Theorien zum Steintransport beim Bau der ägyptischen Pyramiden

Theorien zum Steintransport beim Bau der ägyptischen Pyramiden

Es gibt vielfältige Theorien zum Steintransport beim Bau der ägyptischen Pyramiden. Bis heute ist nicht bekannt, wie die bis zu 2,5 Tonnen schweren Steinblöcke beim Bau der ägyptischen Pyramiden bewegt und aufgeschichtet wurden. Es gibt und gab zahlreiche Auseinandersetzungen zwischen Wissenschaftlern und Ingenieuren, wie diese Leistung logistisch und technologisch bewerkstelligt werden konnte. Viele der aufgestellten Theorien zum Pyramidenbau sind widerlegt worden, aber keine kann als endgültig bewiesen betrachtet werden. Jede der aufgestellten Theorien muss daraufhin überprüft werden, ob mit ihr auch der Transport der bis zu 40 Tonnen schweren Deckenplatten für die Grabgewölbe im Inneren der Pyramiden erklärt werden kann.

Inhaltsverzeichnis

Rampentheorien

Bei allen Rampentheorien wurden die Steinblöcke auf Holzschlitten von Arbeitern gezogen. Um den Reibungswiderstand der Schlitten zu verringern, wurden Gleitmittel oder Rollen unter den Kufen verwendet. Es gibt altägyptische Abbildungen, die derartige Schlitten zeigen, die an Seilen von vielen Arbeitern (auf einer horizontalen Ebene) gezogen werden und steinerne Standbilder mit einem geschätzten Gewicht von bis zu 50 Tonnen transportierten.

Gerade Außenrampe

Die Rampen wurden gerade auf die Bauebene der Pyramide zugeführt und mit dem Wachsen der Pyramide ebenfalls kontinuierlich in die Höhe gebaut.

Gegen diese Theorie spricht die Tatsache, dass die Länge der Rampe bei einer 10%igen Steigung bei der Cheops-Pyramide eine Länge von ca. 1,5 Kilometern gehabt haben müsste und für den Bau mehr Material benötigt worden wäre als für die Pyramide selbst.

Innen- und außenliegende Rampen

Eine Kombination aus innen- und außenliegenden Rampen ermöglichte den einfachen Transport der bis zu 50 Tonnen schweren Steinplatten der Grabkammer und weiterer Steine für die darüber liegenden Pyramidenteile. Eine gerade Außenrampe musste nur in eine Höhe von einem Drittel der Gesamthöhe geführt werden, um die Grabkammer zu erreichen. In dieser Höhe sind rund 80 % des Steinmaterials für die Pyramide verbaut. Es ist davon auszugehen, dass mit den fehlenden 20 % Steinmaterial die Rampe gesetzt wurde. Diese wurde mit steigender Bauhöhe sukzessiv zurückgebaut, um das Rampenmaterial als Baustoff für den oberen Teil der Pyramide nutzen zu können. Rampen aus Sandschüttungen sind daher nicht wahrscheinlich. Im oberen Bauabschnitt wurden die Rampen innerhalb des Pyramidenvolumens angelegt und als letztes von der Spitze bis zur Grabkammerebene abwärts aufgefüllt.

Spiralförmige Rampe

Pyramidenbau mit Spiralförmiger Rampe

Die spiralförmigen Rampen wurden außen an der Pyramide entlang gebaut. Da sie als Unterbau teilweise die bereits fertige Pyramide nutzten, brauchten sie verhältnismäßig wenig eigenes Baumaterial und konnten nach Fertigstellung der Pyramide zurückgebaut werden.[1]

Tunneltheorie

Die Tunnel stellen eine Abwandlung der spiralförmigen Rampen dar, bei der die Rampen innerhalb der Pyramide liegen (und so Tunnel oder innen liegende Rampen freilassen), die nach Beendigung des Pyramidenbaus von oben nach unten verfüllt werden. Jean-Pierre Houdin geht davon aus, dass die Steine entlang eines Tunnels im Inneren der Pyramide transportiert wurden. Diese Rampe sei kontinuierlich mitgewachsen und führte spiralförmig unterhalb der vier Außenseiten empor. Die Ecken der Pyramide waren offen und die Steine konnten dort gedreht werden. Bei dieser Annahme entfallen die gewaltigen Mengen Baumaterial, die bei den alternativern seitlichen Rampen oder einer um die Pyramide sich herumwindenden Rampe notwendig gewesen wären. Nach archäologischen Belegen soll vor Ort gesucht werden.[2]

Aufzugstheorie

Über Aufzüge wurde jeder Steinquader in einem Korb über eine hölzerne oder steinerne Bahn an einer Pyramidenaußenseite in die Höhe geschleift, während gleichzeitig auf einer parallel liegenden Bahn daneben ein Korb mit Gegengewicht, der über Seile und Umlenkrollen mit dem Lastkorb verbunden war, nach unten rutschte. Als Gegengewicht wurden menschliche Arbeiter verwendet. War der Lastkorb mit dem Stein auf der obersten Ebene angekommen, kletterten die Arbeiter wieder nach oben, um für den nächsten Stein als Gegengewicht zu fungieren. Zur Vereinfachung der Arbeitsorganisation beim Wechsel auf die nächsthöhere Bauebene gab es Aufzüge auf unterschiedlichen Pyramidenflanken. In den oberen Regionen des Bauwerks wurde der Gegengewichtsaufzug wegen Platzmangel nicht mehr auf der gleichen, sondern auf der gegenüberliegenden Pyramidenflanke angeordnet, wodurch die Umlenkpunkte entfielen.

