Trinkwasserversorgung in Deutschland

Trinkwasserversorgung in Deutschland

Die Siedlungswasserwirtschaft in Deutschland ist im Vergleich zu anderen Industrieländern unter anderem durch folgende Merkmale charakterisiert:

  • geringer Wasserverbrauch pro Kopf: 126 Liter/Kopf/Tag (2004)[1] im Vergleich zu 165 in Frankreich und mehr als 260 in den USA
  • hoher Grad tertiärer Abwasserklärung: 94% des städtischen Abwassers wird entsprechend der strengsten EU-Normen geklärt, einschließlich Nährstoffeliminierung, im Vergleich zu Frankreich (36 Prozent) und England/Wales (39 Prozent).[2] und
  • sehr geringe Leitungsverluste von nur 7% im Vergleich zu 19% in England und Wales, 26% in Frankreich und 29% in Italien.[3]
  • hohe Wasserpreise:die Gebühren pro Kubikmeter sind in Deutschland gemeinsam mit jenen in Dänemark die höchsten im Vergleich unter den 16 Industrieländern. Allerdings ist die durchschnittliche Wasserrechnung aufgrund des geringeren Wasserverbrauchs in Deutschland nicht höher als in anderen Ländern.[4]

Die Zuständigkeit für die öffentliche Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung liegt bei den Gemeinden unter der Aufsicht der Bundesländer. Verbände spielen eine wichtige Rolle. Wie auch in anderen Mitgliedsstaaten der EU werden Richtlinien zu einem großen Teil durch die EU festgelegt. In den vergangenen Jahrzehnten zeichnet sich ein Trend weg von Regiebetrieben hin zu privatwirtschaftlich organisierten kommunalen Unternehmen ab.

Inhaltsverzeichnis

Zugang zu Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung

Mehr als 99% der Bevölkerung in Deutschland sind an die öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen. Der verbleibende Anteil versorgt sich selbst durch Brunnen. 93% der Bevölkerung sind an die öffentliche Abwasserentsorgung angeschlossen. [5]

Häuslicher Wasserverbrauch

Etwa 80% des öffentlichen Trinkwasserverbrauchs entfallen auf den häuslichen Verbrauch und kleine Betriebe. Der verbleibende Anteil entfällt auf Industriebetriebe, die durch das öffentliche Netz versorgt werden (14%), und sonstige Nutzer (6%). [6]

Der Wasserverbrauch in Deutschland ist der zweitniedrigste unter 14 europäischen Ländern [6]. Er beträgt nur einen Bruchteil des Wasserverbrauchs in Nordamerika. Trotz Prognosen über steigenden Wasserverbrauch sank der Verbrauch tatsächlich von 145 Litern pro Kopf und Tag im Jahr 1990 auf 126 Liter pro Kopf und Tag im Jahr 2004.[7]

Geringer Wasserverbrauch hat negative Auswirkungen auf den Betrieb von Systemen, die Gesundheit und selbst auf die Umwelt. Was den Betrieb von Abwassersystemen angeht, muss gelegentlich Trinkwasser in die Kanalisation eingespeist werden, um das Stagnieren von Abwasser zu verhindern. Negative Auswirkungen auf die Gesundheit sind möglich, weil Trinkwasser nur langsam in den Leitungen fließt, wodurch eine Rekontamination im Leitungsnetz wahrscheinlicher wird. Unter Umweltgesichtspunkten kann die geringere Entnahme von Grundwasser zu Schäden am Fundament von Gebäuden aufgrund eines zu hohen Grundwasserspiegels führen.(siehe Wasserverbrauch) [5]

Wasserressourcen und öffentliche Trinkwasserversorgung

Wasser ist in Deutschland generell nicht knapp, abgesehen von gelegentlichen örtlich begrenzten Trockenheiten. Öffentliche Trinkwasserversorgungsunternehmen entnehmen nur drei Prozent der erneuerbaren Wasserressourcen in Deutschland, oder 5,4 Milliarden Kubikmeter von 182 Milliarden Kubikmetern jährlich.[6]

