Todesfälle unter DDR-Grenzern

Todesfälle unter DDR-Grenzern
Gedenkstätte (1973-1994) für getötete Grenzsoldaten in Ost-Berlin 1986

Todesfälle unter DDR-Grenzern fasst die Fälle der unter Ausübung ihres Dienstes ums Leben gekommenen Soldaten und Offiziere der Grenzpolizei, der Grenztruppen und der Volkspolizei der DDR zusammen.

Inhaltsverzeichnis

Umstände des Todes

Die ersten drei Todesfälle ereigneten sich zur Zeit der Sowjetische Besatzungszone, nach Gründung der Deutschen Demokratischen Republik im Oktober 1949 bis zu ihrem Ende 1990 fanden weitere 26 Grenzpolizisten und Grenzsoldaten den Tod. Von diesen 29 Toten starben 20 an der innerdeutschen Grenze, acht an der Berliner Mauer und einer an der Grenze zur ČSSR. Die meisten dieser DDR-Grenzer waren Angehörige der Volkspolizei oder der Grenztruppen der DDR.

Eine zuverlässige Aussage zu den einzelnen Tätern und ihren Beweggründen ist nicht in allen Fällen möglich. Die Täter stammten aus folgenden Personenkreisen:

Namensliste

Vor dem Bau der Berliner Mauer (1946–1961)

  1. Paul Sager († 10. November 1948)
  2. Gerhard Hofert († 3. August 1949 Schlagbrügge)
  3. Fritz Otto († 1. September 1949 bei Sonneberg (Neusalza-Spremberg))
  4. Siegfried Apportin († 2. Juli 1950 Palingen)
  5. Herbert Liebs († 21. Februar 1951 Pferdsdorf)
  6. Werner Schmidt und Heinz Janello († 2. März 1951 Obersuhl)
  7. Rudolf Spranger († 7. August 1951)
  8. Manfred Portwich († 27. Oktober 1951 Wendehausen)
  9. Ulrich Krohn († 16. Mai 1952 bei Thurow), als Postenführer von seinem desertierenden Posten erst niedergeschlagen und dann erschossen.[1] Der Täter wurde 1952 in Lüneburg zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt.[2]
  10. Helmut Just († 30. Dezember 1952 Berlin)
  11. Waldemar Estel († 3. September 1956 Buttlar)

Während des Bestehens der Berliner Mauer (1961–1989)

  1. Jörgen Schmidtchen († 18. April 1962 Griebnitzsee), erschossen von zwei fahnenflüchtigen NVA-Offiziersschülern aus der Flakartillerie-Schule Stahnsdorf[3]
  2. Manfred Weiss († 19. Mai 1962 Henneberg)
  3. Peter Göring († 23. Mai 1962 Berlin)
  4. Reinhold Huhn († 18. Juni 1962 Berlin)
  5. Rudi Arnstadt († 14. August 1962 Wiesenfeld)
  6. Günter Seling († 30. September 1962 Teltow)
  7. Siegfried Widera († 8. September 1963 Berlin), von Flüchtenden am 23. August 1963 niedergeschlagen.
  8. unbekannter Volkspolizist († 15. September 1964)
  9. Egon Schultz († 5. Oktober 1964 Berlin), irrtümlich erschossen von einem Kameraden bei Entdeckung des Tunnels 57.
  10. Hans-Adolf Scharf († 10. Juni 1966)
  11. Rolf Henniger († 15. November 1968 Klein Glienicke), erschossen von einem flüchtenden Volkspolizisten.
  12. Lutz Meier († 18. Januar 1972 Schierke)
  13. Klaus Peter Seidel und Jürgen Lange († 19. Dezember 1975 Harras), beide erschossen durch den fahnenflüchtigen NVA-Soldaten Werner Weinhold.[4]
  14. Ulrich Steinhauer († 4. November 1980 Schönwalde), als Postenführer von seinem fahnenflüchtigen Posten mit einem Schuss in den Rücken getötet. Die Flucht des Täters gelang, er wurde in West-Berlin 1981 wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren verurteilt.[5]
  15. Klaus-Peter Braun († 1. August 1981 Rustenfelde), von seinem fahnenflüchtigen Posten erschossen.[2]
  16. Eberhard Knospe († 5. Mai 1982 Sommersdorf), als Postenführer von seinem fahnenflüchtigen Posten erschossen.[6]
  17. Uwe Dittmann († 22. März 1985 in Spichra), erschossen von einem fahnenflüchtigen GSSD-Soldaten, der danach auf der Werra-Brücke nach Pferdsdorf-Spichra selbst erschossen wurde.[2]
  18. Horst Hnidyk († 3. August 1989), von einem fahnenflüchtigen GSSD-Angehörigen getötet.[7] Hnidyk wurde in den DDR-offiziellen Listen der getöteten Grenzsoldaten nicht (mehr) genannt.

