Todesstreifen

Todesstreifen
Innerdeutsche Grenze zwischen Thüringen und Hessen, die hier vom Grenzmuseum Schifflersgrund erhalten wird. Zu sehen ist der Grenzzaun (einreihiger Metallgitterzaun) mit davorliegendem Kontrollstreifen (Spurensicherungsstreifen) und Kolonnenweg mit Fahrspurplatten; die eigentliche Grenze befand sich oberhalb des mittlerweile bewaldeten Hangs.
Freilichtmuseum in Mödlareuth

Als innerdeutsche Grenze, im allgemeinen Sprachgebrauch oft auch deutsch-deutsche Grenze, wird die 1378 km lange damalige Grenze zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet. Der Grenzverlauf zwischen den westlichen Besatzungszonen und der sowjetischen Besatzungszone wurde von den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges festgesetzt und bestand nach der Gründung der beiden deutschen Staaten[1] 1949 fort.

Die DDR bezeichnete die deutsch-deutsche Grenze im offiziellen Sprachgebrauch als Staatsgrenze der DDR zur Bundesrepublik Deutschland. In der Bundesrepublik Deutschland war häufig der Begriff „Zonengrenze“ gebräuchlich, vor allem in den frühen Jahren, als die DDR in der Bundesrepublik oft als Zone bezeichnet wurde. Die unterschiedlichen Bezeichnungen liegen darin begründet, dass im bundesdeutschen Sprachgebrauch verdeutlicht werden sollte, dass es sich bei der Grenze nicht um eine reguläre Grenze zwischen verschiedenen Staaten handelte. Die DDR wurde 1972 durch den Grundlagenvertrag de jure von der Bundesrepublik – zwar staatsrechtlich, aber nicht völkerrechtlich – anerkannt und konnte daher nicht als Ausland betrachtet werden. Im DDR-Sprachgebrauch sollte hingegen die absolute Normalität einer „Staatsgrenze“ zwischen zwei souveränen Staaten dargestellt werden.

In der Realität wirkte diese Grenze nicht lediglich als eine landesinterne Grenze und auch nicht nur als eine Staatsgrenze, sondern war Teil der Grenze zwischen zwei unterschiedlichen Gesellschaftssystemen sowie zwischen gegensätzlichen Militärblöcken (NATOWarschauer Pakt) und gegensätzlichen Wirtschaftsblöcken (Europäische WirtschaftsgemeinschaftRat für gegenseitige Wirtschaftshilfe). Sie war insofern Teil des „Eisernen Vorhanges“, der sich nach Süden in den Grenzbefestigungen der ČSSR zur Bundesrepublik Deutschland fortsetzte.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Grenzstreife der Grenztruppen der DDR an der innerdeutschen Grenze in Thüringen (1965)
Ein Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes überwacht im Juni 1985 die Innerdeutsche Grenze
Ehemaliger Wachturm (Führungsturm) der DDR-Grenztruppen bei Hof (Bayern) an der innerdeutschen Grenze (1999)
Der ehemalige „Kolonnenweg“ entlang der innerdeutschen Grenze in der Nähe des Brockens (2004)
Reste der ehemaligen Gewässersperre am Tegeler Fließ in Berlin

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Deutsche Reich durch die Siegermächte in Besatzungszonen eingeteilt, die durch Grenzen voneinander getrennt waren. Durch Zusammenschluss als Bi- und später Trizone zu einem Vereinigten Wirtschaftsgebiet entfielen die internen Grenzen in Westdeutschland. So bezog sich der Begriff „Zonengrenze“ nur noch auf die Grenze zwischen der Sowjetischen Besatzungszone und dem Besatzungsgebiet der Westalliierten. Mit der Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR wurde 1949 aus der Zonengrenze die deutsch-deutsche Grenze. Im allgemeinen und amtlichen Sprachgebrauch blieben Zonengrenze und innerdeutsche Grenze weiter erhalten.

