Teng Hsiao-ping

Teng Hsiao-ping

Deng Xiaoping (chin. 鄧小平 / 邓小平, Dèng Xiǎopíng;  anhören?/i; * 22. August 1904 in Guang'an; † 19. Februar 1997 in Peking) führte die Volksrepublik China faktisch von 1979 bis 1997.

Deng Xiaoping
Statue in Shenzhen

Während seiner Studien- und Arbeitsaufenthalte in Frankreich und in der Sowjetunion trat er der Kommunistischen Partei bei. Während der Schlussphase des chinesischen Bürgerkrieges stieg er durch seine Verdienste in der Partei schnell auf und wurde in der Folge zu einer der wichtigsten Machtstützen Mao Zedongs. Trotz zweier Strafdegradierungen durch Mao gelang es Deng, nach Maos Tod die Führung der Kommunistischen Partei Chinas zu übernehmen. Ohne jemals die Spitzenämter persönlich einzunehmen, regierte er dann die Volksrepublik China faktisch von 1979 bis 1997. Er bildete den Kern der so genannten „Zweiten Führungsgeneration“ der KPCh und gehörte zur „Ersten Chinesischen Führungsgeneration“ der Reformära. Deng verstand es in den 1980er Jahren, mit großem politischem Geschick den aufkommenden Fraktionalismus innerhalb der chinesischen Führung für sein politisches Ziel, die Modernisierung Chinas, auszunutzen. Unter seiner Führung, die von wirtschaftlichem Pragmatismus bei gleichzeitigem politischem Führungsanspruch der Kommunistischen Partei Chinas gekennzeichnet war, entwickelte sich China zu einer der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Kindheit

Deng Xiaoping wurde am 22. August 1904 in einem kleinen Ort namens Xiexing, Bezirk Guang'an, Provinz Sichuan, etwa 160 km entfernt von Chongqing geboren. In manchen Biographien steht fälschlicherweise der 12. Juli als Geburtsdatum – dies ist der Geburtstag nach dem traditionellen chinesischen Kalender. Sein Vater gab ihm den Namen Deng Xixian. Den Namen Xiaoping (kleiner Frieden) nahm er erst später an.

Die Vorfahren von Deng Xiaoping waren ursprünglich Hakka, die jedoch schon Generationen vor Dengs Geburt nach Sichuan eingewandert waren und die traditionellen Sitten und die Sprache ihres Volkes abgelegt hatten; spätestens Ende des 18. Jahrhunderts, als einer der Vorfahren, Deng Shimin, ein hoher Beamter unter Kaiser Qianlong wurde. Zu seinen Ehren wurde auch ein Torbogen errichtet, der eine Inschrift des Kaisers trug, jedoch in der Kulturrevolution zerstört wurde.

Dengs Vater Deng Wenming besaß ein Gut von etwa 10 Hektar, das seine Familie bescheiden ernähren konnte. Obschon er wohl nur dürftig ausgebildet war, genoss er Ansehen und wurde häufig als Laienrichter um Schlichtung gebeten. Er war praktizierender Buddhist. Dengs Mutter war wahrscheinlich Analphabetin, entstammte jedoch einer reichen Familie und agierte ebenfalls zuweilen als Laienrichterin. Sie starb jedoch bereits in den 1920er Jahren. Dengs Vater heiratete danach noch mehrmals; insgesamt hatte Deng Xiaoping eine Schwester, zwei Brüder, einen Halbbruder und drei Halbschwestern sowie eine Stiefschwester; einige seiner Geschwister dürfte Deng Xiaoping nie gesehen haben.

Über Dengs Schulzeit ist wenig bekannt. Dengs Vater dürfte bei der Auswahl der Bildung mit der Zeit gegangen sein und ermöglichte ihm eine Volksschulbildung sowie danach eine für die damaligen Verhältnisse moderne Mittelschulausbildung in Guang'an. Als Deng Xiaoping 14 Jahre alt war, hörte sein Vater von einer Schule in Chongqing, die junge Chinesen auf eine Ausbildung in Frankreich vorbereitete. Im Jahre 1919 verließen Deng Xiaoping und sein Onkel Deng Shaosheng, der nur wenig älter war, ihr Heimatdorf und besuchten die Schule in Chongqing. Warum Dengs Vater seinen Sohn im Ausland ausbilden lassen wollte, ist weithin unklar. Dem Vater muss jedoch klar gewesen sein, dass sein Sohn auf diese Weise nie seine Nachfolge antreten würde – ein für chinesisches Denken sehr unbefriedigender Ausblick.

Die Schulausbildung in Chongqing umfasste vor allem französische und chinesische Sprache sowie industrielle Fertigkeiten. Die Organisation, der Deng beigetreten war, nannte sich Bewegung für fleißige Arbeit und zielstrebiges Lernen. Sie war von einem Patrioten, Anarchisten und Frankophilen namens Li Yuying gegründet worden und hatte zum Ziel, junge Chinesen nach Frankreich zu bringen, die dort arbeiten und studieren und dann die wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Kontakte zwischen China und Frankreich stärken sollten.

Am 11. September 1920 verließen Deng Xiaoping und Deng Shaosheng, zusammen mit etwa 200 weiteren Arbeiter-Studenten v. a. aus Sichuan und Hunan, den Hafen von Shanghai in Richtung Marseille.

Schulzeit in Frankreich

Deng und seine Mitstreiter erreichten Frankreich im Oktober 1920. Sie wurden auf verschiedene Gymnasien (lycées) in ganz Frankreich aufgeteilt, wo sie vor allem Französisch lernen sollten, bis sie es so gut beherrschten, dass sie einer höheren Ausbildung folgen konnten. Deng und sein Onkel landeten in Bayeux.

Jedoch bereits im Januar 1921 wurden die Schüler darüber informiert, dass die Stiftung kein Geld mehr habe und dass sie ab jetzt selbst für sich zuständig seien. Deng konnte zwar weiterhin auf bescheidene Unterstützung durch seine Familie zählen, musste aber in verschiedenen Fabriken Arbeit suchen. Dies war aufgrund der Wirtschaftskrise nicht gerade einfach, und er verdiente häufig für sehr schwere Arbeiten weniger als französische Lehrlinge. Schulbesuche konnte er sich nicht mehr leisten.

Bereits in den ersten Monaten von Dengs Zeit in Frankreich kam er mit dem Marxismus in Kontakt. Einzelheiten dazu sind unklar, wahrscheinlich hat er aber andere spätere chinesische Revolutionäre wie Zhao Shiyan oder Zhou Enlai in Frankreich kennengelernt (Zhou sollte er später als seinen älteren Bruder bezeichnen, was im chinesischen Denken eine besondere Ehre ist).

Deng wurde Mitglied der chinesischen kommunistischen Jugendliga, zu deren Aufnahmekriterien der Glaube an den Marxismus gehörte. Hier verfasste er für das Blatt Rotes Licht Artikel, von denen einige erhalten geblieben sind. Sie vertreten die Meinung, dass China einen autoritären Staat brauche, um im Kampf mit den imperialistischen Mächten zu bestehen. Sie zeigen aber auch eine deftige Sprache und radikales Denken. Deng erhielt bald politische Verantwortlichkeiten, u. a. für Propaganda, und beteiligte sich an der Organisation von Demonstrationen oder an einem Überfall auf die chinesische Gesandtschaft in Paris, bei der ein anwesender Minister dazu gezwungen wurde, Protestnoten an die französische und die chinesische Regierung über das Verhalten der ausländischen Truppen in China zu unterzeichnen. Er plädierte für eine stärkere Zusammenarbeit mit der Sowjetunion, um die Ziele der chinesischen Kommunisten zu erreichen.

Wann Deng der Kommunistischen Partei Chinas beitrat, ist nicht ganz geklärt. Die offizielle Biographie legt den Beitritt zur Jugendliga ins Jahr 1922 und den KP-Beitritt ins Jahr 1924. Da eine langjährige Parteimitgliedschaft in der KP elementar ist, ist es wahrscheinlich, dass diese Daten nicht korrekt sind, sondern später umdatiert wurden. Deng kann in Frankreich, jedoch vielleicht sogar auch erst in der Sowjetunion der KP beigetreten sein (Lit.: vgl. Yang, S. 39).

Die französische Polizei beobachtete Dengs Aktivitäten spätestens nach dem Überfall auf die Gesandtschaft. Am 8. Januar 1926 wurde eine Razzia durchgeführt, der Deng nur knapp entging, denn er hatte sich am Vortag auf den Weg nach Moskau begeben.