Die öffentliche Trinkwasserversorgung bezieht ihr Wasser aus folgenden Quellen:

  • 65% Grundwasser
  • 9% Quellen
  • 5% durch Uferfiltrat
  • 21% aus Oberflächenwasser [6] [5]

Servicequalität

Die Servicequalität der Trinkwasserversorgung in Deutschland ist generell gut. Die Versorgung ist kontinuierlich, unter angemessenem Druck und die Trinkwasserqualität ist exzellent. Die Bestimmungen der EU-Trinkwasserrichtlinie wird eingehalten. Das gesamte gesammelte Abwasser wird geklärt. 94% des städtischen Abwassers wird entsprechend der strengsten EU-Normen geklärt, einschließlich Nährstoffeliminierung. Dieser Anteil ist weit höher als in Frankreich (36 Prozent) oder in England und Wales (39 Prozent).[2]

Zuständigkeit für Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung

Direkte Zuständigkeit

Die öffentliche Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung in Deutschland fällt in die Zuständigkeit der Gemeinden. Die Gemeinden können ihrerseits diese Zuständigkeit an kommunale Eigenbetriebe, Eigenunternehmen, öffentlich-private Partnerschaften oder Zweckverbände delegieren. Es gibt in Deutschland mehr als 6.000 öffentliche Trinkwasserversorger und etwa 6.000 Abwasserentsorger. Bei den meisten handelt es sich um Regiebetriebe kleinerer Gemeinden.

Trinkwasserversorgung

Unter den 1.266 größeren Trinkwasserversorgern sind etwa 15% Eigenbetriebe; 16% Zweckverbände; 63% Eigenunternehmen, die entweder im öffentlichen, gemischten oder privaten Eigentum sind. [6] 6% der Trinkwasserversorger sind Wasser- und Bodenverbände. Nur 3,5% der Trinkwasserversorger sind in privatem Eigentum (es sind keine Angaben verfügbar über den Anteil der Unternehmen in gemischtem Eigentum, eine zunehmend häufigere Form des Eigentums). Viele Trinkwasserversorger sind Unternehmen, die auch Strom, Gas und/oder Fernwaerme anbieten und in diesen Bereichen den groessten Teil ihres Umsatzes erzielen.

Abwasserentsorgung

Während in einigen Fällen das gleiche Unternehmen für die Trinkwasserversorgung, die Abwasserentsorgung und die Regenwasserbewirtschaftung zuständig ist, werden in den meisten Fällen Wasser und Abwasser in der gleichen Gemeinde von verschiedenen Versorgern bereitgestellt. Anders als die Trinkwasserversorgung ist die Abwasserentsorgung in Deutschland eine hoheitliche Kernaufgabe der Gemeinden. Dies impliziert, dass die Abwasserentsorgung von der Mehrwertsteuer sowie von der Gewerbesteuer und Körperschaftssteuer freigestellt ist. Es bedeutet auch, dass nur öffentlich-rechtliche Unternehmen für die Abwasserentsorgung und Regenwasserbewirtschaftung zuständig sein können. Die meisten Gemeinden betreiben daher die Abwasserentsorgung und Regenwasserbewirtschaftung direkt in Form von Regiebetrieben. Weniger als 10% der Abwasserentsorger sind Eigenbetriebe mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit. Allerdings können die Gemeinden oder die kommunalen Eigenbetriebe Betreiberverträge mit private Unternehmen abschließen. Unter den 900 größten Abwasserentsorgern haben etwa 10% Betreiberverträge für den Betrieb der Kanalisation abgeschlossen. 12% haben Betreiberverträge über den Betrieb von Kläranlagen abgeschlossen.