Schon ab 1952 wurde die Demarkationslinie zur Bundesrepublik seitens der DDR aufgrund der Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und den westlichen Besatzungszonen vom 26. Mai 1952 verstärkt abgeriegelt. Dieser Prozess wurde dann am 18. Juni 1954 mit der Anordnung über die Neuregelung der Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der DDR und Westdeutschland formell geregelt, die am 3. Mai 1956 von der Verordnung zur Erleichterung und Regelung der Maßnahmen an der Grenze zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Deutschen Bundesrepublik abgelöst wurde. Seit dem 19. März 1964 galt stattdessen die Verordnung zum Schutze der Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik, die schließlich nach mehreren Änderungen am 25. März 1982 vom Gesetz über die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik ersetzt wurde, das bis zum Einigungsvertrag galt. (Links zu den Gesetzestexten siehe unter Weblinks.) Entlang der Grenze zu Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen und Bayern bestand seit der Anordnung von 1954 auf dem Gebiet der DDR offiziell ein „Sperrgebiet“. Dieses setzte sich zusammen aus einem „10 m-Kontrollstreifen unmittelbar entlang der Grenze“, einem 500 Meter breiten „Schutzstreifen“ sowie einer „5 km-Sperrzone“. Der zehn Meter breite (gepflügte) Kontrollstreifen wurde auch „Todesstreifen“ genannt. Dieser Bereich war zeitweise vermint oder mit Selbstschussanlagen ausgerüstet. Der mit Stacheldraht gesicherte „Schutzstreifen“ wurde nach und nach vollständig von Bebauung und Bewuchs geräumt. Das Betreten des „Schutzstreifens“ oder der „Sperrzone“ war von besonderen Voraussetzungen abhängig, für Anwohner etwa durch einen Vermerk im Personalausweis, für Besucher durch einen extra auszustellenden „Passierschein“. Westverwandschaft und ausländische Bürger erhielten in der Regel keine Besuchserlaubnis. Der eigentliche Grenzzaun war zunächst ein einfacher hüfthoher Stacheldrahtzaun, nach 1961 ein schwerer überwindbarer doppelter Stacheldrahtzaun (als Begrenzung von Minenfeldern) beziehungsweise ein Streckmetallgitterzaun mit Selbstschussanlagen; mitunter bestand er aber auch aus einer Mauer mit oben aufliegendem runden Abschluss (wie in Berlin). Seit 1957 hieß die Demarkationslinie in der DDR offiziell „Staatsgrenze West“, im dortigen Volksmund „Grenze nach Westdeutschland“.

„Unzuverlässige“ Bewohner der Sperrzone wurden 1952 in der „Aktion Ungeziefer“ beziehungsweise 1961 im Zuge der „Aktion Kornblume“ zwangsweise umgesiedelt. Aber auch weit vor der Sperrzone wurden Personenbewegungen überwacht. Fuhr ein normaler Reisezug planmäßig in Orte, die in der Nähe der Grenze lagen, wurden „verdächtige“ Reisende während der Fahrt von der Transportpolizei, der Volkspolizei oder ca. 3.000 „freiwilligen Helfern der Grenztruppen“ kontrolliert und zum Reiseziel befragt. Wurden Personen ohne Passierschein in der 5-km-Sperrzone aufgegriffen, wurden sie dem zuständigen Grenzkommando gemeldet (versuchte Republikflucht war eine Straftat). Durch diese umfassende Überwachung konnten 90 % aller „Grenzverletzer“ schon weit vor dem eigentlichen Grenzzaun abgefangen werden. Ab 1971 wurden einige Orte wie Sonneberg, Creuzburg, Gefell oder Kaltennordheim aus der Sperrzone herausgenommen.

Seit den 1960er-Jahren wurde die deutsch-deutsche Grenze durch die DDR immer stärker ausgebaut, um die Massenflucht in den Westen zu unterbinden. In der offiziellen Darstellung der DDR war es jedoch der „antifaschistische Schutzwall“, der die DDR vor Übergriffen aus dem Westen bewahren sollte. Neben den dort stationierten ca. 30.000 Grenzsoldaten der Grenztruppen der DDR, die den Befehl hatten, die Flucht mit Waffengewalt zu unterbinden (→ Schießbefehl), war die Grenze seit 1961 auf ostdeutscher Seite teilweise vermint und mit Signalzäunen und Hundelaufanlagen sowie von 1970 bis 1983 mit Selbstschussanlagen ausgestattet, die auf den geräumten Grenzstreifen der DDR hin ausgerichtet waren (sogenannter Todesstreifen).

