Terrorabwehr

Terrorabwehr
Das jordanische 71. Bataillon zur Terrorismusbekämpfung während einer Übung im Juni 2007 in Amman
Übergabe der Belohnung an einen Informanten auf den Philippinen, 2007.

Die Terrorismusbekämpfung hat zum Ziel, terroristische Aktionen im Vorfeld zu erkennen, zu verhindern und terroristische Vereinigungen oder Einzeltäter zu bekämpfen. Klassische Strategien zur Terrorismusbekämpfung umfassen vor allem militärische Einsätze, Einflussnahme (Winning Hearts and Minds) und Demokratisierung, während Abschreckung, Entwicklungszusammenarbeit, und Beschwichtigung seltener angewandt worden sind.[1]

Einen alternativen Ansatz zur Terrorismusbekämpfung hat die Friedensforschung. Konzepte reichen von der unter allen Umständen zu erreichenden Verhandlung mit Terroristen an einem Tisch, bis zur Prävention durch Bekämpfung der Ursachen des Terrorismus. Dazu werden Ungerechtigkeit und daraus resultierender Hass gegenüber den Industriestaaten in der Dritten Welt, schlechte Bildung und Fanatismus gezählt.

Als Reaktion auf die Terroranschläge am 11. September 2001 wurden in vielen Staaten so genannte Anti-Terror-Gesetze erlassen.

Inhaltsverzeichnis

Multilaterale Terrorismusbekämpfung

Eine Reihe von Abkommen, Resolutionen und Beschlüssen regeln die Verfolgung und Bestrafung des Terrorismus völkerrechtlich. Dazu zählen allerdings nur typische Aktionsformen wie Flugzeugentführungen, Geiselnahmen und Sprengstoffdelikte. Über eine international einheitliche Definition, was Terrorismus ist, wurde bisher kein Konsens erzielt. Ziel der Abkommen, wie des Prümer Vertrages oder bilateraler Abkommen über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität,[2] sind deswegen bisher nur die Erleichterung der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit in Strafsachen.

In den Zuständigkeitskatalog des Internationalen Strafgerichtshofs wurde ein Straftatbestand „Terrorismus“, der in Entwürfen noch vorhanden war, infolgedessen nicht aufgenommen. Nur terroristische Straftaten, die sich als Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen oder Völkermord einordnen lassen, fallen in seine Zuständigkeit. Daher sind für die strafrechtliche Verfolgung die jeweiligen nationalen Behörden zuständig.

Situation in Deutschland

Deutsche Polizisten bewachen das Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg nach Hinweisen auf einen Terroranschlag

In der Bundesrepublik Deutschland zählen (§§ 129, 129a, 129b Strafgesetzbuch: Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung) so genannte terroristische Angriffe nicht als militärische oder kriegerische Handlungen. Für die Abwehr entsprechender Gefahren ist die Polizei zuständig und nicht die Bundeswehr, für die Strafverfolgung das deutsche Straf- und Strafprozessrecht.

Zur Zeit wird im Bundestag darüber debattiert, ob die Verfassung aufgrund einer nationalen Sicherheitslücke geändert wird. Dies umfasst unter anderem die Erlaubnis für den Einsatz von Kampfflugzeugen der Bundeswehr zum Abschuss von entführten Passagiermaschinen.

Die Bundeswehr kann unter bestimmten Umständen im Wege der Amtshilfe die Polizei anlassbezogen unterstützen. Das Militär kann entsprechend der Deutschen Notstandsgesetze „beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer“ (GG Art. 87a, 4) eingesetzt werden. Die Bundeswehr kann nach dem Luftsicherheitsgesetz im Falle eines von Terroristen entführten Verkehrsflugzeuges tätig werden. Das Bundesverfassungsgericht hat die unmittelbare Einwirkung mit Waffengewalt, also einen Abschuss, nach § 14 Abs. 3 des LuftSiG allerdings für verfassungswidrig erklärt (BVerfGE v. 15. Februar 2006 I 466, 1 BvR 357/05).

Ein zwischenbehördliches Mittel zur Terrorismusbekämpfung stellt das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum dar.

Situation in den Vereinigten Staaten

Die Regierung von Präsident George W. Bush hat nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 den Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu einem wichtigen Bestandteil ihrer Innen- und Außenpolitik erklärt und rief in der Folge den so genannten Krieg gegen den Terror aus.

Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte

Wenn Verletzungen der Menschenrechte und des Völkerrechts bei der Terrorismusbekämpfung vorkommen, können Demokratien gegen ihre eigenen Grundlagen verstoßen und dadurch an Substanz und Glaubwürdigkeit verlieren. Wenn in der Öffentlichkeit ein Klima erzeugt wird („Globaler Krieg gegen den Terrorismus“), in dem solche Verletzungen gleichsam schon als präventive Notwehr gerechtfertigt werden, wird es wahrscheinlicher, dass sie auch tatsächlich geschehen.

Die Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan, in Abu-Ghraib und in Camp Delta auf Guantánamo sind Beispiele dafür, ebenso die gezielte Tötung von Terrorismusverdächtigen durch die israelische Armee. 2004 wurde der Kopf und Mitbegründer der palästinensischen Organisation Hamas, Scheich Ahmad Yasin, von einem israelischen Kampfhubschrauber aus beim Verlassen einer Moschee durch einen Luftangriff getötet. Kurz darauf tötete das israelische Militär den zu Yassins Nachfolger bestimmten Abdel Aziz Rantisi. Wenn eine steigende Anzahl von Zivilisten durch Militäreinsätze ums Leben kommt wie im Krieg in Afghanistan seit 2001[3], verliert der Kampf gegen den Terrorismus seine Glaubwürdigkeit.

Dasselbe gilt auch für die gravierenden Einschränkungen bürgerlicher Grundfreiheiten durch neue Anti-Terror-Gesetze. Das ARD-Magazin plusminus kommt in seiner Sendung 2006 zu dem ernüchternden Ergebnis: „Bilanz nach fünf Jahren Terrorbekämpfung: Neben sinnvollen Maßnahmen, wie der Einrichtung der Antiterrordatei, werden die Bürger auch ohne greifbare Erfolge überwacht. (…) Die totale Finanzüberwachung hilft nichts gegen diese neuen Formen des Terrorismus. Aber sie kostet Wirtschaft und Verbraucher viel Geld, und die Bürger verlieren ein Stück Freiheit.“ [4]

Die Internationale Juristenkommission kam im Februar 2009 in ihrem Report „Assessing Damage, Urging Action“[5] nach einer 3-jährigen Studie in vierzig Ländern zu dem Ergebnis, dass die ursprünglich gegen den Terrorismus gerichteten Maßnahmen bereits in den Normalbetrieb der Staaten und das alltägliche Justizsystem eingesickert seien. Dies habe für den Begriff des Rechtsstaates langfristige Konsequenzen und gefährde die im letzten Jahrhundert aufgebaute, auf dem Respekt von Menschenrechten beruhende legale Ordnung erheblich.[6]

Siehe auch

Literatur

  • Philipp H. Schulte: Terrorismus und Anti-Terrorismus-Gesetzgebung – Eine rechtssoziologische Analyse. Waxmann, Münster 2008, ISBN 978-3-8309-1982-7. 
  • Sebastian R. Müller: Hawala: an informal payment system and its use to finance terrorism. VDM Verlag Dr. Mueller, Saarbrücken 2006, ISBN 978-3865506566. 

Weblinks

Einzelnachweise

  1. vgl. Robert F. Trager and Dessislava P. Zagorcheva: Deterring Terrorism: It Can Be Done, in: International Security, Vol. 30, No. 3, Winter 2005-2006, S. 89.
  2. Siehe etwa Abkommen über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität. BMI:Deutschland und USA intensivieren Zusammenarbeit bei der Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität, 11. März 2008
  3. Spiegel.de: AFGHANISTAN – Zahl der zivilen Gewaltopfer steigt dramatisch an. 17. Februar 2007.
  4. Wenig Erfolge bei der Überwachung der Finanzströme. ARD, 21. November 2006
  5. International Commission of Jurists: Report of the Eminent Jurists Panel on Terrorism, Counter-terrorism and Human Rights, (PDF-Datei; 1,9 MB). Abgerufen am 17. Februar 2009.
  6. Telepolis: Geschockt über das Ausmaß der Schäden durch exzessive Antiterrormaßnahmen. 17. Februar 2009.

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