Telegrafie

Telegrafie

Als Telegrafie (gr. τῆλε têle „weit, fern“ und gr. γραφία graphía „Kratzerei, Schrift“) bezeichnet man verschiedene Formen der Übermittlung von Texten über mehr oder weniger weite Entfernungen. Im Gegensatz zum Sprechfunk und der Telefonie wird bei der Telegrafie nicht gesprochen, sondern die Buchstaben werden über einen Code übertragen. Die Übertragung funktioniert gleichzeitig nur in eine Richtung, im Gegensatz zur bidirektionalen Verbindung via Telefon.

Telegrafen – Reliefschreiber, 1861, gebaut von Siegfried Marcus

Die älteste Form ist die optische Telegrafie, bei der die Codes von Menschen erzeugt und ausgewertet wurden. Bei der jüngeren, elektromagnetischen Morsetelegrafie war dies ebenfalls notwendig. Erst mit dem Zeigertelegraf und später dem Fernschreiber wurde die Buchstabenkodierung automatisch durchgeführt.

Besondere Telegrafen waren früher optische Telegrafen (Semaphore), Feuer-, Feld-, Eisenbahn-, Haus- und Schiffstelegrafen.

Inhaltsverzeichnis

Arten

Optische Telegrafie

Hauptartikel: Optische Telegrafie

Elektrische Telegrafie

Elektrischer Telegraf

Die kabelgebundene, sogenannte elektrische Telegrafie, konnte sich erst nach 1730 durch die Erkenntnis, dass sich elektrischer Strom entlang eines Leiters bewegt und der Erfindung der Voltasche Säule durch Alessandro Volta, im Jahr 1800 entwickeln.

Einer der ersten Pioniere auf dem Gebiet der elektrischen Telegraphie war der aus Barcelona stammende Arzt, Meteorologe und Physiker Don Francisco Salva Campillo (1751-1828). Salva führte sein System 1795 der Reial Acadèmia de Ciències i Arts de Barcelona vor. Salvà meinte damals schon, es würde eines Tages möglich sein, elektrische Impulse auch drahtlos zu übertragen.

Der Anatom Samuel Thomas von Soemmerring konstruierte 1809 in München einen elektrischen Telegrafen, bei dem jedes Zeichen durch einen eigenen Leiter übertragen und durch elektrochemische Zersetzung des Wassers signalisiert wurde. Ein Modell seiner Konstruktion befindet sich heute im Museum für Kommunikation in Frankfurt, das Original steht im Deutschen Museum in München.

Nach Entdeckung der elektromagnetischen Induktion durch Michael Faraday im Jahre 1832 führten Wilhelm Weber und Carl Friedrich Gauß 1833 Versuche mit einem elektromagnetischen Telegrafen durch. Im selben Jahr gelang ihnen die erste telegrafische Nachrichtenübertragung, vom Physikgebäude bei der Paulinerkirche in der Göttinger Innenstadt zur Göttinger Sternwarte. Zur Nachrichtenübertragung dienten positive oder negative Spannungspulse, die durch gezieltes Umpolen und Auf- und Abbewegen einer Induktionsspule erzeugt wurden. Die Spule wurde hierzu über ein Bündel von magnetisierten Stahlschienen geschoben.

Ein Nachbau, den Weber für die Weltausstellung 1873 in Wien in Auftrag gab, wird in der historischen Sammlung des Ersten Physikalischen Instituts der Universität Göttingen aufbewahrt.

1835 entwickelte Paul Freiherr Schilling von Canstadt in St. Petersburg einen Nadeltelegraphen, der durch die Ausschläge einer kompassähnlich gelagerten Magnetnadel die Ziffern 1 bis 10 angab. Diesen sah der Engländer William Fothergill Cooke 1836 in Heidelberg. Zusammen mit Charles Wheatstone schuf dieser daraufhin 1837 die erste betriebssichere Signalleitung für eine Eisenbahnstrecke in England. Diesem System entspricht der erste öffentlich genutzte elektrische Telegraf in Deutschland auf der ersten längeren europäischen Linie Bremen-Bremerhaven.

Carl August von Steinheil konstruierte 1836 den ersten Drucktelegrafen, baute 1837 in München eine 5 km lange funktionierende Telegrafie-Verbindung und entdeckte 1838 bei Versuchen an den Gleisen der Bayerischen Ludwigsbahn in Fürth die elektrische „Erdrückleitung“, was für die Telegrafie eine wesentliche Vereinfachung bedeutete. [1] Er übermittelte Nachrichten mit Hilfe eines eigenen Codes (der Steinheilschrift). Ein nachhaltiger Fortschritt kam 1837 mit dem von Samuel Morse konstruierten und 1844 verbesserten Schreibtelegrafen. Um 1850 hatte sich Morses Technik auf den deutschen Telegrafenlinien, die sich in wenigen Jahren zu einem zusammenhängenden Netz geschlossen hatten, durchgesetzt.