In die Sperranlagen an der Grenze wurde eine größere Anzahl von strikt geheim gehaltenen Schleusen eingebaut. Sie wurden von den Mitarbeitern der Abteilung Verkehr beim Zentralkomitee der SED und den von ihnen eingerichteten „Westgruppen“ genutzt, um illegal Personen, vor allem Funktionäre der KPD und der SED, in beide Richtungen zu „schleusen“, Geldsendungen für die KPD und später die DKP, Informationsmaterial für Parteifunktionäre sowie Propagandamaterial in die Bundesrepublik zu bringen. Auch das Ministerium für Staatssicherheit unterhielt solche Schleusen zu nachrichtendienstlichen Zwecken. Bekannt wurde hier die Glienicker Brücke oder die Agentenschleuse im Bahnhof Berlin-Friedrichstraße.

Beim Ausbau der Grenzanlagen störende Höfe und Dörfer wurden nach und nach entvölkert und danach zerstört. Auf diese Weise sind zahlreiche Hofanlagen und Dörfer verschwunden, ihre Postleitzahlen wurden in den Verzeichnissen weitergeführt. Beispiele solcher Dörfer sind Billmuthausen (zerstört von 1965 bis 1978), Erlebach (zerstört von 1975 bis 1986) und Leitenhausen (zerstört 1971) im Landkreis Hildburghausen sowie Bardowieck, Grabenstedt, Jahrsau (zerstört 1970), Kaulsroth, Liebau (zerstört 1975), Lenschow, Korberoth, Neuhof und Stöckicht.

In einem Zusatzprotokoll zum Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR wurde 1972 eine Überprüfung und eindeutige Markierung des Grenzverlaufes vereinbart. Die deutsch-deutsche Grenzkommission nahm am 4. September 1973 ihre Arbeit mit Grenzmarkierungen bei Lübeck auf.[2] Ab dem 2. Mai 1974 unterhielt man Ständige Vertretungen in Bonn bzw. Ost-Berlin (hier: bei der DDR, nicht in der DDR), keine Botschaften oder Konsulate. Eine eigenständige DDR-Staatsbürgerschaft wurde von der Bundesrepublik nicht anerkannt, d. h. ein „DDR-Deutscher“ war Deutscher im Sinne des Grundgesetzes und konnte einen bundesdeutschen Pass erwerben. Die DDR war für die Bundesrepublik Deutschland Zollinland.

Skizze des Sperrsystems
Hinweise für Bundesbürger (1982)

Es existierten 870 km Grenzzaun, dazu auf 440 km Selbstschussanlagen SM-70, 230 km Minenfelder Typ 66, 602 km Kfz-Sperrgräben und 434 Beobachtungstürme. In der DDR wurden Flüchtlinge als „Republikflüchtige“, die „abgehauen“ sind, diffamiert; ihre zurückgelassenen Familien waren Repressionen ausgesetzt.

Ein besonderer Abschnitt war die Berliner Mauer, die seit dem 13. August 1961 die drei Westsektoren Berlins von Ost-Berlin und der DDR abschnitt.

Ähnliche Mauern aus Betonelementen wurden an der deutsch-deutschen Grenze auch dort errichtet, wo sich auf der DDR-Seite grenznahe Siedlungen befanden, zum Beispiel in Mödlareuth und Dassow. Ansonsten bestand die innerdeutsche Grenze aus mehreren Metallgitterzäunen mit Signalanlagen, Gräben etc. Nachts wurde der unmittelbare Schutzstreifen beleuchtet.

1983 wurden auf Druck der Bundesregierung die Selbstschussanlagen abgebaut, Erdminen gesprengt (beides gab es nicht an der Berliner Mauer) und Hundelaufanlagen abgebaut, als Gegenleistung für von Franz Josef Strauß vermittelte Milliardenkredite.[3]

Neu gebaute Straße im Grenzstreifen 1990

Mit der Öffnung der Grenze (Mauerfall) am 9. November 1989 unter dem Staatsratsvorsitzenden Egon Krenz kam es zu einer Entwicklung, die letztlich zur Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands am 3. Oktober 1990 führte. Damit hörte die innerdeutsche Grenze auf zu bestehen und mit ihr die Deutsche Teilung.

Noch heute wird allerdings gerne die „Mauer in den Köpfen“ angeführt, wenn es um anhaltende Auseinandersetzungen zwischen Ost- und Westdeutschen geht.

