Thüringer Allgemeine

Thüringer Allgemeine
Thüringer Allgemeine
Beschreibung deutsche Tageszeitung
Verlag Thüringer Allgemeine Verlag GmbH & Co. KG
Erstausgabe 13. Januar 1990 („Das Volk“ 9. April 1946)
Erscheinungsweise täglich Montag bis Sonnabend
Verkaufte Auflage (IVW 3/2011, Mo-Sa) 189.337[1] Exemplare
Chefredakteur Paul-Josef Raue
Weblink thueringer-allgemeine.de
Sitz der Redaktion in Erfurt-Bindersleben

Die Thüringer Allgemeine (kurz TA) ist eine regionale Tageszeitung mit Sitz in Erfurt. Sie ist Teil der zur WAZ-Mediengruppe gehörenden Zeitungsgruppe Thüringen (gemeinsam mit Ostthüringer Zeitung und Thüringische Landeszeitung) und zählt zu den auflagenstärksten Regionalzeitungen in Deutschland.

Die TA ging 1990 aus der Tageszeitung Das Volk hervor, die als Organ der SED im Bezirk Erfurt herausgegeben wurde. Im Zuge der Wende beschlossen die Redakteure und Verlagsmitarbeiter die Umwandlung des Blattes in eine „neue unabhängige Zeitung“ mit dem Namen Thüringer Allgemeine und sagten sich von der SED los. Unter dem neuen Namen erschien sie erstmals am 13. Januar 1990. Parteipolitisch gilt die TA als unabhängig und eher regierungskritisch.

Die verkaufte Auflage lag 1999 bei rund 260.000 Exemplaren und beträgt nun zusammen mit einer Teilauflage der deutlich kleineren Thüringischen Landeszeitung 189.337 Exemplare (Wirtschaftsraum Thüringen West).[2] Die Thüringer Allgemeine erscheint mit folgenden 14 Lokalausgaben, deren Verbreitung sich an den bis 1994 bestehenden Kreisgrenzen orientiert: Apolda, Arnstadt, Artern, Bad Langensalza, Eichsfeld, Eisenach, Erfurt, Gotha, Ilmenau, Mühlhausen, Nordhausen, Sondershausen, Sömmerda und Weimar.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Vorgängerzeitung Das Volk erschien erstmals am 9. April 1946. Das Thüringer Volk, Parteiorgan der KPD und SED, durfte mit Genehmigung der SMAD bereits 1945 in einer Auflage von 600.000 Exemplaren und fünf Mal wöchentlich erscheinen. Letzteres wurde der inzwischen gleichgeschalteten Thüringischen Landeszeitung der LDP erst 1951 gestattet.[3] Das Volk wurde ab 1951 das Organ der Bezirksleitung Erfurt der SED. Die Thüringer Allgemeine war die erste der drei Thüringer Bezirkszeitungen der SED, die sich für unabhängig erklärte. Im Zuge des Wahlkampfs zur Volkskammerwahl im März 1990 beschlossen die Redakteure und Verlagsmitarbeiter künftig keine Parteiwerbung für die PDS als Nachfolgepartei der SED mehr zu betreiben und erklärten sich für unabhängig. Die Umwandlung des Blattes in eine „neue unabhängige Zeitung“ mit dem Namen Thüringer Allgemeine wurde von etwa einem Drittel der Beschäftigten befürwortet. Unter dem neuen Namen erschien sie erstmals am 13. Januar 1990. Plakativ wurde der Titel Das Volk bei der ersten Ausgabe mit dem neuen Namen Thüringer Allgemeine überschrieben. Die Redaktion wählte damals aus ihren Reihen Sergej Lochthofen (der nicht der SED angehört hatte) zum Chefredakteur.

