Thermalbäder Baden

Thermalbäder Baden
Ansicht des Bäderquartiers beidseits der Limmat; rechts Baden, links Ennetbaden

Die Badener Thermalbäder gehören zu den ergiebigsten Thermalquellen der Schweiz. 16 von insgesamt 19 Quellen liegen in der Stadt Baden im Kanton Aargau, an einer Flussbiegung der Limmat; drei Quellen befinden sich auf dem Gebiet der benachbarten Gemeinde Ennetbaden. Das 46,6° C warme Thermalwasser weist eine hohe Gesamtmineralisation von 4450 mg/l auf und gilt als das mineralreichste des gesamten Landes.

Als erste nutzten die Römer nachweislich die heilende Kraft des Thermalwassers und errichteten zu Beginn des 1. Jahrhunderts n. Chr. die Siedlung Aquae Helveticae. Seit dem Spätmittelalter dienten die Bäder oft als Versammlungsort bei Verhandlungen aller Art und wurden von zahlreichen Persönlichkeiten aufgesucht. Sie waren der Hauptgrund dafür, dass die Eidgenossen vom 15. bis 18. Jahrhundert besonders häufig in Baden ihre Tagsatzungen abhielten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten die Bäder ihre Blütezeit und Baden war ein international bekannter Kurort. Danach setzte jedoch ein markanter Bedeutungsverlust ein; Baden verpasste moderne Entwicklungen und fiel hinter konkurrierende Kurorte zurück.

Inhaltsverzeichnis

Geologie und Hydrologie

Chemische Zusammensetzung des
Badener Thermalwassers[1]
Kationen mg/l Anionen mg/l
Ammonium 0.78 Fluorid 3.1
Lithium 4.8 Chlorid 1185
Natrium 720 Bromid 2.5
Kalium 663 Jodid 0.009
Magnesium 99 Nitrat < 0.5
Calcium 503 Hydrogenkarbonat 487
Strontium 6.2 Sulfat 1375
Eisen 0.013 Hydrogenphosphat 0.05
Mangan 0.016 Hydrogenarsenat 0.1
Kupfer < 0.005 Molybdän < 0.005
Zink < 0.01
Blei 0.002
Aluminium 0.018

Westlich der Stadt, auf der Müsern-Hochebene zwischen Limmat und Reuss, sickert Regenwasser durch Deckenschotter und Muschelkalk ein. Durch einen Grundwasserstrom unter der Reuss verstärkt, fliesst das Wasser ostwärts zur Lägern, wo es an wasserundurchlässige Kalksteinschichten des Kettenjuras stösst. Dort wird es durch tief liegendes Eruptivgestein auf eine Temperatur von 46,6° C erwärmt und steigt durch eine Keuperschicht zur Erdoberfläche empor.

Schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts versuchten Gelehrte zu ergründen, woher das Thermalwasser stammt. Damals herrschte die Meinung vor, es habe seinen Ursprung in den Gipsvorkommen bei Ehrendingen am Fusse der Lägern, womit aber die Erwärmung nicht erklärt war. Heinrich Zschokke und insbesondere Albert Heim vertraten im 19. Jahrhundert die Theorie, das Wasser komme aus den Alpen und trete aufgrund der Erosionstätigkeit der Limmat in der Badener Klus zutage.

Insgesamt gibt es 19 Quellen von unterschiedlicher Fassungstiefe und Ergiebigkeit, jedoch mit identischen chemischen und physikalischen Eigenschaften. Die Menge des austretenden Wassers beträgt im Durchschnitt etwa 700 l/min, also rund eine Million Liter täglich. Die Quellen befinden sich beidseits der Limmat in einem Gebiet von 180 m Länge und 50 m Breite. Auf Badener Seite sind dies Heisser Stein (Doppelquelle, mit ca. 160 l/min die ergiebigste), Grosse und Kleine Stadhofquelle, St. Verena, Wälderhut, Verenahof, Widchen, Bären, Hinterhof, Carola, Grosse und Kleine Ochsenquelle, Paradies und Neue Quelle. Einen Sonderfall bildet die Limmatquelle, die sich früher direkt in den Fluss ergoss, im Jahr 1828 aber gefasst wurde. Im angrenzenden Ennetbaden finden sich drei weitere Quellen: Allgemeine Quelle, Adler und Schwanen, deren Wasser nach Baden geleitet wird.