Die sehr viel schwereren Granitblöcke für die Überdachung der Grabkammern befanden sich bei dieser Theorie bereits in einem sehr frühen Stadium auf der unfertigen Pyramide und wurden zum Beispiel mittels Hebel und Stützkonstruktionen durch viele kleine Hebelvorgänge und anschließende Unterfütterungen oder über kurze Rampen von einer Bauebene auf die nächste befördert.

Senkrechter Aufzug

Eine Variante dieser Theorie ist ein Gegengewichtsaufzug mit zwei senkrechten Schächten, die nahe dem Zentrum der Pyramidengrundfläche angeordnet waren. Die Schächte wurden über Tunnel von außen erreicht, die später wieder verschlossen wurden. Ab einer gewissen Höhe wurde die Pyramide als Turm mit senkrechten Seitenwänden weitergebaut, um immer eine ausreichende Arbeitsfläche zur Verfügung zu haben. Der Turm (der auch aus kleineren Steinen gemauert werden konnte) wurde nach Abschluss der Pyramide wieder zurückgebaut. Die Ägyptologin Christine El Mahdy hat sich mit alten Quellen zu diesem Thema auseinandergesetzt und favorisiert den Bau über Schächte gegenüber allen Rampentheorien.

Seilwinden-/ Umlenkrollentheorie

Die Seilwindentheorie stellt eine Abwandlung der Aufzugstheorie dar, in der das Gegengewicht des Aufzugs durch Seilwinden ersetzt wird, die von Menschen oder Tieren gedreht werden. Der Einsatz von Flaschenzügen könnte die notwendige Kraft zum Heben bzw. Schleifen der Aufzugskörbe verringert haben. Über Umlenkrollen könnte der Zug von der Pyramidenbasis aus ausgeübt worden sein, ohne Umlenkrollen hätten die Arbeiter oder Zugtiere auf der Bauebene ziehen müssen.[3]

Krantheorie

Die Steinblöcke wurden in Körbe verfrachtet, die von Kränen, die auf jeder Pyramidenebene standen, von einer Ebene zur nächsten befördert wurden. Die Kräne waren so angeordnet, dass sie sich die Blöcke gegenseitig von einer Ebene zur nächsten reichen konnten. Der Kran funktionierte wie eine Balkenwaage mit einem Last- und einem Gegengewichtskorb. Als Gegengewicht dienten wiederum Menschen, die in den zweiten Korb stiegen. Oben angekommen wurde der Waagebalken um sein Auflager gedreht, bis der Steinblock abgelegt werden konnte. Die Arbeiter, die als Gegengewicht fungierten, hingen nun außerhalb der Pyramide und verließen über ein Seil nach unten oder eine Gangway den Korb. Der nächste Kran nahm den Lastkorb auf und beförderte ihn weiter. Statt der Balkenwaagen-Konstruktion können auch Hebeböcke mit Zugvorrichtungen zum Einsatz gekommen sein.

Gegen die Aufzugs- und Krantheorien spricht, dass noch keine Verankerungen für derartige Vorrichtungen in oder an einer Pyramide gefunden wurden. Diese könnten allerdings auch später mit nachgeschobenen Steinen wieder verschlossen worden sein.

Treppentheorie

Herodot berichtet, die Verkleidungssteine seien zum Schluss geglättet worden, und zwar von oben nach unten. Sie seien vorher „abgestuft wie Treppen oder wie Absätze oder Altarstufen“. Wenn man Herodot Glauben schenkt, dann wurden die Pyramidenflanken zunächst als Treppe ausgeführt und damit für eine große Zahl von Bauarbeitern und Hilfskräften gleichzeitig begehbar gemacht. Ein Verkleidungsstein kann z. B. drei Treppenstufen à 24 cm aufweisen, die zum Bauende abgemeißelt, also geglättet werden. (Pyramiden mit vorhandenen Außentreppen sind aus Mittelamerika bekannt). An einigen Stellen der Flanken fehlen die Stufen, sodass hier aufwärts führende Rinnen entstehen, die als glatte Führungen für die Schlitten mit den Steinblöcken dienen. Zu beiden Seiten der Rinne ist genügend Platz für größere Zugmannschaften an vielen Seilen, die sicheren Stand auf den Stufen finden, um ca. 20 kg pro Mann aufwärts zu ziehen, ohne sich selbst nach oben zu bewegen. Fliegender Wechsel der Ersatzmannschaft ist möglich. Im Notfall kann der Schlitten an jeder Stelle in der Rinne verkantet werden, sodass er sich selbst hemmt und keine Katastrophe auslöst. Die Treppentheorie stellt somit einen Spezialfall der Rampentheorien dar, in der die Pyramidenflanke selber als Rampe fungiert.

