Valentin Senger

Valentin Senger
Autogramm

Valentin Senger (* 28. Dezember 1918 in Frankfurt am Main; † 4. September 1997 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Schriftsteller, Autor und Journalist russisch-jüdischer Herkunft.

Inhaltsverzeichnis

Ausbildung und Beruf

Er lebte und arbeitete von 1918 bis 1997 in Frankfurt am Main. Lehre als Technischer Zeichner, Maschinenbauschule, Konstrukteur, Betriebsleiter. Ab den 50er Jahren bis zu seiner Pensionierung war Valentin beim Hessischer Rundfunk als Reporter für Hörfunk, Fernsehen und Leiter der Fernseh-Wirtschaftsredaktion tätig. Der bekannte ARD-Moderator Frank Lehmann berichtete im Jahr 2006 in Zeitungsartikeln und auf einer Gedenkveranstaltung des Vereins Gegen Vergessen – Für Demokratie, dass er ohne seinen ehemaligen Vorgesetzten Valentin Senger wahrscheinlich kein Wirtschafts-Journalist geworden wäre. Senger habe Wirtschaft in erster Linie als Sozialpolitik, als Wirtschaft des kleinen Mannes, verstanden [1]

Familie

Valentin Senger war seit 1950 bis zu seinem Tod mit der Fernsehjournalistin Irmgard Senger verheiratet. Sie haben zwei Töchter und einen Sohn. Valentin Senger hatte vier Enkel.

Leben

Seine Eltern waren wegen ihrer revolutionären Aktivität aus dem zaristischen Russland nach Frankfurt am Main geflohen. Der Vater Moissee Rabisanowitsch war Facharbeiter und Revolutionär. Der Name Senger war ein nach der Russischen Revolution angenommener Name. Valis Mutter Olga Moissejewna war eine politisch aktive Frau. Sie setzte sich in Frankfurt am Main u.a. für die Aktionsgemeinschaft zur Abschaffung des § 218 (Schwangerschaftsabbruch) ein und engagierte sich in den Vereinen und Bünden der russisch-jüdischen Arbeiterbewegung wie z.B. im linksorientierten Jüdischen Arbeiter-Kulturbund. In Deutschland traten sie der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) bei. Valentin Senger und seine beiden Geschwister waren von klein auf in den Jugendorganisationen der Partei aktiv.

Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernahmen, war die Familie wegen ihres kommunistischen Engagements und ihrer jüdischen Herkunft doppelt gefährdet. Dennoch überlebten sie die zwölf Jahre des Nazifaschismus als einzige jüdische Familie (im Familienverbund) unentdeckt in Frankfurt am Main. Die Erlebnisse als jüdische Familie in Frankfurt am Main während der Nazi-Zeit konnte er erst 1978 in seinem Buch "Kaiserhofstraße 12" verarbeiten. Es wurde ein Bestseller. Daraufhin wurde das Buch 1980 vom Hessischen Rundfunk als Fernsehspiel verfilmt.

Nach dem Ende des Nationalsozialismus war Valentin Senger bis zum Verbot 1956 als Redakteur der Sozialistischen Volkszeitung (SVZ) tätig. Sein Bruch mit der Partei erfolgte in kritischer Auseinandersetzung mit der stalinistischen Praxis, antisemitischen Tendenzen in der Partei und der Sowjetunion sowie infolge des XX. Parteitags der KPdSU. Den Loslösungsprozeß von der KPD hat Senger in seinem zweiten Buch Kurzer Frühling geschildert.

Valentin Senger fand wieder zu seinen jüdischen Wurzeln zurück. Obwohl er in Deutschland geboren war, musste er 25 Jahre für seine Einbürgerung kämpfen. Ihm wurde wegen seiner Vergangenheit bis 1981 die deutsche Staatsbürgerschaft verwehrt. Erst nach Veröffentlichung seines erfolgreichen Buches „Kaiserhofstraße 12“ bot man ihm die deutsche Staatsbürgerschaft an. 1990 wurde ihm durch OB Volker Hauff die Ehrenplakette der Stadt Frankfurt am Main verliehen.