Parteischule in Moskau

In Moskau besuchte Deng zunächst die Kommunistische Universität für die Arbeiter des Ostens, wenige Wochen später kam er auf die Sun-Yat-sen-Universität, die von der Nationalistischen Partei Chinas und der KPdSU finanziert wurde. Deng hatte hier ein sehr hohes akademisches Soll zu bewältigen, gleichzeitig jedoch lernte er, das ihm gebotene Material kritisch zu beurteilen: die Verantwortlichen der Universität hatten keinerlei Erfahrung mit China, und der stellvertretende Rektor der Universität Pavel Mif suchte Talente, die seine Meinung teilten, dass die kommunistischen Parteien zuallererst sowjetische Interessen im Ausland zu vertreten hätten. Nach dem Beginn der stalinistischen politischen Säuberungen gegen Trotzkisten verfolgte Mif auch an der Sun-Yatsen-Universität jene chinesischen Studenten, die Trotzkis Ansichten über China für vernünftiger als jene von Stalin hielten.

Deng blieb nur elf Monate in Moskau. Seine Rückkehr nach China geht auf Feng Yuxiang zurück, einen der Generäle, die Nordchina während des chinesischen Bürgerkrieges beherrschten. Feng war Christ und chinesischer Traditionalist und war der Ansicht, dass er als Heerführer auch als Vorbild für seine Untertanen und das gemeine Volk dienen müsse. Als solcher gehörte er zu den angeseheneren Anführern. Im Jahre 1924 bat er in der Sowjetunion um Hilfe, und man stellte ihm Geld, Waffen und militärische wie politische Berater zur Verfügung. 1926, nachdem er einige Niederlagen erlitten hatte, ging er nach Moskau, um weitere Hilfe anzufordern. Ihm wurden neben weiteren Beratern auch chinesische Kommunisten unter Führung von Liu Bojian mitgegeben; Deng Xiaoping schloss sich diesen an, wobei die Gründe für seine Entscheidung nicht genau bekannt sind.

Deng verließ Moskau Ende 1926 und erreichte Xi'an, wo Feng Yuxiang sein Hauptquartier hatte, im März 1927. Viele Biographen geben an, dass Deng im September 1926 einem Schwur Fengs in Wuhan beiwohnte, in welchem er sich den Kommunisten verpflichtete; diese Angaben sind aller Wahrscheinlichkeit nach nicht korrekt und stimmen auch nicht mit Fengs Aufzeichnungen überein.

Bürgerkrieg

Nach seiner Ankunft in Xi'an begann Deng bald, in der Nordwest-Armee von Feng Yuxiang als politischer Agitator zu arbeiten. Seine genaue Rolle ist nicht bekannt; Fengs Aufzeichnungen, in denen Deng nicht vorkommt, lassen jedoch den Schluss zu, dass es eine sehr untergeordnete Rolle war, obwohl viele Biographien Deng eine Führungsfunktion zuerkennen.

Bereits einen Monat nach Dengs Ankunft in Xi'an zerbrach die Allianz aus Nationalisten und Kommunisten; das Shanghai-Massaker war das Ergebnis. Feng entschied sich nach einigen politischen Konsultationen, sich auf die Seite der Nationalisten zu schlagen; im Juli 1927 mussten alle Kommunisten die Armee und die Stadt Xi'an verlassen. Deng entschied sich, nach Wuhan aufzubrechen, wo die KP damals ihre Zentrale hatte.

Arbeit in der Parteizentrale

In Wuhan traf er spätere Politikgrößen wie Zhou Enlai, Li Lisan oder Li Weihan wieder, die er bereits von seinem Frankreich-Aufenthalt kannte. Deng begann hier, für die Parteizentrale zu arbeiten und nahm aus Sicherheitsgründen den Decknamen Xiaoping. Er nahm an zahlreichen Konferenzen und Sitzungen teil, in der Regel jedoch als Schriftführer und nicht als Redner; von der Dringlichkeitssitzung des 7. August 1927 etwa, wo entschieden wurde, gegen die Kuomintang mit bewaffneten Aufständen zu rebellieren, stammen die Notizen von Deng. In Wuhan traf Deng auch zum ersten Mal mit Mao Zedong zusammen, wobei beide Seiten von dieser Begegnung wohl nicht besonders beeindruckt waren.

Im Oktober 1927 verlegte die KP aus Sicherheitsgründen ihre Zentrale nach Shanghai und Deng arbeitete dort bis September 1929. Seine Funktionen hier beschränkten sich weitgehend auf organisatorische Tätigkeiten, während er gleichzeitig zivile Berufe ausübte. Hier heiratete er auch zum ersten Mal, und zwar zu Beginn des Jahres 1928 eine Frau namens Zhang Xiyuan, die er aus seiner Studienzeit in Moskau kannte. Gleichzeitig organisierte die KP einige Aufstände, etwa den Nanchang-Aufstand oder die großen Streiks von Hongkong und Guangzhou, wobei alle diese Aufstände blutig niedergeschlagen wurden und die Partei auszubluten drohten. Deng nahm an diesen Aufständen nicht teil und wurde auch nicht, wie etwa Zhou oder Mao, für deren Scheitern kritisiert. Da viele ranghohe Parteimitglieder in den Aufständen ums Leben kamen oder durch die Kuomintang verhaftet und hingerichtet wurden, stieg Deng in der Parteihierarchie rasch auf. Er lernte die Beziehungspolitik, die in einer Partei herrscht, kennen und eignete sich wichtige organisatorische Fähigkeiten an.

Schlachtfeld in Guangxi

In der Jahresmitte von 1929 hatten die Nationalisten unter Chiang Kai-shek fast ganz China unter ihrer Kontrolle. Sie waren jedoch nicht in der Lage, wirtschaftliche Probleme zu lösen, wodurch die Kommunisten auf dem Land und in den Städten durch die verarmte Arbeiterschaft Zulauf erhielten. Als 1929 Li Zongren in Guangxi gegen Chiang rebellierte und der Aufstand niedergeschlagen wurde, nahmen die Kommunisten diese Möglichkeit wahr, Chiangs Armee zu infiltrieren. Deng war unter jenen Kommunisten, die die im Aufbau befindlichen Streitkräfte und die Verwaltung von Guangxi unterwandern helfen sollten. Deng und sein Kamerad Gong Yinbing kamen im Oktober 1929 in Nanning an, wobei Deng den Decknamen Deng Bin benutzte.

Deng wurde zum lokalen Repräsentanten der Parteizentrale in der Siebenten und Achten Roten Armee, während Gong Yinbing als Bote fungierte und zwischen der Shanghaier Zentrale und Guangxi hin- und her reiste. Deng begann sofort, die Direktiven aus der Zentrale umzusetzen und warf der Armeeführung vor, die Basisarbeit zu vernachlässigen und sich nur auf bürokratische Arbeiten zu konzentrieren. Die beiden Armeen erlitten eine schwere Niederlage nach der anderen und viele ihrer Soldaten kamen in den Kämpfen mit den KMT-Truppen ums Leben. Dies lag zum einen daran, dass die Direktiven aus der chaotischen Zentrale in Shanghai nicht zu der Lage vor Ort passten und die Truppen zu Angriffen auf Städte aufgerufen wurden, die sie niemals einnehmen konnten. Im Januar 1931 war die Lage der Siebenten Armee so schlecht, dass entschieden wurde, sie in Richtung Norden abzuziehen; die für die südlichen Regionen ausgerüsteten Soldaten kamen jedoch mit dem rauen Klima nicht zurecht und einige erfroren sogar.

Obwohl Deng in seiner Aufgabe keine entscheidende Position innehatte, so war seine fehlende militärische Erfahrung sowie der Wille, die Anweisungen aus der Parteizentrale unbedingt umzusetzen, für den Untergang der Siebenten und Achten Roten Armee mitverantwortlich.

Im März 1931 verließ Deng die Armee in der Nähe von Chongyi, wobei auch hier die genauen Umstände unklar sind. Die offizielle Biographie gibt an, dass er von der Parteiführung dazu beauftragt worden war, jedoch ist es genauso möglich, dass Deng einfach desertierte, um sein Leben zu retten. Diese Entscheidung wurde Deng in späteren Lebensjahren wiederholt zum Vorwurf gemacht, etwa während der Kulturrevolution.

