Ulrich von Liechtenstein

Ulrich von Liechtenstein
Ulrich von Liechtenstein (Codex Manesse, 14. Jh.).
Ulrich ist hier dargestellt als zimiergeschmückter Turnierritter in seiner 'Verkleidung' als Dame Venus (mit Amorpfeil und Fackel). In diesem Inkognito hatte er nach der Darstellung in seiner Lebensbeschreibung als Minneritter 1227 eine große literarische Turnierfahrt unternommen.

Ulrich von Liechtenstein (auch: Lichtenstein, * um 1200; † 26. Januar 1275) war ein Minnesänger und Dichter des Mittelalters, der in mittelhochdeutscher Sprache dichtete.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ulrich von Liechtenstein gehörte einem in der Steiermark begüterten und einflussreichen Ministerialengeschlecht an, das sich nach seinem Stammsitz Liechtenstein (südöstlich von Judenburg, heute Ruine) nannte und auch mit den österreichischen Liechtensteinern nicht stammesverwandt war.

Ulrich bekleidete einige bedeutende politische Ämter: In den Jahren 1244/1245 war er Truchsess der Steiermark, von 1267–1272 war er Marschall; im Jahr 1272 auch Landrichter. Aus den Jahren 1227 bis 1274 sind 95 Urkunden erhalten, in denen sein Name erwähnt wird; acht dieser Urkunden hat er selbst ausgestellt. Die Frauenburg (heute Burgruine) soll sein Lieblingssitz gewesen sein. Sie befindet sich oberhalb der Gemeinde Unzmarkt-Frauenburg im Murtal in der nördlichen Steiermark.

Genealogie

Vorfahren und Nachkommen Ulrichs:[1]

Aribo II. (†1102)

A: Hartnid von der Traisen, Hochfreier
B: Hartwig von Reidling (†1136, urk. bis 1147?), oo NNw, Tochter von Dietmar von Dornberg und Lungau (1100-1130)
C: Dietmar I. (1126-1140 von Reidling, 1140-1145 von Liechtenstein), vor 1140 Bau Feste Liechtenstein bei Judenburg (damit Abstieg in landesfürstliche Ministerialität verbunden)
D: Dietmar II.
E: Dietmar III. (1164-1218), oo Kunegunde (1140-1217)
F: Ulrich von Liechtenstein (urk. 1227-1274), Minnesänger, Erbauer der Frauenburg, oo Perchta von Weißenstein
G: Ulrich II. (1250-1285), oo Kunigunde von Goldegg
G: Otto II. (1252-1311), 1. oo Agnes von Wildon, 2. oo Diemut von Liechtenstein-Nikolsburg († nach 1265), 3. oo Adelheid von Pottendorf
G: Diemut (1250), oo Wulfing von Trennstein
G: Perchta (1260), oo Herrand von Wildon, Dichter
F: Otto, Pfarrer von Graz
F: Dietmar IV. von Offenburg, oo Gertrud von Wildon
F: Hedwig, oo Dietmar von Steyr
F: NNw, oo Heinrich von Wasserburg, österr. Kämmerer

Werke

Die Minnelyrik Ulrichs ist in die große Sammlung des Codex Manesse aufgenommen worden. Vorher schon hat Ulrich selbst seine 58 doene in einer Minnesänger-Lebensbeschreibung, dem sogenannten Frauendienst, gesammelt. Er erzählt darin in Ich-Form sein Leben als die Geschichte eines um Minne werbenden Ritters. Der Grad der Stilisierung dieser Lebensgeschichte nach literarischen Mustern ist schwer abzuschätzen. Die andersartige Selbstauffassung des Individuums im Mittelalter verbietet es jedenfalls, den Frauendienst mit den modernen Begriffen der 'Fiktion' oder der 'Autobiographie' zu belegen. Wenn hier ein teils komisches Licht auf das Minnewerben fällt (drastische Erniedrigungen des Minnewerbers als Zeichen bedingungsloser Hingabe), so vertritt Ulrich in seinem Frauenbuch eine ernsthafte, belehrende Intention.

Die Lyrik Ulrichs gilt als konventionell, artistisch und vom hohen Minnesang um 1200, besonders von Walther von der Vogelweide, abhängig. Die minnetheoretischen und erzählenden Schriften zeichnen sich im Gegensatz dazu durch avancierte erzähltechnische Mittel aus (Ich-Erzählung im Frauendienst, gerahmter Dialog im Frauenbuch), wenn auch Ulrich nicht zu den großen Erzählern des deutschen Mittelalters gerechnet werden kann.

Literatur

Textausgaben

  • Franz Viktor Spechtler (Hrsg.): Frauendienst. Ulrich von Liechtenstein. (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik; Band 485), Göppingen 1987, ISBN 3-87452-721-2.
  • Ursula Peters (Hrsg.): Frauendienst (Jugendgeschichte). In Abbildungen aus dem Münchner Cod. germ. 44 und der Großen Heidelberger Liederhandschrift. (= Litterae; Nr. 17), Göppingen 1973, ISBN 3-87452-147-8.