Seine ersten Bücher veröffentlichte und schrieb er unter dem Pseudonym Valentin Rabis in den 50er Jahren: "Die Brücke von Kassel" (1954) und "Am seidenen Faden" (1956) wurden im Verlag Neues Leben veröffentlicht. In den 80er und 90er Jahren folgten weitere Erzählungen, Romane, autobiografische Texte. Insbesondere widmete er sich der Erforschung des jüdischen Lebens in Frankfurt am Main. Ein besonderes Interesse hatte er an der Recherche zu Themen über das Ostjudentum und die armen Juden wie z.B. die Wanderjuden (Roman: Die Buchsweilers).

In Frankfurt am Main gibt es eine Straße mit seinem Namen (Valentin-Senger-Straße) und ein Valentin-Senger-Haus.

Die Henze Schule sollte in den 90er Jahren in Valentin Senger Schule umbenannt werden. Von politischer Seite (Ortsbeirat 1 in Frankfurt am Main) wurde dies 1998 verhindert und die Schule wurde in Weißfrauen-Schule benannt. Im selben Jahr zeigt das Museum Judengasse in Frankfurt am Main eine Ausstellung zu Valentin Senger mit dem Titel " Valentin Senger - Fremder in der Heimat".

Eine weitere Diskussion mit Lesung im Museum Judengasse folgte 2006 mit dem Titel "Ich will reden von der Angst meines Herzens".

2009 erwarb nun der Schöffling Verlag die Rechte an "Kaiserhofstraße 12" und bewirbt die Neuauflage mit den Veranstaltungswochen "Frankfurt liest ein Buch: Kaiserhofstraße 12". Unterstützt wird das Literaturprojekt durch Rundfunk, Zeitung, Medien, Theater, Buchhandlung und den Magistrat der Stadt Frankfurt am Main.

Werke

  • Die Brücke von Kassel. Ein Tatsachenbericht, Verlag Neues Leben, Berlin 1954, (unter dem Pseudonym Valentin Rabis)
  • Am seidenen Faden, Verlag Neues Leben, Berlin 1956, (unter dem Pseudonym Valentin Rabis), Kunstpreis des FDGB (Literaturpreis 1957)
  • Kaiserhofstraße 12, München, 3. Auflage 1999 (Erstausgabe Darmstadt/Neuwied 1978), Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2010 ISBN 978-3-89561-485-9
  • (veröffentlichte Übersetzung): The Invisible Jew, Great Britain 1980 (1. Übersetzung: United States 1980)
  • Kurzer Frühling, Frankfurt/Main, Lizenzausgabe 1987, (Erstausgabe Zürich 1984)
  • (mit Klaus Meier-Ude): Die jüdischen Friedhöfe in Frankfurt/Main, 3. überarb. und erw. Auflage, Frankfurt/M 2004 (Erstausgabe Frankfurt/M 1985)
  • (als Herausgeber): Einführung in die Sozialpolitik. Soziale Sicherheit für alle, Reinbek bei Hamburg, Mai 1970
  • Die Buchsweilers, Frankfurt/Main 1994 (Erstausgabe Hamburg und Zürich 1991)
  • Das Frauenbad und andere jüdische Geschichten, München 1994
  • Der Heimkehrer. Eine Verwunderung über die Nachkriegszeit, Lizenzausgabe für die Büchergilde Gutenberg, Frankfurt/M und Wien 1995. (Erstauflage München 1995)
  • Die rote Turnhose und andere Fahnengeschichten, München 1997

Literatur

  • Guido Speckmann: Valentin Senger (1918-1997). Überleben, politische Aktivität, Aufarbeitung, Magisterarbeit an der Universität Marburg 2005.

Weblinks

Fußnoten

  1. [ http://www.gegen-vergessen.de/archiv/senger_092006.html Artikel auf gegen-vergessen.de]

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