Damit die Zeitung unabhängig werden konnte, wurde am 28. Februar 1990 die Thüringer Allgemeine Mitarbeiter-Beteiligungs-GmbH mit der Nummer HRB 100009 und einem Kapital von 25.000 DDR-Mark beim staatlichen Notariat Erfurt eingetragen. Noch heute gehört die Zeitung zu einem Teil dieser GmbH. Als Gesellschafter beziehungsweise Geschäftsführer der GmbH unterzeichneten einige, die auch heute noch die Zeitung führen. Bis heute ist Sergej Lochthofen dort verzeichnet. Er ist also Miteigentümer der Zeitung. Noch bis zum 24. Mai 2004 war auch Lochthofens Vorgesetzter aus DDR-Zeiten, Peter Sterzing, in der Mitarbeiter-Beteiligungs-GmbH eingetragen. Der ehemalige Chef des Auslands-Ressorts von Das Volk wurde vom Ministerium für Staatssicherheit mit dem Namen „Peter Sturz“ geführt. Lochthofen wusste von der Vergangenheit Sterzings.[4]

Die anderen Zeitungen in Thüringen folgten dem Beispiel der TA und erklärten sich ebenfalls unabhängig.

Von ehemals acht Seiten wuchs die Zeitung durch neue Inhalte enorm an. Die veraltete technische Ausrüstung konnte dem stärkeren Wettbewerb im wiedervereinten Deutschland schwer standhalten. Auch das Zustellungssystem durch die Post, das an manche Leser die Zeitung erst um die Mittagszeit zustellte, bedurfte Reformen. Um die hohen Kosten einer solchen Erneuerung zu tragen, wurde eine Übernahme durch Verlage in den alten Bundesländern überlegt. Schließlich schloss sich die Thüringer Allgemeine zusammen mit der Ostthüringer Zeitung und der Thüringischen Landeszeitung der WAZ-Mediengruppe an. Die WAZ-Mediengruppe investierte eine halbe Milliarde DM und stattete die Thüringer Allgemeine mit neuester Technik aus.

Überregional erregte sie unter anderem 1999 Aufsehen. Damals veröffentlichte sie einen weißen Fleck auf einer Seite. Dort sollte ursprünglich ein Interview mit dem damaligen Ost-Beauftragten der Bundesregierung, Rolf Schwanitz (SPD), abgedruckt werden. Dieser hatte, so die Redaktion, jedoch bei der Autorisierung des Interviews die Antworten und Fragen dermaßen verändert, dass die Zeitung darauf mit dem Nicht-Abdruck reagierte.

Seit 2010 kooperiert die Thüringer Allgemeine inhaltlich verstärkt mit den anderen Zeitungen Thüringische Landeszeitung (TLZ) und Ostthüringer Zeitung (OTZ) der Zeitungsgruppe Thüringen (ZGT). Die Internetangebote der drei Zeitungen sind deckungsgleich und auch in den Printausgaben wird eine wachsende Zahl der Artikel untereinander ausgetauscht.

Chefredaktion

Der langjährige (1990–2009) Chefredakteur Sergej Lochthofen wurde 1953 im Arbeitslager Workuta in der Sowjetunion im GULAG geboren. Im Jahr 1990 war er maßgeblich daran beteiligt, dass sich die Zeitung nicht länger als Wahlkampfmittel einer Partei missbrauchen ließ und stattdessen als erste im Osten Deutschlands unabhängig wurde. Von da an erschien sie unter der Leitung Lochthofens und unter dem Namen Thüringer Allgemeine.

Die Stellvertretung des Chefredakteurs lag neben Dirk Löhr auch bei Antje-Maria Lochthofen, Sergej Lochthofens Ehefrau. Zu DDR-Zeiten besuchte sie die SED-Parteihochschule. Sie schaffte es bis zur stellvertretenden Chefredakteurin der Zeitung Das Volk und übt damit heute bei der Thüringer Allgemeine wieder die gleiche Funktion aus.

Nach Plänen des WAZ-Konzerns sollte Lochthofen sein Amt ab 1. Januar 2010 nicht mehr ausüben. Dies wurde ihm nach eigenen Angaben am Mittwoch, 25. November 2009, von der Geschäftsführung mitgeteilt. Mit Lochthofen soll auch seine Frau Antje-Maria, bislang stellvertretende Chefredakteurin, ihren Posten verlieren.[5] Eine Protestnote der Redaktion der Thüringer Allgemeinen[6] durfte auf Intervention der WAZ-Gruppe nur in einer zensierten Form in der Printausgabe veröffentlicht werden.[7] Lochthofen bezeichnete die Abberufung seiner Frau daraufhin als „Sippenhaft wie bei den Nazis oder unter Stalin“.[8] Infolgedessen wurde er bereits am 2. Dezember 2009 als Chefredakteur abberufen und durch Paul-Josef Raue ersetzt.[9]