Das Thermalwasser zeichnet sich durch eine hohe Gesamtmineralisation von 4450 mg/l aus, es gilt als das mineralreichste der Schweiz. Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil von Sulfaten (1375 mg/l) und Calcium (503 mg/l). Das Wasser weist eine positive Allgemeinwirkung auf den ganzen Organismus auf, vor allem auf das vegetative Nervensystem. Besonders geeignet sind die Badekuren bei rheumatischen Beschwerden, mechanischen Schädigungen, gewissen neurologischen Erkrankungen sowie stoffwechselbedingten Störungen.

Architektur des Bäderquartiers

Das Bäderquartier liegt an der Innenseite einer Flussbiegung, wo die nordwärts fliessende Limmat an den Goldwandhügel stösst und nach Westen abbiegt. Schon im Mittelalter bildete das Bäderquartier einen geographisch eigenständigen, von der Stadt deutlich getrennten Bereich. Er war an der Süd- und Westseite von Mauern umgeben, die aber kaum wirksamen Schutz boten. Im 19. Jahrhundert wurden zahlreiche spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Gebäude durch Bauten im klassizistischen und historistischen Stil ersetzt, die heute unter Denkmalschutz stehen. Sie gruppieren sich um den Kurplatz sowie an der Bäderstrasse und am nördlichen Ende der Limmatpromenade. Die Bausubstanz ist vielfach vernachlässigt worden, doch sind seit der Jahrtausendwende vereinzelt Sanierungsmassnahmen im Gange.

Kurplatz

Hotel «Verenahof»
Hotel «Blume»

Markantestes Gebäude am Kurplatz ist das Hotel «Verenahof». Es entstand 1844/45 nach Plänen des Architekten Joseph Caspar Jeuch über den Grundmauern dreier älterer Herbergen. 1872 folgte eine Erweiterung. Im Innern des streng klassizistischen, dreigeschossigen Gebäudes findet sich ein Säulenhof im Stile eines italienischen Palazzo.

Der ältere Trakt des seit mindestens 1421 bestehenden Hotels «Blume» hat sein barockes Gepräge weitgehend bewahrt; daran fügt sich ein 1877 von Robert Moser errichteter Seitentrakt an. Der um 1300 erstmals urkundlich belegte «Schweizerhof» gehört zu den ältesten Badeherbergen der Stadt. An Stelle des spätmittelterlichen Doppelhauses entstand um 1830 ein Biedermeier-Gebäude, das 1910 umfassend umgestaltet und erweitert wurde.

Der «Stadhof» war im 18. und 19. Jahrhundert das grösste und vornehmste Gasthaus im Bäderquartier. Die weit verzweigten Anbauten wurden im 20. Jahrhundert nach und nach abgerissen, bis schliesslich nur noch das Hauptgebäude übrigblieb. Dieses wich schliesslich 1967 einem modernen Neubau. Einziger Überrest ist ein Muschelsandsteinrelief, das beim Eingang des 1964 eröffneten Thermalschwimmbads eingemauert ist.

Bäderstrasse

Haus «Zu den Drei Eidgenossen»

Beim Neubau der Bäderstrasse im Jahr 1826 mussten zwei bestehende Gebäude abgebrochen werden. In der neu entstandenen Lücke wurde das Haus «Zu den Drei Eidgenossen» errichtet. Es weist die Form eines Stadttors auf und ermöglicht den Zugang zum Kurplatz. Von 1895 bis 1950 gab es seitens der konkurrierenden Gastwirte mehrere Versuche, das Bädertor wieder abzureissen, die jedoch alle erfolglos verliefen. Heute diente das Gebäude als Wohnhaus.[2] Neben dem Tordurchgang wurde 1829/30 in eine Nische ein Brunnen eingefügt, die die Form einer ovalen Schale aufweist.