Von der DDR in die Bundesrepublik flüchteten seit 1949 etwa zwei Millionen Menschen; in der gleichen Zeit siedelten etwa 200.000 Personen von der Bundesrepublik in die DDR über.

Grenztote

Hinweis Zonengrenze (1976)
Grenzbefestigungsanlagen der DDR am „Point Alpha

Für die Zahl der Opfer der innerdeutschen Grenze gibt es unterschiedliche Angaben. Die Zentrale Erfassungsstelle Salzgitter zählte insgesamt 872 Todesopfer, vorwiegend Flüchtlinge, aber auch Angehörige der DDR-Grenztruppen oder Fahnenflüchtige der sowjetischen Armee.

Opfer-Bilanz
  Vor dem
13. August 1961
Seit dem
13. August 1961
Insg. bis 1989
Berliner Grenze/Mauer 16 239 255
Innerdeutsche Landgrenze 100 271 371
Ostsee 15 174 189
Sonstige Fluchtwege
(Flugzeugentführung, Warenexport,
Transitwege)
0 7 7
Angehörige des DDR-Grenzdienstes
im Einsatz
11 16 27
Sowjetische Fahnenflüchtige 1 5 6
Flugzeugabschüsse im Grenzgebiet 14 3 17
Total: 157 715 872

Quelle: Zentrale Erfassungsstelle Salzgitter

Getötete Flüchtlinge aus der DDR

Kfz-Sperrgraben am „Point Alpha“

Einige hundert Menschen wurden bei Fluchtversuchen aus der DDR getötet, wobei es sich in den meisten Fällen um Zivilisten handelte. Über die Zahl der Opfer gibt es verschiedene Angaben: Während die Berliner Staatsanwaltschaft von 270 nachgewiesenen Todesfällen an der innerdeutschen Grenze einschließlich Berlins infolge eines Gewaltakts der Grenzsicherungskräfte inkl. Minentote und Selbstschussanlagen spricht, hat die Zentrale Ermittlungsgruppe für Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV) 421 Verdachtsfälle auf Tötungen durch die bewaffneten Kräfte der DDR registriert. Die Arbeitsgemeinschaft „13. August“ veröffentlichte am 12. August 2003 eine Zahl von 1008 Opfern des DDR-Grenzregimes von 1949 bis 1989, geht dabei aber von einem relativ weiten Opferbegriff aus. In dieser Zahl enthalten sind zum Beispiel auch in der Ostsee ertrunkene Flüchtlinge, Opfer von Unfällen während der Flucht, Selbstmorde nach entdeckter Flucht und auch durch Flüchtlinge erschossene Grenzsoldaten sowie Todesfälle deutscher Flüchtlinge an anderen Grenzen (ČSSR, Jugoslawien etc.).

Bekannte Fälle (unvollständig): Peter Fechter, Chris Gueffroy, Winfried Freudenberg als letztes Todesopfer der Grenze, Günter Litfin, Ehepaar Elke und Dieter Weckeiser (erschossen am 18. Februar 1968), René Groß, Manfred Mäder und Michael Bittner (erschossen am 21. und 24. November 1986)

Siehe auch: Maueropfer

Getötete Westdeutsche

Gedenkstätte für Kurt Lichtenstein bei Parsau-Kaiserwinkel

Bekannte Fälle:

  • Kurt Lichtenstein († 1961). Der Dortmunder Journalist und Ex-Kommunist war nach dem Bau der Berliner Mauer der erste Mensch, der von DDR-Grenztruppen erschossen wurde. In Niedersachsen bei Wolfsburg überschritt er die damals noch ungesicherte Grenze, um mit Landarbeitern auf DDR-Gebiet zu sprechen.
  • Michael Gartenschläger († 1976). Der Fluchthelfer wurde in Schleswig-Holstein beim Versuch, Selbstschussanlagen an der Grenze abzumontieren, von einer Spezial-Truppe der Staatssicherheit in Uniformen der DDR-Grenztruppen erschossen.

