Transportbehälterlager Gorleben

Transportbehälterlager Gorleben
Blick auf das Transportbehälterlager Gorleben für hochradioaktiven Atommüll (Lagerhalle links)

Das Transportbehälterlager Gorleben (TBL Gorleben, TBL-G, Castor-Lager) ist ein Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente und verglaste hochradioaktive Abfälle deutscher Herkunft aus der Wiederaufarbeitung. Es befindet sich im Landkreis Lüchow-Dannenberg etwa 2 km südlich des Ortes Gorleben. Das Lager wird von der Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS) betrieben. Auf dem Gelände befindet sich auch das Abfalllager Gorleben des gleichen Betreibers für schwach- und mittelradioaktive Abfälle sowie die Pilot-Konditionierungsanlage Gorleben. Es ist Teil des Atommülllagers Gorleben, direkt nebenan befindet sich das Betriebsgelände des Salzstocks Gorleben.

Seit 1995 werden im Castorlager Gorleben ausgediente Brennelemente aus Atomkraftwerken zwischengelagert. 1996 wurden die ersten HAW-Glaskokillen aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente in Frankreich in das Castorlager transportiert.

Das zentrale Gebäude auf dem Zwischenlagergelände ist die 182 m lange, 38 m breite und 20 m hohe Lagerhalle, in der die Transportbehälter stehend aufbewahrt werden. Die Behälter sind permanent an ein elektronisches System zur Überwachung ihrer Dichtheit angeschlossen. Zum Transport der Behälter in der Halle dient ein Brückenkran. Die Halle ist so gebaut, dass die Behälter durch natürliche Luftkonvektion gekühlt werden.

Die Halle selbst besteht aus 0,5 m dicken Stahlbetonwänden und einem Betonplattendach. Dieses Gebäude bewirkt zusätzlich zum Behälter selbst eine Abschirmung zwecks Einhaltung des gesetzlich vorgegebenen Grenzwertes für Einzelpersonen der Bevölkerung von 1 mSv (Millisievert = Einheit für die effektive Dosis) im Kalenderjahr außerhalb des Betriebsgeländes.[1]

Im TBL Gorleben dürfen laut Genehmigung[2] (Stand 2010) maximal 3800 Tonnen Kernbrennstoff mit 2 x 10 hoch 20 Bq Aktivität und 16 MW Wärmeleistung in Form bestrahlter Brennelemente aus Leichtwasserreaktoren sowie Glaskokillen (verglaste hochradioaktive Abfälle aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente) in Behältern auf 420 Stellplätzen gelagert werden. Zum 31. Dezember 2002 befanden sich 32 Behälter mit abgebrannten Brennelementen und mit Glaskokillen im Lager, Ende 2004 waren es 56 Behälter. Mit dem Transport vom November 2010 erhöhte sich die Anzahl auf nunmehr 102. Die Aufbewahrungsgenehmigung Aufbewahrungsgenehmigung für das TBL Gorleben sieht einen Eingreifrichtwert von 0,270 mSv/Jahr vor. Der Genehmigungswert liegt bei 0,300 mSv/Jahr und darf nicht überschritten werden. Dieser Wert muss am "ungünstigsten Aufpunkt" am Zaun des Lagers gemessen werden. Für die Messungen ist die so genannte "unabhängige Messstelle" zuständig. Für das TBL in Gorleben ist der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) die zuständige unabhängige Messstelle.[3] Am 26. August 2011 wurde bekannt, dass laut Strahlenprognose für das Jahr 2011 mit einem Überschreiten des Genehmigungswertes zu rechnen ist. Vom 30. November 2010 bis zum 6. Juni 2011 wurde vom NLWKN am Zaun eine Neutronenstrahlung von 0,141 mSV gemessen. Daraus ergibt sich ein Jahreswert für die Neutronenstrahlung von 0,273 mSv. Nach Abzug des Neutronenhintergrunds von 0,05 mSv/Jahr und Addition des Netto-Gammawertes von 2010 (0,120 mSv) bzw der Netto-Gammaprognose von 2011 (0,100 mSv) ergibt sich ein Jahreswert von 0,340 mSv/Jahr bzw 0,320 mSv/Jahr. Der Eingreifrichtwert und der Genehmigungswert ist damit eindeutig überschritten. Die Nebenbestimmung A20 der Aufbewahrungsgenehmigung fordert vor jeder Einlagerung eine Abschätzung der Jahresdosis an dem Aufpunkt P1 auf der Basis der realen Dosismesswerte an P1 und der Dosisleistung der neu einzulagernden Behälter.

Als Referenzmesspunkte zur Messung der natürlichen Hintergrundstrahlung von Neutronen- und Gammastrahlung betreibt das NLWKN zwei Messhäuser im weissen Moor und in der Ortschaft Gorleben.

