Thüringer Kreis

Thüringer Kreis

Der Thüringer Kreis oder Thüringische Kreis war eine bis 1815 bestehende Verwaltungseinheit des Kurfürstentums und des Königreichs Sachsen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Thüringer Kreis entstand aus einem Teil der ehemaligen Landgrafschaft Thüringen. Mit der Leipziger Teilung von 1485 erfolgte eine territoriale Gliederung der wettinischen Gebiete, deren Wirkung nachhaltigen Einfluss auf die administrative Einteilung Thüringens hatte. Herzog Ernst (Linie der Ernestiner) erhielt neben den Kurlanden und der Kurwürde beträchtliche Teile des mittleren und östlichen Thüringens; sein Bruder Albrecht (Linie der Albertiner) verfügte ab 1485, neben anderen Gebietsteilen, über den nördlichen und nordöstlichen Teil Thüringens.

Als die Ernestiner im Ergebnis des Schmalkaldischen Krieges erhebliche Teile ihres Territoriums an die Albertiner abtreten mussten, zeigte sich die Notwendigkeit, das nunmehr stark vergrößerte albertinische Gebiet für eine effektive Verwaltung neu zu gliedern. Kurfürst Moritz erließ deshalb am 5. August 1547 eine Verordnung, die die Belange der Verwaltung neu regeln sollte. Kursachsen wurde darin in Kreise aufgegliedert, wovon für das nord- und nordöstliche Thüringen der Thüringer Kreis gebildet wurde. Der Kreis war in 2 Distrikte und mehrere Amtsbezirke aufgegliedert. Zum sogenannten Oberen Distrikt gehörten die Amtsbezirke Langensalza, Sachsenburg, Weißensee und Sangerhausen, die schwarzburgischen und stolbergischen Ämter Kelbra, Heringen, Roßla mit Quastenberg, Ebeleben und Clingen, und die landständischen Städte Weißensee, Langensalza, Sangerhausen, Tennstedt und Thamsbrück. Den Niederen Distrikt bildeten die Amtsbezirke Weißenfels, Eckartsberga und Freyburg sowie die Städte Weißenfels, Freyburg, Eckartsberga, Mücheln und Laucha.

Durch die Erhebung von Weißenfels zur Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Weißenfels (1656-1746) existierte damals ein Zentralort für den größten Teil des Thüringer Kreises, der für diesen Zeitraum zum Herzogtum gehörte. Diese Funktion behielt Weißenfels zeitweise auch noch nach 1746. Beispielsweise hatte in den 1760er Jahren der Kreishauptmann Senft von Pilsach seinen Sitz in Weißenfels. Weitere Verwaltungsaufgaben wurden zum Teil noch in Tennstedt und Pforta realisiert, so dass eine Art Dreiteilung in Verwaltungsaufgaben bestand.

Mit der Rückgliederung des Territoriums von Sachsen-Weißenfels im Jahre 1746 war gleichzeitig der Prozess der Konsolidierung des Thüringer Kreises abgeschlossen. Im Ergebnis des Wiener Kongresses musste das Königreich Sachsen am 18. Mai 1815 einen Friedens- und Freundschaftsvertrag mit dem Königreich Preußen schließen und, unter anderem, seine gesamten thüringischen Territorien an Preußen abtreten. Die Besitznahme durch Preußen erfolgte am 22. Mai. Der Thüringer Kreis wurde dem Regierungsbezirk Merseburg der neu geschaffenen preußischen Provinz Sachsen (1816) zugeordnet. Nur die Ämter Weißensee und Langensalza sowie das Amt Tennstedt wurden dem Regierungsbezirk Erfurt angegliedert.

Obwohl der Thüringer Kreis damit faktisch seine Rolle als territoriale Einheit verloren hatte, bestand er als administrative Einheit im ständischen Sinne fort. Unabhängig vom neuen Grenzverlauf zwischen den Regierungsbezirken Erfurt und Merseburg wurde die alte Distrikteinteilung des Thüringer Kreises und die Verwendung des Begriffes beibehalten. So war die „Ritterschaft des Thüringer Kreises preußischen Anteils“ in den Landschaftsverbänden (Recepturveränden) organisiert: Thüringer Kreis, Merseburgischer Regierungsbezirk und Thüringer Kreis, Erfurtischer Regierungsbezirk. (Allgemeine Steuer-Verfassung in der preußischen Monarchie von 1828, § 213). Zu gegebenem Anlass, beispielsweise bei der Neuwahl des Kreisvorsitzenden, hielten die Thüringer Stände Kreiskonvente ab. Der letzte Kreiskonvent fand am 28. September 1869 in Kösen statt. Anwesend waren 75 Vertreter aus den Kreisen Langensalza, Weißensee, Sangerhausen, Querfurt, Eckartsberga, Weißenfels, Naumburg und Zeitz. Im Laufe des Konvents wurde die Auflösung des „alt-thüring´schen Kreis-Verbandes“ beschlossen. Die Vermögensbestände wurden auf die einzelnen Kreise aufgeteilt, was bis etwa Mitte der 1870er Jahre abgeschlossen war.

