Ventilatorindustrie

Ventilatorindustrie
Tisch-Ventilator aus dem Jahre 1937

Ein Ventilator (von ventulus, lat. für „schwacher Wind“, „Lüftchen“) ist eine fremdangetriebene Strömungsmaschine, die mittels eines in einem Gehäuse rotierenden Laufrads ein gasförmiges Medium fördert und verdichtet und dabei zwischen Ansaug- und Druckseite ein Druckverhältnis zwischen 1 und 1,1 erzielt. Maschinen mit einem Druckverhältnis zwischen 1,1 und 3 sind Gebläse. Ventilatoren und Gebläse werden auch als Lüfter bezeichnet, insbesondere wenn sie zur Luftabsaugung vorgesehen sind. Im weiteren Sinne werden alle zu den Verdichtern gerechnet. Verdichter im engeren Sinn erzielen dagegen Druckverhältnisse von mehr als 3. Im Verhältnis zur Leistung erzielen Ventilatoren aufgrund des niedrigen Druckverhältnisses hohe Volumenströme, Gebläse wegen des mittleren Druckverhältnisses mittlere Volumenströme.

Die als Ventilatoren bezeichneten Haushaltselektrogeräte sind keine Ventilatoren im Sinne des aerodynamischen Fachbegriffs, da ihre Gehäuse lediglich dem Berührschutz dienen, aber nicht aerodynamisch wirksam sind; im aerodynamischen Sinne sind diese Propeller.

Inhaltsverzeichnis

Einordnung nach Maschinenart

Ventilatoren sind Strömungsmaschinen, die als Arbeitsmaschinen wirken. Da sie durch kontinuierliche Rotation eines Axial- bzw. Radiallaufrades arbeiten, sind es Turbomaschinen.

Axialventilator

Axialventilator
Axialventilator mit außenliegendem Antrieb

Axialventilatoren sind die gebräuchlichste Bauform. Die Drehachse des Axiallaufrades verläuft parallel bzw. axial zum Luftstrom. Die Luft wird durch das Axiallaufrad, ähnlich wie bei einem Flugzeug- oder Schiffspropeller, bewegt. Die Vorteile von Axialventilatoren sind die, im Verhältnis zum hohen geförderten Luftdurchsatz, geringen Abmessungen. Der Nachteil ist die geringere Druckerhöhung im Verhältnis zum Radialventilator. Die Ausführung ohne Gehäuse ist bei Tisch- und Deckenventilatoren (Lüftern) üblich. Axialventilatoren mit Gehäuse und innen liegenden Antriebsmotor haben den Nachteil des Nabentotwassers hinter der Laufradnabe, den man jedoch durch geeignete Einbauten (Innendiffusor) weitgehend vermeiden kann. Da die Luft durch die Rotation hinter dem Axiallaufrad in Wirbeln austritt, wird durch feststehende Einbauten (Nachleitrad) eine Druckerhöhung erreicht. Um die Druck-Austrittsverluste aus dem Axialventilator zu minimieren, werden bei größeren Ventilatoren Außendiffusoren eingesetzt.

Eine abgewandelte Ausführung des Axialventilators ist der sog. Diagonalventilator, bei dem das Gehäuse und die Lüfterschaufeln konisch geformt sind (der Radius wird zur Druckseite hin größer) und damit die Luft nicht axial, sondern diagonal austritt. Diagonalventilatoren haben bei gleicher Leistung und Größe einen größeren Luftdurchsatz und bauen einen höheren Druck auf. Deshalb können sie z. B. bei gleichem Effekt bei geringerer Drehzahl betrieben werden und sind somit leiser.

Beide Ausführungen haben ein sogenanntes Nabentotwasser (auch: „Dead Spot“), das sich hinter dem in der Mitte des Geräts angeordneten Motor befindet: Dort findet kaum eine Luftbewegung statt. Deshalb wurden auch schon Axialventilatoren entwickelt, die den Motor in einem umgebenden Gehäuse enthalten und bei denen sich nur noch das Lager in der Mitte befindet. Diese Ausführung ist jedoch aufgrund der ungewöhnlichen Bauform des Motors eher selten und auch teurer als vergleichbare Axialventilatoren. Aufwendig ist auch das Auswuchten wegen der großen, außen liegenden umlaufenden Masse des Antriebs. Besonders kompakte Ventilatoren werden üblicherweise von einem Außenläufermotor direkt angetrieben.