Die Rinne wird rutschig gehalten; sie wird nicht betreten, sondern auf einer Planke überquert. Die Treppe dient als breiter Nachschubweg für Mannschaften, Werkzeug und Wasser sowie zum Abtransport von Unfallopfern, die es zweifellos gab. Das Aufsetzen des Pyramidions wird durch die vier zulaufenden Treppen an der Spitze technisch möglich gemacht.

Da keine Sichtbehinderung durch Hilfsbauwerke besteht, erklärt die ständige Nachmessung des Baukörpers die außerordentliche Präzision des Bauwerks insgesamt. Die Erstnutzung als Aufweg erklärt den hohen Aufwand für die Verkleidung.

Kombinationstheorien

Denkbar sind Bautechniken, die eine Kombination der genannten Theorien darstellen. So ist es möglich, dass die Pyramiden bis zu einer gewissen Höhe über Rampen mit Steinen beliefert wurden, z.B. bis zur Höhe der Grabkammerdecken in ca. 50 Metern, was einem gebauten Pyramidenvolumen von etwa 80% entspricht. Danach ist dann eine der anderen beschriebenen Transportmethoden für die weiteren Steinquader zur Anwendung gekommen.[4][5]

Siehe auch

Literatur

  • Dieter Arnold: Pyramidenbau, in: Lexikon der ägyptischen Baukunst, Artemis & Winkler, Zürich 1997, ISBN 3-7608-1099-3, S. 202-204
  • Mohammed Z. Goneim: Die verschollene Pyramide. Eggers, Norderstedt 2006. ISBN 3-8334-6137-3
  • Zahi Hawass: Die Schätze der Pyramiden. Weltbild, Augsburg 2004. ISBN 3-8289-0809-8
  • Christian Hölzl (Hrsg.): Die Pyramiden Ägyptens. Brandstätter, Wien 2004, ISBN 3-85498-360-3
  • H. Illig und F. Löhner: Der Bau der Cheops-Pyramide. 3. Aufl., Mantis, Gräfelfing 1998, ISBN 3-928852-17-5
  • Peter Jánosi: Die Pyramiden. Beck, München 2004, ISBN 3-406-50831-6
  • Erich Lehner: Wege der architektonischen Evolution - Die Polygenese von Pyramiden und Stufenbauten. Aspekte zu einer vergleichenden Architekturgeschichte. Phoibos, Wien 1998, ISBN 3-901232-17-6
  • Mark Lehner: Geheimnis der Pyramiden. Bassermann, München 2004, ISBN 3-8094-1722-X
  • Frank Müller-Römer: Zum Bau der Pyramiden im Alten Reich. In: Göttinger Miszellen Nr. 220, 2009 ISSN 0344-385X, S. 61-70
  • Frank Müller-Römer: Pyramidenbau mit Rampen und Seilwinden: Ein Beitrag zur Bautechnik im Alten Reich. Dissertation, LMU München, 2008. Online Version
  • Corinna Rossi: Pyramiden und Sphinx. Monumente ägyptischer Kultur. Belser, Stuttgart 2005, ISBN 3-7630-2265-1 (populärwissenschaftliche, leicht lesbare Gesamtdarstellung mit zahlreichen anschaulichen Illustrationen)
  • Rainer Stadelmann: Die ägyptischen Pyramiden. Vom Ziegelbau zum Weltwunder. 3. Auflage, Zabern, Mainz 1997, ISBN 3-8053-1142-7
  • Rainer Stadelmann: Die grossen Pyramiden von Giza. Akad. Dr.- und Verl.-Anst., Graz 1990, ISBN 3-201-01480-X
  • Miroslav Verner: Die Pyramiden. Rowohlt, Hamburg 1999, ISBN 3-499-60890-1

Weblinks

 Commons: Ägyptische Pyramiden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Frank Müller-Römer in: Bild der Wissenschaft
  2. Cheopspyramide von innen heraus gebaut? in: Abenteuer Archäologie. Spektrum, Heidelberg 2007,3, 8. ISSN 1612-9954
  3. H. Illig und F. Löhner: Der Bau der Cheops-Pyramide, Mantis Verlag 1998. ISBN 3-928852-17-5
  4. Prof. Dr. Rainer Stadelmann: Die Ägyptischen Pyramiden, Philipp von Zabern Verlag 1985. ISBN 3-8053-0855-8, Seiten 217 bis 226
  5. Prof. Dr. Rainer Stadelmann: Die großen Pyramiden von Giza , ADEVA 1990. ISBN 3-201-01480-X, Kapitel 6 Pyramidenbau, Seiten 247 bis 274

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