Einzelnachweise

  1. Mit Teilauflage der Thüringischen Landeszeitung
  2. laut IVW, drittes Quartal 2011, Mo-Sa (Details und Quartalsvergleich auf ivw.eu)
  3. Jürgen Louis: Die Anfangsjahre der Thüringischen Landeszeitung im Spiegel ihrer Geschichte. In: Hans Hoffmeister Wie Alles begann. Thüringische Landeszeitung 1945/46. Rene Burkhardt-Verlag Erfurt, 2007
  4. Kai Schlieter: Der oberste Geschmacksbestimmer. In: taz, 31. Juli 2009
  5. Protest gegen Lochthofen-Abberufung, MDR, 28. November 2009
  6. Eingriff in die Unabhängigkeit. Erklärung der Mitarbeiterversammlung der Thüringer Allgemeine vom 28. November 2009, Originalwortlaut auf den Seiten des Landesverbands Thüringen des Deutschen Journalisten-Verbands
  7. http://www.thueringerblogzentrale.de/2009/11/30/thuringer-allgemeine-zensiert-erklarung-der-mitarbeiter/
  8. Abgesetzter Chefredakteur wirft WAZ-Gruppe Nazi-Methoden vor, 26. November 2009, abgerufen am 26. November 2009
  9. WAZ-Gruppe entlässt Chef der „Thüringer Allgemeinen“, 2. Dezember 2009, abgerufen am 2. Dezember 2009

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Thüringer Waldquell Mineralbrunnen — Rechtsform GmbH Gründung 1991 Sitz Bad Vilbel, Sitz der HassiaGruppe Leitung Thomas Heß Mitarbeiter ca …   Deutsch Wikipedia

  • Thüringer Landeszeitung — Thüringische Landeszeitung Beschreibung deutsche Tageszeitung Verlag Thüringische Landeszeitung Verlag OHG Erstausgabe 24. September 1945 …   Deutsch Wikipedia

  • Thüringer Museum (Eisenach) — Das Thüringer Museum Eisenach ist ein Museum zur Kunst und Kulturgeschichte Thüringens und zur Eisenacher Stadtgeschichte. Das Museum ist Dank seiner umfangreichen Sammlungen Teil und Mitinitiator der Thüringer Porzellanstraße. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Thüringer Wald — (hierzu »Geologische Karte von Thüringen«), Kettengebirge in Mitteldeutschland, erstreckt sich zwischen Thüringen im N. und Franken im S. in südöstlicher Richtung von der Werra unweit Eisenach bis zum Wetzstein bei Lehesten, nach andern nur bis… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung — Vorlage:Infobox Hochschule/Mitarbeiter fehltVorlage:Infobox Hochschule/Professoren fehlt Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Gründung 23. April 1994 Trägerschaft …   Deutsch Wikipedia

  • Thüringer Kreis — Der Thüringer Kreis oder Thüringische Kreis war eine bis 1815 bestehende Verwaltungseinheit des Kurfürstentums und des Königreichs Sachsen. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Ämter 2.1 Kursächsische Ämter zu Thüringen …   Deutsch Wikipedia

  • Thüringer Landtag (1946–1952) — Der Thüringer Landtag war das Landesparlament des Landes Thüringen in der SBZ und DDR von 1946 bis zur Auflösung der Länder 1952. Nach der Wende wurde das Land Thüringen wiedererrichtet und der Thüringer Landtag neu gewählt. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur — Das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (TMBWK) ist das Kultusministerium und damit eines der acht Ministerien des Freistaats Thüringen. Es wurde 1990 gegründet und hat seinen Sitz in der Werner Seelenbinder Straße 7 in der …   Deutsch Wikipedia

  • Thüringer Landtag (DDR) — Der Thüringer Landtag war das Landesparlament des Landes Thüringen in der SBZ und DDR von 1946 bis zur Auflösung der Länder 1952. Nach der Wende wurde das Land Thüringen wiedererrichtet und der Thüringer Landtag neu gewählt. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Thüringer Landtag (SBZ) — Der Thüringer Landtag war das Landesparlament des Landes Thüringen in der SBZ und DDR von 1946 bis zur Auflösung der Länder 1952. Nach der Wende wurde das Land Thüringen wiedererrichtet und der Thüringer Landtag neu gewählt. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”