Umweltprogramm der Vereinten Nationen

Umweltprogramm der Vereinten Nationen
Das Logo des Programms

Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (englisch United Nations Environment Programme, UNEP; französisch Programme des Nations unies pour l’environnement, PNUE) hat seinen Hauptsitz in Nairobi, Kenia. Es ist das erste Organ der Vereinten Nationen mit Hauptsitz in einem Entwicklungsland. Vorsitzender des UNEP war von 1998 bis Ende März 2006 der ehemalige deutsche Bundesumweltminister Klaus Töpfer. Sein Nachfolger ist Achim Steiner, ehemaliger Vorsitzender der IUCN, der das Amt am 15. Juni 2006 übernahm.

Das Umweltprogramm wurde 1972 auf der Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen (UNCHE) mit der UN-Resolution 27/2997 vom 15. Dezember 1972 ins Leben gerufen. Nach seinem Selbstverständnis ist das Programm die „Stimme der Umwelt“ bei den UN. UNEP wirkt als Auslöser, Anwalt, Lehrer und Vermittler für den schonenden Umgang mit der Umwelt und einer nachhaltigen Entwicklung. Es arbeitet mit verschiedenen Partnern zusammen, darunter anderen UN-Organisationen und anderen internationalen Organisationen, Regierungen, Nichtregierungsorganisationen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft.

Inhaltsverzeichnis

Aufgaben und Mandat

  • Globale, regionale und nationale Umweltdaten sammeln und bewerten. Schwerpunkte sind hierbei Klimaveränderungen, Verschmutzung der Erdatmosphäre, Probleme mit dem Trinkwasser, Schädigung der Küstenregion und Ozeane, Verschlechterung des Bodens und Wüstenbildung, das Artensterben, gefährliche Abfälle und giftige Chemikalien.
  • Politische Instrumente für den Umweltschutz entwickeln: im Rahmen des UNEP wurden die meisten heute gültigen internationalen Umweltabkommen entwickelt und ins Leben gerufen. Viele von diesen Abkommen sind heute selbstständig.
  • Stärkung von Institutionen beim schonenden Umgang mit der Umwelt.
  • Die Weitergabe von Wissen und Technologie für nachhaltige Entwicklung ermöglichen.
  • Die Zivilgesellschaft und private Unternehmen zur Zusammenarbeit ermutigen.

UNEP beteiligt sich am Global Compact.

Politische Steuerung

UNEP wird von einem Governing Council (GC) gesteuert, in dem Vertreter aus 58 Staaten für jeweils drei Jahre sitzen. Die Verteilung der Sitze folgt dabei einem Regionalschlüssel. Der GC ist das hauptsächliche Steuerungsorgan von UNEP, er entwickelt Richtlinien für die UN-Umweltarbeit und bildet gleichzeitig ein Forum für internationale Kooperation im Umweltschutz. Nichtmitglieder sind genau wie nichtstaatliche Organisationen als Beobachter zu den Sitzungen des Councils zugelassen. Der GC trifft sich regelmäßig alle zwei Jahre.

Im Jahr 1999 wurde das globale Umweltministerforum (Global Ministerial Environment Forum, GMEF) gegründet, das sich einmal jährlich trifft. Zeitgleich wird eine Sondersitzung des Governing Council abgehalten, das dadurch de facto ebenfalls einem jährlichen Sitzungsrhythmus folgt.

Finanzierung

UNEP erhält seine Finanzmittel aus insgesamt drei Quellen: dem Environment Fund, dem regulären Budget und zweckgebundenen Zuwendungen. Das gesamte Budget von UNEP lag für den Doppelhaushalt 2006–2007 bei 260 Millionen US-Dollar.[1]

Bei der Gründung von UNEP im Jahr 1972 beschloss die Generalversammlung, die direkten Kosten des Sekretariats aus dem regulären UN-Budget zu bezahlen. Dieser Beitrag deckt nur einen geringen Teil der Aufwendungen des UN-Umweltprogramms ab. Für 2006 und 2007 wurden auf dieser Grundlage 13,4 Millionen US-Dollar bereitgestellt, oder 5,1 Prozent des gesamten Haushalts.[2]