Beispiele von Versorgungsunternehmen

Berliner Wasserbetriebe. Die Berliner Wasserbetriebe (BWB), eine Tochtergesellschaft der Holding Berlinwasser, sind ein Beispiel für ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen, das dem Land Berlin (50,1 Prozent), dem Energieversorger RWE und dem privaten französischen Wasserunternehmen Veolia Environnement gehört. Es versorgt 3,5 Millionen Menschen mit Wasser und entsorgt das Abwasser von 3,9 Millionen Menschen.[8]

Der Bodensee, hier zu sehen in Lindau, versorgt nicht nur die an ihm gelegenen Ortschaften, sondern auch 320 zum Teil weit entfernte Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg direkt oder indirekt mit Trinkwasser

Bodensee-Wasserversorgung. Die Bodensee-Wasserversorgung (BWV) ist ein 1954 gegruendeter Zweckverband mit Sitz in Stuttgart zur Deckung des Wasserbedarfs in vielen Gemeinden der wasserarmen Schwäbischen Alb und im Großraum Stuttgart. Heute versorgt sie als größte deutsche Fernwasserversorgung etwa vier Millionen Menschen in rund 320 Städten und Gemeinden in weiten Teilen Baden-Württembergs direkt oder indirekt mit Trinkwasser aus dem Bodensee. Das Versorgungsgebiet erstreckt sich vom Bodenseegebiet im Süden bis nach Bad Mergentheim und Tauberbischofsheim im Norden des Landes.

DREWAG Die DREWAG - Stadtwerke Dresden GmbH ist im Eigentum der Stadt Dresden (55%), der EnBW AG (35%) under der E.ON AG (10%).[9] Sie stellen Strom, Erdgas, Trinkwasser und Fernwärme bereit.

Gelsenwasser. Das größte rein private Wasserunternehmen in Deutschland ist die Gelsenwasser AG, ein Versorgungsunternehmen, das unter anderem 3,2 Millionen Einwohner in Nordrhein-Westfalen mit Wasser und Gas versorgt und deren Abwasser entsorgt. Dies geschieht im Rahmen von Konzessionsverträgen mit 39 Gemeinden.[10]

Hamburg Wasser. Die 2006 gegruendete Hamburg Wasser versorgt mehr als 2 Millionen Menschen mit Wasser und entsorgt ihr Abwasser. Sie umfasst die Hamburger Wasserwerke GmbH (HWW) und die Hamburger Stadtentwässerung (HSE) Anstalt des oeffentlichen Rechts.[11]

Landeswasserversorgung. Die Landeswasserversorgung (LW) ist ein kommunaler Zweckverband in Baden-Württemberg. Das Unternehmen mit Sitz in Stuttgart wurde 1912 gegründet und gehört zu den größten Fernwasserversorgungen Deutschlands. Es versorgt rund 3 Millionen Einwohner in ca. 250 Gemeinden im Nordosten Baden-Württembergs unter anderem mit Wasser aus der Donau. Die größten Städte im Versorgungsgebiet sind Aalen, Esslingen, Göppingen, Heidenheim, Ludwigsburg, Schwäbisch Gmünd, Stuttgart und Ulm.

Mainova. Ein Beispiel für ein großes öffentliches Eigenunternehmen, das mehrere verschiedene Infrastrukturdienstleistungen anbietet, ist die Mainova AG in Frankfurt am Main, die Wasser, Strom, Gas und Fernwärme bereitstellt.[12]

Stadtwerke München. Ebenso wie die Mainova stellen die Stadtwerke München GmbH Wasser, Strom, Gas und Fernwärme bereit.[13]

Zuständigkeit für die Setzung politischer Rahmenbedingungen und Regulierung

Die Zuständigkeit für die Setzung politischer Rahmenbedingungen und die Regulierung der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung in Deutschland liegt gemeinsam bei der EU, der Bundesregierung und den Landesregierungen. Die EU bestimmt die Rahmengesetzgebung für die Wasserqualität und Wasserwirtschaft.