Die Aufbewahrungsgenehmigung für das TBL Gorleben enthält unter anderem folgende Nebenbestimmungen: A 1. Vorgesehene Änderungen an Anlagenteilen und Einrichtungen, von Maßnahmen im Transportbehälterlager sowie an den Festlegungen in den Technischen Annahmebedingungen und den zugehörigen Ausführungsbestimmungen sind gemäß Schreiben des Niedersächsischen Umweltministeriums vom 19. April 1994 der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde anzuzeigen. Diese entscheidet über das weitere Vorgehen. A 8. Im Hinblick auf die von der BLG beantragte maximale Dosis am ungünstigsten Aufpunkt am Zaun des Betriebsgeländes von 0,30 mSv pro Jahr ist, sobald dort eine Dosis von umgerechnet 0,27 mSv pro Jahr gemessen wird, der Einlagerungsbetrieb so lange zu unterbrechen, bis die Zustimmung der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde zu den vorgesehenen Maßnahmen zur Einhaltung des Wertes von 0,30 mSv pro Jahr vorliegt. A 20. Die Einlagerung der Transport- und Lagerbehälter hat nach dem in den Genehmigungsunterlagen festgelegten Einlagerungsplan zu erfolgen, der fortzuschreiben und der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde in halbjährlichen Abständen vorzulegen ist. Für die zur Einlagerung vorgesehenen Behälter ist dabei die Einhaltung der Randbedingungen für die Wärmeleistung des Lagers nachzuweisen und die Strahlenexposition des Personals und die Jahresdosis am ungünstigsten Aufpunkt am Zaun des Betriebsgeländes abzuschätzen.

Am 29. Januar 2010 ist die 4. Änderungsgenehmigung zur Aufbewahrungsgenehmigung erteilt worden, die die Lagerung von HAW-Glaskokillen der AREVA NC auch in Behältern der neuen Bauart CASTOR HAW28M gestattet. Die Castorbehälter können bei Beladung mit 28 Kokillen eine maximale Wärmeleistung von 56 kW erreichen. Darüber hinaus schließt die 4. Änderungsgenehmigung eine veränderte Aufstellung der vormals genehmigten Transport- und Lagerbehälter der französischen Bauart TN85 ein. Der Belegungsplan im Castorlager ist Bestandteil der Aufbewahrungsgenehmigung.

Die verbrauchten Brennelemente und Glaskokillen befinden sich hauptsächlich in Großbehältern der Castor-Familie, die in der oben beschriebenen Halle aufrecht stehend gelagert werden. Bei der Einlagerung hat der Atommüll eine Kerntemperatur von etwa 400 Grad Celsius. Erst wenn der Müll nach einer Dauer von 20 bis 30 Jahren durch die nachlassende Aktivität auf etwa 200 Grad abgekühlt ist, wäre eine eventuelle Einlagerung in einem Salzstock überhaupt möglich.[4]

Am 5. September 2011 hat das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) Berechnungen des Helmholtz-Zentrums bestätigt, die im Landkreis Lüchow-Dannenberg eine signifikante Verschiebung im Verhältnis der Jungen-Geburten zu den Mädchen-Geburten ergeben hatten. Der Effekt tritt nach Berechnungen des NLGA in einem Umkreis von 40 km in Niedersachsen bzw. 35 km in den östlichen Nachbarländern um das Castorlager auf. Das Verhältnis der Jungen-Geburten zu den Mädchen-Geburten betrug demnach in Niedersachsen von 1971-1995 (J:M) 102:100 und von 1996-2007 (J:M) 109:100. In den östlichen Nachbarländern betrug das Verhältnis der Jungen-Geburten zu den Mädchen-Geburten von 1971-1995 (J:M) 101:100 und von 1996-2007 (J:M) 109:100.[5] Deutschlandweit zeigt sich ein solcher Effekt nicht bzw. gibt es einen gegenläufigen, leicht abwärts gerichteten Trend des Geschlechterverhältnisses in Europa und speziell in Deutschland seit 1995.[6]

Einzelnachweise

  1. Niedersächsisches Ministerium für Umwelt und Klimaschutz
  2. Bundesamt für Strahlenschutz: 4. Änderungsgenehmigung TBL Gorleben. Abgerufen am 9. September 2011.
  3. Loseblattsammlung FS-78-15-AKU (PDF online)
  4. „Das Atommüll-Zwischenlager in Gorleben“ auf NDR.de
  5. Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA): Veränderungen beim sekundären Geschlechterverhältnis in der Umgebung des Transportbehälterlagers Gorleben ab 1995 (Download)
  6. Hagen Scherb & Kristina Voigt: The human sex odds at birth after the atmospheric atomic bomb tests, after Chernobyl, and in the vicinity of nuclear facilities. (Engl.; PDF online)

Weblinks

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