Bei seiner Ankunft in Shanghai fand Deng die Parteizentrale in großem Chaos vor. Teils hatten Verhaftungen und Hinrichtungen die Parteiführung dezimiert, teils befanden sich führende Parteimitglieder in Macht- und Richtungskämpfen. Zudem erfuhr Deng, dass seine Frau bereits ein Jahr zuvor eine Tochter geboren hatte, dass jedoch Frau und Kind die Geburt nur um wenige Tage überlebt hatten.

Im April lieferte Deng einen Bericht ab, in welchem er vor allem reaktionäre Elemente und Offiziere, die ursprünglich in der KMT-Armee gedient hatten, für das Desaster der Siebenten Armee verantwortlich machte. Deng wurde in der Folge nicht bestraft, was vor allem auf seine guten Beziehungen zu Zhou Enlai zurückzuführen sein dürfte. Im Oktober 1931 gab es eine politische Säuberungswelle in der Siebenten Armee, in der Deng einige hohe Offiziere beschuldigte, für die Niederlagen der Siebenten Roten Armee verantwortlich zu sein. Dies dürfte mit dafür verantwortlich sein, dass Deng trotz der Fehlschläge in der frühen Phase seiner Karriere bereits im Jahre 1932 hohe Posten im Sowjet von Jiangxi bekleiden konnte.

Parteisekretär in Jiangxi

Ende 1931 oder zu Beginn des Jahres 1932 wurde Deng zum Parteisekretär des Bezirkes Ruijin ernannt und im Mai 1932 zum Parteisekretär von drei Bezirken im neu eroberten Gebiet des Sowjets von Jiangxi. In dieser Funktion heiratete er ein zweites Mal, dieses Mal Jin Weiying (bekannter als Ah Jin), die er bereits aus seiner Zeit in Shanghai kannte. Andererseits lernte er Personen kennen, die er in seiner späteren Laufbahn noch häufig treffen sollte, etwa Hu Yaobang oder Maos Bruder Mao Zetan.

In seiner Funktion als Parteisekretär in Ruijin und später in Huichang hatte er Direktiven aus der Parteizentrale umzusetzen, die von aus Moskau zurückgekehrten marxistisch-leninistischen Theoretikern ohne praktische Erfahrung ausgegeben wurden. Politiker wie Bo Gu oder Zhang Wentian, die damals die Partei anführten, verlangten mangels besseren Wissens einfach eine höhere Eisenproduktion oder mehr Rekrutierungen von Soldaten, was auf Lokalpolitiker wie Deng hohen Druck verursachte.

Aus den Provinzen kam denn auch Widerstand, etwa von Luo Ming, Parteisekretär in Fujian. Als im November 1932 der Bezirk Xunwu, der unter Dengs Verwaltung stand, an KMT-Truppen verloren ging, wurde Deng aufs schärfste angegriffen; im Mai 1933 wurde Deng als Mitglied einer Viererclique verurteilt, die von den kommunistischen Prinzipien abrücken wollte. In einer der Kritiksitzungen beendete auch Ah Jin ihre Beziehung zu Deng und war von da ab Frau oder Freundin von Li Weihan, einem der schärfsten Angreifer auf Deng. Deng wurde all seiner Ämter enthoben und musste seine Dienstpistole öffentlich abliefern.

Dank seiner Erfahrung im Publizieren von Zeitschriften und auch dank seiner Beziehungen zu Zhou Enlai wurde er bald nach seiner Absetzung zum Chefredakteur der kommunistischen Zeitung Rotes China ernannt, wobei die gesamte Redaktion nur aus zwei oder drei Personen bestand. Er übte diese Funktion in Ruijin etwa ein Jahr aus, ohne nennenswert gestört zu werden.

Langer Marsch

Im Oktober 1934 war die militärische Lage des Sowjets von Jiangxi so schlecht, dass er geräumt werden musste und die kommunistischen Truppen Richtung Westen abgezogen werden mussten. Aus dieser Flucht wurde letzten Endes der Lange Marsch. Deng wurde unter jene Personen gewählt, die am Langen Marsch teilnehmen durften; wäre dies nicht so gewesen, hätte dies wahrscheinlich Dengs Tod bedeutet.

Ob er auf dem Langen Marsch nach wie vor für das Rote China arbeitete, ist nicht genau geklärt, jedenfalls begann er wieder, wie in Shanghai als Schriftführer für ältere Politiker zu fungieren. Als solcher nahm er an der im Januar 1935 an der Konferenz von Zunyi teil, auf welcher die Fraktion um Mao Zedong, Zhu De und Peng Dehuai die existierende Parteiführung um Bo Gu und Otto Braun angriff und letzten Endes ablöste, ebenso auf der Wayaobao-Konferenz, auf welcher beschlossen wurde, zusammen mit der Kuomintang die Invasion durch japanische Truppen zu bekämpfen.

Den Langen Marsch überlebte Deng dank seiner starken Gesundheit ohne schwer zu erkranken, trotz seines hohen Zigarettenkonsums und trotz des Verlustes seines Pferdes, während zehntausende seiner Kameraden auf der Strecke blieben. Er versöhnte sich auch wieder mit Ah Jin, während seine Bewunderung für Zhou Enlai, der in Maos Kampf um die Macht verwickelt war, langsam abnahm.

Gegen Ende des Marsches wurde er zum stellvertretenden politischen Direktor des Ersten Armeekorps ernannt, eine Beförderung, die zeigt, dass Mao am politisch fähigen, wenn ihm auch unbekannten Deng Interesse hatte.

Politischer Armeekommissar

Im Juni 1937 vereinbarten die Kommunisten und Nationalisten eine Zusammenarbeit gegen die japanische Armee, obwohl keine der beiden Parteien diese Vereinbarung wirklich ernst nehmen sollte. Die Kommunisten reorganisierten ihre Streitkräfte in eine neue Armee, die aus drei Divisionen (der 115., 120. und 129.) bestand. Mao, der innerhalb der Partei an Einfluss gewonnen hatte und bemüht war, die Streitkräfte vollkommen unter seine Kontrolle zu bringen, setzte Deng zunächst als stellvertretenden politischen Direktor dieser neuen Armee ein, später wurde er nach einigen Postenverschiebungen zum politischen Kommissar der 129. Division. Mao erreichte hiermit, Deng in einer Position installiert zu haben, die ihm die Kontrolle über diese Division ermöglichte, ohne in der Führung der Division großes Misstrauen auszulösen.

In seiner Funktion als politischer Kommissar arbeitete Deng mit Liu Bocheng und Zhang Xiangqian zusammen, die erfahrene Feldherren waren und sich für Parteipolitik recht wenig interessierten. So machte Deng die politische Arbeit, ohne die militärische von Liu und Zhang zu stören. Deng reiste häufig zwischen der Front und der kommunistischen Zentrale in Yan'an hin und her, um Direktiven an die militärische Führung weiterzugeben. Maos wichtigster Befehl war, sich nicht zu sehr in Gefechte mit den Japanern einzulassen, sondern eine Guerilla-Taktik anzuwenden und die gegnerischen Truppen dann anzugreifen, wenn sie durch Gefechte mit anderen Gegnern geschwächt waren. Mit dieser Guerilla-Taktik erzielte die 129. Division große Erfolge, meist gegen Kuomintang-Truppen, und die Anzahl der Soldaten in dieser Division wuchs sehr schnell an.

Als im Jahr 1943 mehrere politische Säuberungswellen über Partei und Armee hinwegfegten, war Deng in relativer Sicherheit, obwohl seine Fahnenflucht in Chongyi von seinen Gegnern wieder aufgegriffen wurde. Diese Anschuldigungen wurden von Mao, der mit Dengs Arbeit offensichtlich zufrieden war, für nichtig erklärt.

Im Jahre 1939, während eines Aufenthaltes in Yan'an, heiratete Deng zum dritten und letzten Mal, dieses Mal die zwölf Jahre jüngere Zhuo Lin, die aus Kunming stammte, in Peking studiert hatte und, wie viele Angehörige der fortschrittlichen Jugend der damaligen Zeit, in das kommunistisch regierte Yan'an kamen. Sie sollte sich später, anders als die Frauen anderer kommunistischer Funktionäre (etwa Jiang Qing), wenig für Politik interessieren.

Sieg über die Kuomintang

Am 14. August 1945 kapitulierte Japan und zog seine verbliebenen Truppen aus China ab. In China begann sofort ein Wettlauf zwischen den Kuomintang und den Kommunisten um die Hinterlassenschaft der Japaner in Form von Munition und Territorium. Den Kommunisten gelang es, sich mit der Mandschurei das größte zu vergebende Stück zu sichern. Die Armee der Kommunisten war inzwischen stark angewachsen und wurde reorganisiert; Deng war nun politischer Kommissar der zweiten Feldarmee.