Ämter

Kursächsische Ämter zu Thüringen

Amt Amtssitz Anmerkungen
Kreisamt Tennstedt Tennstedt
Schulamt Pforta Schulpforte Verwaltung der Landesschule Pforta
Amt Tautenburg Tautenburg 1656/57 bis 1718 beim Herzogtum Sachsen-Zeitz
Amt Treffurt Treffurt Ganerbschaft mit Kurmainz und Hessen-Kassel
Amt Weißenfels Weißenfels von 1656/57 bis 1746 beim Herzogtum Sachsen-Weißenfels
Amt Langensalza Langensalza von 1656/57 bis 1746 beim Herzogtum Sachsen-Weißenfels
Amt Freyburg Freyburg (Unstrut) von 1656/57 bis 1746 beim Herzogtum Sachsen-Weißenfels
Amt Sachsenburg Sachsenburg von 1656/57 bis 1746 beim Herzogtum Sachsen-Weißenfels
Amt Sangerhausen Sangerhausen von 1656/57 bis 1746 beim Herzogtum Sachsen-Weißenfels
Amt Eckartsberga Eckartsberga von 1656/57 bis 1746 beim Herzogtum Sachsen-Weißenfels
Amt Weißensee Weißensee (Thüringen) von 1656/57 bis 1746 beim Herzogtum Sachsen-Weißenfels

Ämter des Fürstentums Sachsen-Querfurt

Die Ämter des Fürstentums Sachsen-Querfurt waren:

Amt Amtssitz
Amt Wendelstein Wendelstein
Amt Sittichenbach Sittichenbach
Amt Querfurt Querfurt
Amt Heldrungen Heldrungen
Amt Dahme Dahme/Mark
Amt Jüterbog Jüterbog

Kirchliche Gliederung

Die erste protestantische Kirchenvisitation im Thüringer Kreis fand nach dem Tod des Herzogs Georg von Sachsen 1539 statt. Die Pfarreien wurden dabei in folgende fünf Superintendenturen (Superattendentz) aufgeteilt:

  1. Langensalza (Saltza)
  2. Weißensee
  3. Eckartsberga
  4. Weißenfels
  5. Sangerhausen

Siehe auch

Literatur

  • Frank Boblenz: Vom Fürstentum zu Thüringen zum Thüringer Kreis. Zur administrativen Einbindung von Sangerhausen im wettinischen Nordthüringen. In: Harzzeitschrift, 52/53 (2000/2001), S. 37-67.
  • Frank Boblenz: Thüringer Kreis und Thüringer Städteverband - ein Exkurs zum preußischen Thüringen bis 1919/20. Teil 1. In: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte, Band 49 (1995).

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Thüringer Kreis — Thüringer Kreis, vor 1815 westlichster Theil des Königreichs Sachsen, an den Leipziger Kreis, Weimar, Gotha, Hessen, Hannover, Braunschweig[570] u. Preußen grenzend, schloß Schwarzburg Sondershausen, Parzellen von Gotha u. Weimar u. die sonstigen …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Thüringer Kreis — Thüringer Kreis, vor 1815 der westlichste Theil des Königreichs Sachsen, 631/2 QM. groß, mit 180000 E., der Hauptstadt Langensalza, 1815 an Preußen abgetreten …   Herders Conversations-Lexikon

  • Thüringer Becken — Lage des Thüringer Beckens und angrenzender Landschaften innerhalb Thüringens Das Thüringer Becken ist eine Beckenlandschaft im zentralen und im nördlichen Teil Thüringens. Das Becken erstreckt sich von der oberen Unstrut unterhalb Dingelstädts… …   Deutsch Wikipedia

  • Thüringer Mühlenradweg — Gesamtlänge 80 km Lage Thüringen …   Deutsch Wikipedia

  • Thüringer Wald — (T. Waldgebirge), bewaldetes Gebirge in Wtitteldeutschland von 19 Meilen Länge u. gegen 46 QM. einnehmend, erstreckt sich von Blankenstein an der obern Saale gegen Westen bis an die Werra, indem es Thüringen von Franken u. das Flußgebiet des… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Thüringer Wald — Thüringer Wald. Von dem Mittelpunkte Deutschlands, dem Fichtelgebirge, geht ein langer, schmaler, waldiger Gebirgsrücken aus, der sich von Südosten nach Nordwesten beinahe 18 geographische Meilen weit erstreckt. Von dem Volksstamme, welcher seit… …   Damen Conversations Lexikon

  • Thüringer Geschichte — Dieser Artikel beschreibt die Geschichte des Landes Thüringen. Sie beginnt im Wesentlichen mit dem Reich der Thüringer (Doringi), welches im Jahr 531 unterworfen und ins Frankenreich eingegliedert wurde. Zur Zeit der Landgrafschaft Thüringen gab… …   Deutsch Wikipedia

  • Kreis Erfurt — Der Kreis Erfurt Land war ein von 1952 bis 1994 bestehender Landkreis in Thüringen (ehemals Bezirk Erfurt in der DDR). Die Entstehung des Kreises begann aber bereits im Jahr 1816 als preußischer Landkreis Erfurt. Dieser bestand in der Zeit… …   Deutsch Wikipedia

  • Kreis Suhl — Lage des Kreises im Bezirk Suhl Der Kreis Suhl (ab 1967 Kreis Suhl Land) war ein Kreis im südlichen Thüringen. Er wurde mit der Verwaltungsreform von 1952 gegründet und bestand bis 1994. Kreisstadt des Kreises war zunächst Suhl. Am 12. Mai 1967… …   Deutsch Wikipedia

  • Kreis Gotha — Basisdaten[1] Bezirk der DDR Erfurt Kreisstadt Gotha Fläche 768 km² (1989) Einwohner 142.325 (1989) Bevölkerungsdichte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”