Die Organisation der öffentlichen Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung verbleibt allerdings in der Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten. Die Länder spielen eine Schlüsselrolle, indem sie unter anderem den gesetzlichen Rahmen für die Genehmigung von Wasser- und Abwasserpreisen setzen. Gemeinden üben indirekt Einfluss auf die Politikgestaltung aus durch ihre Verbände (den Deutschen Städtetag und den Deutschen Städte- und Gemeindebund).

Anders als in angelsächsischen Ländern gibt es in Deutschland keine autonomen Regulierungsbehörden für Wasser und Abwasser. Die Bundesnetzagentur ist für die Regulierung der Bereiche Telekommunikation, Post, Strom, Gas und Schienenverkehr zuständig, nicht aber für die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung, deren Regulierung in die Zuständigkeit der Länder fällt.

Wasser- und Abwassergebühren werden je nach Land durch verschiedene Verfahren genehmigt, meist durch eine Abteilung im Landeswirtschaftsministerium nach Prüfung des Antrags durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer. In Stadtstaaten wie Berlin, Hamburg, und Bremen bedeutet dies, dass der zuständige Wirtschaftssenator sowohl in seiner Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender des Versorgungsunternehmens den Antrag zur Gebührenerhöhung stellt und ihn in seiner Rolle als Wirtschaftssenator prüft und genehmigt, was offensichtlich einen Interessenkonflikt bedeutet. Im Falle einiger privater Unternehmen (wie z.B. Gelsenwasser) werden Konflikte über die Erhöhung von Gebühren durch einen gemeinsam bestimmten Schiedsrichter entschieden, ebenfalls aufgrund von durch Wirtschaftsprüfern erstellten Gutachten.

Die Trinkwasserqualität wird von Versorgungsbetrieben selbst sowie von den Gesundheitsbehörden der Gemeinden und Landkreise überwacht.

Verbände

Unternehmens- und Berufsverbände spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle im Rahmen der verbandlichen Selbstverwaltung. Es gibt zur Zeit sechs Verbände im Bereich der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung. Unter ihnen sind zwei Unternehmensverbände, der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Verband kommunaler Unternehmen(VKU); zwei technisch-wissenschaftliche Verbände, die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA), und die Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches(DVGW); und zwei auf Unterbereiche spezialisierte Verbände, die ATT für Talsperren und der DBVW für die Wasser- und Bodenverbände. Insbesondere die beiden technisch-wisschenschaftlichen Verbände spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklungen technischer Standards und bei der Bildungsarbeit und - in jüngster Zeit - beim Benchmarking. Die Facharbeiter- und Meisterausbildung, sowie die kontinuierliche Fort- und Weiterbildung sind Aufgaben der DWA und des DVGWs.

Entwicklung in den neuen Bundesländern

In der DDR war die Siedlungswasserwirtschaft in 15 Wasser- und Abwasserbetriebe (VEB WAB) geglieder gewesen, deren Versorgungsgebiet jeweils einem Bezirk der DDR entsprach. Mit der Wiedervereinigung wurden die VEBs in 660 kommunale Betriebe überführt (Rekommunalisierung). Gleichzeitig wurden oft überdimensionierte Anlagen, insbesondere Kläranlagen, erstellt, so dass die neuen kommunalen Betriebe die Kostenlast kaum tragen konnten und wirtschaftlich kaum lebensfähig waren. Hinzu kam, dass in der ersten Wiedervereinigungseuphorie das westdeutsche Abwassermodell ohne Änderungen übernommen wurde. Statt an preisgünstigen wie effektiven dezentralen Verfahren der Abwasserreinigung zu arbeiten, wurden zentrale Verfahren mit kilometerlangen Hauptsammlern errichtet. Laut einer Analyse des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) waren die Fehlplanungen auch darauf zurückzuführen, dass einige westdeutsche Ingenieurbüros den ahnungslosen Bürgermeistern überteuerte und wenig sachgemäße Anlagen für die Wasserver- und Abwasserentsorgung aufschwatzten.[14]

