Taschenrechner

Taschenrechner

Ein herkömmlicher Taschenrechner ist eine tragbare, handliche, leichte Rechenmaschine, mit deren Hilfe numerische Berechnungen ausgeführt werden können. Einige neuere wissenschaftliche Taschenrechner beherrschen auch symbolische Mathematik mittels eines Computeralgebrasystems (CAS). Welche Berechnungen möglich sind, hängt dabei vor allem von der Maschine ab.

Praktisch alle heutigen Taschenrechner benutzen elektronische Schaltkreise, verwenden LC-Displays als Anzeige und werden von einer Batterie oder Solarzelle mit Strom versorgt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Casio Mini (erster Taschenrechner für die breite Masse)
Grafiktaschenrechner TI-89

Bereits vor der Einführung der elektronischen Taschenrechner gab es einen Bedarf nach „Immer-dabei-Rechenhilfen“. Dieser wurde mit mechanischen Taschenrechnern und Rechenschiebern befriedigt. Meist handelte es sich dabei um einfache Addiermaschinen. Auch Vier-Spezies-Maschinen – also Rechenmaschinen, die Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division beherrschten – gab es in taschentauglicher Größe. Bekanntestes Beispiel ist die Curta.

Der weltweit erste Rechner, der nur noch elektrische Relais anstelle mechanischer Getriebe verwendete, war 1957 der 14-A des neu gegründeten Unternehmens Casio. Der Casio 14-A ist damit der weltweit erste kompakte und vollelektrische Relaisrechner. Auf Basis der für den 14-A entwickelten Technologie führte Casio 1965 den Casio 001 ein, den weltweit ersten elektronischen Rechner mit Speicherfunktion.[1]

Der erste elektronische, tatsächlich handflächengroße Taschenrechner wurde 1967 von Texas Instruments entwickelt.[2] Ein 1,5 kg schwerer Prototyp dieses ersten Taschenrechners ist heute in der Smithsonian Institution ausgestellt. Auch dieser Prototyp lief schon mit Batterien, frühere Rechner benötigten einen Stromanschluss. Die ersten kommerziell vertriebenen Taschenrechner wurden 1969 und 1970 von den japanischen Firmen Compucorp, Sanyo, Sharp und Canon hergestellt. Intel entwickelte für die japanischen Firma Busicom einen der ersten Mikroprozessoren, den Intel 4004, der 1971 auf den Markt kam und in dem Modell Busicom 141-PF verwendet wurde. Als erster Taschenrechner, der mit einem Verkaufspreis von 10.000 Yen für die breite Masse erschwinglich war, gilt der 1972 veröffentlichte Casio Mini. [3] 1972 brachte Texas Instruments den Taschenrechner (SR 10) mit dem eigenen Mikroprozessor TMS1000 heraus. Diese Taschenrechner verfügten über wenig mehr als die vier Grundrechenarten. 1971 stellte Bowmar den ersten in den USA erhältlichen Taschenrechner her (Bowmar 901B/„Bowmar Brain“, Maße: 131×77×37 mm). Er hatte vier Funktionen und ein achtstelliges rotes LED-Display. Verkauft wurde er für 240 US$. Bowmar musste 1976 schließen.

1972 erschien mit dem HP-35 von Hewlett-Packard der erste technisch-wissenschaftliche Taschenrechner mit trigonometrischen, logarithmischen und Exponentialrechnungs-Funktionen. Er wurde ein Verkaufserfolg und leitete das Ende der damals noch weit verbreiteten Rechenschieber ein. HP entwickelte auch die Taschenrechneruhr HP-01, den HP-41C mit alphanumerischer Anzeige und Eingabe, den ersten programmierbaren Taschenrechner (HP-65) mit Magnetkarten zur Programmspeicherung, den HP-71B mit BASIC-Programmierung und den HP-48 mit der Programmiersprache RPL.

Unterscheidungsmerkmale

Casio FX-991DE Plus

Eingabelogik

Je nach Art des Rechners ist für die Berechnung der gleichen Funktion eine unterschiedliche Eingabe erforderlich:

  • Sequentielle Eingabe: sofortige Ausführung der Operationen:
3 × 8 + 2 = ergibt 26, aber 2 + 8 × 3 = ergibt 30. Die Operationen werden direkt in der Reihenfolge ausgewertet, in der sie eingegeben werden.
Sowohl 2 + 8 × 3 = als auch 8 × 3 + 2 = ergibt 26. Beide Eingaben liefern das Ergebnis 26, da die Multiplikation Vorrang vor der Addition hat. Wenn jedoch (2+8)×3 gefragt ist, muss 2 + 8 = × 3 = getippt werden.
  • Algebraische Notation mit Klammern:
Sowohl 2 + 8 × 3 = als auch 8 × 3 + 2 = ergibt 26. Wenn jedoch (2+8)×3 gefragt ist, muss ( 2 + 8 ) × 3 = getippt werden. Die zusätzlichen Klammertasten ermöglichen eine freiere Eingabereihenfolge.
  • Herkömmliche algebraische Notation:
Während Operationen mit zwei Operanden (+, −, *, /) eingegeben werden, wie man sie auch schreibt, und erst beim Drücken auf „=“ zur Ausführung kommen, werden Funktionen (einstellige Operationen) sofort beim Drücken der entsprechenden Taste ausgeführt, denn es muss nicht auf einen zweiten Operanden gewartet werden. Das hat zur Folge, dass man das Argument vor der Funktion eingeben muss, also z. B. 4 sin 30° wird eingegeben als 4 x 3 0 sin =.
  • Direkte algebraische Logik (wird je nach Hersteller mit „D.A.L.“ oder „V.P.A.M.“ – engl. für Visually Perfect Algebraic Method – bezeichnet und ist in der Regel auf dem Gehäuse aufgedruckt:
Rechner mit dieser Eingabemethode zeigen in einer alphanumerischen Zeile die Eingabe an, auch Funktionen werden so eingegeben, wie man sie auch schreibt.
Der Unterschied ist für den Unterricht an Schulen von Bedeutung, weil es dort regelmäßig vorkommt, dass Tastenreihenfolgen angesagt und von mehreren Schülern mitgetippt werden. Besitzen die Schüler Rechner mit unterschiedlicher Eingabelogik, kommt es zu Missverständnissen.
Bei dieser Eingabelogik wird der Operator immer nach den Operanden eingegeben. Zur Trennung von Operanden muss gelegentlich die ENTER-Taste benutzt werden. Rechner dieser Bauart erkennt man meistens an der ENTER-Taste, während die „=“-Taste fehlt
3 ENTER 8 × 2 +, unüblich aber möglich 2 ENTER 3 ENTER 8 × +.
Manche Taschenrechner wie der HP-49G+ lassen sich auch zwischen der Umgekehrten Polnischen Notation und der algebraischen Notation umschalten.
  • Zweidimensionaler Eingabe-Editor:
Neuere Modelle wie Casio FX-991ES oder TI-30X MultiView verfügen über einen zweidimensionalen Eingabe-Editor. Damit erfolgt die Eingabe und typischerweise auch die Ausgabe so, wie man es schreibt oder druckt.

Verfügbare Funktionen

Die meisten aktuellen Modelle enthalten mehrere der oben genannten Funktionsgruppen, vereinzelt sogar mit einer einfachen Tabellenkalkulation.

Numerische Genauigkeit

Auch wenn heutige Taschenrechner im Regelfall kaum Programmfehler bei einfachen Berechnungen aufweisen, lassen sich zwischen verschiedenen Taschenrechnermodellen unterschiedliche Genauigkeiten und Auflösungen bei numerischen Berechnungen bestimmen. Die Gründe liegen in den numerischen Näherungsverfahren (beispielsweise Horner-Schema und CORDIC), mit denen beispielsweise transzendente Funktionen wie die Sinus-Funktion im Taschenrechner berechnet werden. Genauer gesagt kommt es auf die Anzahl der abgespeicherten Koeffizienten für die Funktionsapproximationen an, und der Speicherplatz dafür war vor allem in der Anfangszeit ein extremer Engpass. Diese kleinen Unterschiede in den Verfahren und unterschiedliche Genauigkeiten lassen sich auch als ein Erkennungsmerkmal für eine bestimmte Firmware verwenden.

Beispielsweise liefert die numerische Berechnung von sin(22) in Radiant auf verschiedenen Taschenrechnern folgende voneinander abweichende Ergebnisse:

Rechner Wert für sin(22)
Die ersten 40 signifikanten Stellen: −0,008851309290403875921690256815772332463289…
Casio FX-3900Pv −0,0088513094194
Casio FX-991D, Casio FX-82SX, Casio FX-702P −0,008851309219
Casio FX-992S −0,008851309290957
Casio ALGEBRA FX 2.0 PLUS, Casio FX-85ES, Casio CFX-9850G −0,00885130929035655
Casio ClassPad 330 (Ver. 3.03) −0,00885130929035651226567489…
Casio FX-991ES −0,00885130929021092
HP-10s −0,008851309290389
HP 11C, HP 34C, Casio FX-85MS, Casio FX-115MS, Casio FX-991WA −0,008851309289
HP-25, HP 45, HP-65 −0,008851306326
HP-48S/X, HP 48D/X, HP 49G, HP 49G+, HP 50, HP-33s, HP-35s, HP-71B −0,0088513092904
Logitech LC-605 −0,008851304
Sharp EL-506 P, Sharp EL-5020, Sharp EL-5120, TI-35x, TI-52, Sharp PC-1401 −0,008851309
Sharp EL-W506, EL-W531 −0,0088513092902112
Sharp EL-520R −0,00885130915412
Sharp EL-9900 −0,0088513092902122
Sharp PC-E500S (Nach Umschalten in DEFDBL) −0,0088513092904038759217
Simvalley Instruments GRC-1000 −0,008851309288957
Texas Instruments TI-25, TI-30-SLX, Schul-Rechner 1 −0,0088487
Texas Instruments TI-30 (Rote LEDs), TI-45, CASIO fx-3600P −0,008851307832
Texas Instruments TI-30 eco RS −0,0088513093286
Texas Instruments TI-30X IIS, TI-36X II −0,008851309288956
Texas Instruments TI-35 II −0,0088513
Texas Instruments SR-51-II −0,00885130929151
Texas Instruments TI-51-III −0,0088513097488
Texas Instruments TI-59 −0,008851309285516
Texas Instruments TI-66 −0,008851309290408
Texas Instruments TI-83 Plus −0,0088513092903565
Texas Instruments TI-89 −0,0088513092904
Texas Instruments TI-200, TI-89 Titanium −0,0088513092903565
Texas Instruments TI-Nspire CAS −0,0088513092901566