Getötete DDR-Grenzer

Seit Gründung der Deutschen Demokratischen Republik 1949 bis zu ihrem Ende 1990 fanden insgesamt 28 DDR-Grenzpolizisten und DDR-Grenzsoldaten den Tod. Fast alle diese Grenzer kamen an der deutsch-deutschen Grenze ums Leben, lediglich einer kam an der Grenze zur Tschechoslowakei um. Der erste Grenzpolizist wurde noch vor Gründung der DDR erschossen. Von diesen 29 Toten starben acht an der Berliner Mauer. Die meisten getöteten DDR-Grenzer waren Angehörige der Volkspolizei und der Grenztruppen der DDR. Die mutmaßlichen Täter waren, neben aus der DDR fliehenden Zivilisten, auch West-Berliner, Westdeutsche sowie US-Soldaten und etwa zur Hälfte desertierende DDR-Grenzer, NVA-Soldaten (z. B. Werner Weinhold) sowie ein Sowjet-Soldat. In der DDR wurden einige der „gefallenen“ DDR-Grenzer zu Helden stilisiert und beispielsweise Straßen, Pionierlager, Kasernen und Schulen nach ihnen benannt (z. B. Reinhold Huhn).

Aus heutiger Sicht ist umstritten, wie sich einige Fälle tatsächlich zugetragen haben oder ob es sich teilweise um Propaganda handelt. Unklar ist ferner, in wie vielen Fällen Notwehr oder sogar „Friendly Fire“ vorlag. Eine vollständige Liste ist unter Todesfälle unter DDR-Grenzern aufgeführt.

Grenzübergänge

Speziell für Berlin siehe Hauptartikel Berliner Grenzübergänge

Die Zahl der Übergänge zwischen den zwei der drei Westzonen beziehungsweise der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR variierte im Laufe der Jahrzehnte. 1952 wurden verschiedene Straßen- und Eisenbahnübergangstellen durch die DDR geschlossen, auch wurden mit einer Ausnahme die letzten Bahnstrecken, die auf kurzen Abschnitten DDR-Gebiet passierten, geschlossen. Im Zuge der Verhandlungen, die zum Grundlagenvertrag von 1972 führten, wurden in Folge des Verkehrsvertrags zwischen den beiden deutschen Staaten vom 26. Mai 1972 mehrere Übergänge für den sogenannten kleinen Grenzverkehr wieder geöffnet und auf den vorhandenen Eisenbahnübergängen zusätzliche Züge eingeführt.

Straßenübergänge

Bis 1952 gab es relativ viele Straßenübergänge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR, mit der Verschärfung des Grenzregimes wurden die meisten davon geschlossen. Unter anderem konnten bis 1952 folgende Übergänge genutzt werden:

Unterrichtungstafel „Deutsche Teilung 1945–1990“ an Autobahnen
DDR-Visum nur für den Warenverkehr, Transitstempel

Die folgenden Übergänge konnten zwischen 1952 und 1989 für den Transitverkehr nach Berlin auf den vorgeschriebenen Transitstrecken sowie den Reise- und Güterverkehr in die DDR genutzt werden:

Der folgende Übergang diente dem Reiseverkehr in die DDR sowie dem Transitverkehr nach Schweden und Polen:

Die folgenden Übergänge wurden infolge des Verkehrsvertrags von 1972 geöffnet und waren nur für den Reiseverkehr in die DDR zugelassen, nicht aber für Transitreisen nach Berlin:

Nach dem 9. November 1989 wurde die innerdeutsche Grenze an zahlreichen Stellen wieder geöffnet, beispielsweise an den Grenzübergangsstellen Schmarsau-Schrampe, Mackenrode-Nüxei, Wolfsburg-Oebisfelde und Ellrich-Zorge. Diese neuen Grenzübergänge dienten bis zum 24. Dezember 1989 ausschließlich DDR-Bürgern zur Aus- und Wiedereinreise, danach waren sie auch für Bundesbürger geöffnet. Bei der Einreise von Nicht-EU-Bürgern – zum damaligen Zeitpunkt beispielsweise Österreicher – ergaben sich an diesen Grenzübergängen häufig Probleme.

Eisenbahnübergänge

Direkt nach Besetzung der jeweiligen Zonen durch die Alliierten hatte die Sowjetunion den Eisenbahnverkehr zwischen ihrer Zone und den westlichen Zonen unterbrochen. Lediglich die Strecke über Helmstedt und Marienborn wurde für die Militärzüge nach West-Berlin offengehalten, nur auf dieser Strecke gab es auch Personenverkehr. Daneben wurden einzelne Grenzübergänge weiter im Güterverkehr genutzt, die meisten Strecken blieben aber geschlossen. Im Zuge der Berlin-Blockade wurde der Personenverkehr völlig, der Güterverkehr weitgehend, eingestellt.

