Unterscheiden

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Die Unterscheidung (oder „Differenzierung“) bezeichnet ein Verfahren, etwas aus einem Ganzen herauszulösen (von ihm zu „scheiden“) und es damit allererst als etwas wahrnehmen, denken, fühlen oder sich vorstellen zu können.

Das Unterscheiden als Verfahren ist zunächst ein Prozess der Beobachtung und der Beschreibung. Die Unterscheidung stellt Unterschieden zwischen einem bestimmten und allen anderen Sachverhalten fest. In der Regel werden zu diesem Zweck eine Untermenge aller einfachen, quasi atomaren, Attribute der zu differenzierenden Dinge paarweise miteinander verglichen. Es findet also notwendig eine Abstraktion der betrachteten Objekte statt, die die Dimensionalität des Merkmalsraumes einschränkt. Ein Unterschied wird dann festgestellt, wenn die Dinge sich in mindestens einem Merkmal unterscheiden.

Damit ist sie die Voraussetzung zur Generierung eines jeden Begriffs und jeder Klassifikation. Sie ist außerdem die Voraussetzung für Erkenntnis, Kommunikation und Sprache.

Inhaltsverzeichnis

Unterscheidung in der Religion

Hauptartikel: Schöpfung

Da die Unterscheidung von solch grundlegender Bedeutung dafür ist, dass überhaupt etwas ist, spielt sie in Schöpfungsmythen und Religionen eine große Rolle. Die Frage lautet: „Wie wurde die erste Unterscheidung getroffen?“

Die biblische Genesis berichtet von den ersten Unterscheidungen Gottes:

Da schied Gott das Licht von der Finsternis ... Und Gott sprach: Es werde eine Feste zwischen den Wassern ... (1. Mose, 4ff).

Häufig haben Schöpfungen - wie das Wort auch schon sagt - mit Wasser zu tun. Aus dem in sich Ununterscheidbaren tauchen Gestalten auf.

Haben die Ungläubigen nicht gesehen, daß die Himmel und die Erde in einem einzigen Stück waren, dann zerteilten Wir sie? Und Wir machten aus Wasser alles Lebendige, heißt es im Koran [1].

In den Upanishaden führt die Unterscheidung nicht zur Zerteilung und es entsteht keine Feste zwischen den Wassern. Das Ganze heißt dort „neti neti“ - „weder das noch das“:

Es ist das, :vor dem Worte und Gedanken umkehren, denn sie erreichen es nicht.[2]

Unterscheidung in Wissenschaft und Philosophie

Unterscheidung ist eine elementare Methode in der Analyse.

In der Scholastik wird zwischen mehreren Arten der distinctio im Sinne einer begrifflichen Unterscheidung unterschieden: die distinctio realis, rationis und formalis. Eine distinctio realis ist eine begriffliche Unterscheidung, die mit einem sachlichen Unterschied korrespondiert. Eine distinctio rationis ist eine nur eine begriffliche Unterscheidung. Eine distinctio formalis wird durchgeführt, wo es um verschiedene formale Bestimmungen einer Sache geht.[3]

Auf Substanzen und ihre Eigenschaften bezogen bezeichnet der Begriff distinctio realis den Unterschied zwischen zwei unterschiedlichen Substanzen; dagegen bedeutet distinctio modalis einerseits den Unterschied zwischen einer Substanz und ihren Eigenschaften, andererseits den Unterschied zwischen den Eigenschaften einer Substanz.[4]

Naturwissenschaftliche Aspekte des sinnlichen Unterscheidungsvermögens sind seit den Pionierarbeiten des Leipziger Physiologen Ernst Heinrich Weber (1795-1878) und des Physikers Gustav Theodor Fechner (1801-1887) untersucht worden.