Mit der Verlegung von Seekabeln wurde 1850 begonnen (Dover-Calais). Der erste Versuch, ein Seekabel zwischen Europa und Nordamerika zu verlegen, gelang 1858 – das Kabel funktionierte jedoch nur einige Wochen und musste dann als unbrauchbar aufgegeben werden. Erst 1866 – nach weiteren kostspieligen Fehlschlägen – wurde eine dauerhafte Telegrafenverbindung von Valentia (Irland) nach Heart's Content (Neufundland) hergestellt.

Karte Eisenbahnen- und Telegraphendichte der Erde um 1900

Im Jahr der Erfindung des elektrischen Telegrafen (1833) begann Israel Beer Josaphat aus Kassel in Göttingen seine Banklehre. Er begriff die Möglichkeiten der Erfindung und baute unter dem Namen Paul Julius Reuter ab 1851 von London aus die bekannte Nachrichtenagentur auf.

Telegrafie per Funk

Die New York Times nutzte im Juni 1913 die "wireless" (drahtlose) Marconi-Technik, um Informationen aus Paris nach New York zu transportieren

Der deutsche Physiker Ferdinand Braun bekam 1909 den Nobelpreis für Physik für seinen Beitrag zur Entwicklung der Telegrafie per Funk. Er teilte sich den Preis mit Guglielmo Marconi.

Braun hatte bereits am 20. September 1898 eine „Funkenverbindung“ am Physikalischen Institut in Straßburg aufgebaut, die kurz darauf 30 km bis in den Vogesenort Mutzig reichte. 1899 errichtete er von Cuxhaven aus eine 3 km bis zur Kugelbake reichende Funkverbindung. Am 24. September 1900 wurde eine solche Verbindung über die 62 km lange Strecke CuxhavenHelgoland geschaffen.

Morsetaste (1904)

Marconi errichtete 1899 die erste kabellose Verbindung über den Ärmelkanal. Am 12. Dezember 1901 gelang die erste transatlantische Funkübertragung zwischen Poldhu (Halbinsel The Lizard, Cornwall) und St. John’s (Neufundland).

Für die Funktelegrafie wurden ab 1908 vorwiegend „Löschfunkensender“ verwendet. Diese Geräte bestanden aus einem Wagnerschen Hammer und Kondensatoren, die Serien von Funken und dabei starke Hochspannungsimpulse erzeugten. Diese wurden mit Hilfe einer Morsetaste nach dem Morsecode getaktet, in eine Antenne eingespeist und in die Atmosphäre als elektromagnetische Wellen (Funkwellen) abgestrahlt. Mit einem einfachen Empfänger (Fritter) konnten dann diese Impulse empfangen und als hörbares Rauschen wiedergegeben werden.

Diese Erfindung wurde schnell von den Marinen als wichtig erkannt und eingeführt.

Endgeräte und Telegrafiearten

Verwandte Themen

Literatur

  • Patrice Flichy: Tele – Geschichte der modernen Kommunikation. Campus Verlag, Frankfurt/New York 1994, ISBN 3-593-35011-4
  • Tom Standage: The Victorian Internet. Berkley Trade, 1999, ISBN 0-425-17169-8 (dt.: Das viktorianische Internet: die erstaunliche Geschichte des Telegraphen und der Online-Pioniere des 19. Jahrhunderts. St-Gallen, Zürich: Midas Verlag, 1999. ISBN 3-907100-72-7)
  • D. Kasten: 100 Jahre Telegraphenamt Hamburg Postgeschichtliche Blätter Hamburg, Ausgabe 1968
  • Alfred Löhr: Elektrische Nachrichtentechnik In: Bremen wird hell - 100 Jahre Leben und Arbeiten mit Elektrizität, Bremen 1993, S. 301–319 (zu den Optischen und Elektrischen Telegrafen in Bremen) ISBN 3-926598-95-6
  • Horst A. Wessel: Die Entwicklung des elektrischen Nachrichtenwesens in Deutschland, Wiesbaden 1983

Weblinks

 Commons: Telegraphie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Telegrafie – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Carl August von Steinheil: Benutzung der Eisenbahn bey Anlage galvanischer Telegraphie. Bericht an das Kgl.General-Conservatorium in München 1838; Archiv für Post und Telegraphie: Zum Andenken Steinheils. Berlin, Juli 1888, No. 13; Abdruck beider Schriften in: Rundfunk und Museum. Zeitschrift des Rundfunkmuseums der Stadt Fürth. Heft 72, März 2010. S. 25 ff.

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