Nach Beendigung der Blockade wurden zwischen der westdeutschen Bahnverwaltung bzw. der am 7. September 1949 gegründeten Bundesbahn und der ostdeutschen Reichsbahn in verschiedenen Abkommen (Abkommen von Helmstedt, 11. Mai 1949, Offenbach 3. September 1949 und Kleinmachnow, 10. September) die betrieblichen Fragen des Grenzverkehrs geregelt und die Öffnung verschiedener Übergänge auch für den Personenverkehr vereinbart.

Bis 1952 wurden neben den weiter unten aufgeführten Strecken auch wieder verschiedene Strecken genutzt, die jeweils auf kurzen Abschnitten über bundesdeutschem oder DDR-Gebiet verliefen, wobei aber nur teilweise „echter“ Grenzverkehr mit Wechsel von Personen oder Gütern stattfand:

Ab 1952 wurden infolge des verschärften Grenzregimes nur noch folgende Übergänge und Strecken im Eisenbahnverkehr genutzt:

Die westliche Bundesbahn bezeichnete diese Übergänge explizit nicht als Grenzübergänge, während die östliche Reichsbahn immer von Grenzübergangsstellen (Kurzform GÜSt) sprach.

Es verkehrten im Personenverkehr ausschließlich D-Züge. Nach dem Mauerbau 1961 verloren die Transit-Züge nach West-Berlin ihre Verkehrshalte in Bahnhöfen auf DDR-Gebiet mit Ausnahme der Grenzbahnhöfe. Umgangssprachlich Interzonenzüge genannte Züge dienten für Reisen zwischen beiden deutschen Staaten und teilweise auch dem DDR-Binnenverkehr. Ab 1972 gab es auf den Übergängen Marienborn/Helmstedt, Probstzella/Ludwigsstadt und Gutenfürst/Hof neben den D-Zügen auch je ein dem „kleinen Grenzverkehr“ dienendes Eilzugpaar, das nur an Wochenenden und nur bis zum nächsten größeren Bahnhof auf DDR-Gebiet fuhr. Ab Sommer 1989 gab es auch ein solches Zugpaar am Übergang Herrnburg – Lübeck.

Drei Tage nach Maueröffnung 1989 wurde auf dem Übergang Ellrich–Walkenried der Personenverkehr aufgenommen. Zum Fahrplanwechsel 1990 wurde zudem die wieder aufgebaute Strecke zwischen Eichenberg (DB) und Arenshausen (DR) als Grenzübergang in Betrieb genommen. Wie alle anderen Übergänge verloren sie aber bereits mit der Währungsunion ihre Funktion,.

Übergänge für Binnenschifffahrt

Beide Übergänge für die Binnenschifffahrt konnten sowohl für Berlin-Verkehre als auch für Wechselverkehr DDR–Bundesrepublik Deutschland genutzt werden. Sie waren nur für den Gütertransport zugelassen, nicht jedoch für reine Personenschiffe.

Kosten

Der Bau, ständige Ausbau und die jahrzehntelange Unterhaltung der schwer bewachten Grenze in Deutschland war eine große wirtschaftliche Belastung für die DDR. Baumaterial und etwa 40.000 Mann Grenztruppen – Arbeitskräfte, die keine volkswirtschaftlich produktive Arbeit leisten konnten – wurden dafür gebunden. Von 1961 bis 1964 kostete der Aufbau und Betrieb der Grenze insgesamt 1,822 Milliarden Mark der DDR, davon entfielen 400 Millionen Mark auf die Berliner Mauer. Die laufenden Kosten wurden insgesamt auf jährlich etwa 500 Millionen Mark geschätzt. Dazu kamen die dem MfS unterstehenden [4] Passkontrolleinheiten (PKE) mit etwa 38 Millionen Mark jährlich.