All diese Gründe zusammen führten dazu, dass in den meist dünn besiedelten ostdeutschen Ländern Anlagen entstanden, die nicht wirtschaftlich zu betreiben sind und die Verbraucher mit unverhältnismäßig hohen Beiträgen und Gebühren belasten. Laut dem BBU stehen die Politiker, Experten und Bürger jetzt vor der paradoxen Situation, dass die Wasser- und Abwasserverbände in vielen Fällen zu klein geraten sind, deren Anlagen aber oftmals viel zu groß ausgelegt wurden. Sinnvoll wäre es laut dem BBU gewesen, eine dezentrale "Hardware" zu installieren, die "Software" aber zentral vorzuhalten. Dies hätte dezentrale oder halb-dezentrale Anlagen bedeutet, die aber von größeren Wasser- und Abwasserverbänden mit hohem Know-how und qualifiziertem Personal zentral betreut und gesteuert worden wären - bei einem Höchstmaß an Mitsprachemöglichkeiten und Transparenz für die Verbraucher.[14]

Jüngere Entwicklungen: Liberalisierungsdebatte und Modernisierung

Im Jahr 2000 regte eine vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Studie die Liberalisierung der Trinkwasserversorgung und die Konkurrenz zwischen benachbarten Versorgungsunternehmen an in Analogie zum Strom- und Telekommunikationssektor. [15] Der Vorschlag stieß auf scharfe Kritik, unter anderem durch das Umweltbundesamt (UBA) und die Gemeindeverbände, die negative Folgen für Gesundheit und Umwelt befürchteten.[16] Der Liberalisierungsvorschlag wurde nicht weiter verfolgt. Allerdings wurden immer zahlreichere Öffentlich-private Partnerschaften abgeschlossen und der Trend zur Schaffung kommunaler Eigenunternehmen in privatwirtschaftlicher Rechtsform hält weiter an.

Als Reaktion auf die Liberalisierungsdebatte verabschiedete der Bundestag auf Antrag der SPD und der Grünen 2001 einen Beschluss zur nachhaltigen Wasserwirtschaft. Der Beschluss lehnte die Liberalisierung des Wassersektors ab, empfahl jedoch die Zusammenlegung kleinerer Versorgungsbetriebe, höhere Wettbewerbsfähigkeit und eine allgemeine Modernisierung des Sektors, unter anderem durch systematisches Benchmarking. [17] Im Jahr 2005 verabschiedeten die sechs einschlägigen Verbände einen Beschluss, durch den das Benchmarking gefördert werden soll auf der Grundlage einer Methode der International Water Association.

Effizienz

Wasserverluste

Wasserverluste im Verteilungsnetz wurden auf nur 7% im Jahr 2001 geschätzt im Vergleich zu 11% im Jahr 1991. [2] Laut einer vom BGW in Auftrag gegebenen Studie betragen die entsprechenden Verluste in England und Wales 19%, in Frankreich 26% und in Italien 29%. [18] Damit wären die Wasserverluste in Deutschland nicht nur die geringsten unter diesen vier Ländern, sondern auch die geringsten weltweit. [19] Die Studie behauptet, dass ihre Methodik einen akkuraten Vergleich erlaubt, unter anderem dadurch, dass als Löschwasser und zum Reinigen der Leitungen verwendetes Wasser in allen Vergleichsländern aus den Verlusten herausgerechnet wurde. Dies entspricht der durch die International Water Association festgelegten Definition von Non revenue water.