Das Badhotel «Zum Freihof» wurde 1833/34 errichtet und 1861/62 nach Plänen von Joseph Caspar Jeuch umgebaut. 1890 liess der Kanton darin das Volksheilbad einrichten. Die Säulen an der Vorderfront folgen der toskanischen Ordnung, das klassizistische Gebäude dient heute als Rehabilitationsklinik. Das benachbarte Hotel «Zum Schiff» (Baujahr 1834) gehörte einst zu den vornehmsten Gasthäusern der Stadt; hier fand 1847 das Bankett anlässlich der Eröffnung der Schweizerischen Nordbahn statt. Von 1928 bis 2000 war es im Besitz der SUVA und diente als Sanatorium für Unfallinvalide.

Hotel «Bären»

Um 1570 entstand das Hotel «Zum Ochsen»; sein barockes Äusseres mit vereinzelten Renaissance-Elementen blieb bis heute weitgehend erhalten, abgesehen vom spätklassizistischen Eingangsbereich. Daran angebaut ist eine Dependance von Jeuch (Baujahr 1845) in romantisch-klassizistischem Stil, mit feinen, italienisch geprägten gestalterischen Details. Ein exemplarischer Vertreter der Neorenaissance ist das Hotel «Zum Bären». Der Nordtrakt des zeitgleich mit dem Ochsen erbauten Gebäudes wurde 1908/09 von Grund auf neu errichtet, der Südtrakt aufgestockt und umgestaltet. In die Fassade sind Figurennischen mit Allegorien des Wassers und der Gesundheit gesetzt.

Westlich des Thermalschwimmbads erstreckt sich entlang der Limmat der Mättelipark mit der Dreikönigskapelle (Baujahr 1882) und dem «Römerbad» aus dem Jahr 1778. Bei letzterem handelt es sich um den einzigen erhaltenen Teil des ehemaligen, weitläufigen «Schinderhofes» bzw. «Hinterhofes». Er diente als Dependance des von 1872 bis 1944 bestehenden «Grand Hotel».

Am südlichen Ende der Bäderstrasse bildet der Kurpark eine Art Grüngürtel zwischen dem Bäderquartier und der übrigen Stadt. Dominiert wird der Park vom 1875 eröffneten Kursaal, das heute als Spielbank genutzt wird. An dessen nordwestlicher Ecke steht das Stadttheater.

Limmatpromenade

Hotel «Limmathof»

Die Promenade entlang der Limmat wird vom Hotel «Limmathof» dominiert. Es befindet sich am Standort des ehemaligen Gasthofes «Zum Schlüssel», der zwar kein eigenen Bäder hatte, aber seit 1377 als einziger das Recht besass, Gäste anderer Gasthöfe zu verpflegen. Nachdem die Limmatquelle gefasst worden war, entstand 1835 nach Plänen des Kantonsbaumeisters Franz Heinrich Hemmann das heutige Gebäude. Der mächtig wirkende, 21 Meter hohe Limmathof weist an seiner Längsseite 13 Fensterachsen auf und wird von einem Walmdach gedeckt. Die Formensprache entspricht jener einer kleinen Villa, die in einen grossen Massstab übertragen wurde.

Ähnlich wie der benachbarte Limmathof, aber ein Stockwerk niedriger und weniger aufwändig ausgeführt, entstand 1866/67 das Restaurant «Zum Goldenen Schlüssel». Ebenfalls an den Limmathof grenzt das «Inhalatorium». Es wurde 1835/36 zusammen mit einer Trinklaube erbaut und diente als Bad für arme Leute.

Ennetbaden

Hotel «Schwanen»

Das am rechten Ufer der Limmat gelegene Ennetbaden ist durch die Schiefe Brücke und den Mercier-Fussgängersteg mit dem Bäderquartier verbunden. Es bildet mit diesem siedlungsgeschichtlich eine Einheit. Der Kurbetrieb ist hier jedoch vollständig zum Erliegen gekommen. Erhalten geblieben ist eine halb ländlich und halb städtisch geprägte Häuserzeile entlang der Uferstrasse. Gut erhalten ist das Hotel «Schwanen», während die übrigen Gebäude sichtbare Spuren des Verfalls aufweisen. Im Gange ist eine umfassende Renovierung mit Neubauten. [3]

