich mit Zedern und Kiefern vergesellschaftet; in den Subtropen kommen auch Reinbestände vor. In baumartenarmen gemäßigten Breiten Europas kommen unter den Nadelholzgewächsen nur Kiefern- und Fichten-Arten zusammen mit Tannen vor. Die temperat-submeridional, (sub)ozeanisch bis subkontinental verbreitete Weißtanne fällt in Nordeuropa aus. In den Pazifischen Gebirgen Nordamerikas sowie Hindukush-Himalaja, Huangshan, den japanischen Inseln und Taiwan kommen Douglasien (Pseudotsuga), Schierlingstannen (Tsuga) und Fichten (Picea) mit Tannen vor.

Gebiete mit vielen Tannen-Arten sind der Südwesten der Volksrepublik Chinas bis zum Himalaya sowie Bergregionen im westlichen Mexiko und Mittelamerika. Tannen dieser Regionen befinden sich oft in isolierten Rückzugsgebieten in Gebirgen, wo ausreichend Feuchtigkeit und moderate Temperaturen vorherrschen. Absolutes Entwicklungszentrum ist hier die sino-himalyische Region mit siebzehn Arten, herausragend der Huang Shan in Südwestchina. Weitere Diversitätszentren der Gattung liegen in den pazifischen Kordilleren und dem Mediterrangebiet.

Im temperat-(sub)meridional mediterranen Verbreitungsschwerpunkt besiedeln Tannen (sub)ozeanische Gebirge. Mediterrane Tannen sind typisch pleistozäne Reliktendemiten und bilden eine taxonomische Einheit, die sich von amerikanischen und asiatischen unterscheidet. Sie sind intergenetisch den Reihen Septentionales und Meridionales (Sektion Abies und Piceaster) beizuordnen. Erstere enthält Abies alba, A. nebrodensis, A. cephalonica, A. nordmanniana und A. cilicica, letztere A. pinsapo und A. numidica. Die Fragmentierung der mediterranen Populationen ist ursächlich auf die Klimageschichte rückzuführen. Standortökologisch differenzieren sich mediterrane Tannen über den Zedern- und Buchenkomplex. In Gesellschaft der Buchen (Fagus) treten A. alba, A. nebrodensis und A. nordmanniana s.l. auf. Mit Zedern (Cedrus) sind A. pinsapo s.l., A. numidica und A. cilicica vergesellschaftet. A. cephalonica tritt nur rein auf.

Eine Reihe von Tannenarten wie die Nebrodi-Tanne (A. nebrodensis) oder die Numidische Tanne (A. numidica) sind in ihrem natürlichen Lebensraum akut vom Aussterben bedroht.

Systematik

Tannen (Abies) gehören zusammen mit den Zedern (Cedrus) zur Unterfamilie Abietoideae.

Die Gattung der Tannen wird in zehn Sektionen und weiter in Untersektionen unterteilt. Ihre Systematik beruht schwerpunktmäßig auf der Morphologie der weiblichen Zapfen. Bislang existiert keine systematische genetische Untersuchung, welche bestätigen könnte, dass die morphologische Anordnung, die auch die geographische Verteilung widerspiegelt, mit der Verwandtschaft der Arten übereinstimmt.

Gattung Tannen (Abies):

Europäische Tannen-Arten

Verbreitung europäischer Abies

Sieben Tannen-Arten sind auf den mediterranen Raum beschränkt. Durch das Fehlen gemeinsamer waldprägender Baum-Arten ist die ausgeprägte Isolation mediterraner Bergwälder hinreichend belegt. Darauf weisen insbesondere auch die Tannen und deren Gesellschaften, die sich in südwest-, zentral- und südostmediterrane differenzieren.

Eng verwandt sind A. pinsapo und A. marocana sowie Abies alba und A. nebrodensis. Hybride sind A. borisii-regis (A. alba × cephalonica) und A. equi-trojani (A. bornmuelleriana × borisii-regis). Vegetationskundlich differenzieren sich Tannen in Kleinasien und Südosteuropa stärker. In balkanischen Tannenwäldern geht die verwandtschaftliche Linie von Abies alba über A. borisii-regis zu A. cephalonica. Überwiegend in mittleren Lagen, den montanen und oromediterranen Stufen verbreitet meidet A. alba schneereiche Lagen der Kampfzone des Waldes. Schädigung durch Schneelast sowie Konkurrenz dürfte hier Hindernis der Etablierung sein. Mediterrane Tannen sind nach Schädigung besser ausschlagfähig, an die Waldgrenze reichen A. cilicica wie A. cephalonica. Tieflagenvorkommen sind in nördlichsten Lagen von A. alba und A. nordmanniana anzutreffen. Buchen und Zedern grenzen mitteleuropäisch montane und oromediterrane Waldtypen ein und sind mit klimatischen Kennwerten korrelierbar. Sporadisch finden sich Buchenwaldarten auch im Areal von Abies pinsapo, A. marocana, reliktisch selbst bei A. numidica. A. cephalonica- und A. cilicica-Wälder haben mit Fagion-Gesellschaften keine Verwandtschaft mehr. Die einzelnen Arten zeichnen den Übergang zwischen subkontinentalen-(sub)ozeanischen, zu mediterranen semiariden Klima nach. Die klimaökologische Zwischenstellung von A. cephalonica und A. pinsapo s.s., ist durch das Fehlen von Buchen und Zedern in beiden Arealteilen unterstrichen. Sie bauen auch weitgehend geschlossene, nahezu reine Bestände, meist plenterartiger Struktur auf. Die Tannen-Areale lassen sich weniger nach dem Jahresniederschlag als vielmehr nach mäßig trockener, frischer und feuchterer Vegetationszeit gliedern. Dabei erhöht sich von Norden nach Süden mit Abnahme des Niederschlages die Vegetationszeitwärme. A. pinsapo, A. numidica sowie A. nebrodensis sind in ihrem natürlichen Habitat gefährdet. Größere Flächen werden von A. cilicica, A. cephalonica, A. alba und A. nordmanniana eingenommen.