Im August 1945 nahm Deng an Friedensgesprächen in Chongqing teil. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Führer beider Seiten, also Chiang Kai-shek und Mao nicht an eine friedliche Beendigung des Bürgerkrieges glaubten. So fand parallel zu den Gesprächen die Schlacht von Shangdang statt. Deng fand sich unter jenen, die am stärksten auf die Fortsetzung des Bürgerkrieges hinarbeiteten.

Gleich nach den Gesprächen in Chongqing wurde Deng zum Sekretär des neu gegründeten Jin-Ji-Lu-Yu-Parteibüros und -Militärdistrikts, dessen Kommandeur Liu Bocheng war. Dieser Militärbezirk und dessen Armee waren sehr erfolgreich in den Schlachten, die sie mit Kuomintang-Truppen austrugen. Die Aktionen der Kommunisten konzentrierten sich hierbei weniger darauf, große Städte zu erobern, sondern darauf so viele nationalistische Truppen wie möglich aufzureiben und die Kontrolle über die Infrastruktur zu erhalten. Die Hauptaufgabe von Dengs Armee im Jahre 1947 war es, sich in den Dabie-Bergen festzusetzen und somit die Großstadt Wuhan zu bedrohen. Dies stoppte die Offensive der Nationalisten in Nordchina. Zu Ende des Jahres 1948 nahm Dengs Armee an der Huaihai-Kampagne teil, die die Zentralarmee der Kuomintang zerstörte und diese zum Rückzug nach Südchina zwang.

Die Aufgaben Dengs in dieser Phase waren nach wie vor politischer Natur; die militärischen Entscheidungen blieben den Generälen, vor allem Liu, überlassen. Obwohl er aktiv an Schlachten teilnahm, sollten seine Verdienste dort nicht überbewertet werden. Dengs Verdienste waren vor allem politischer Natur, das heißt, Maos Entscheidungen so zu interpretieren, dass sie am besten zur aktuellen Lage der Armee passten.

Im Jahre 1949 war Deng schließlich politischer Kommissar einer Armee, die mehr als eine Million Soldaten umfasste. Er war so weit in Partei und Armee aufgestiegen, dass er Mao direkt ansprechen konnte. Gleichzeitig hing seine Karriere aber direkt vom mittlerweile unumschränkt herrschenden Mao ab.

Karriere unter Mao

Herrscher des Südwestens

Mao Zedong-Porträt am Eingang zur Verbotenen Stadt

Als am 1. Oktober 1949 Mao auf dem Tiananmen-Platz die Volksrepublik China ausrief, waren Deng und Liu unter den Teilnehmern dieser Zeremonie. Sie kehrten kurz darauf nach Südwestchina an die Front zurück, wo die Zweite Feldarmee zügig gegen die Kuomintang-Truppen vorrückte.

Am 23. November 1949 wurde formell ein Südwest-Büro eingerichtet, dessen Hauptaufgabe es war, die kommunistische Herrschaft in Südwestchina aufzubauen. Deng war der erste Sekretär dieses Büros. Als die kommunistischen Truppen sich auf die Einnahme der Stadt Chongqing vorbereiteten, in welcher Chiang Kai-sheks Regierung ihren Sitz hatte, beging Deng den strategischen Fehler, die Stadt gegen den Befehl Maos sofort einzunehmen, dies mit der Begründung, dass die Nationalisten dabei seien, die Stadt systematisch zu zerstören. Dies ermöglichte Chiang und seiner Regierung die Flucht nach Taiwan; Mao hatte geplant, Taiwan zuerst zu besetzen, um den Nationalisten diese Zufluchtsstätte zu nehmen.

Anfang Dezember marschierten die Kommunisten in Chongqing ein; für Deng ein persönlicher Triumph, denn er hatte genau diese Stadt 30 Jahre zuvor als armer Student in Richtung Frankreich verlassen. Er wurde zum Bürgermeister der Stadt ernannt und blieb für drei Jahre als Erster Sekretär des Südwestbüros in Chongqing. Er regierte faktisch über fünf Provinzen, Sichuan, Guizhou, Yunnan, Xikang und Tibet. Offiziell hatte er zwei Stellvertreter, nämlich Liu Bocheng und He Long, beides alte Feldherren, die sich für Politik nicht interessierten und nur angesehene Posten als Anerkennung für ihre Verdienste in der Armee bekamen. Er hatte deshalb den Beinahmen Herr des Südwestens, welcher seiner faktischen Rolle von damals auch entsprach.

Zu Dengs Aufgaben gehörte es, die kommunistische Herrschaft zu festigen und umzusetzen. Teil seiner Anweisungen war es auch, die Reste der Kuomintang-Armee zu eliminieren, die in einer Zahl von etwa 500 000 immer noch das Land unsicher machten. Es war eine Landreform durchzuführen, wozu auch gehörte, dass Deng seine eigene Familie, die Grund besaß, enteignen lassen musste. Es waren die Finanzen in Ordnung zu bringen und wirtschaftliche und fiskalische Reformen durchzuführen. Wiederum war Deng hier ein Befehlsempfänger Maos; bei der Umsetzung von Direktiven legte er neben administrativem Talent auch Kreativität an den Tag, sodass Dengs Ansichten in Peking gern gehört und umgesetzt wurden.

Zu den Sonderaufgaben Dengs im Südwestbüro gehörte die Lösung des Tibet-Problems, welches nach der Anerkennung der Volksrepublik China durch Großbritannien, Indien und Nepal angegangen wurde. Deng und Mao wählten eine Strategie, die aus militärischen Drohungen bei gleichzeitigen Verhandlungen bestand; so wurde Tibet 1951 weitgehend unblutig in das Staatsgebiet der Volksrepublik eingegliedert.

Dengs privates Leben entwickelte sich in den drei Jahren als erster Sekretär des Südwestbüros sehr positiv; seine Frau bekam zwei Kinder, und er lebte mit seiner Familie zwar nicht unter luxuriösen, aber angenehmen Umständen in der Nähe des Volkspalastes der Stadt Chongqing.

Aufstieg in Peking

Im Juli 1952 wurde Deng von Mao nach Peking geholt. Dies war an und für sich nichts besonderes und passierte vielen lokalen Parteisekretären. Obwohl der 48jährige Deng in Peking sofort ein paar Ämter zugewiesen bekam, hatte er im ersten Jahr seiner Tätigkeit in Peking nur wenige wirkliche Kompetenzen. Vielmehr war er unter Beobachtung durch Mao und konnte nur auf eine Gelegenheit warten, an wirkliche Macht zu kommen.

Diese Gelegenheit bot sich zum ersten Mal im Jahr 1953, als der Finanzminister aufgrund des aus den Fugen geratenen Budgetdefizits in die Kritik geriet. Der Grund für das hohe Defizit waren vor allem zurückgegangene Einnahmen aufgrund von Steuererleichterungen für Privatunternehmen. Mao kritisierte die generelle rechtslastige Tendenz in der Regierung unter Liu. In den folgenden Machtkämpfen und Kritiksitzungen gegen Minister Bo Yibo hielt Deng sich im Vergleich zu anderen zwar verbal zurück, trug aber den politischen Sieg davon, indem Deng letzten Endes zum Finanzminister und zum Direktor der Zentralen Finanz- und Wirtschaftsbehörde wurde.

Die Absetzung von Bo war jedoch nur ein Gefecht in einer Auseinandersetzung, die sich immer deutlicher zwischen Mao und Liu abspielte. In der Folge versuchten zwei Politiker, auf Lius Kosten Macht zu gewinnen: Gao Gang, Direktor der Staatlichen Planungskommission, und Rao Shushi, Chef der Organisationsabteilung der KP, stammten aus Maos Umfeld und versuchten, die Partei- und Regierungsstrukturen mit Leuten zu besetzen, die eher ihnen als Liu treu waren. Sie verkalkulierten sich jedoch, denn Liu war Mao noch zu schade und zu wichtig und er behielt lieber Liu als Gao und Rao in der Regierung. Die auf diese Machtkämpfe folgende politische Säuberungsaktion ist weitgehend unaufgearbeitet, und es ist sehr wahrscheinlich, dass dies nicht zuletzt an der unschönen Rolle liegt, die Deng in dieser Phase gespielt hat. Jedenfalls übernahm Deng am 27. April 1954 Raos Posten als Direktor der Organisationsabteilung, und kurz darauf bekam er eine noch entscheidendere Funktion, nämlich jene des Ersten Sekretärs des Zentralkomitees der KP.

