Thomas Sankara

Thomas Sankara
Thomas Sankara

Thomas Sankara (* 21. Dezember 1949 in Yako, Obervolta; † 15. Oktober 1987 in Ouagadougou) war ein sozialistischer Offizier in Burkina Faso. Vom 4. August 1983 bis zu seiner Ermordung im Oktober 1987 war Sankara der fünfte Präsident von Burkina Faso.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Als Hauptmann (Capitaine) der obervoltaischen Luftwaffe wurde Sankara zum Fallschirmjäger ausgebildet. Dort freundete er sich mit dem Capitaine Blaise Compaoré an und gründete mit ihm die Geheimorganisation Regroupement des officiers communistes (ROC), die den Kampf gegen die Korruption zum Ziel hatte. Nicht zuletzt als Gitarrist der Band Tout-a-Coup Jazz und wegen seiner Vorliebe für Motorräder wurde Sankara in der Hauptstadt Ouagadougou eine bekannte Persönlichkeit.

Sankara wurde 1981 zum Informationsminister ernannt und am 10. Januar 1983 Premierminister in der Regierung von Jean-Baptiste Ouédraogo. Im Mai 1983 wurde er nach einem Besuch von Jean-Christophe Mitterrand inhaftiert, was starke öffentliche Proteste nach sich zog. Durch einen von seinem Weggefährten Blaise Compaoré organisierten Staatsstreich wurde er am 4. August 1983 Chef eines Nationalen Revolutionsrates (CNR) und mit 33 Jahren fünfter Präsident von Obervolta. Der Staatsstreich wurde von Libyen unterstützt, das sich damals im Tschad am Rand eines Krieges mit Frankreich befand.

Sankara war ein sozialistischer Revolutionär. Die Devise lautete: „Vaterland oder Tod, wir werden siegen“ („La Patrie ou la Mort, nous vaincrons“). Er war besonders vom Modell Kuba und dem Staatschef von Ghana, Jerry Rawlings, inspiriert. In seiner Regierungszeit setzte er ein vielbeachtetes Projekt der planwirtschaftlichen und sozialistischen Entwicklung des Landes um. Die Luxuslimousinen der vorangegangenen Regierung wurden verkauft und die Minister verpflichtet, den Renault 5, das billigste Auto in Burkina Faso, zum Dienstwagen zu nehmen. In seiner Regierungsmannschaft befanden sich so viele Frauen wie nie zuvor in einem afrikanischen Staat, seine Leibwache bildete eine nur von Frauen gebildete Einheit auf Motorrädern. Sankara richtete außerdem sogenannte Komitees zur Verteidigung der Revolution (CDR) ein. Die Politik war ausgerichtet auf den Kampf gegen Hunger und Korruption, die Verbesserung der Bildungs- und Gesundheitsversorgung sowie auf Wiederaufforstung durch einheimische Bäume, Sträucher und andere Nutzpflanzen, um die Desertifikation, also das Fortschreiten der Wüste, aufzuhalten und sogar umzukehren. Afrikas Grüne Mauer im Sahel geht zum Teil auch auf diese Initiative zurück.

Am 4. August 1984, dem ersten Jahrestag der August-Revolution (Révolution d’Août), wurde Obervolta in Burkina Faso (Land der Unbestechlichen/Integren/Gerechten) umbenannt, und das Land gab sich eine neue Nationalflagge und eine neue Nationalhymne. Die Verbesserung des Status der Frauen war erklärtes Ziel von Sankaras Politik. Beispiellos in Westafrika verbot er die Beschneidung von Frauen, verurteilte Polygamie und propagierte Verhütung. Während seiner Amtszeit entstanden erste islamische politische Gruppen bzw. Parteien in Burkina Faso.

In seine Amtszeit fiel auch der Mali-Burkina-Faso-Grenzkrieg.

Sankara konnte des für postkoloniale Staaten typischen Interessensgegensatzes zwischen Land und Stadt nicht Herr werden. Die ehrgeizigen Entwicklungspläne wurden über staatliche Vermarktungsbehörden finanziert, die nur einen geringen Teil der Agrar-Einnahmen an die Bauernschaft weitergaben. Dies führte zu einer systematischen Vernachlässigung ländlicher Ressourcen und zu einer Unzufriedenheit, die Sankara schließlich das Leben kosteten.

Am 15. Oktober 1987 wurde Sankara in einem Putsch des Militärs getötet. Eine Woche vor seinem Tod zitierte Sankara in einer Rede zum Gedenken an Che Guevara den Satz eines Offiziers bei der kubanischen Revolution: „Revolutionäre und Individuen kann man töten aber Ideen lassen sich nicht ermorden!“.

Sankarismus

In der Tradition von Thomas Sankara verorten sich in Burkina Faso eine Reihe von sich teilweise als „sankaristisch“ bezeichnenden, sozialistischen Parteien und Gruppen; wie beispielsweise die Union pour la renaissance/Mouvement sankariste, die Front des Forces Sociales, die Convention Panafricaine Sankariste und die Front Démocratique Sankariste.

Reden

  • Thomas Sankara: L'émancipation des femmes et la lutte de liberation de l'Afrique, Pathfinder 2001, ISBN 0873489381
  • Thomas Sankara Parle: La Revolution Au Burkina Faso 1983-1987 (Sammlung seiner Reden), Editora Politica, 2. Auflage, 2007,ISBN 087348987X - auch bei Pathfinder
  • Thomas Sankara Speaks: The Burkina Faso Revolution (Sammlung seiner Reden), Editora Politica, 2. Auflage, 2007, ISBN 0873489861

Sekundärliteratur

  • Bruno Jaffre: BIOGRAPHIE DE THOMAS SANKARA - La patrie ou la mort, Paris: L'Harmattan, 2007, ISBN 9782296042650
  • Jean-Philippe Rapp/Jean Ziegler: Burkina Faso – eine Hoffnung für Afrika? Gespräch mit Thomas Sankara. Zürich 1987, ISBN 3-85869-043-0.
  • Achim Remde: Thomas Sankara und die neue afrikanische Linke (Schriftenreihe der Deutschen Afrika-Stiftung, Nr, 47). Bonn 1987.

Filme

  • Sankara - The upright man. (F: L’homme intègre. D: Sankara - Der Che Afrikas.) Dokumentarfilm, Frankreich, 2006, 52 Min., Regie: Robin Shuffield, deutsche Erstausstrahlung: 6. Oktober 2007, Inhaltsangabe von arte.
  • Der "Che Guevara Afrikas". Videoblog-Reportage, Kenia, Deutschland, 2010, 5:10 Min., Regie: Werner Zeppenfeld, Produktion: WDR, Veröffentlichung: 16. November 2010, Online-Video.

Weblinks


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