Mediale Rezeption

Skulptur „Grenzen überwinden“ an der neuen Brücke über die Wakenitz aus örtlichen alten Schlagbäumen (2008)

Weiterführende Informationen

Interne Verweise

Literatur

  • Hans-Hermann Hertle, Gerhard Sälter: Die Todesopfer an Mauer und Grenze. Probleme einer Bilanz des DDR-Grenzregimes, Deutschland Archiv 39, 2006, S. 667–676.
  • Jürgen Ritter, Peter Joachim Lapp: Die Grenze. Ein deutsches Bauwerk. 6. Aufl., Berlin 2006, ISBN 3-86153-413-4.
  • Wilhelm Mensing: Zwischen Ost und West – Kuriere und Schleuser im Dienst von KPD und SED. In: Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat, Ausg. Nr. 18/2005, S. 3–36.
  • Dietmar Schultke: Die Grenze, die uns teilte. Berlin 2005, ISBN 3-895745-65-0.
  • Heinrich Thies: Weit ist der Weg nach Zicherie. Die Geschichte eines geteilten Dorfes an der deutsch-deutschen Grenze. Hamburg 2005, ISBN 3-455095-29-1.
  • Klaus-Dieter Baumgarten, Peter Freitag: Die Grenzen der DDR – Geschichte, Fakten, Hintergründe. Berlin 2004, ISBN 3-360-01057-4
  • Hans-Joachim Fricke, Hans-Joachim Ritzau: Die innerdeutsche Grenze und der Schienenverkehr. Pürgen 2004, ISBN 3-921304-45-8.
  • Horst Gundlach: Die innerdeutsche Grenze im Südharz. Bad Sachsa 2004, ISBN 3-00-014335-1.
  • Roman Grafe: Die Grenze durch Deutschland. Eine Chronik von 1945–1990. München 2002, ISBN 3-88680-832-7.
  • Robert Lebegern: Mauer, Zaun und Stacheldraht. Sperranlagen an der innerdeutschen Grenze 1945–1990. Weiden 2002, ISBN 3-936545-00-6.
  • Bodo Müller: Faszination Freiheit. Die spektakulärsten Fluchtgeschichten. Berlin 2000, ISBN 3-86153-216-6.
  • Peter Joachim Lapp: Gefechtsdienst im Frieden. Das Grenzregime der DDR 1945–1990. Bonn 1999, ISBN 3-763759-92-1.
  • Dietmar Schultke: Keiner kommt durch. Die Geschichte der innerdeutschen Grenze 1945–1990. Berlin 1999, ISBN 3-746680-41-7.
  • Klaus H. Stoll: Das war die Grenze. Erlebte Geschichte an der Zonengrenze im Kreis Fulda von 1945 bis zur Öffnung. Fulda 1999, ISBN 3-7900-0281-X.
  • Ingolf Hermann: Die Deutsch-Deutsche Grenze. Eine Dokumentation. Von Posseck bis Lehesten, von Ludwigsstadt nach Prex. Plauen 1998, ISBN 3-929039-47-8.
  • Inge Bennewitz: Zwangsaussiedlungen an der innerdeutschen Grenze. Berlin 1997, ISBN 3-86153-151-8.
  • Rudolf Riemer: Das zweigeteilte Deutschland 1961–1962. Herausgeber: Studienzentrum für Ost-West-Probleme e. V. München 1995 (mit Dokumentation über die Dienstvorschriften für die Grenzposten, 1958–1967).
  • Werner Filmer, Heribert Schwan: Opfer der Mauer. Die geheimen Protokolle des Todes. München 1991, ISBN 3-570-02319-2.
  • Norbert Fuchs: Billmuthausen – Das verurteilte Dorf. Hildburghausen 1991, ISBN 3-86180-006-3.
  • Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen: Die innerdeutsche Grenze. 1. Aufl., Bonn 1987.
  • Hans-Dieter Behrendt: „Guten Tag, Passkontrolle der DDR.“, Schkeuditz 2008, ISBN 978-3-89819-243-9.
  • Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.): Flucht aus der DDR am Beispiel „Versuchter Grenzdurchbruch zweier Schüler“, Auszug aus einer Akte des MfS. BStU für Schulen. Quellen für die Schule 2, 2., korrigierte Auflage, Berlin 2008 (PDF).

Weblinks

Gesetzliche Regelungen der DDR zur „Staatsgrenze“

Einzelnachweise

  1. so die geschichtswissenschaftliche Formulierung bei Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4. Vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949, C.H. Beck, München 2003.
  2. Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
  3. www.uniprotokolle.de
  4. Bundeszentrale für politische Bildung

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