Noch mehr politischen Einfluss gewann Deng nach einer Reise in die Sowjetunion im Februar 1956. Dort wurde durch Chruschtschow gerade die Entstalinisierung vorangetrieben. Nach der Geheimrede vom 26. Februar, in der Chruschtschow Stalin als brutalen Diktator verurteilte, zeigte Deng politisches Gespür und Treue gegenüber Mao, indem er zuerst Mao kontaktierte, bevor er eine Stellungnahme der KPCh abgab.

Somit war eine Situation erwachsen, in der Mao die unumschränkte Autorität in der KP hatte, und Deng eine der wichtigsten Personen war, die diese Autorität unterstützten. Somit verdankte Deng seinen Aufstieg zu einem gewichtigen Teil der Unterstützung durch Mao, andererseits unterstützte er nun selbst die willkürliche und utopische Politik seines Chefs.

Hundert-Blumen-Bewegung und Großer Sprung nach vorn

Während Mao die Regierung um Liu Shaoqi wiederholt für ihre Rechtstendenzen kritisierte, allen voran Wirtschaftsminister Chen Yun sowie Premier- und Außenminister Zhou Enlai, blieb Deng Xiaoping ein stetiger Protagonist von Maos Politik und ein scharfsinniger Analyst des Gemütszustandes des Vorsitzenden.

Als zur Mitte der fünfziger Jahre in Osteuropa Aufstände gegen die kommunistische Herrschaft stattfanden, antwortete Mao in China mit der Hundert-Blumen-Bewegung, in der die Bürger zur Kritik an Missständen in der Partei aufgerufen wurden. Die Regierung stellte sich größtenteils hinter den Vorschlag von Mao, mit der Ausnahme von Deng, der es vorzog, sich für einige Monate nicht darüber zu äußern. Dies bewies Dengs Gespür für die Politik Maos, denn bereits 1957, als die Kritik zu heftig wurde, änderte Mao seine Meinung und mit der Kampagne gegen die Rechten wurde etwa eine Million Menschen, die sich in der Hundert-Blumen-Bewegung kritisch zu Wort gemeldet hatten, in Arbeitslager verschleppt oder bestenfalls mit dem Verlust ihrer Arbeitsplätze und empfindlichen Lohnkürzungen bestraft. Deng, der Generalsekretär des Zentralkomitees war, zeichnete für diese Kampagne direkt zuständig und spielte in ihr eine entscheidende Rolle.

Ebenso hielt Deng sich zurück, als Mao die Politik der 3 roten Banner vorantrieb, die im Großen Sprung nach vorn gipfelte. Liu und Zhou wurden, als sie es wagten, sich gegen Maos Politik zu stellen, wiederholt kritisiert; Deng war sich bewusst, dass der Ansehensverlust der anderen nur zu seinen Gunsten sein konnte. So wurde Deng auch während des Großen Sprunges ein treuer Gefolgsmann Maos, obwohl alles dafür spricht, dass er nicht an den Erfolg dieser Politik glaubte. Diese Zeit markiert auch den Höhepunkt der Unterstützung von Maos Linie durch Deng.

Das Ergebnis des Großen Sprunges waren die drei bitteren Jahre von 1959 bis 1961: Aufgrund der zahlreichen Arbeitskräfte, zumeist Bauern, die Mao für die Metallbranche akkumulieren ließ, war die Lebensmittelversorgung durch die Landwirtschaft kaum noch gewährleistet. Nach zwei schlechten Erntejahren verknappten sich die Lebensmittel deshalb für die chinesische Bevölkerung so dramatisch, dass es zu einer der verheerendsten Hungersnöte der Geschichte kam, in der 20 bis 40 Millionen Chinesen starben. Mao hielt sich in der zweiten Jahreshälfte in Südchina auf, später trat er selbst aus der Ersten Führungsriege aus, um das Tagesgeschäft der Regierung um Liu und Deng zu überlassen. Deng mochte Liu persönlich nicht, dies war ausschlaggebend dafür, dass er nicht von Maos Fraktion zu Lius Fraktion überlief.

Im Jahre 1962 gab es einen Wirtschaftsaufschwung, der jedoch weniger auf Lius und Dengs Expertise in wirtschaftspolitischen Fragen zurückzuführen ist als einfach auf die pragmatische Rücknahme unsinniger politischer Entscheidungen. Aus dieser Phase stammt einer der berühmtesten Aussprüche Dengs, in der er meinte, dass jenes landwirtschaftliche Produktionssystem das beste ist, welches die Massen akzeptieren und welches die Produktion schnell wieder ankurbeln könne. Und wenn es nicht legal ist, dann muss es legal gemacht werden. Gelb oder weiß, eine Katze, die Mäuse fängt, ist eine gute Katze (Lit.: Yang, S. 151).

Gleichzeitig wurde auf dem Land der Bedarf nach einem Kampf gegen die Korruption offensichtlich. Dies legte den Grundstein für die Sozialistische Erziehungskampagne, die sich wieder in einen Kampf zwischen Lius und Maos Fraktionen entwickelte. Deng versuchte, sich zurückzuhalten, soweit es nur möglich war, und sich in außenpolitischen Fragen zu profilieren. In der Diskussion um diese Kampagne dürfte Mao auch den Schluss gefasst haben, Liu endgültig aus dem Machtzentrum zu entfernen, womit Deng, der nun eher Lius Fraktion zuzurechnen war, ebenso in die Schusslinie geriet.

Im Sommer 1963 führte Deng eine Delegation nach Moskau an. Wohlwissend, dass Mao die Sowjetunion und die Russen nicht mochte, legte Deng es auf einen Streit mit Chruschtschow an und legte eine extrem nationalistische oder gar chauvinistische Position an den Tag. Das chinesisch-sowjetische Zerwürfnis erreichte hier einen vorläufigen Höhepunkt.

Kulturrevolution

Zu Ende des Jahres 1965 zeichneten sich bereits die nächsten politischen Erdbeben ab. Als die Kulturrevolution im vollen Gange war und Mao Zedong mit Hilfe der Roten Garden das Land terrorisierte, versuchte Deng, eine gemäßigte Haltung einzunehmen. Persönliche Differenzen mit Liu verhinderten jedoch, dass er sich mit dem Lager um Liu und Zhou vollständig verbündete.

Die Kulturrevolution war eine Zeit, wo Recht und Ordnung vollständig außer Kraft gesetzt waren. Deng, Liu und zahllose andere Politiker mussten in langen Kritiksitzungen den Roten Garden ihre Verfehlungen gestehen und viele wurden, wie etwa auch Staatspräsident Liu oder Dengs Sohn Deng Pufang, physisch misshandelt. Deng Xiaoping entging der Folter wahrscheinlich nur durch die nach wie vor gute Beziehung zu Mao.

Praktisch während des ganzen Jahres 1968 blieb das Ehepaar Deng in Peking in Hausarrest, während sie von ihren Kindern getrennt waren. Auf dem Achten Parteitag im Oktober 1968 wurde Deng aller Ämter enthoben und 1969 in den Bezirk Xinjian (Provinz Jiangxi) verbannt. Anders als etwa Liu behielt er jedoch seine Parteimitgliedschaft. In Xinjian arbeitete Deng in einem Werk, das Traktoren reparierte, als gewöhnlicher Arbeiter, während seine Frau im gleichen Werk als Putzkraft eingesetzt wurde. Erst als sich die politische Lage wieder besserte, durften auch seine Kinder nach Jiangxi nachkommen.

Nach dem Tod von Lin Biao, der bereits als legitimer Nachfolger von Mao Zedong gehandelt wurde, begann Deng, Briefe nach Peking zu schreiben, in denen er um verschiedene Sachen bat, etwa bessere medizinische Behandlung für seinen durch die Roten Garden misshandelten Sohn. Im August 1972 schrieb er an Mao direkt und bat um Verzeihung für seine Fehler der Vergangenheit. Die Unterwürfigkeit hatte Erfolg, im Februar 1973 wurde er nach Peking zurückgerufen.

Zurück an der Macht

Am 20. März 1973 bekam Deng seine Ämter offiziell zurück. Noch erlaubte Mao ihm jedoch nicht, wirklich Macht auszuüben; wie in den 1950er Jahren wollte Mao den zurückgekommenen Deng erst noch einmal testen. Die Arbeit von Deng bestand daher vor allem aus dem Empfangen von Staatsgästen. Er nutzte diese Zeit, um sich in außenpolitischen Fragen zu profilieren.