Um darüber hinausgehende Aktivitäten durchzuführen, richteten die Staaten gleichzeitig mit UNEP den Environment Fund ein. Dieser übernahm lange Zeit den größten Anteil am UNEP-Budget, wurde jedoch in den letzten Jahren durch zweckgebundene Zuwendungen überholt. Der Environment Fund wird durch freiwillige Zuwendungen von UN-Mitgliedstaaten befüllt. Von 2004 bis 2006 lagen die Zuwendungen bei jährlich je knapp 60 Millionen $, um 2007 auf knapp 70 Mio. $ und 2008 auf fast 90 Mio. $ zu steigen.[3]

Die zweckgebundenen Zuwendungen (earmarked contributions) und Gelder durch Treuhänderfonds (Trust Funds) sind heute die wichtigste Finanzierungsquellen für UNEP-Aktivitäten. Sie werden von Staaten, internationalen Organisationen oder privaten Akteuren bereitgestellt. 2006 und 2007 lieferten diese Quellen zusammen 156,1 Mio. $, und für den Doppelhaushalt 2008–2009 wurden insgesamt über 200 Mio. $ erwartet. Den größten Einzelposten innerhalb der zweckgebundenen Zuwendungen nimmt dabei der Multilateral Funds ein, der Maßnahmen im Rahmen des Montrealer Protokolls zum Schutz der Ozonschicht finanziert.[4]

Sekretariat

Die Skyline von Nairobi, Sitz des UNEP-Sekretariats.

Das Sekretariat von UNEP liegt in Nairobi, Kenia. Damit ist das Umweltprogramm das einzige Nebenorgan der Vereinten Nationen mit Sitz in einem Entwicklungsland. Diese Entscheidung war und ist nicht unumstritten, vor allem durch die vor Ort nur schlecht mögliche intensive Vernetzung mit anderen Organisationen sowie die Schwierigkeiten, hochkarätiges Personal rekrutieren zu können. Gleichzeitig war aber die Entscheidung für Nairobi ein wesentlicher Grund für die afrikanischen Staaten, der Gründung von UNEP überhaupt zuzustimmen.

Achim Steiner (links) auf der „TUNZA – International Youth Conference 2007“ in Leverkusen

Am 15. März 2006 wurde Achim Steiner in Nairobi von UN-Generalsekretär Kofi Annan als Nachfolger von Klaus Töpfer für das Amt des Exekutivdirektors von UNEP nominiert und einen Tag später von der UN-Generalversammlung gewählt. Sein Amt trat er am 15. Juni 2006 an.

Vom Sekretariat werden 890 Menschen beschäftigt. Etwa 500 davon sind internationale Mitarbeiter der Vereinten Nationen, die restlichen knapp 300 sind örtliche Angestellte.

Das Sekretariat ist mit der Umsetzung von UNEPs Mandat und seinen Programmen beauftragt. Diese Arbeit wird von sieben Abteilungen erledigt:[5]

  • Frühwarnung und Erfassung (Early Warning and Assessment)
  • Umweltpolitik-Umsetzung (Environmental Policy Implementation)
  • Technologie, Industrie und Wirtschaft (Technology, Industry and Economics)
  • Regionale Zusammenarbeit (Regional Cooperation)
  • Umweltvölkerrecht und Konventionen (Environmental Law and Conventions)
  • Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit (Communications and Public Information)
  • Koordination der Globalen Umweltfazilität (Global Environment Facility Coordination)

Um in den verschiedenen Weltregionen präsent zu sein, unterhält UNEP ein Netz aus sechs Regionalbüros, die Afrika, Asien-Pazifik, Europa, Lateinamerika und Karibik, Nordamerika sowie Westasien abdecken.[6]

Unterstützende Organisationen

Dem UNEP arbeiten eine Reihe weiterer Institutionen und Organisationen in den einzelnen Fachbereichen zu.

Reformprozess

Seit seiner Gründung 1972 wird das UN-Umweltprogramm von einer Diskussion über seine Reform begleitet.