Im Rahmen der bewilligten Sondernutzungsplanung sind die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen worden. Die heute im Gebäude ansässige Unternehmung Gähler und Partner AG (www.gpag.ch) wird im Rahmen der Umnutzung einen neuen Bürostandort beziehen. Die Baueingabe des Neubauprojektes Römerhof wurde im Juni 2010 erteilt. Damit ist der erste Schritt zur Freigabe des heutigen Bürostandortes gegeben. Für die Umnutzung des ehemaligen Bäderhotels Schwanen ist eine umfassende Neuentwicklung geplant. [4]

Geschichte

Im Jahr 14 n. Chr. bauten die Römer etwa fünf Kilometer westlich von Baden, auf dem Gemeindegebiet von Windisch, das Militärlager Vindonissa. Um 25 n. Chr. entstand an der Flussbiegung der Limmat ein Vicus namens Aquae Helveticae («Helvetische Bäder»). Die Römer errichteten Thermenanlagen, die zum Teil sehr luxuriös ausgestattet waren, worauf eine Notiz von Tacitus im Geschichtswerk Historien hinweist.[5] 1967 kam beim Neubau des «Stadhofes» ein Teil der bis dahin unentdeckten römischen Anlagen zum Vorschein: Zwei mit Marmor verkleidete Badebecken mit einer Fläche von 5x11 m bzw. 7x15 m, dazwischen vier kleine Wannen. Das Wasser gelangte über eine 50 m lange Leitung von einer der Quellen in eine Apsis.[6] Aquae Helveticae erlebte nach den Raubzügen der Alamannen (259–270) einen Niedergang, von dem es sich nicht mehr erholte. Nach dem Abzug der Römer zu Beginn des 5. Jahrhunderts verfielen die Thermen endgültig.

Dreikönigskapelle

Historisch fassbar werden die Bäder wieder im 13. Jahrhundert. Damals, während der Herrschaft der Habsburger, waren sie ein herrschaftliches Lehen (wahrscheinlich schon zuvor während der Herrschaft der Grafen von Lenzburg und von Kyburg). Im Jahr 1293, vier Jahre vor der Verleihung des Stadtrechts durch Herzog Albrecht I., erfolgte die früheste bekannte schriftliche Erwähnung eines Badegasthofes: In einer Urkunde wird Johans Schinder erwähnt, Besitzer des nach ihm benannten «Schinderhofes» (seit dem frühen 16. Jahrhundert als «Hinterhof» bekannt). Bereits um das Jahr 1100 entstand am westlichen Rand des heutigen Bäderquartiers die Dreikönigskapelle; das Gebäude im romanischen Stil wurde 1882 einen neugotischen Neubau ersetzt.

Die Bäder entwickelten sich zu einem beliebten Versammlungs- und Verhandlungsort. Daran änderte auch die Eroberung der Stadt durch die Eidgenossen im Jahr 1415 nichts. Die Abgesandten der Acht Alten Orte trafen sich wegen der Bäder und der damit verbundenen Zerstreuungen besonders häufig in Baden zu den Tagsatzungen. Die wohlhabenden Besitzer der Badegasthöfe hatten in der Stadt eine hohe soziale Stellung und stellten oft den Schultheiss. Während des Alten Zürichkriegs wurden die Bäder 1445 von Truppen der Stadt Zürich eingeäschert, nach Kriegsende jedoch mit finanzieller Hilfe der Eidgenossen wieder aufgebaut.

Ab etwa 1450 wandelte sich Baden zum eigentlichen Modebad der wohlhabenden Zürcher. Nach der Reformation waren die Bäder noch beliebter, da in der katholisch gebliebenen Stadt einiges erlaubt war, was die strengen Sittengesetze in Zürich und anderen reformierten Orten untersagten; dies reichte von den allgemein freieren Moralvorstellungen (oft badeten Männer und Frauen gemeinsam) bis hin zu den Spanisch Brötli mit reichlich Butter, die in Zürich nicht hergestellt werden durften. Das Recht auf eine jährliche «Badenfahrt» wurde im 17. und 18. Jahrhundert oft in Zürcher Eheverträgen festgehalten. Besonders ausschweifend gerieten die Aufenthalte verschiedener Zürcher Bürgermeister, insbesondere Hans Waldmann. Dass Zürich 1658 während des illegalen Wiederaufbaus der Burg Stein als Festung seinen Bürgern während sechs Jahren den Bäderbesuch verbot, hatte nur vorübergehend negative wirtschaftliche Auswirkungen.