Sekundärliteratur

  • Sandra Linden, Christopher Young (Hrsg): Ulrich von Lichtenstein. Leben – Zeit – Werk – Forschung. Berlin / New York, De Gruyter 2010.
  • Christiane Ackermann: Im Spannungsfeld von Ich und Körper. Subjektivität im 'Parziva' Wolframs von Eschenbach und im 'Frauendienst' Ulrichs von Liechtenstein. Köln u.a., Böhlau 2009 (= Ordo 12).
  • Franz Viktor Spechtler, Barbara Maier (Hrsg.): Ich – Ulrich von Liechtenstein. Literatur und Politik im Mittelalter. Akten der Akademie Friesach „Stadt und Kultur im Mittelalter“ 1996. Wieser, Klagenfurt 1999, ISBN 3-85129-266-9. (Schriftenreihe der Akademie Friesach 5).
  • Heinz Gerstinger: 'Frau Venus reitet … – Die phantastische Geschichte des Ulrich von Lichtenstein. 1995.
  • Jan-Dirk Müller: Ulrich von Liechtenstein. In: Verfasserlexikon. Band 9. 1995, Spalte 1274–1282.
  • Hermann Reichert: Vorbilder für Ulrichs von Lichtenstein Friesacher Turnier. In: Carinthia. I, 173, 1983, S. 171–192.
  • Michael Pieper: Die Funktionen der Kommentierung im 'Frauendienst' Ulrichs von Liechtenstein. (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik; Band 351), Lauterburg 1982, ISBN 3-87452-564-3.
  • Hermann Reichert: Rosensiegel Ulrichs von Lichtenstein. In: Jahrbuch des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich 46/47, 1980/1981, S. 425–440 und Bildanhang.
  • Klaus M. Schmidt (Bearb.): Begriffsglossare und Indices zu Ulrich von Lichtenstein. (= Indices [Indizes] zur deutschen Literatur; 14/15), München 1980, ISBN 3-601-00409-7.
  • Ursula Peters: Frauendienst. Untersuchungen zu Ulrich von Lichtenstein und zum Wirklichkeitsgehalt der Minnedichtung. (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik; Band 46), Göppingen 1971.
  • Bernd Thum: Ulrich von Lichtenstein. Höfische Ethik und soziale Wirklichkeit. Heidelberg 1968.

Fußnoten

  1. Quellen

Weblinks

 Commons: Ulrich von Liechtenstein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Ulrich von Liechtenstein — (1200 ndash; 1278) was a mediaeval nobleman, knight, politician, and minnesanger. He was born in 1200 in Murau, located in present day Austria. After the usual noble training as a page and a squire to Margrave Heinrich of Istria, he was knighted… …   Wikipedia

  • Ulrich von Liechtenstein — (1200 1278) était un seigneur, chevalier, homme politique et troubadour du Moyen Âge. Il est né en 1200 à Murau, en actuelle Autriche. Après la formation nobiliaire habituel comme page et écuyer auprès du margrave Heinrich d Istrie, il a été fait …   Wikipédia en Français

  • Ulrich von Liechtenstein — (ca. 1200–1275)    We are surprisingly well informed about Ulrich von Liechtenstein’s biography. He was born at the beginning of the 13th century, near Judenburg in Styria (modern Austria), and died on January 26, 1275. His name often appears in… …   Encyclopedia of medieval literature

  • Ulrich von Liechtenstein — Retrato de Ulrich en el Codex Manesse; Ulrich está aquí representado como caballero en un torneo, disfrazado de la dama Venus (con una flecha de amor y una antorcha). Viajando así disfrazado había emprendido un largo viaje. Ulrich von… …   Wikipedia Español

  • Ulrich von Lichtenstein — Ulrich von Liechtenstein (Codex Manesse, 14. Jh.). Ulrich ist hier dargestellt als zimiergeschmückter Turnierritter in seiner Verkleidung als Dame Venus (mit Amorpfeil und Fackel). In di …   Deutsch Wikipedia

  • Ulrich von Lichtenstein — Ulrich von Lịchtenstein,   Ulrich von Liechtenstein, mittelhochdeutscher Dichter, * um 1200/10, ✝ 26. 1. 1275. Urkundlich bezeugt 1227 74, übte als einer der mächtigsten Ministerialen im Herzogtum Steiermark u. a. die Hofämter des Truchsessen,… …   Universal-Lexikon

  • Ulrich von Schmalegg-Winterstetten — Ulrich von Winterstetten, auch von Schmalegg oder von Schmalegg Winterstetten (* vermutlich um 1225, nachweislich gelebt zwischen 1241 und 1280) war ein deutscher Geistlicher und Dichter. Ulrichs literarische Werke, die er in mittelhochdeutscher… …   Deutsch Wikipedia

  • Ulrich von Winterstetten — Ulrich von Winterstetten, auch von Schmalegg oder von Schmalegg Winterstetten (* vermutlich um 1225, nachweislich gelebt zwischen 1241 und 1280) war ein deutscher Geistlicher und Dichter. Ulrichs literarische Werke, die er in mittelhochdeutscher… …   Deutsch Wikipedia

  • Ulrich von Gutenburg — (Codex Manesse, 14. Jh.) Ulrich von Gutenburg (manchmal auch: von Gutenberg) war ein Minnesänger. Er wirkte vermutlich am Anfang des 13. Jahrhunderts, und wurde um 1220 von Heinrich von dem Türlin in der Krone als verstorben beklagt. Werk Sein… …   Deutsch Wikipedia

  • Ulrich von Montpreis — († 10. November 1330) war von 1322 bis 1330 Bischof von Chiemsee. Leben Ulrich entstammte durch seinen Vater der Familie der Herren von Schärfenberg aus dem heutigen Svibno in Krain, die Ministeriale der Grafen von Görz waren. Da seine Mutter,… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”