Unterkühlung (Thermodynamik)

Unterkühlung (Thermodynamik)

Unterkühlung bezeichnet in der Thermodynamik die Absenkung der Temperatur einer Flüssigkeit unter den Gefrierpunkt, ohne dass diese erstarrt. Allgemein ist dieser Effekt auch als unterkühlte Schmelze bekannt. Eine unterkühlte Flüssigkeit oder Schmelze hat somit bei gegebenem Druck eine niedrigere Temperatur als ihrem Aggregatzustand entspricht. Das Impfen mit kleinsten Keimen, evtl. auch Impulsübertragung in Form von Erschütterung, führt jedoch unter Freisetzung der Schmelzenthalpie zu spontaner Kristallisation. Daher spricht man bei der Unterkühlung von einem metastabilen Zustand des Stoffes.

Ein (meist sehr reiner) Stoff, der den Zustand der unterkühlten Schmelze zulässt, ermöglicht also Energiespeicherung in Form von Wärme (Latentwärmespeicher). Dieser Effekt wird unter anderem bei Handwärmern genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Ursache

Die Ursache für diesen Effekt ist, dass zur Änderung des Aggregatzustands oft ein Kristallisationsansatz notwendig ist. Beispielsweise wachsen Eiskristalle nur auf Eiskristallen und einigen anderen Anordnungen. Sind diese Kristallisationsansätze nicht vorhanden, so kann eine Kristallisation und damit die Aggregatzustandsänderung nicht eintreten, selbst wenn sie von der Temperatur her möglich wäre.

Beispiel Wasser

Meist wird angenommen, der Gefrierpunkt von Wasser sei Null Grad Celsius (bei Normaldruck). In der Tat liegt der Schmelzpunkt von Eis genau bei dieser Temperatur. Beim Gefrieren verhält es sich aus kinetischen Gründen jedoch anders.

Normalerweise sind in Wasser durch die zufällige Molekülbewegung immer einige Anhäufungen (englisch cluster) von Wassermolekülen in geordneter Form vorhanden – diese werden Eiskristall–Embryonen genannt. Sie zerfallen jedoch genau so schnell wieder wie sie gebildet wurden und wachsen nicht weiter, denn es gibt für Kristalle, also auch für Eis, eine gewisse Mindestgröße (kritischer Keimradius): Bei −5 °C müssen sich etwa 50.000 Wassermoleküle geordnet zusammenlagern, bevor der Eiskristall-Embryo stabil ist und weiter wachsen kann, bei −20 °C müssen es immer noch einige hundert sein und zufällige Anhäufungen dieser Größe sind immer noch recht unwahrscheinlich. Erst bei etwa −40 °C ist weiteres Wachstum zu erwarten, denn hier reichen bereits Cluster von 70 Molekülen.

Der Vorgang, durch den Eiskristall-Embryonen eine ausreichende Größe erhalten, die sie stabilisiert und zu einem Eiskristall wachsen lässt, wird Eis-Nukleation genannt. Ist nur Wasser beteiligt, handelt es sich um homogene Eis-Nukleation und diese tritt erst nach einer Unterkühlung auf etwa −40 °C ein.

Wenn jedoch Oberflächen mit bestimmten Eigenschaften vorhanden sind (sei es als Partikel im Wasser, sei es an der Oberfläche eines Behälters), wirken diese stabilisierend auf Kristall-Embryonen und die Nukleation setzt bereits bei höheren Temperaturen ein (heterogene Eisnukleation).

Siehe auch

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Unterkühlung — bezeichnet: Hypothermie, die tiefgehende Wirkung von Kälte auf Menschen und anderer Warmblüter in Verbindung mit einer Erniedrigung der Körpertemperatur die vorübergehende, schadensfreie Abkühlung kälteempfindlicher Pflanzenarten unter 0° C,… …   Deutsch Wikipedia

  • Keimbildung (Nukleation) — Durch die Senkung des Umgebungsdrucks bilden sich Kohlendioxidblasen innerhalb eines kohlensäurehaltigen Erfrischungsgetränks. Nukleation oder Keimbildung ist der erste Teilprozess, der einen Phasenübergang erster Ordnung einleitet. Beispiele… …   Deutsch Wikipedia

  • Nukleation — Durch die Senkung des Umgebungsdrucks bilden sich Kohlendioxidblasen innerhalb eines kohlensäurehaltigen Erfrischungsgetränks. Nukleation oder Keimbildung ist der erste Teilprozess, der einen Phasenübergang erster Ordnung einleitet. Beispiele… …   Deutsch Wikipedia

  • Eisblock — Eis Eiskristalle unter dem Mikroskop Chemische Formel H2O Mineralklasse Oxide – Kation:Anion (M:O) = 2:1 (und 1.8:1) 4.AA.05 (8. Aufl.: IV/A.01 10) (nach Strunz) 4.1.2.1 (nach Dana) …   Deutsch Wikipedia

  • Eisdecke — Eis Eiskristalle unter dem Mikroskop Chemische Formel H2O Mineralklasse Oxide – Kation:Anion (M:O) = 2:1 (und 1.8:1) 4.AA.05 (8. Aufl.: IV/A.01 10) (nach Strunz) 4.1.2.1 (nach Dana) …   Deutsch Wikipedia

  • Eiskristall — Eis Eiskristalle unter dem Mikroskop Chemische Formel H2O Mineralklasse Oxide – Kation:Anion (M:O) = 2:1 (und 1.8:1) 4.AA.05 (8. Aufl.: IV/A.01 10) (nach Strunz) 4.1.2.1 (nach Dana) …   Deutsch Wikipedia

  • Siedesteinchen — Siedeverzug ist die Bezeichnung für das Phänomen, dass man Flüssigkeiten unter bestimmten Bedingungen über ihren Siedepunkt hinaus erhitzen kann, ohne dass diese sieden. Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Ursache 3 Gegenmaßnahmen 4 Abgrenzung …   Deutsch Wikipedia

  • Aggregatzustandsänderung — Ein Phasenübergang bzw. eine Phasentransformation ist die Umwandlung einer oder mehrerer Phasen in andere Phasen. Die notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung für eine solche Umwandlung besteht darin, dass die freie Enthalpie der… …   Deutsch Wikipedia

  • Avrami-Gleichung — Die Johnson Mehl Avrami Kolmogorow Gleichung (kurz: JMAK Gleichung, auch Avrami Gleichung) beschreibt den Ablauf einer Phasen oder Gefügeumwandlung bei gleich bleibender Temperatur (Isotherme Zustandsänderung). Mithilfe der Gleichung erhält man… …   Deutsch Wikipedia

  • Avrami-Kinetik — Die Johnson Mehl Avrami Kolmogorow Gleichung (kurz: JMAK Gleichung, auch Avrami Gleichung) beschreibt den Ablauf einer Phasen oder Gefügeumwandlung bei gleich bleibender Temperatur (Isotherme Zustandsänderung). Mithilfe der Gleichung erhält man… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”