Turiner Königspapyrus

Turiner Königspapyrus

Der Königspapyrus Turin ist eine altägyptische Königsliste. Sie befindet sich im Museo delle antichità egizie in Turin, dem weltweit zweitgrößten ägyptischen Museum nach dem Ägyptischen Museum in Kairo.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Der Königspapyrus entstand zur Zeit des Ramses II. und war bereits bei Erstellung in hieratischen Schriftzeichen nachlässig auf die Rückseite einer nicht mehr benötigten Abgabenliste geschrieben. Die ausführlichste Darstellung der Geschichte des Papyrus findet sich bei Eduard Meyer: Aegyptische Chronologie.

Entdeckung

Der Papyrus wurde von B. Drovetti um 1820 in Luxor gefunden und 1824 vom Ägyptischen Museum in Turin erworben. Beim Auspacken der Kiste, in der er nach Italien transportiert worden war, stellte sich heraus, dass er in kleinste Fragmente zerfallen war. Eine Rekonstruktion erschien völlig aussichtslos.

Jean-François Champollion, der die Kiste auspackte, bemerkte, dass sich einige Fragmente mit Königsnamen, das einzige, das er zu dieser Zeit entziffern konnte, darunter befanden. Von diesen großen Fragmenten fertigte er sich eine Zeichnung an.

Kurz nach Champollions Abreise aus Turin erschien der sächsische Altertumsforscher Gustav Seyffarth im Museum. Er durchsuchte die Kiste erneut und konnte alle heute bekannten Fragmente, die teilweise nur 1cm mal 1cm groß sind, identifizieren. Er fertigte eine vollständige Rekonstruktion des Papyrus an. Diese Rekonstruktion ist noch heute in seiner Anordnung im Museum zu sehen. Er hatte keinerlei Anhaltspunkte außer den Papyrusfasern, da er die hieratischen Schriftzeichen noch nicht entziffern konnte.

Inhalt

Der Königspapyrus ist in mehrere Kolumnen eingeteilt.

Erste Kolumne

In der ersten Kolumne erscheinen Götter, die über Ägypten regiert haben sollen. Der erste Teil der Kolumne und damit der Anfang des Textes fehlt allerdings fast gänzlich.

Zweite Kolumne

In der zweiten Kolumne berichtet der Text von zunächst 30 thinitischen Herrschern [Regenten des Gau "ältestes Land" (Ta-wer-Gau) mit der Hauptstadt: antik Tine/Abdu; gr. Thinis/Abydos dann von 10 memphitischen Herrschern [Regenten des Gau "Weiße Mauer" (Inebu-hedj), Hauptstadt: antik Men nefer, evtl. Hut-Ka-Ptah; gr. Memphis; heute Mit Rahine]. Sie alle sollen über mehrere Hundert Jahre lang teilweise mit Gewalt versucht haben, die Kontrolle über das Reich zu erlangen.

Dritte Kolumne

Im dritten Teil der Kolumne beginnt die eigentliche Liste der Könige. Dabei werden sogar besondere Heldentaten und Stiftungen der jeweiligen Herrscher erwähnt. Abschließend wird die Regierungsdauer genannt, sowie das Lebensalter der Herrscher zum Zeitpunkt ihrer Abdankung (o. ihres Todes).

  • Kolumne 3: 1-25 (Neferkasokar bis Unas)
  • Kolumne 4: stark zerstört, meist Herrscher der 1. Zwischenzeit
  • Kolumne 5: stark zerstört, 12-17 (11. Dynastie), 20-25 (12. Dynastie
  • Kolumne 6: 1-2 (Ende 12. Dynastie), 5-27 (13. Dynastie)
  • Kolumne 7: 1-23 (Ende 13. Dynastie?)
  • Kolumne 8: 1-27 (14. Dynastie)
  • Kolumne 9: 1-30 (14. Dynastie)
  • Kolumne 10: 1-30 (14. und 15. Dynastie)
  • Kolumne 11: 1-? (16. und 17. Dynastie)

Besondere Bedeutung wird der Tatsache beigemessen, dass auch die Herrscher der Zwischenzeiten genannt werden, wobei allerdings den Namen der Fremdherrscher nicht die königliche Titulatur voransteht, sondern ein besonderes Zeichen für "Ausländischer Herrscher", bzw. "Großer Fremder".

Vergleiche

Vergleiche mit anderen Königslisten erbrachten eine große Ähnlichkeit mit der griechischen Liste von Manetho von Sebennytos. Die hieroglyphischen Listen von Saqqara, Abydos oder Karnak bringen eine viel kürzere Reihe von Königen.

Rekonstruktion

Spätere Arbeiten an den Fragmenten durch den Münchener Ägyptologen Jens Peter Lauth bestätigten weitgehend die Seyffarthsche Rekonstruktion, wobei die ursprüngliche Anordnung von XII auf X Spalten (Columnen) verringert wurde. Dabei besteht noch immer das Problem, dass etwa 50 % der rekonstruierten Fläche frei bleibt. Entweder sind diese Fragmente für immer verloren, oder die vorhandenen Fragmente müssen weiter zusammengeschoben werden, wodurch eine Angleichung an die hieroglyphischen Listen möglich wäre. Die Behauptung Seyffarths, dass Champollion einen großen Teil der Fragmente in die „Kloake“ gekippt hätte, lässt sich nicht überprüfen und stammt wahrscheinlich vom damaligen Museumsdirektor, der Champollion nicht mochte.

Siehe auch

Literatur

  • Alan H. Gardiner: The Royal Canon of Turin. Oxford 1959 (Nachdruck Warminster 1987), ISBN 0-900416-48-3

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