Benchmarking

Benchmarking wird schon seit langem von deutschen Versorgungsbetrieben angewandt, allerdings nicht in einer systematischen und umfassenden Weise. 1998 organisierte das Bundesministerium für Bildung und Forschung zusammen mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut RWI und 14 Versorgungsbetrieben einen Ideenwettbewerb zur Reduzierung der Kosten der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung. In diesem Rahmen wurden Kriterien zur Bewertung der Stärken und Schwächen der Versorgungsbetriebe entwickelt. Teilnehmende Unternehmen berichten, dass ihre Betriebskosten nach zwei bis drei Jahren um etwa 5% gesunken seien. [20] DVGW und DWA haben gemeinsam ein freiwilliges Benchmarking-System auf vertraulicher Basis entwickelt. Die Verbände bezeichnen das System als außerordentlich erfolgreich.

Deutsche Versorgungsbetriebe haben sich bisher nicht an internationalem Benchmarking beteiligt wie beispielsweise das International Benchmarking Network IB-Net [21], das seine Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich macht. IB-Net, das von der Weltbank ins Leben gerufen wurde, enthält bisher vorwiegend Daten von Versorgungsbetrieben aus Entwicklungsländern.

Gebühren

Gesetzliche Grundlage

Laut Gesetz (Kommunalabgabengesetze oder Betriebsgesetze der Länder) müssen Wasser- und Abwassergebühren in Deutschland die vollen Kosten der Bereitstellung und Entsorgung decken, einschließlich des Wiederanschaffungswerts von Kapitalanlagen und der Verzinsung des Eigenkapitals. Anders als in manch anderen Ländern (beispielsweise in England und Wales oder in Chile) sehen die einschlägigen Gesetze keine Überprüfung der Effizienz der Investitionen und des Betriebs als Teil des Genehmigungsverfahrens für Gebührenanpassungen vor.

Gebühren lassen sich auf zwei Arten vergleichen: in Form der monatlichen Rechnung für einen bestimmten Verbrauch oder per Kubikmeter. Da es auch verbrauchsunabhaengige Gebühren gibt, deren Hoehe je nach Unternehmen stark schwankt, ist der Vergleich monatlicher Rechnungen angemenessener als nur der Vergleich der Gebühren pro Kubikmeter.

Monatliche Wasserrechnung

Vergleich zwischen deutschen Städten

Laut einer Untersuchung von Spiegel-Online vom Mai 2007 beträgt die jährliche Wasser- und Abwasserrechnung eines Ein-Personen-Haushalts im Durchschnitt aller untersuchten Städte 151 Euro. Dabei gibt es jedoch große Unterschiede zwischen den Regionen. Besonders viel kostet Wasser in Ostdeutschland und in Nordrhein-Westfalen. Im Norden und Süden ist es vergleichsweise billig. Bürger in Essen müssen am tiefsten in die Tasche greifen. Bei einem durchschnittlichen Wasserverbrauch von 125 Litern pro Tag zahlt ein Ein-Personen-Haushalt 256 Euro im Jahr. Im nahe gelegenen Bochum kostet die gleiche Menge Wasser nur die Hälfte. Insgesamt müssen die Essener 340 Prozent von dem bezahlen, was die Bürger in Augsburg zahlen - dort ist Wasser im Bundesvergleich am Günstigsten. [22] Eine Erklärung für die hohen Wasserpreise in den neuen Bundesländern sind die hohen Investitionskosten nach der Wiedervereinigung. Die niedrigen Wasserkosten in Augsburg lassen sich allerdings auch durch vorausschauende und umweltschonende Planung erklären. Vor Jahren kaufte das Unternehmen große Wasserschutzflächen auf, außerdem schloss es Verträge mit Landwirten, damit sie in bestimmten Gebieten nur wasserschonenden Anbau betreiben. Teure Anlagen zur Wasseraufbereitung hat Augsburg nun nicht nötig. Stattdessen finden die Stadtwerke sauberes Wasser direkt vor der Tür - und können es ihren Kunden günstig verkaufen. Seit 1994 hat das Unternehmen seine Preise nicht mehr erhöht.[23]