Einen Einbruch erlebte der Badebetrieb 1712 nach der Eroberung der Stadt während des Zweiten Villmergerkriegs durch die reformierten Orte. Da die katholischen Orte von der Herrschaft über die Grafschaft Baden ausgeschlossen wurden, hatten ihre Abgesandten kein Interesse mehr, in Baden Tagsatzungen abzuhalten. Dadurch blieb ein bedeutender Teil der Kundschaft aus. Erst nach Jahrzehnten war der Vorkriegsstand wieder erreicht. Im 18. Jahrhundert setzte sich immer mehr die von verschiedenen Ärzten verbreitete Ansicht durch, die Kur müsse weniger auf Vergnügen als auf Gesundung ausgerichtet sein.

Kursaal (heute Grand Casino Baden)

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert wurden im Bäderquartier die alten Gasthöfe durch modernere, auf den Tourismus ausgerichtete Bauten ersetzt sowie mehrere neue Quellen erschlossen. Nach der Eröffnung der Schweizerischen Nordbahn, der ersten ganz auf Schweizer Boden liegenden Eisenbahnlinie, folgten ab etwa 1850 umfangreiche Investitionen, die zu einer Blütezeit des Kurbetriebs führten. Ein Dekret des Grossen Rates des Kantons Aargau stellte 1869 die Thermalquellen unter Schutz. Mit der Eröffnung des Kursaals, des Kurparks und der Neuen Kuranstalt (später «Grand Hotel») im Jahr 1875 stieg Baden zu einem international bedeutenden Badekurort auf.

Das Bäderquartier an der Limmat, auf einer Postkarte um 1900

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg wurde der Höhepunkt der Entwicklung erreicht. In Baden gab es zwanzig Badehotels mit rund 1500 Betten, dazu kamen im angrenzenden Ennetbaden weitere sechs Hotels hinzu. Die Thermalquellen versorgten 550 Badekabinen mit Thermalwasser (die Badebecken im Freien waren rund 70 Jahre zuvor aufgegeben worden). In den folgenden Kriegs- und Krisenjahren blieben die Gäste zunehmend aus und immer mehr Hotels mussten den Betrieb einstellen. Symptomatisch für den Niedergang war der Konkurs des «Grand Hotel» im Jahr 1943 und dessen Abriss ein Jahr später.

Der Niedergang setzte sich nach dem Zweiten Weltkrieg fort, wobei nun auch der zunehmende Verkehrslärm ein entscheidender Faktor war. Das 1936 eröffnete balneotherapeutische Institut stellte seine Betrieb bereits 1960 wieder ein, in Ennetbaden verschwand der Kurbetrieb ganz. Die Eröffnung des modernen Thermalschwimmbads 1964 konnte den Negativtrend nicht umkehren. Baden fiel weit hinter seine Aargauer Konkurrenten Bad Zurzach, Rheinfelden und Schinznach-Bad zurück, die historische Bausubstanz im Bäderquartier wurde mehr und mehr vernachlässigt. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts sind jedoch Bestrebungen im Gange, das altmodische Image abzulegen. Man wich vom rein medizinischen Aspekt der Kur ab und wandte sich vermehrt der Wellness zu. Im Kursaal wurde 2002 eine Spielbank eröffnet, das Grand Casino Baden.

Prominente Kurgäste

Im Laufe der Jahrhunderte wurde Baden häufig von berühmten Persönlichkeiten besucht, die hier Linderung von ihren Gebrechen erhofften, sich in entspannter Atmosphäre mit Gleichgesinnten trafen oder ihre geschäftlichen Tätigkeiten mit dem Angenehmen verbanden. Nachstehend eine Auswahl:

Die Badener Bäder in der Literatur

Der erste ausführliche Bericht über eine Kur in Baden ist aus dem Jahr 1417 bekannt. Gianfrancesco Poggio Bracciolini, einer der wichtigsten Humanisten der italienischen Renaissance, war damals während des Konzils von Konstanz als päpstlicher Sekretär tätig. Er weilte zu einer mehrwöchigen Kur in Baden und beschrieb in einem Brief an seinen Freund Niccolo Niccoli in Florenz das locker-fröhliche Badeleben. 1489 verfasste der Chorherr Heinrich Gundelfinger einen ersten Bericht über die medizinischen Auswirkungen des Thermalwassers und gab dabei auch Ratschläge für eine erfolgreiche Kur. 1516 veröffentlichte der Basler Arzt Alexander Sytz das erste gedruckte Werk über die Bäder.

