Truppenübungsplatz Döllersheim

Truppenübungsplatz Döllersheim

Der Truppenübungsplatz Allentsteig (früher Truppenübungsplatz Döllersheim) ist ein Truppenübungsplatz im niederösterreichischen Waldviertel. Er wurde zur Zeit des Dritten Reichs angelegt und war ursprünglich benannt nach Döllersheim, einem der wichtigsten Orte der insgesamt 40 Dörfer, die gleich nach dem Anschluss 1938 für militärische Zwecke ausgesiedelt wurden. Der Truppenübungsplatz Allentsteig hat eine Fläche von etwa 157 km².[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die deutsche Wehrmacht benötigte nach dem Einmarsch in Österreich Übungsräume. Dazu wurde das relativ dünnbesiedelte Döllersheimer Ländchen im Waldviertel ausgewählt. Mit fast 200 km² reichte es in Nord-Südrichtung von Göpfritz an der Wild bis zum Kamp, in West-Ostrichtung von Zwettl bis Neupölla. Die Absiedlung erfolgte in vier Schritten zwischen Juni 1938 und Dezember 1941 und betraf ungefähr 6.800 Menschen aus 42 Ortschaften und weiteren Rotten. Die Zweigstelle Ostmark der deutschen Ansiedlungsgesellschaft hatte ihren Sitz in Allentsteig. Wurden anfänglich den Bewohnern noch Ersatzhöfe mit entsprechenden Grundstücken zugeteilt, so erhielten spätere Absiedler nur geringe Abfindungen, die teilweise auf Sperrkonten gelegt werden mussten und nach Kriegsende nicht mehr ausbezahlt wurden, und wurden praktisch vertrieben.

Die Orte selbst wurden zwar entvölkert, aber auf höchsten Befehl verschont, da der Vater Adolf Hitlers nahe Döllersheim (in einem Ort namens Strones) gebürtig war.

Gleichzeitig mit der Aussiedlung wurden militärische Einrichtungen mit Barackenlagern, Bunkern und Schießplätzen errichtet. Die erste Artillerieschießübung wurde bereits am 8. August 1938 durchgeführt. 1941/42 wurde das Gebiet zum Heeresgutsbezirk erklärt und damit gemeindefrei. Im Durchschnitt waren auf dem Übungsplatz 30.000–35.000 Soldaten. Er war damit der größte Übungsplatz im Deutschen Reich.

Als die Tschechoslowakei besetzt wurde, wurde hier zusätzlich ein Sammellager für Beutegut eingerichtet. Auch Kriegsgefangenenlager wurden errichtet, wobei das bekannteste für französische Offiziere in Edelbach (Oflag XVII A) war.

Bis Kriegsende wurden auch laufend Kampfverbände hier zusammengestellt, bevor sie an die Front verlegt wurden.

Am 9. Mai 1945 wurde das Areal von der Roten Armee eingenommen und besetzt. Die provisorische Staatsregierung beschloss am 15. August 1945 die Wiederbesiedlung des Gebietes. Programme zur Organisation wurden erarbeitet und der Bevölkerung im Februar 1946 bekanntgegeben. Vorgesehen war ehemalige Bewohner, die keine anderen Höfe im Austausch bekamen, sowie Heimatvertriebene aus Südtirol und Sudetendeutsche anzusiedeln.

Doch am 27. Juli 1946 wurde der Truppenübungsplatz als Deutsches Eigentum von den Sowjets beschlagnahmt. In der Folge wurde auch von den Besatzungstruppen ein Übungsbetrieb mit bis zu 60.000 Soldaten abgewickelt. Außerdem wurde das Lager als Durchgangslager für sowjetische Kriegsgefangene, bevor sie in die Sowjetunion transportiert wurden, genutzt. Die ursprünglich von der Wehrmacht nicht zerstörten Gebäude der entsiedelten Orte wurden in der Folge von den Sowjets zerschossen und zerstört. Das Material aus den Abbruchhäusern wurde von den Soldaten am Schwarzmarkt verkauft. Auch die Waldgebiete wurden stark in Mitleidenschaft gezogen.

Die Besatzung zog am 17. September 1955 vom Truppenübungsplatz ab und der Platz ging in das Eigentum der Republik Österreich über.

Niederösterreichische Landtagsabgeordnete und die Landwirtschaftskammer setzten sich für eine Wiederbesiedlung durch Bauern in neu zu errichtende Bauernhöfe mit Grund ein. Der Plan sah zehn bis zwölf neue Dörfer vor. Es wurden schon Projekte wie das einer europäischen Universität und einem Kernreaktor für friedliche Zwecke von verschiedenen Zeitungen lanciert. Das neu entstandene Bundesheer benötigte aber ebenfalls Übungsräume und sah eine Übernahme als eine billige Lösung an. Es wurden von den ehemaligen Bewohnern Anträge auf Rückerstattung gestellt.

Die Regierung unter Julius Raab beschloss im Zuge der Staatsvertragsdurchführungsgesetze 1957, dass Aussiedler kein Recht mehr auf ihren früheren Besitz haben. Im selben Jahr wurden 157 km² an das Bundesheer übergeben. Beträchtliche Randgebiete des Truppenübungsplatzes wurden an die Windhaagsche Stipendienstiftung übergeben, obwohl sie vor Errichtung des Truppenübungsplatzes weit weniger Grund besessen hatte. Die in diesen Randgebieten lebenden Menschen wurden in den darauffolgenden Jahren ausgesiedelt. Der Name wurde auf Truppenübungsplatz Allentsteig geändert. Das Gebiet wird bis heute vom Österreichischen Bundesheer als solcher verwendet und blieb daher unbesiedelt.

In Döllersheim wurden die Kirche und der Friedhof restauriert und 1984 neu geweiht. Auch die Ruine des Bürgerspitals wurde konserviert. Zum Gedenken an die Ausgesiedelten wurde in Allentsteig ein Museum eingerichtet.

Siehe auch

Literatur

  • Wegmüssen – Die Entsiedlung des Raumes Döllersheim (Niederösterreich) 1938–1942, Volkskundliche Aspekte. Begleitveröffentlichung zur Sonderausstellung im Schlossmuseum Gobelsburg
  • Friedrich Polleroß (Hrsg.): 1938. Davor–Danach. Beiträge zur Zeitgeschichte des Waldviertels, Neupölla, Horn, Krems 1988
  • Johannes Müllner: Die entweihte Heimat. 2. Auflage, Allentsteig 1998
  • Karl-Markus Gauß: Das eiserne Herz des Waldviertels. Von Döllersheim nach Allentsteig/Österreich. In: Last & Lost. Ein Atlas des verschwindenden Europas. Hrsg. von Katharina Raabe und Monika Sznajderman, Suhrkamp 2006. ISBN 978-3-518-41772-0
  • Peter Härtling: Zwettl. Nachprüfung einer Erinnerung. dtv-Verlag, 2008
  • Sendung im Deutschlandfunk: Gesichter Europas vom 10. Januar 2009, 11:05 Uhr. Das Loch im Waldviertel. Der Truppenübungsplatz Allentsteig in Österreich. Reportagen Antonia Kreppel. Mikrofon Katrin Michaelsen

Weblinks

  1. Truppenübungsplatz Allentsteig feiert seinen 50er bmlv.gv.at, 14. September 2007

48.65527777777815.3141666666677Koordinaten: 48° 39′ 19″ N, 15° 18′ 51″ O


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