Internationaler Ländervergleich

Laut einer 2006 vom BGW in Auftrag gegebenen Studie war die durchschnittliche Wasserrechnung eines Haushalts mit 82 Euro pro Jahr niedriger als in Frankreich sowie in England und Wales. Dies ist auch der Fall, wenn Unterschiede im Grad der Subventionierung und in der Servicequalität in die Rechnung einbezogen werden. [24] Bei der Abwasserentsorgung ist die durchschnittliche Rechnung mit 111 Euro im Jahr in Deutschland höher als in den Vergleichsländern. Bei der Berücksichtigung von Subventionen und Unterschieden in der Servicequalität sind die Gebühren in Deutschland allerdings wiederum geringer als in Frankreich sowie in England und Wales.

Gebühren pro Kubikmeter

Pro Kubikmeter betrugen die Wassergebühren 2004 durchschnittlich 1,81 Euro pro Kubikmeter einschließlich Mehrwertsteuer und die Abwassergebühren betrugen 2,14 Euro pro Kubikmeter. [6] Die Gebühren sind in den vergangenen zehn Jahren inflationsbereinigt stabil geblieben.

Die Gebühren schwanken stark je nach Betreiber. Im Jahre 2005 betrugen die Wassergebuehren laut BGW 2,34 Euro pro Kubikmeter im Landesdurchschnitt in Sachsen, jedoch nur 1,31 Euro pro Kubikmeter in Schleswig-Holstein.[25] Das Consulting-Unternehmen NUS vergleicht regelmäßig Wassergebühren in 16 Industrieländern, wobei die Gebühren pro Kubikmeter als Vergleichsmaßstab benutzt werden. Laut NUS waren die Wassertarife in Deutschland mit umgerechnet 2,25 US-Dollar gemeinsam mit jenen in Dänemark die höchsten unter den 16 Ländern.

Allerdings lassen sich die hohen Gebühren pro Kubikmeter in Deutschland auch dadurch erklären, dass der Wasserverbrauch in Deutschland sehr niedrig ist und der größte Teil der Kosten der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung mengenunabhängig sind. Ein niedrigerer Verbrauch führt daher aufgrund des Kostendeckungsgebots nach kurzer Verzögerung zu höheren Gebühren, während die Höhe der Wasserrechnung unverändert bleibt.

Wasserzähler

Nahezu alle Einfamilienhäuser in Deutschland verfügen über Wasserzähler. Allerdings haben die meisten Mietswohnungen in Häusern älteren Baujahres keine eigenen Wasserzähler, so dass Mieter nur einen geringen finanziellen Anreiz zum Wassersparen haben. Die Kosten werden in solchen Fällen entweder pro Kopf oder pro Quadratmeter berechnet.

Indirekte Gebühren

Indirekte Gebühren - Grundwasserentnahmegebühren und Abwasserabgabe - werden von den Versorgungsbetrieben an das jeweilige Bundesland entrichtet. Sie gehen in die Kosten der Versorgungsbetriebe ein und werden letzten Endes indirekt dem Verbraucher in Rechnung gestellt.

Grundwasserentnahmegebühren. Einige Länder erheben Grundwasserentnahmegebühren. [26] Eine entsprechende Entnahmegebühr für Oberflächenwasser existiert nicht.

Abwasserabgabe. Versorgungsbetriebe sind auch zur Zahlung einer Abwasserabgabe für die Einleitung von geklärtem Abwasser in Gewässer verpflichtet, deren Höhe vom Reinheitsgrad des geklärten Abwassers abhängt. Die Abwasserabgabe soll einen Anreiz dafür schaffen, Abwasser über den gesetzlich vorgeschriebenen Grad hinaus zu reinigen. Etwa drei Prozent der Kosten der Abwasserentsorgung entfällt auf Abwasserabgaben.

