Technische Anleitung Lärm

Technische Anleitung Lärm
Basisdaten
Titel: Technische Anleitung
zum Schutz gegen Lärm
Abkürzung: TA Lärm
Art: Allgemeine Verwaltungsvorschrift
Erlassen
aufgrund von:
§ 48 BImSchG
Verkündungstag: 26. August 1998
(GMBl. Nr. 26 vom
28. August 1998 S. 503)
Inkrafttreten: 1. November 1998
Letzte Änderung
durch: 1)
1) Bitte beachten Sie den Hinweis zur geltenden Fassung!

Die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, kurz TA Lärm, ist eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift in der Bundesrepublik Deutschland, die dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche dient. Bedeutung hat die TA Lärm für Genehmigungsverfahren von Gewerbe- und Industrieanlagen sowie zur nachträglichen Anordnung bei bereits bestehenden genehmigungsbedürftigen Anlagen. Sie ist nicht anzuwenden bei Straßenverkehrslärm, Schienenverkehrslärm, Fluglärm oder Sportlärm.

Außerdem gilt sie unter anderem nicht für

  • nicht genehmigungsbedürftige landwirtschaftliche Anlagen
  • Tagebaue
  • Seehäfen
  • Anlagen für soziale Zwecke
  • Baustellen

weswegen sie in der umweltrechtlichen Fachliteratur auch häufiger kritistiert und diskutiert wird.

Inhaltsverzeichnis

Rechtliches

Die TA Lärm wurde als sechste allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) erlassen und hat ihre rechtliche Grundlage im § 48 BImSchG . Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann anordnen, dass der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen oder, soweit § 22 BImSchG Anwendung findet, einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage Art und Ausmaß der von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine der von der nach Landesrecht zuständigen Behörde bekannt gegebenen Stellen ermitteln lässt, wenn zu befürchten ist, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden (§ 26 BImSchG). Eine Auflistung der bekannt gegebenen Stellen kann in der vom Landesumweltamt Brandenburg verwalteten Datenbank „ReSyMeSa“ [1] entnommen werden.

Maßgeblicher Immissionsort

Der maßgebliche Ort der Immission ist die Messstelle, an welcher der von einer Anlage verursachte Lärm beurteilt wird. Dieses kann z. B. das einem Gewerbebetrieb nächstgelegene Wohnhaus sein und dort kann dann das vom Lärm am stärksten betroffene Wohnraumfenster maßgebend sein. Der Einwirkungsbereich einer Anlage ist dabei der Bereich, in dem der Beurteilungspegel weniger als 10 dB unter dem geltenden Immissionsrichtwert (s.u.) liegt.

Der maßgebliche Immissionsort liegt

a) bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes (z. B. Schlafzimmerfenster);

b) bei unbebauten Flächen oder bebauten Flächen, die keine Gebäude mit schutzbedürftigen Räumen enthalten, an dem am stärksten betroffenen Rand der Fläche, wo nach dem Bau- und Planungsrecht Gebäude mit schutzbedürftigen Räumen erstellt werden dürfen;

c) bei mit der zu beurteilenden Anlage baulich verbundenen schutzbedürftigen Räumen, bei Körperschallübertragung sowie bei der Einwirkung tieffrequenter Geräusche in dem am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raum.

Die Messungen der Lärmbelastung (bei bebauten Flächen) vor dem geöffneten Fenster hat in Genehmigungsverfahren zur Folge, dass sogenannte passive Lärmschutzmaßnahmen (z. B. Schallschutzfenster am maßgeblichen Immissionsort) als Lärmminderungsmaßnahme bei Gewerbelärm nicht zulässig sind. Ein Gewerbebetrieb kann also sein Lärmproblem nicht dadurch lösen, dass er dem nächstgelegenen Anwohner neue Fenster bezahlt.

Immissionsrichtwerte

Die jeweils einzuhaltenden Immissionsrichtwerte sind nach dem Schutzanspruch der Nachbarschaft gestaffelt. Der Schutzanspruch eines Immissionsortes ergibt sich z. B. durch Ausweisungen in einem Bebauungsplan oder Flächennutzungsplan.

Die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel betragen für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden:

Ziffer TA Lärm Ausweisung Immissionsrichtwert tags (6:00 bis 22:00 Uhr) Immissionsrichtwert nachts (22:00 bis 6:00 Uhr)
6.1 a Industriegebiete 70 dB(A) 70 dB(A)
6.1 b Gewerbegebiete 65 dB(A) 50 dB(A)
6.1 c Kern-, Dorf- und Mischgebiete 60 dB(A) 45 dB(A)
6.1 d Allgemeine Wohngebiete 55 dB(A) 40 dB(A)
6.1 e Reine Wohngebiete 50 dB(A) 35 dB(A)
6.1 f Kurgebiete, Krankenhäuser und Pflegeanstalten 45 dB(A) 35 dB(A)

Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten.

Bei Geräuschübertragungen innerhalb von Gebäuden (wenn die zu beurteilende Anlage und der maßgebliche Immissionsort baulich verbunden sind) betragen die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für betriebsfremde schutzbedürftige Räume unabhängig von der Gebietseinstufung des Gebäudes:

  • tags 35 dB(A)
  • nachts 25 dB(A).

Zu beachten ist, dass die genannten Richtwerte immissionsortbezogen und nicht anlagenbezogen gelten, d. h. der jeweilige Immissionsrichtwert muss an einem Immissionsort (z. B. Wohnhaus) durch die Gesamtheit aller einwirkenden Anlagen eingehalten werden. Gegebenenfalls müssen daher für mehrere, auf einen Immissionsort einwirkende Anlagen Lärmkontingente vergeben werden. Dies bedeutet auch, dass im Falle einer Neuplanung einer Anlage theoretisch eine Ermittlung der Vorbelastung der maßgeblichen Immissionsorte durch Geräuschimmissionen bereits bestehender Anlagen erforderlich ist. Nur so kann das für die neu geplante Anlage noch verfügbare Lärmkontingent korrekt ermittelt werden. In der Praxis wird diese Vorbelastung aufgrund des erforderlichen Aufwandes aber nur selten durchgeführt.

