Toncluster

Toncluster

In der Musik steht das Wort Cluster (engl. „Gruppe“, „Haufen“, „Büschel“, „Traube“) für ein Klanggebilde, dessen Töne nahe beieinander liegen. Auf Tasteninstrumenten werden mehrere Nachbartasten gleichzeitig angeschlagen, und zwar mit fünf Fingern, der Faust, der Handfläche oder dem Unterarm; diese Tontrauben bestehen aus pentatonischem (schwarze Tasten), diatonischem (weiße Tasten) oder chromatischem Material (schwarze und weiße Tasten). Im Zusammenwirken von Orchesterinstrumenten sind auch engere Intervalle möglich, z. B. Vierteltöne; dasselbe gilt für Vokalensembles und Chöre.

Dem Komponisten Henry Cowell zufolge, der in seinem Klavierstück The Tides of Manaunaun (1912) erstmals Cluster vorschrieb,[1] sind diese als „Einheiten“ zu behandeln,[2] das heißt, er sah Cluster als Einzeltönen ähnliche Klangereignisse, weniger als Akkorde.

Notation

Der Name „Cluster“ erklärt sich dadurch, dass die traditionelle notenschriftliche Darstellung einer Weintraube ähnelt:

Cluster aus den Tönen c'd'e'f'g'

Die gebräuchlichste modernere Notationsform sieht so aus:

bild:cluster1.PNG – die angegebenen Cluster als MIDI zum Hören –

Dabei geben die schwarzen Balken den Tonumfang des Clusters genau an. Die Auflösungs- und Versetzungszeichen beschreiben, ob etwa auf dem Klavier weiße, schwarze oder alle Tasten benutzt werden sollen.

Geschichte

Obgleich der Begriff „Cluster“ wesentlich jünger ist, wurden Tontrauben schon früh benutzt, etwa als rhetorische Figur in der Barockmusik (um z. B. Chaos oder Erdbeben plastisch darzustellen). Zu Beginn des spätromantischen Orchesterwerks Eine Alpensinfonie von Richard Strauss (1864–1949) deutet ein leiser Cluster die verhaltene Atmosphäre bei Tagesanbruch an. In der Neuen Musik gewannen Cluster strukturelle Bedeutung. Komponisten wie Béla Bartók (1881–1945) und vor allem Henry Cowell (1897–1965) leisteten Pionierarbeit. In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts experimentierten zahlreiche Avantgardisten mit so genannten Klangflächen; besonders einflussreich war György Ligeti mit seinem Orchesterstück Atmosphères (1961) – erwähnt seien auch sein Chorstück Lux aeterna (1966) und sein Orchesterstück Lontano (1967). Auch in der elektronischen (Pop-)Musik spielten Cluster eine charakteristische Rolle, so in der zweiten Hälfte des Titels Elektro Kardiogramm der Band Kraftwerk. Der Jazzpianist Cecil Taylor gewann seine Bedeutung nicht zuletzt mit seinem variantenreichen, mitreißenden Clusterspiel.

Einzelnachweise

  1. Stanley Sadie (Hrsg.): The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Macmillan Publishers, London 1980, Lemma „Cluster“.
  2. Hans Heinrich Eggebrecht (Hrsg.): Riemann Musiklexikon. Sachteil. Schott, Mainz 1967, Lemma „Cluster“.

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