E.Weber untersuchte mit psychophysikalischen Experimenten das menschliche Unterscheidungsvermögen für Gewichte und entdeckte dabei eine konstante Unterschiedsschwelle auf physikalische Reize:

„Der eben merkliche Unterschied zweier Reize (dS) steht zur absoluten Größe des Standartreizes (S) in konstantem Verhältnis (dS/S=k)“

Fechner fand für alle Sinnesqualitäten eine logarithmische Abhängigkeit der Empfindungsintensität von der Reizstärke

Die Neurophysiologen des 20. Jahrhunderts entdeckten ein weiteres Grundphänomen der Wahrnehmung, das zur Bildung von geistigen Grenzen führt, in der Kontrastbildung. Eine automatisch-physiologische Kontrastbildung (=Grenzbildung) ist in allen Sinnesbereichen nachweisbar. Sie beruht auf einer besonderen Verschaltung innerhalb der Leitungsbahnen (Konvergenz- Divergenz), die von den Sinnesorganen zum Gehirn ziehen (Laterale Hemmung). Dieses Prinzip ist in allen Ebenen des Nervensystems wirksam, auch in der Großhirnrinde.


Eine besondere Bedeutung hat die Unterscheidung in einer Forschungsrichtung, die als Radikaler Konstruktivismus bezeichnet wird. Diese Forschungsrichtung geht davon aus, dass sich uns Gegenstände nicht von selbst zeigen und dass wir Unterschiede wie zum Beispiel Farben und Formen nicht unmittelbar und ohne eigenes Zutun mit den Sinnesorganen erfassen. Alle Gegenstände und alle ihre Qualitäten entstehen allein, weil wir selbst die Unterscheidungen treffen.

In konstruktivistischem Sinn stellt auch die Systemtheorie von Niklas Luhmann die Unterscheidung ins Zentrum erkenntnistheoretischer Überlegungen. Luhmann stützt sich dabei auf die "Laws of Form" des Mathematikers George Spencer-Brown, der in seinem logischen Kalkül die Unterscheidung als Basis der Logik postuliert.

Siehe auch Differenz (Systemtheorie) und Différance.

Unterscheidung in der Gesellschaft

Hauptartikel siehe: Diskriminierung, Xenophobie und Rassismus.

Gesellschaftliche Formen der Unterscheidung sind u. a.: Individualismus, Identität, Diskriminierung und Rassismus.

Wohl den meisten gesellschaftlichen Formen der Unterscheidung liegt ein sozialpsychologisches Prinzip zugrunde, nach dem üblicherweise die Menschen ihre gesamte Wahrnehmung organisieren. Dieses Prinzip lautet: „Die Unterschiede, die ich wahrnehme, sind Eigenschaften des Objekts, das ich wahrnehme“.

Aus dieser Tradition der Selbstorganisation folgt eine quantitative Überbewertung von Unterschieden mit einer Tendenz zur Überzeichnung, unbewusst mit dem Ziel der stabileren Organisation, implizit jedoch auch mit der Belastung von Gemeinsamkeiten, den nicht-Unterschieden. Solche Überbewertung geht einher mit einer elementaren normativen Bewertung von Unterschieden.

Gemäß dem Prinzip der Unterscheidung beruht gesellschaftliche Diskriminierung darauf, dass Eigenschaften von Menschen dazu missbraucht werden, diese Menschen von anderen zu trennen, um Macht über sie auszuüben, mithin auch, um sie zu unterdrücken. Im Kampf gegen soziale Diskriminierung und Rassismus geht es daher darum, die Eigenschaften der sozial Diskriminierten von negativen Bewertungen und Unterdrückung zu befreien.

Quellen

  1. http://mitglied.lycos.de/muslimmm/koran/derheiligekoran/000000923902e154d.htm Koran 21:30
  2. Taittiriya Upanishad 2.4, zit. n. Heinrich Zimmer, Philosophie und Religion Indiens, Suhrkamp 1973, S. 309
  3. Peckhaus, Volker, distinctio, in: Mittelstraß (Hrsg.), Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, 2. Aufl. 2005, S. 236f.
  4. Descartes, René: Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, Meiner 1993, Anm. S. 5.

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