Unter Punkt 3.2.1 sieht die TA Lärm vor, dass eine neu geplante Anlage auch dann genehmigungsfähig ist, wenn die Immissionsrichtwerte an einem Immissionsort bereits überschritten sind, und zwar dann, wenn der zusätzliche Lärmbeitrag der neu geplanten Anlage nicht relevant für die Gesamtbelastung ist. Dies ist nach TA Lärm in der Regel der Fall, wenn der Lärmbeitag der neu geplanten Anlage die o.g. Immissionsrichtwerte um mindestens 6 dB unterschreitet. In der Praxis wird bei neu zu genehmigenden Anlagen diese Unterschreitung um 6 dB von Behörden häufig gefordert, wenn ein Immissionsort eindeutig vorbelastet ist, die Höhe dieser Vorbelastung jedoch unbekannt ist und eine exakte Bestimmung der Vorbelastung (z. B. durch Messungen) zu aufwändig wäre oder nicht möglich ist (z. B. aufgrund ständig vorherrschender Fremdgeräusche durch Straßenverkehr).

Seltene Ereignisse

Die TA Lärm sieht unter Abschnitt 7.2 Bestimmungen für sogenannte „Seltene Ereignisse“ vor, das sind voraussehbare Besonderheiten beim Betrieb einer Anlage, bei denen es trotz Einhaltung des Standes der Technik nicht möglich ist, die Immissionsrichtwerte einzuhalten. Die Überschreitung der Immissionsrichtwerte darf jedoch an nicht mehr als 10 Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und an nicht mehr als 2 aufeinderfolgenden Wochenenden auftreten.

Für seltene Ereignisse gelten als Immissionsrichtwerte in den unter 6.1 b bis 6.1 f genannten Gebieten

  • tags 70 dB(A)
  • nachts 55 dB(A).

Diese Immissionsrichtwerte dürfen durch einzelne, kurze Geräuschspitzen

  • in Gewerbegebieten um maximal 25 dB(A) (tags) bzw. 15 dB(A) (nachts)
  • in den o.g. Gebieten 6.1 c bis 6.1 f um maximal 20 dB(A) (tags) bzw. 10 dB(A) (nachts)

überschritten werden.

Beurteilungspegel

Ermittelt und mit den Immissionsrichtwerten verglichen wird der sogenannte Beurteilungspegel (Lr). Dieser ist nicht identisch mit dem mittels eines Schallpegelmessers ermittelten Schalldruckpegel. Der Beurteilungspegel wird in Anlehnung an DIN 45645–1 unter Einbeziehung folgender Aspekte gebildet

  • Wirksame Laufzeit der Anlage innerhalb des Beurteilungszeitraumes
  • meteorologische Korrektur
  • Zuschlag für Informationshaltigkeit des Anlagengeräusches
  • Zuschlag für Tonhaltigkeit des Anlagengeräusches
  • Zuschlag für Impulshaltigkeit
  • Zuschlag für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit („Ruhezeitenzuschlag“, s. folgender Abschnitt)

Beurteilungszeiträume

Die TA Lärm sieht folgende Beurteilungszeiträume vor:

  • „tags“ (6:00 bis 22:00 Uhr)
  • „nachts“ (22:00 bis 6:00 Uhr)

Für folgende Zeiten ist in Gebieten nach Buchstaben 6.1 d bis 6.1 f bei der Ermittlung des Beurteilungspegels die erhöhte Störwirkung von Geräuschen durch einen Zuschlag von 6 dB (sog. „Ruhezeitenzuschlag“) zu berücksichtigen:

1. an Werktagen 06:00–07:00 Uhr, 20:00–22:00 Uhr
2. an Sonn- und Feiertagen 06:00–09:00 Uhr, 13:00–15:00 Uhr, 20:00–22:00 Uhr.

Im Beurteilungszeitraum „tags“ wird ein Beurteilungspegel über 16 Stunden gebildet. Dieses bedeutet, dass über 16 Stunden gemittelt wird, auch wenn die zu beurteilende Anlage weniger als 16 Stunden Lärm erzeugt.

Im Beurteilungszeitraum „nachts“ wird dagegen nur die volle Stunde mit dem höchsten Beurteilungspegel, die so genannte „lauteste Stunde“ betrachtet. Es wird also nur über eine Stunde gemittelt.

Die Nachtzeit kann bis zu einer Stunde hinausgeschoben oder vorverlegt werden, soweit dieses wegen der besonderen örtlichen oder wegen zwingender betrieblicher Verhältnisse erforderlich ist.

Messabschlag

Die Lärmbelastung wird anhand des gemessenen Lärmbeurteilungspegels bestimmt. Allerdings werden bei Überwachungsmessungen von diesem Lärmbeurteilungspegel 3 dB(A) abgezogen(Messabschlag). Der Messabschlag geht auf die TA Lärm von 1968 zurück und sollte ein Ausgleich für die Messunsicherheit sein. Bei der letzten Novellierung der TA Lärm 1998 wurde dieser Wert unverändert übernommen.

Literatur

  • Gerhard Feldhaus/Klaus Tegeder: Verwirrung um den Messabschlag der „TA Lärm“, aus Zeitschriftenartikel Umwelt- und Planungsrecht 25(6), S. 208–212 (2005)

Weblinks

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