Von der Nairobi-Deklaration zum Belgrader Prozess

Mit der 1997 verabschiedeten Nairobi-Deklaration begann eine bis heute anhaltende Initiative zur Stärkung des UN-Umweltprogramms. Weitere bedeutende Eckdaten in diesem Reformprozess waren die Malmö-Deklaration, die 2000 vom ein Jahr zuvor neu geschaffenen Globalen Umweltministerforum beschlossen wurde, das 2002 beschlossene Cartagena-Paket zur Stärkung der internationalen Umweltgovernance, der 2002 auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg festgeschriebene Umsetzungsplan (Plan of Implementation) für das Cartagena-Paket, der 2004 festgesetzte Bali-Plan für Technologie-Unterstützung und Kapazitätsaufbau (Bali Strategic Plan for Technology Support and Capacity-building), Paragraph 169 des Ergebnisdokuments vom Weltgipfel 2005, der 2007 vorgestellte Bericht des informellen Konsultationsprozesses der Generalversammlung über den institutionellen Rahmen der UN-Umwelttätigkeiten (Informal consultations of the General Assembly on the institutional framework for the United Nations’ environment work), der im Dezember 2008 erschienene Bericht der UN Joint Inspections Unit,[7] der eine umfangreiche Analyse des UN-Umweltgovernance-Systems enthält, und schließlich die 2009 begonnenen Beratungen im Rahmen der konsultativen Gruppe von Ministern und hochrangigen Vertretern über internationale Umweltgovernance (Consultative Group of Ministers or High-Level Representatives on International Environmental Governance) – der sogenannte Belgrader Prozess.

Reformpläne

Eine mögliche Reform lässt sich in den Diskussionen um die Gründung einer UNEO, WEO oder noch anders genannten Weltumweltorganisation erkennen, die an die Stelle des UN-Umweltprogramms treten könnte. Als internationale Organisation oder Hauptorgan der Vereinten Nationen hätte eine solche Organisation eine stabilere finanzielle Basis sowie als Völkerrechtssubjekt eine eigene Rechtspersönlichkeit.

Die Gründung einer internationalen Organisation für Umweltbelange soll im Gegensatz zum existierenden Umweltprogramm die stark fragmentierte UN-Umweltarchitektur unter einem Dach vereinigen oder zumindest näher zusammenführen. Zur Zeit existieren über 500 multilaterale Umweltabkommen, viele von ihnen mit eigenständigen Sekretariaten und ohne Verknüpfung untereinander. Hierzu zählen unter anderem die Globale Umweltfazilität (GEF) in Händen der Weltbank, das Waldforum der Vereinten Nationen (UNFF) oder die zahlreichen Konventionen, z.B. die Klimarahmenkonvention, das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung oder die Biodiversitäts-Konvention. Die zahlreichen Umweltabkommen könnten unter dem Dach einer einzigen Organisation versammelt besser koordiniert und deren Synergiepotenzial stärker genutzt werden. Dies könnte helfen, drängenden Umweltproblemen wie der globalen Erwärmung oder der fortschreitenden Desertifikation effektiver zu begegnen.

UNEP als Programm erhält keine regelmäßigen Zahlungen nach einem festgelegten Schlüssel und ist auf relativ willkürlich zur Verfügung gestellte und freiwillige Beiträge der UN-Mitgliedstaaten sowie anderer Finanzierungsorganisationen angewiesen. Die Schaffung eines rechtsverbindlichen neuen Abkommens für eine UN-Umweltorganisation könnte für finanzielle Planungssicherheit sorgen und die Durchführung von Studien und Projekten deutlich vorantreiben.

Außerdem könnten durch die Aufwertung zur Organisation Umweltthemen eine größere Rolle in anderen zwischenstaatlichen Regimen spielen. Als Beispiel wird die Welthandelsorganisation (WTO) genannt, zu der man sich mehr in Augenhöhe bewegen könne.

Schließlich gibt es Überlegungen zur (teilweisen) Zusammenführung von Umwelt- und Entwicklungsarbeit in den Vereinten Nationen. Eine UNEO könnte sich besser mit dem UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) koordinieren, wenn die fragmentierte Natur der derzeitigen UN-Umweltarbeit besser organisiert wäre.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. UNEP: Financing of UNEP, Zugriff am 8. September 2009
  2. UNEP: Regular Budget, Zugriff am 9. September 2009
  3. UNEP: Contributions to UNEP’s Environment Fund 1973–2009, Zugriff am 9. September 2009
  4. UNEP: Earmarked contributions and Trust Funds, Zugriff am 9. September 2009
  5. UNEP: UNEP Divisions, Zugriff am 8. September 2009
  6. UNEP: Regional Offices, Zugriff am 8. September 2009
  7. Joint Inspections Unit (2008): Management Review of Environmental Governance within the United Nations System. JIU/REP/2008/3, prepared by Tadanori Inomata, United Nations, Geneva (PDF)

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