Würdigung

In der DDR wurden einige der getöteten DDR-Grenzer postum befördert und geehrt. Nach ihnen wurden beispielsweise Straßen, Betriebe, Pionierlager, Kasernen; LPGs, PGHs, Kulturhäuser, Klubhäuser, Ferienhäuser und Schulen benannt sowie Denkmäler und Gedenktafeln aufgestellt. Nachdem die deutsche Einheit vollzogen war, wurden viele Denkmale, die an die umgekommenen Grenzer erinnern sollten, abgerissen und viele Namensgebungen rückgängig gemacht.

Weitere Opfer

Neben den im Dienst ums Leben gekommenen Grenzsoldaten fanden bis zum gesellschaftlichen Umbruch im Herbst 1989 einige hundert DDR-Bürger beim illegalen[A 1] Grenzübertritt den Tod, dessen Ursache entweder auf gewaltsames Hindern durch DDR-Grenzsoldaten bzw. durch Grenzsicherungsanlagen (Landminen, Selbstschussanlagen etc.), durch Unfälle (Ertrinken, Erleiden eines tödlichen Herzinfarktes etc.) oder auf Selbstmord nach Entdeckung beruhen. Darüber hinaus gab es vereinzelt auch Todesfälle unter Bürgern der Bundesrepublik Deutschland.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Volker Koop: Den Gegner vernichten: die Grenzsicherung der DDR. Bouvier, Bonn 1996, ISBN 3-416-02633-0, S. 378.
  2. a b c Die Augen feucht vor Wut“ – Serie Deutschland, 3. Teil. In: „Der Spiegel“ Nr. 28/1991 vom 8. Juli 1991.
  3. Hans-Hermann Hertle: Die Berliner Mauer - Monument des Kalten Krieges. Ch. Links, Berlin 2007, S. 107–109. ISBN 3-86153-463-0.
  4. Helmut Müller-Enbergs (Herausgeber): Wer war wer in der DDR?, Band 2, M - Z. Ch. Links, Berlin 2006, Eintrag Weinhold, Werner S. 1070. ISBN 3-86153-364-2.)
  5. Hans-Hermann Hertle, Konrad Jarausch und Christoph Kleßmann: Mauerbau und Mauerfall. Ch. Links, Berlin 2002, S. 299. ISBN 3861532646.
  6. Hans-Jürgen Grasemann: Ein vergessenes Schicksal : Die Tötung eines DDR-Grenzsoldaten durch seinen Kameraden. In: Freiheit und Recht, Ausgabe 2007 / 1 (März 2007), ISSN 0532-6605, S. 10–11.
  7. Rüdiger Wenzke: Die Fahnenflucht in den Streitkräften der DDR. In: Ulrich Bröckling und Michael Sikora (Hrsg.): Armeen und ihre Deserteure. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1998, ISBN 3-525-01365-5, S. 276.

Anmerkungen

  1. Die Festlegung der Legalität missachtete nach der in der Rechtswissenschaft herrschenden Meinung Völkerrecht und Menschenrecht.

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