Gleichzeitig jedoch suchte der alt gewordene Mao nach einem Nachfolger. Deng war für Mao jedoch nicht der geeignetste Kandidat; jedoch wollte er auch niemanden aus dem radikalen Lager, dem etwa seine Frau Jiang Qing angehörte. Mao testete Wang Hongwen, der sich jedoch als nicht fähig genug erwies. So trug Wangs politische Unreife letzten Endes dazu bei, dass Deng wieder mehrmals hintereinander befördert wurde. Der Wiederaufstieg von Deng wurde zudem nach Kräften vom Premierminister Zhou Enlai unterstützt, der selbst, von Krankheit gezeichnet, nach einem Nachfolger suchte.

Im April 1974 leitete Deng eine Delegation zu den Vereinten Nationen. Die Rede, die er dort hielt, sorgte für weltweite Aufmerksamkeit und machte auch Mao sehr zufrieden; die "Drei-Welten-Theorie", die er in dieser Rede vorstellte, wird bis heute als der bedeutendste Beitrag Dengs in der kommunistischen Politik betrachtet.

Deng Xiaoping und US-Präsident Gerald Ford am 3. Dezember 1975 in Peking

Gegen Ende des Jahres 1975 zog sich Mao immer mehr zurück. Deng hatte gegenüber anderen Politikern (und Beteiligten im Nachfolgekampf) den Vorteil, mit Mao zuweilen persönlich sprechen zu können, wenn Mao selten aber doch ausländische Ehrengäste empfing. Zur gleichen Zeit kam jedoch Maos Neffe Mao Yuanxin nach Peking und begann, Deng zu diskreditieren, indem er ihn als jemanden darstellte, der die Errungenschaften der Kulturrevolution nicht schätzte und Lius Verfehlungen nicht kritisierte. Mao entschied sich, den relativ unerfahrenen Hua Guofeng, der keinem der beiden Lager angehörte, zu seinem Nachfolger auszuwählen.

Zhou Enlai, der Förderer Dengs, starb nach langer Krankheit im Januar 1976. Am 5. April, dem Qingming-Fest, gedachten die Bürger Pekings des populären verstorbenen Premiers, aus den Gedenkfeiern wurden jedoch Proteste gegen die existierenden politischen Verhältnisse. Deng wurde die Verantwortung für diese Proteste angehängt, und zwei Tage später wurde er aus allen politischen Funktionen entfernt. Hua wurde formell zum Premierminister und Stellvertretenden Parteivorsitzenden ernannt. Wiederum verlor Deng nicht die Parteimitgliedschaft und er blieb in Peking, jedoch praktisch unter Hausarrest.

Mao starb am 9. September 1976. Der Machtkampf brach nun voll aus, allerdings ohne Deng. Bereits im Oktober ließ die Gruppe um Hua Guofeng die radikale Viererbande verhaften. Wiederum bat Deng schriftlich um Rehabilitierung, wobei die Briefe nicht alle Deng direkt zugeschrieben werden. Die neue Führung um Hua war besorgt, dass Deng ihre Posten bedrohen könnte, sie konnte aber den Wiederaufstieg von Deng nicht verhindern. Deng war im April 1976 von Mao zwar gestürzt worden, Dengs Machtbasis von führenden pragmatischen Funktionären war jedoch im Amt geblieben und erzwang seine Rückkehr. Somit bekam Deng am 22. Juli 1977 alle seine politischen Ämter zurück. Er war somit u. a. stellvertretender Vorsitzender der Kommunistischen Partei, erster Stellvertreter des Staatsratsvorsitzenden und stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsrates.

Deng an der Macht

Weg zur vollständigen Macht

In den Jahren 1977 bis 1980 war für Deng das wichtigste Ziel, Hua Guofeng von der Macht zu verdrängen. Dies wollte er einerseits um seiner selbst willen, jedoch auch, um seine Vorstellungen von Entwicklung, Wirtschaft und Politik in der Volksrepublik China umzusetzen. Es gab aber auch persönliche Animositäten. Während Deng durch die Kulturrevolution gestürzt, in ein Umerziehungslager gesteckt wurde und sein Sohn Deng Pufang nach einem Fluchtversuch vor den Roten Garden querschnittsgelähmt war, machte Hua seinen politischen Aufstieg durch seine Unterstützung der Kulturrevolution.

Die Epoche Dengs begann offiziell in der 3. Plenarsitzung des 11. Parteitages im Dezember 1978. Die Rede, die Deng hier hielt, enthielt keine der aus Maos Epoche gewohnten Losungen von Klassenkampf und Revolution mehr. In dieser Rede verurteilte Deng die Kulturrevolution und forderte, dass ökonomische Entwicklung die Hauptaufgabe für die Partei werden müsse.

Zur gleichen Zeit begannen Bürger in Peking, auf der Chang'an-Straße in Peking Plakate zu kleben, die zunächst eher private Beschwerden ausdrückten, später jedoch so weit gingen, Mao zu verurteilen und Demokratie zu fordern. Deng unterstützte die Demokratiemauer zunächst, denn ihr Hauptdruck fiel auf Hua Guofeng und die konservativen Kräfte in der Regierung.

Deng Xiaoping im Johnson Space Center 1979

Am 17. Februar 1979 brach der Chinesisch-Vietnamesische Krieg aus. Zuvor hatte Deng den amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter besucht und von ihm zumindest moralische Unterstützung versprochen bekommen, dann brachte er seine Armeeführung dazu, Vietnam anzugreifen. Der Krieg dauerte zwar nur einen Monat und war für die chinesische Armee mit dem Tod von 30.000 Soldaten alles andere als ein Erfolg, Deng nutzte die Phase jedoch, um in Peking politische Aktivisten (allen voran Wei Jingsheng) verhaften zu lassen und die Demokratiemauer zu verbieten. In der Folge bestand Deng auf Einhaltung der Vier Grundprinzipien, nämlich: der sozialistische Weg, die Diktatur des Proletariats, der Führungsanspruch der KP sowie die Ideologie des Marxismus-Leninismus und das Mao-Zedong-Denken.

Im Jahre 1979 wurden unter Dengs Federführung reihenweise Ereignisse wie die Tiananmen-Proteste von 1976, die Kulturrevolution oder die Kampagne gegen die Rechten verurteilt und deren Opfer rehabilitiert; ausgespart blieben lediglich jene Ereignisse, an denen Deng direkt beteiligt war. Durch die Rehabilitierung der Opfer gelang es Deng, mehr Unterstützer der eigenen Linie in hohe Partei- und Regierungspositionen zu bringen, wodurch zahlreiche Mitglieder des Hua-Lagers aus ihren Posten verdrängt wurden.

Letzten Endes wurde ein Bericht über die Wirtschaftsplanung zum Vorwand genommen, um Hua von seiner Macht zu verdrängen. Dieser Bericht, der Ziele setzte, wie man sie aus Maos Zeiten gewohnt war, wurde benutzt, um Huas Unfähigkeit zu demonstrieren und ihn zu ersetzen. Im August 1980 musste er sein Amt als Premierminister an Zhao Ziyang, einen von Dengs potentiellen Nachfolgern, abgeben. Nach und nach wurden ihm auch alle anderen Funktionen abgenommen, und er wurde in den Ruhestand geschickt.

Höhepunkt der Macht

Obwohl Deng das Premierministeramt nicht persönlich übernommen, sondern es einem seiner Protegés überlassen hatte, befand er sich etwa mit Mitte des Jahres 1981 in einer unumschränkten Machtposition. Zu Hongkonger Medien meinte er dazu Ich habe doch schon Namen und Ruhm, oder? Mehr brauche ich nicht! Man muss weitsichtig, nicht kurzsichtig sein! (Lit.: Yang, S. 214). Ab diesem Zeitpunkt bekamen politische und wirtschaftliche Reformen eine höhere Priorität.

1981 begann Deng die Kulturrevolution auch in der Hinsicht rückgängig zu machen, dass er der Viererbande sowie weiteren führenden Persönlichkeiten aus der Kulturrevolution den Prozess machen ließ.