Investitionen und Finanzierung

Die Sektorinvestitionen betragen jährlich ungefähr acht Milliarden Euro (100 Euro pro Kopf), darunter 5,5 Milliarden Euro für die Abwasserentsorgung und 2,5 Milliarden Euro für die Trinkwasserversorgung.[6] Die Finanzierung erfolgt vornehmlich über Schuldverschreibungen und letztendlich über Gebühren durch die Verbraucher. Schuldverschreibungen werden von den Gemeinden vorgenommen (Kommunalanleihen) oder durch die Versorgungsbetriebe selbst. Die KfW vergibt auch langfristige Kredite mit bis zu 30 Jahren Laufzeit (Kommunalkredit), die auch für die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung verwendet werden können.

Nach Angaben der Berufsverbände gibt es keinen Investitionsstau im Sektor.

Einzelnachweise

  1. Statistisches Bundesamt:Wasserverbrauch weiter leicht rückläufig , Pressemitteilung Nr. 031 vom 20.01.2006
  2. a b c ATT/BGW/DBVW/DVWG/DWA/VKU: Branchenbild der deutschen Wasserwirtschaft 2005, p. 26
  3. Metropolitan Consulting Group: VEWA - Vergleich europaeischer Wasser- und Abwasserpreise, p. 4 of the executive summary
  4. Metropolitan Consulting Group: VEWA - Vergleich europäischer Wasser- und Abwasserpreise, p. 7 of the executive summary
  5. a b c Statistisches Bundesamt
  6. a b c d e f g ATT/BGW/DBVW/DVWG/DWA/VKU: Branchenbild der deutschen Wasserwirtschaft 2005, p. 7-14
  7. Statistisches Bundesamt:Wasserverbrauch weiter leicht rückläufig , Pressemitteilung Nr. 031 vom 20.01.2006
  8. Berliner Wasserbetriebe
  9. Die Eigner der DREWAG
  10. Rudolf Meyer:Das Beispiel NRW.Situation und aktuelle Herausforderungen der Trinkwasserversorgung in Deutschland am Beispiel Gelsenwasser AG, 4. Juni 2005, und Gelsenwasser
  11. Hamburg Wasser
  12. Mainova
  13. Stadtwerke München
  14. a b Nikolaus Geiler: Ostdeutschland: Trinkwasser direkt in die Kanalisation? - Die Zweckverbände sind ökonomisch zu klein, die Kläranlagen aber zu groß. DNR Deutschland-Rundbrief Ausgabe 06/07.02, unter Bezugnahme auf den Rundbrief des Arbeitskreises Wasser des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU)
  15. BMWi/Evers et al. 2000 [1]
  16. Umweltbundesamt sieht hohe Standards beim Gesundheits- und Umweltschutz gefährdet, 20.11.2000
  17. Bundestag-Antrag:Nachhaltige Wasserwirtschaft, 17.10.2001
  18. Metropolitan Consulting Group: VEWA - Vergleich europaeischer Wasser- und Abwasserpreise, p. 4 of the executive summary
  19. International Benchmarking Network
  20. Bundesministerium für Bildung und Forschung:Kennzahlen in der Trinkwasserversorgung
  21. International Benchmarking Network IB-Net
  22. Spiegel-Online
  23. Spiegel-Online
  24. Metropolitan Consulting Group: VEWA - Vergleich europäischer Wasser- und Abwasserpreise, p. 7 of the executive summary [2]
  25. Spiegel-Online 23. Mai 2007
  26. ATT/BGW/DBVW/DVWG/DWA/VKU: Branchenbild der deutschen Wasserwirtschaft 2005, p. 40

Literatur

  • Thomas Kluge, Jens Libbe (Hrsg.): Transformation netzgebundener Infrastruktur. Strategien für Kommunen am Beispiel Wasser. Berlin 2006 (Difu-Beiträge zur Stadtforschung Bd. 45), ISBN 978-3-88118-411-3.
  • Hans-Jürgen Leist: Wasserversorgung in Deutschland - Kritik und Lösungsansätze. oekom Verlag, München 2007. ISBN 978-3-86581-078-6

Weblinks


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