Umar Abd ar-Rahman

Umar Abd ar-Rahman
Umar Abd ar-Rahman

Scheich Umar Abd ar-Rahman (arabisch ‏عمر عبد الرحمنʿUmar ʿAbd ar-Raḥmān, oft Omar Abdel-Rahman geschrieben; * 3. Mai 1938 in Al Gammaliyyah, Gouvernement Ad-Daqahliyya) ist ein blinder ägyptischer Kleriker, der eine lebenslange Haftstrafe im US-Bundesgefängnis ADX Florence im Staate Colorado verbüßt.

Abd ar-Rahman ist Führer der al-Dschamaʿa al-Islamiyya (wörtlich „Islamische Gruppe“), einer militanten islamistischen Gruppe in Ägypten, die von den Regierungen der USA und Ägyptens als terroristisch eingestuft wird. Sie ist verantwortlich für viele Gewaltakte, darunter das Massaker von Luxor im November 1997, bei dem 58 ausländische Touristen und vier Ägypter getötet wurden.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Abd ar-Rahman wurde 1938 in Ägypten geboren und verlor sein Augenlicht in jungen Jahren durch eine Diabetes-Erkrankung. Als Kind las er eine Blinden-Version des Koran und entwickelte ein Interesse für die Arbeiten der islamischen Gelehrten Ibn Taimiyya und Sayyid Qutb. Nach dem Abschluss seiner Studien an der al-Azhar-Universität in Kairo wurde Abd ar-Rahman einer der bekanntesten und einflussreichsten muslimischen Kleriker und wandte sich gegen den ägyptischen Säkularismus.

In den 1970er Jahren entwickelte Abd ar-Rahman enge Beziehungen zu zwei von Ägyptens radikalsten Organisationen, zum ägyptischen Islamischen Dschihad und zur al-Dschamaʿa al-Islamiyya (Islamische Gruppe). In den 1980er Jahren wurde er zum Führer der letzteren, wurde jedoch auch von Anhängern des ägyptischen Islamischen Dschihad verehrt, der zu dieser Zeit vom späteren al-Qaida-Führer Aiman az-Zawahiri geführt wurde. Abd ar-Rahman verbrachte drei Jahre in ägyptischen Gefängnissen, wo er schwer gefoltert wurde. Er war angeklagt wegen einer Fatwa, die 1981 zu der Ermordung Präsident Anwar as-Sadats durch den ägyptischen Islamischen Dschihad führte.

Obwohl Abd ar-Rahman nicht wegen einer Beteiligung an der Sadat-Ermordung verurteilt werden konnte, wurde er nach dem Prozess aus Ägypten ausgewiesen. Er kam Mitte der 1980er Jahre nach Afghanistan, wo er seinen früheren Professor Abdallah Azzam kontaktierte und auch engere Beziehungen zu Osama bin Laden entwickelte. Nach Azzams Tod 1989 übernahm Abd ar-Rahman die Kontrolle über den internationalen dschihadistischen Flügel von Maktab al-Chadamat (MAK) und al-Qaida. Abd ar-Rahman hatte auch enge Verbindungen zum afghanischen Kriegsherrn Gulbuddin Hekmatyar und war in verdeckte amerikanische CIA- und ISI-Programme zum Kampf gegen die Sowjetunion in Afghanistan involviert. Er reiste jahrelang um die ganze Welt, um neue Mudschahedin für den Kampf in Afghanistan zu gewinnen.

Ab 1990 in den USA

Im Juli 1990 wurde Abd ar-Rahman nach New York gesandt, um die Leitung des MAK in den USA zu übernehmen. Obwohl Abd ar-Rahman auf einer Terroristenliste des US-Außenministeriums notiert war, kam er mit Hilfe der CIA an ein Touristenvisum, die ihn damit für seinen Einsatz gegen die Sowjetunion belohnte.

Abd ar-Rahman predigte in drei verschiedenen Moscheen in New York und war dadurch schnell von einer Gruppe treuer Gefolgsleute umgeben, unter denen sich auch die Verantwortlichen für den Anschlag auf das World Trade Center 1993 befanden. Nach diesem Anschlag nahm das FBI stärkere Ermittlungen gegen Abd ar-Rahman und seine Gefolgsleute auf. Abd ar-Rahman soll eine Fatwa erlassen haben, die zur Gewalt gegen das US-Militär aufrief. Auch soll es Pläne für weitere Großanschläge gegeben haben.

1993 wurden Abd ar-Rahman und neun seiner Anhänger festgenommen. Kurz nach dem ersten Bombenanschlag auf das World-Trade-Center in New York 26. Februar 1993 wurde er „wegen einer Verschwörung, Bauwerke in die Luft zu sprengen“ angeklagt; im Oktober 1995 wurde er zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt. Abd ar-Rahmans Verurteilung war ein wichtiges Ereignis für militante Islamisten in der ganzen Welt, darunter Osama bin Laden. 1997 verübten Mitglieder von Abd ar-Rahmans Gruppe al-Dschamaʿa al-Islamiyya zwei Anschläge gegen europäische Urlauber in Ägypten, darunter den Anschlag von Luxor 1997. Die Attentäter forderten Abd ar-Rahmans Freilassung.

2005 wurden Mitglieder von Abd ar-Rahmans Rechtsbeistandsgruppe für schuldig befunden, die Kommunikation zwischen Abd ar-Rahman und der al-Dschamaʿa al-Islamiyya erleichtert zu haben. Seine Anwältin während des Prozesses gegen ihn war Lynne Stewart, sie wurde als 66-jährige 2005 zunächst zu 28 Monaten (die Staatsanwaltschaft hatte 35 Jahre verlangt) verurteilt. Auf Berufung der Staatsanwaltschaft wurde sie schließlich zu zehn Jahren Haft verurteilt, weil sie mit dem Verstoß gegen die für Abd ar-Rahman verschärften Haftbedingungen Beihilfe zum Terrorismus geleistet haben soll.[1]

Literatur

  • R. Gunaratna: Inside Al Qaeda: Global Network of Terror. Scribe Publications, Carlton 2002, ISBN 0425191141.
  • P. Lance: 1000 Years For Revenge: International Terrorism and The FBI. HarperCollins: New York 2003, ISBN 0060597259.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. dradio.de, Deutschlandfunk, Das Feature, 6. September 2011, Martina Groß: Der Fall Lynne Stewart - Eine amerikanische Geschichte (Manuskript: PDF, 114 kB, 7. September 2011)

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