Auf dem 12. Parteitag im September 1982 ließ Deng dann die folgenden drei Ziele für die Arbeit der KP in den 1980er Jahren ausgeben:

  • Aufbau eines Sozialismus chinesischer Prägung
  • Wiedervereinigung mit Taiwan und Widerstand gegen die Hegemoniebestrebungen der Supermächte
  • Wirtschaftlicher Aufbau, um im Jahr 2000 ein Pro-Kopf-Jahreseinkommen von 1000 Dollar zu erreichen

Deng präzisierte seine Ziele über die Wirtschaftsentwicklung in der sogenannten "Drei Schritte Theorie" folgendermaßen: Von 1980 bis 1990 sollte sich das Bruttoinlandsprodukt verdoppeln und damit die Nahrungs- und Kleidungsprobleme der Bevölkerung behoben werden. Von 1990 bis 2000 sollte sich das Bruttoinlandsprodukt noch einmal verdoppeln und damit bescheidener Wohlstand für die Bevölkerung erreicht werden. In den nächsten 50 Jahren sollte dann der Anschluss an die gemäßigt entwickelten Länder erreicht werden. [1]

Der wirtschaftliche Aufbau begann mit Reformen in der Landwirtschaft. Bereits seit Ende der 1970er Jahre wurde auf regionaler Ebene mit Haushaltsverantwortlichkeit und ähnlichen Systemen experimentiert. Es stellte sich heraus, dass die Bauern ohne staatliche Einmischung die höchsten Produktivitätsgewinne erzielten. Bis zum Januar 1982 wurden die Volkskommunen aus der Politik der vier Banner abgeschafft, anstelle dessen hatten die Bauern Mieten und Steuern abzuliefern, während sie bei der Bebauung ihres Landes relativ freie Hand hatten.

Eine weitere bedeutende Neuerung, die maßgeblich auf Deng zurückging, waren die Sonderwirtschaftszonen, die seit 1979 zunächst in vier Küstenstädten eingerichtet wurden. Sie stellten die Umkehrung von Maos Autarkiepolitik dar; gleichzeitig erlaubten sie der chinesischen Wirtschaft, ausländische Investitionsgüter und Know-How zu importieren und eigene Produkte zu exportieren, womit die Zahlungsbilanz durch die Importe weniger belastet wurde.

Deng Xiaoping 1985 im Gespräch mit Staatsgast Hans-Dietrich Genscher

In der Außenpolitik gelang Deng ein sehr positives Ergebnis in den Verhandlungen mit der britischen Regierung um die Rückgabe Hongkongs. Die Losung, gemäß der die Wiedereingliederung der Kolonie in das chinesische Mutterland erfolgen sollte, nämlich Ein Land, zwei Systeme, war ursprünglich als Ansatz für die Lösung des Taiwan-Problems entwickelt worden. Deng war sehr stolz auf diesen Slogan, denn er liebte es, komplexe politische Zusammenhänge in eine einfache Phrase zu pressen.

Wirtschaftsreformen in den Städten und in der Industrie wurden erst ab etwa 1986 angegangen. Hier war die Verflechtung zwischen Partei und Wirtschaft zu stark: Um Unternehmen zu privatisieren, mussten tausende von Parteikadern aus den Unternehmen entfernt und anderweitig beschäftigt werden. Die Lösung dieser undankbaren Aufgabe musste Hu Yaobang übernehmen, welcher ursprünglich ein heißer Kandidat für Dengs Nachfolge war, der jedoch nach Studentenprotesten im Jahr 1987 zum Rücktritt von seinem Posten als Generalsekretär der KP gezwungen wurde.

Das wichtigste Projekt zu Ende der 1980er Jahre war die Preisreform oder -Liberalisierung, d. h. die Abschaffung der vom Staat festgesetzten Preise. Diese Preisreform verursachte einen tiefen Riss in der Staatsführung mit konservativen Kräften um Li Peng und Chen Yun auf der einen Seite und den Kräften, die die Preisreform vorantrieben, um Zhao Ziyang und Deng. Die Reform, die für die hohe Inflation zu Ende der 1980er Jahre verantwortlich gemacht wird und die zu den Auslösern der Proteste auf dem Tiananmen-Platz zählt, wurde letzten Endes von Deng persönlich durchgedrückt.

Tian'anmen-Massaker

Am 15. April 1989 starb der zwei Jahre zuvor aus dem Amt entfernte Hu Yaobang. Sein Tod war Anlass für Trauerkundgebungen von Studenten, die sich bis zum 22. April zu Protestkundgebungen verwandelten, die die Freilassung von politischen Gefangenen, die Bestrafung von korrupten Beamten und die Entlassung konservativer Politiker wie Li Peng forderte. Als sich die Proteste noch mehr radikalisierten, etwa 2000 Studenten in den Hungerstreik traten und sich immer mehr Pekinger Bürger, die unter der Inflation aufgrund der von Deng durchgedrückten Preisfreigabe litten, dem Protest anschlossen, ließ Deng, der auf eine rasche Beendigung der Unruhen drängte, die Mitglieder des Ständigen Ausschusses des Politbüros abstimmen. In dessen Ergebnis wurde das Kriegsrecht verhängt und die Proteste blutig unterdrückt. In personeller Hinsicht war das Ergebnis vor allem die Absetzung von Zhao Ziyang als Generalsekretär der KP. Nach Meinung Dengs hatte Zhao Ziyang, der über Wochen den Streit mit den Studenten im Dialog zu schlichten wollte, viel zu lange eine gewaltsame Beendigung des Aufruhrs verhindert.[2]

Zhao wurde als Nachfolger von Deng gehandelt und war somit aus dem Spiel; nun war der wahrscheinlichste Kandidat der konservative Li Peng. Der 85jährige Deng entschied sich jedoch für den bis dahin unbekannten Jiang Zemin, von dem Deng vor allem erwartete, dass er die Dengschen Reformen nicht rückgängig machte. Deng, der sich von allen weniger einflussreichen Posten peu à peu zurückgezogen hatte, gab Jiang den letzten und wichtigsten Posten, den er innehatte, nämlich den des Vorsitzenden des Zentralen Verteidigungsrates.

Politisch bedeuteten diese Vorkommnisse eine zeitweilige Blockade der von Deng angestrebten wirtschaftlichen Liberalisierung und Öffnung zum Ausland. Die alten Kader, die diese Liberalisierung als zu gefährlich betrachteten und auf mehr Überwachung drängten, gewannen wieder an Einfluss. Erst 1992 wurde dieser Richtungskampf zugunsten von Deng entschieden.[3]

Rückzug

Nach dem offiziellen Rückzug aus der Politik 1990 blieb Deng zunächst für wenige Jahre noch politisch aktiv. Unterstützt durch seine Familie, vor allem von seinem ältesten Sohn Deng Pufang, fungierte er weiterhin als Berater für die Regierung, vor allem Jiang Zemins.

Jiang entpuppte sich als der fähige Nachfolger, den Deng sich gewünscht hatte, Deng mischte sich jedoch wiederholt in dessen Geschäfte ein, wenn er der Meinung war, dass sein politisches Erbe auch nur ansatzweise in Gefahr war. Besonders bei der Formulierung der offiziellen Stellungnahmen während und nach dem Fall der kommunistischen Regierungen in Ost- und Mitteleuropa sowie dem Putsch in Moskau 1991 wollte Deng nach wie vor Einfluss ausüben. Die konservativen Kräfte in der Regierung zwang er häufiger dazu, aus ihren Reden antikapitalistische Passagen zu entfernen. Er setzte sich auch persönlich für die Aufhebung der Sanktionen ein, die vom Ausland nach der Niederschlagung der Tiananmen-Proteste verhängt wurden und empfing ausländische Ehrengäste.

Letztendlich trug er insbesondere durch seine unter großen Kraftanstrengungen unternommene Reise durch die Sonderwirtschaftszonen in Südchina im Jahr 1992 final dazu bei, den wirtschaftlichen Reformkurs zu stärken und die Partei – etwa gegen den Widerstand konservativer Strömungen um Li Peng – endgültig auf eine Linie zu bringen. Mit Blick auf die Zeit nach seinem Tod schlug Deng, ebenfalls im Jahr 1992, den bis dahin eher unbekannten Hu Jintao, dessen Aufnahme in den ständigen Ausschuss des Politbüros er förderte, als Nachfolger von Jiang Zemin nach dessen Amtszeit vor. Diesem Vorschlag wurde im Jahr 2002, nach dem Ausscheiden Jiang Zemins, entsprochen.