Neuere Entwicklungen

Zulassungsvorschriften an Schulen

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Die Tabelle wurde aufgrund der Angaben der verschiedenen Taschenrechnerhersteller entwickelt und gibt die Gegebenheiten an Gymnasien wieder; berücksichtigt wird hierbei der Einsatz in Prüfungen (der Einsatz im Unterricht ist i.d.R. überall möglich). Schularten mit in etwa vergleichbaren, Abschlüssen z. B. Fachgymnasien, haben i. d. R. ähnliche Vorschriften. Hauptschulen kommen über die Nutzung eines einfachen Schultaschenrechners nicht hinaus. Die Situation an Realschulen ist unübersichtlicher, doch scheint auch, mit Ausnahme von Bayern, dort die Verbreitung von Grafikrechnern und Höherem eher gering zu sein.

Bundesland Schulrechner

z. B. Casio FX-991ES, TI-30X MultiView

Numerischer Graphikrechner

z. B. Casio FX-CG20, TI-84 Plus

Computer-Algebra-Taschencomputer

z. B. CasioClassPad 300, TI-Nspire CAS

Baden-Württemberg ja ja (Pflicht) ja
Bayern ja nein ja (ab Schuljahr 2011/12)[4]
Berlin ja nein ja
Brandenburg ja nein nein
Bremen ja ja ja
Hamburg ja nein ja (Versuchsschulen)
Hessen ja ja ja
Mecklenburg-Vorpommern ja ja ja
Niedersachsen ja ja (Pflicht) ja
Nordrhein-Westfalen ja ja ja
Rheinland-Pfalz ja ja ja
Saarland ja ja (Versuchsschulen) ja (Versuchsschulen)
Sachsen ja ja (Pflicht) ja
Sachsen-Anhalt ja nein nein
Schleswig-Holstein ja ja ja
Thüringen ja nein ja (ab Schuljahr 2011/12 verpflichtend)[5]

Siehe auch: Zulassungsrichtlinien in[6]

Bildergalerie

Taschenrechner als Hilfsprogramm auf einem größeren Rechner

Nachdem Taschenrechner im täglichen (Berufs)Leben für viele Benutzer zu einem sehr oft gebrauchten Hilfsmittel geworden sind, wurde ihre Funktionalität in Softwareform auch auf die Desktop-Computer und die Smartphones gebracht. Unter Windows findet man ihn beispielsweise unter der Kategorie „Zubehör“. Neben den meistens einfach gehaltenen Versionen (damit die Bedienung nicht zu kompliziert wird), wie sie vom Betriebssystemhersteller mitgeliefert werden, gibt es auch eine reichhaltige Auswahl an Fremdprodukten, oft als Gratisprogramme, die zusätzlich auch komplexere Funktionalitäten wie Programmierbarkeit oder Umrechnungen verschiedenster physikalischer Größen ineinander bieten. Da vor allem die Mobiltelefone heute praktisch permanent zur Verfügung stehen, geht der Bedarf an reinen Taschenrechnern immer mehr zurück. Auf dem Büroschreibtisch bevorzugen allerdings noch viele Benutzer solche realen Geräte gegenüber den Softwarelösungen auf dem PC.

Siehe auch

Weblinks

Allgemein

Wiktionary Wiktionary: Taschenrechner – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Taschenrechner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Deutschsprachige Museen

Englischsprachige Museen

Quellen

  1. [1] Casio History (Establishment)
  2. spiegel.de: 40 JAHRE ELEKTRO-ADDIERER: Der erste Taschenrechner wog 1,5 kg
  3. [2] Casio History (1970-1979)
  4. Schreiben des Bayerischen KM vom 19. Januar 2010
  5. Pressemitteilung des KM Thüringen: CAS-Taschenrechner werden an Gymnasien eingeführt / Wissenschaftliche Expertise unterstützt den Einsatz
  6. Zulassungsrichtlinien

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