Ökologische Einnischung europäischer und mediterraner Tannen

A. cilicica ist im zentralen und östlichen Taurus ohne Westtaurus beheimatet und reicht in relativ geschlossener Verbreitung nach Nordsyrien und Libanon. Hier wie auch bei A. cephalonica werden überwiegend gebankte Kalke mit spaltengründigen entwickelten Kalkstein-(Rotlehmböden) bestockt. Am meernäheren Abfall der Gebirge ist die mediterrane Stufenfolge ausgebildet. Durch Besiedlung initialer Kalkrohböden hat sie den Charakter einer gewissen Pionierart mit der, für ausgeprägte Trockentannen, bescheidenen Wuchsleistung (5-10m(12m). Die in der südwestlichen Mediterraneis vorkommenden Igeltanne (A. pinsapo s.l.) ist auf kleinflächige Restvorkommen der feuchtesten Gebirgsgebiete begrenzt (Sierra Nevada 50 Hektar, Babor-Massiv- Algerien 1000 Hektar, Rif Atlas-Marokko 15.000 Hektar). Ausgezeichnet sind die Wuchsleistungen im größten Teilareal mit bemerkenswerten 50 Meter hohen Einzelbäumen . Die mesophile A. pinsapo erreicht bei gleichem geologischen Substrat (Kalkstein) viel bessere Wuchsleistungen als A. cilicica. Voraussetzung für das physiologische Optimum mediterraner Tannen sind reichliche Niederschläge, tiefgründige, spalten-gängige, feinerdereiche, vorratsfrische Böden und schattseitige Lagen. Die nordanatolisch-kaukasischen Komplex der Abies nordmanniana-Gruppe wird zweckmäßiger Weise in Standortsökotypen unterschieden. Taxonomisch wird je nach Autor stärker differenziert. Als typisch kolchische Waldbäume sind sie am kühl-humiden Süd- und Westsaum vom Schwarzen Meer verbreitet, die Standorten der Weißtanne schon stark ähneln.

Nutzung

Furnier aus Tannenholz
Baumstämme von Weiß-Tannen aus Gersbach (Südschwarzwald) stützen das größte freitragende Holzdach der Welt (Fläche: 16000m2 ~ 2 Fußballfelder) auf der Expo 2000

Hauptartikel: Tannenholz

Tannen sind Reifholzbäume, sie besitzen also keinen farblichen Unterschied zwischen Kern- und Splintholz. Das Holz ist gelblich-weiß gefärbt und besitzt im Vergleich zum sehr ähnlichen Fichtenholz keine Harzkanäle und nur kaum sichtbare Markstrahlen. Aufgrund der sehr ähnlichen Eigenschaften wird vor allem das Holz der Weiß-Tanne ähnlich wie Fichtenholz eingesetzt: Zum Anwendungsspektrum gehört vor allem die Verwendung zur Papier- und Zellstoffherstellung, als Bau- und Möbelholz für den Innenbereich sowie die Nutzung als Brennholz. Als Schnittholz wird Fichtenholz in der Regel gemeinsam mit Tannenholz als Mischsortiment Fichte/Tanne gehandelt und verwendet. Dabei wird Fichtenholz in Form von Rundholz, Schnittholz wie Brettern und Brettschichthölzern und als Furnierholz verarbeitet. Zugleich ist es das wichtigste Holz für die Herstellung von Holzwerkstoffen wie Sperrholz, Leimholz, Span- und Faserplatten.

Die Trocknung ist aufgrund der höheren Stammfeuchtigkeit schwieriger als bei der Fichte. Sonderanwendungen liegen im Wasserbau, wo Tannenholz eine hohe Dauerhaftigkeit besitzt und als Obst- und Gemüsekisten, aufgrund seiner Geruchsfreiheit.

Tannen sind die klassischen Christbäume. Vor allem die Nordmann-Tanne wird dafür in Plantagen angebaut. Außerdem wird von Tannen Schmuckreisig gewonnen. Die hellgrünen Tannenspitzen im Mai - Maigrün - sind nicht nur essbar, sondern ein altes Medikament und Hausmittel gegen Husten. Sie enthalten heilsame Enzyme. Man konserviert sie als Sirup.

Quellen

  • Christopher J. Earle: Abies. In: The Gymnosperm Database. 20. Mai 2011, abgerufen am 6. November 2011 (englisch).

Literatur

  • Peter Schütt: Tannenarten Europas und Kleinasiens. Ecomed, Landsberg am Lech 1994, ISBN 3-609-69890-X

Weblinks

 Commons: Tannen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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