Ulrich Tengler

Ulrich Tengler

Ulrich Tengler (* 1447 in Rottenacker bei Ehingen (Donau); † zwischen Januar und Mai 1511 in Höchstädt an der Donau) war Stadtschreiber, deutscher Jurist, Rentmeister und Landvogt. Er ging in die Rechtsgeschichte Deutschlands als Verfasser des Laienspiegels ein.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Über seine Jugendzeit ist bislang wenig (bettelnder Scholar auf Wanderschaft und Chorschüler in der Blaubeurener Stiftsschule um 1469) bekannt. Darüber hinaus nimmt man für Tengler humanistische Studien an, ohne dass er jedoch eine akademischen Ausbildung erlangte.

Erstes überliefertes Lebensdatum ist Tenglers Anstellung 1479 als Oberrathschreiber (Pronotarius) in Nördlingen. Obwohl der Vertrag 1483 auf Lebenszeit verlängert wurde mit 100 Gulden Jahresgehalt, freier Wohnung und der Vergünstigung „zwei redlich Substituten als Kantzleischreiber zu halten„ gab er Ende des gleichen Jahres die Stellung aus unbekannten Gründen auf. Er fühlte sich aber der Stadt verpflichtet zu „Dienst und Beistand“ aus Dankbarkeit, dass Bürgermeister und Rath „aus besonderer Neigung ihm und seynen Kindern aus Ergötzlichkeit ain Erung getan“.

Ab 1485 war er Rentmeister in Heidenheim an der Brenz und Landvogt in Graisbach bei Donauwörth. Anschließend erhielt er die bedeutende Landvogtei Höchstädt an der Donau, die 1505 als Teil des Herzogtums Pfalz-Neuburg an die Kurpfälzer Linie fiel. In den fürstlichen Diensten gewann er eine reiche Summe praktischer Erfahrungen und holte sich nach eigenen Angaben „bei hochgeübten, geleerten und rechtweysen Rath Unterricht und gute lehren„. Aus dem im Briefwechsel mit seinem Sohn Christoph, Professor für Kirchenrecht an der Ingolstädter Universität, weiß man, dass er mit Ingolstädter Gelehrten wie dem Poesieprofesser Jakob Locher (Philomusus), in Verbindung stand.

In vorgerückten Jahren verfasste er den Laienspiegel, ein Kompendium des Rechtswissens jener Zeit, welches er selbst in langen Jahren des Dienstes gesammelt hatte.

Werke

Strafvollstreckung.
Holzschnitt im Layenspiegel (Mainz, 1510).

Der Laienspiegel, auch Layenspiegel oder Laijen Spiegel genannt, ist ein bedeutendes Rechtsbuch der frühen Neuzeit. Tengler beabsichtigte mit ihm, römisch-rechtliche Inhalte in deutscher Sprache populär zu vermitteln. Unter dem Titel „Laijen Spiegel. von rechtmässigen ordnungen in Burgerlichen vnd peinlichen regimenten. mit allegation[en] vn[d] bewerungen auß geschribnen rechten vnnd gesatzen“ wurde das Rechtsbuch 1509 erstmals gedruckt. Herausgeber war der bedeutende Verleger Johann Rynmann von Öhringen. Der Humanist, Straßburger Stadtschreiber und Beisitzer am Reichskammergericht Sebastian Brant unterstützte und lobte Tenglers unternehmen.

Der Laienspiegel erlebte im Laufe des 16. Jahrhunderts eindrucksvolle 14 Auflagen und war 70 Jahre lang überall in Deutschland in Gebrauch. Gemeinsam mit dem konzeptionell verwandten Klagspiegel des Conrad Heyden prägte er die sogenannte populäre Literatur zum römischen Recht in Deutschland. Einander ergänzend förderten die beiden Werke die Übernahme des römischen Rechts in die deutsche Rechtspraxis vermutlich nachhaltiger als jede andere Schrift, dienten als Vorbild für zahlreiche weitere Rechtsbücher. Erst später verdrängte langsam die gelehrte Literatur des Zäsius und seiner Schule den Laienspiegel.

Tengler meinte, sich auch bei der Verfolgung der Hexen einbringen zu müssen. Er kritisierte die Zweifel der Juristen an der Wirklichkeit des Hexenwesens und macht sie für das Ausmaß und die Zunahme verantwortlich. Immer wieder wird ihm unterstellt, dass er durch seine unbestreitbare Popularität in Rechtsfragen zu dieser leidvollen und traurigsten Verirrung der Rechtspflege beigetragen hat. Doch sind Hexenverfolgungen im Verbreitungsgebiet des Laienspiegels erst verstärkt nach 1580 belegbar - also nach der Hauptnutzungszeit des Laienspiegels.

Quellen

Literatur

Weblinks


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