Den Begriff «Badenfahrt» prägte 1514 als erster der Elsässer Thomas Murner in Ein andächtig geistliche Badenfahrt. Auf ihn folgte 1526 der Berner Niklaus Manuel in Fabers und Eggen Badenfahrt. Darin machte er sich über Johannes Eck und Johannes Faber, Teilnehmer der Badener Disputation, lustig und unterstellte ihnen, sie seien mehr am Besuch der Bäder interessiert gewesen als am Zurückdrängen der Reformation. 1578 veröffentlichte Heinrich Pantaleon, Professor der Universität Basel, die Warhafftige und fleißige Beschreibung der uralten Statt und Graveschafft Baden sampt ihrer heilsamen warmen Wildbedern, worin er die Bäder, die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten beschrieb. Eine weitere Beschreibung einer Kur in Baden stammt vom französischen Philosophen Michel de Montaigne (1580). Der Zürcher Arzt Samuel Hottinger empfahl in seinem 1702 erschienenen Buch Thermae Argovia Badense, auf die bisher üblichen, langen Gemeinschaftsbäder zu verzichten und stattdessen Einzelbäder zu nehmen, die besser auf die Bedürfnisse der Patienten ausgerichtet seien. Die erste wissenschaftliche Analyse des Thermalwassers nahm Johann Jakob Scheuchzer im Jahr 1732 vor.

Eine umfassende literarische Würdigung der Bäder schrieb 1818 David Hess. Der in unterhaltsamen Stil verfasste Reise- und Kurbericht Die Badenfahrt enthält auch eine Abhandlung über die Kulturgeschichte Badens seit dem Mittelalter sowie wissenschaftliche Betrachtungen zum Thermalwasser und zur Kur. Durch ihn wurde der Ausdruck «eine Badenfahrt machen» zu einem festen Begriff, der heute im gleichnamigen Volksfest weiterlebt. Ein Jahr später weilte der deutsche Lyriker Friedrich von Matthisson zu einer mehrwöchigen Kur in Baden. Dabei wurde er auf das dichterische Talent von Luise Egloff, der blinden Tochter des «Stadhof»-Wirts, aufmerksam und förderte sie.

Das wohl bekannteste Werk über Baden stammt von Hermann Hesse, der hier von 1923 bis 1952 jedes Jahr während mehreren Wochen zur Kur weilte. 1925 veröffentlichte er Kurgast, eine Sammlung von Glossen. Über seine erste Kur schrieb er: «Ich sehe jetzt, wo meine Badener Tage zu Ende gehen, dass es hier in Baden sehr hübsch ist. Ich glaube, ich könnte monatelang hier leben.»[7]

Quellen

  • Otto Mittler: Geschichte der Stadt Baden. Band 1 – Von der frühesten Zeit bis um 1650, Verlag Sauerländer, Aarau 1962, S. 254–276.
  • Otto Mittler: Geschichte der Stadt Baden. Band 2 – Von 1650 bis zur Gegenwart, Verlag Sauerländer, Aarau 1965, S. 113–121 und 307–323.
  • Peter Hoegger: Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau. Band VI, Bezirk Baden I, Birkhäuser Verlag, 1976, ISBN 3-7643-0782-X, S. 302–347 und 357–359.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wasseranalyse des Badener Thermalwassers, ThermalBaden
  2. Zu den drei Eidgenossen
  3. Im Limmatbogen beginnt die Renaissance, Aargauer Zeitung, 5. Mai 2008
  4. [1]
  5. Tacitus, Historien I, 67.
  6. Martin Hartmann, Hans Weber: Die Römer im Aargau. Verlag Sauerländer, Aarau 1985, ISBN 3-7941-2539-8, S. 161–164.
  7. Hermann Hesse als Kurgast
47.480288.31309

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