Dengs Reise in den Süden Chinas

Ab den Ereignissen rund um den Platz des himmlischen Frieden im Jahr 1989 gingen die reformorientierten Kreise, aufgrund des erneuten Erstarkens der Parteilinken, in eine Wartestellung. Nach einer innerparteilichen Stabilisierung seines Kurses bereiste im März und April 1992 der damals bereits 88 jährige Deng den Süden Chinas um sowohl die Parteifunktionäre wie auch die übrige Bevölkerung zu Reformschritten zu ermutigen. Er legte dort seine Vorstellung von einer "sozialistischen Marktwirtschaft" dar und ermutigte zu weiteren Reformschritten. Er sagte:

"Man muss etwas mehr Mut bei der Reform- und Öffnungspolitik an den Tag legen, Mut zum Experiment, nicht wie Frauen mit gebundenen Füßen. Wenn man das Ziel erkannt hat, dann mutig versucht, dann mutig drauflos! Ohne Draufgängertum, ohne "Abenteurertum" bleibt alles saft- und kraftlos, dann werden wir keinen guten Weg, keinen neuen Weg nehmen und auch nichts Neues zustande bringen können. .. Bei der Reform der Städte wie der ländlichen Gebiete geht es nicht um Debatten, sondern um mutige Versuche, mutiges Drauflosgehen; unsere Politik lässt Versuche zu, das Zulassen von Versuchen ist viel besser als jeder Zwang.. Man muss die Gelegenheit beim Schopfe packen, und jetzt ist so eine Gelegenheit. Ich mache mir Sorgen, dass die Gelegenheit verpasst, die Gelegenheit nicht beim Schopfe gepackt wird; wenn man eine Chance sieht und sie nicht nutzt, ist auf einmal der richtige Zeitpunkt vorbei."[4]

Eine besondere Wichtigkeit bekamen Dengs Ausführungen dadurch, dass viele der Reformen erst einmal in kleinen Bezirken ausprobiert wurden und dort aber oft gegen chinaweit bestehende Gesetze verstießen. In diesem Zusammenhang war die Unterstützung Dengs, der vom Zulassen von Versuchen und mutigem Vorangehen redete, von hoher Bedeutung.[5]

Ruhestand

Dengs Gesundheitszustand verschlechterte sich ständig, und die Bilder, die 1994 zu seinem 90. Geburtstag im Fernsehen übertragen wurden, zeigten einen Mann, der ohne die Hilfe seiner Töchter nicht mehr handlungsfähig war. Seine jüngste Tochter Xiao Rong war in diesen letzten Jahren seine Sekretärin und offizielle Sprecherin, da er selbst wegen seiner Parkinson-Krankheit nicht mehr sprechen konnte. Öffentliche Auftritte wurden seltener und seltener. Deng starb 1997 schließlich an Komplikationen der Parkinson-Krankheit und einer Lungeninfektion.

China nach Deng

Nach Dengs Tod wurde dessen Politik nicht revidiert, wie dies mit der seines Vorgängers geschah. Einerseits hatte Deng eine durch den Erfolg legitimierte Politik vorzuweisen, und er hinterließ Machtstrukturen, die stabiler waren als jene, die Mao geschaffen hatte. Da die Institutionen und die Rolle des Rechts unter Deng gestärkt worden waren, brach nach Dengs Tod nicht sofort ein Machtkampf wie nach Maos Tod aus. Machtkämpfe spielten sich nach Dengs Tod vor allem innerhalb der Parteigremien ab, nicht in der Öffentlichkeit wie etwa in der Kulturrevolution. Der Übergang zur Zeit nach Deng lief auch deshalb recht reibungslos ab, weil Deng in seinen letzten Lebensjahren hauptsächlich nur noch den „Aufpasser“ spielte, aber seine Nachfolger bereits rechtzeitig aufbaute.

Ein wesentlicher Unterschied der Zeit nach Deng zu der Zeit nach Mao war, dass Mao eine kommunistische Gesellschaft herbeizwingen wollte, während es bei Deng gar nicht mehr klar war, ob er nicht eher Konfuzianer oder sonst etwas war. Als der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt Deng darauf ansprach, dass die Kommunistische Partei doch gar nicht mehr kommunistisch sei und er selbst doch kein Kommunist sondern eher ein Konfuzianer sei, antwortete Deng das berühmte: "So what?" - oder auf deutsch "Na und" [6].

Sowohl der kommunistische Mao als auch der nationalistische Chiang hatten die Notwendigkeit des Wirtschaftsaufbaues erkannt und nach ihren Vorstellungen umzusetzen versucht; Deng war jedoch jener, dem dies am eindrucksvollsten gelang. Für Hunderte Millionen von Menschen verbesserte sich während Dengs Regierungszeit die Lebensqualität spürbar. Über die Reformen Deng Xiaopings sagt man deshalb, dass sie den größten Wohlfahrtsgewinn aller Zeiten erreicht haben, den ein einzelner je zustande gebracht hat. Unter Deng schaffte man es, hinsichtlich der Personalauswahl den Übergang weg von Revolutionären hin zu professionellen Technokraten zu bewerkstelligen.

Andererseits verschärfen sich die Gegensätze zwischen arm und reich in China so schnell wie in kaum einem anderen Land, sowohl geographisch wie auch sozial. Von der egalitären Gesellschaft, die Mao vorgeschwebt hatte, entfernte sich China seit den Reformen Dengs in großem Tempo und tut dies auch nach seinem Tod.

Die Reformen Deng Xiaopings stellten Pragmatismus über die Werte des Maoismus und Kommunismus. Der sogenannte Dengismus wird deshalb auch als Philosophie ohne Philosophie bezeichnet. Die Gesammelten Werke des Deng Xiaoping beinhalten auch keine philosophischen Abhandlungen, wie sie etwa Mao der Nachwelt hinterlassen hat, sondern meist administrative Anweisungen und Reden auf diversen Kongressen; wobei durch die Parteizensur die teils deftige Sprache Dengs geglättet wurde. Dies zeigt, dass Deng weniger jemand war, der neue Wege suchte, sondern jemand, der Forderungen nachkam und diese effizient umzusetzen vermochte.

Ehrungen

1978 und 1985 war er Mann des Jahres des Time Magazine.

Als Vorbild für alle Chinesen wurde ein sehr großes Denkmal aus Eisen in seiner Ehrenstätte errichtet. Deng war Kettenraucher, die Zigarette aus seiner linken Hand wurde jedoch 2000 wieder herausgeschweißt.

Literatur

Für die Erstellung dieses Artikels wurden die folgenden Quellen herangezogen:

  • Yang, Benjamin: Deng. A political biography. New York 1998 (ISBN 1-56324-722-4) Detaillierte Biographie, deren größter Verdienst darin besteht, den Weg Dengs an die Macht und dessen Beziehung zu Mao darzustellen.
  • Evans, Richard: Deng Xiaoping and the Making of Modern China. New York 1994 (ISBN 0140267476) Neutral und sachlich geschriebene Biographie des früheren britischen Botschafters in Peking.
  • Schmidt, Helmut & Sieren, Frank: Nachbar China. Helmut Schmidt im Gespräch mit Frank Sieren. Berlin 2006 (ISBN 3430300045) Aufschlussreiches Buch, das auch über die persönlichen Kontakte zwischen Alt-Bundeskanzler Schmidt und Deng sowie die globalen Zusammenhänge schildert.

weitere Literatur:

  • Deng Maomao (Xiao Rong): My Father Deng Xiaoping. New York 1995 (ISBN 0465016251). Nette Biographie der Tochter Dengs, aber naturgemäß nicht neutral.

Zitate

  • „Bu guan hei mao bai mao zhuadao lao shu jiu shi hao mao“, „Es spielt keine Rolle, ob die Katze schwarz oder weiß ist; solange sie Mäuse fängt, ist sie bereits eine gute Katze.“ Von Freunden und Feinden als Beweis seiner pragmatischen Einstellung zitiert. Wobei darauf zu achten ist, dass dies auch eine Anspielung auf Mao Zedong (mao = Katze) ist. Die Aussprache ist dieselbe, nur die Schriftzeichen sind anders.
  • „Dieser Mensch fasst den Klassenkampf nicht an.“ (Mao über Deng)

Quellen

  1. China Nachrichten [1] 15.September, 2004
  2. Die ZEIT zum 100. Geburtstag von Deng [2]
  3. Die ZEIT zum 100. Geburtstag von Deng [3]
  4. Zur Lage der chinesischen Bauern, Chen Guidi und Wu Chuntao, 2004, Seite 354
  5. Zur Lage der chinesischen Bauern, Chen Guidi und Wu Chuntao, 2004, Seite 363
  6. Interview mit Helmut Schmidt[4]

Weblinks


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