Radialventilator oder Zentrifugalventilator

Radialventilator

Radialventilatoren werden überall dort verwendet, wo es im Vergleich zu Axialventilatoren auf größere Druckerhöhung bei gleicher Luftmenge ankommt. Die Luft wird parallel bzw. axial zur Antriebsachse des Radialventilators angesaugt und durch die Rotation des Radiallaufrades um 90° umgelenkt und radial ausgeblasen. Es gibt einseitig und beidseitig ansaugende Radialventilatoren mit und ohne Gehäuse. Bei der Ausführung mit spiralförmigem Gehäuse wird die Luft über eine Austrittsfläche des Gehäuses ausgeblasen. Um die Druckverluste durch die hohe Austrittsgeschwindigkeit aus dem Radialventilator zu minimieren, muss auf geeignete weiterführende Kanalgestaltung geachtet werden (ggf. Einsetzen eines Diffusors). Bei der Ausführung ohne spiralförmiges Gehäuse wird die Luft radial aus dem Radiallaufrad ausgeblasen und durch eine geeignete Gehäuseausführung wie z. B. bei Dachventilatoren ins Freie geblasen.

Tangential- oder Querstromventilatoren

Diese sehen auf den ersten Blick aus wie in die Länge gezogene Radialventilatoren, das Funktionsprinzip ist jedoch grundlegend anders. Bei den Tangentialventilatoren wird die Luft zweimal (einmal von außen nach innen und einmal andersherum) durch das Lüfterrad, welches ähnlich dem des Radialventilators aufgebaut, jedoch meist länger ist, bewegt. Die Luft wird also einmal großflächig (etwa die halbe Oberfläche des Lüfterrades) tangential zur Drehachse durch das Lüfterrad angesaugt, um 90° umgelenkt, in dessen Inneren wieder tangential zur Drehachse aufgenommen, wieder umgelenkt und in das Gehäuse geführt, wobei die Luft in der Regel durch einen schmalen, der Länge des Lüfterrades entsprechenden Spalt abgegeben wird. Der Antrieb befindet sich grundsätzlich außerhalb des Luftstroms. Tangentialventilatoren können große Luftmengen gleichmäßig über eine breite Austrittsfläche abgeben und sind daher gut zur Mantelkühlung von z. B. modernen Elektroherden oder Tageslichtprojektoren geeignet. Sie finden des Weiteren auch in Klimageräten und in den flachen Heizlüftern Einsatz. Tangentialventilatoren können bei sehr großem Luftdurchsatz extrem leise konstruiert werden, da sie schon bei geringen Drehzahlen hohe Druckwerte liefern.

Anwendung

Je nach Einsatz gibt es Ventilatoren in vielen Formen und Größen, von kleinsten Ausführungen wie z. B. für die Kühlung in Computern, über Haushaltsgeräte und mittelgroße Ausführungen wie z. B. für die Lüftungs- und Klimatechnik bis hin zu größten Ausführungen wie z. B. für den Einsatz in der Großindustrie zur Verfahrenstechnik. In der Landwirtschaft finden Gebläse Anwendung bei der Einlagerung von Getreide, Stroh und Heu.

Anwendungen im PC

Zum Betrieb benötigt ein Lüfter eine Versorgungsspannung, typischerweise 12V. Bei kleinerer Spannung läuft der Lüfter leiser, aber mit verringerter Kühlleistung. Ein drittes Kabel liefert ein sogenanntes Tachosignal. Pro Umdrehung wechselt es zwischen Masse und undefiniertem Zustand. Neuere Lüfter besitzen einen vierten Anschluss. Über ihn kann die Drehzahl durch Pulsweitenmodulation (PWM) geregelt werden.

Die Kabelbelegung der kleinen Molex-Steckverbindung unterscheidet sich von der der großen Stecker. Außen liegt das schwarze Massekabel, gefolgt vom roten Versorgungskabel mit 12V und dem gelben oder weißen Tachokabel (siehe Bild).

Industrie in Deutschland

Die Industrie für Klein-Ventilatoren in Deutschland konzentriert sich in Hohenlohe und bildet einen sogenannten Cluster. Dieser Cluster entstand aus einer einzigen Firma (Ziehl-Abegg), ist aber inzwischen so ausgeprägt, dass er in der ersten Themenausgabe „Cluster“ des Magazins der Unternehmensberatungsfirma McKinsey (McK Wissen) ausführlich als Musterbeispiel für das Phänomen Cluster dargestellt wird. Ein weiteres Ventilatoren-Zentrum entstand in Bad Hersfeld. Hier gründete Benno Schilde in 1874 die spätere Benno Schilde GmbH. 1884 baute Benno Schilde den ersten aus Stahlblech geschweißten Radialventilator. Das gesamte Ventilatoren-Programm wird heute von der TLT-Turbo GmbH in Bad Hersfeld weiter geführt.

Bereits 1879 wurden in der Karl-August-Hütte in Euskirchen Radialventilatoren gebaut. Anfangs noch aus Guss, erfolgte später eine Spezialisierung auf Sonderwerkstoffe. Hitze- und verschleißfeste Werkstoffe und Ventilatoren aus Edelstahl waren im Programm. Weiterentwicklung und Fertigung dieser Spezialanfertigungen wird heute durch BVA Kockelmann GmbH in Euskirchen durchgeführt.

Hersteller in Deutschland (Auswahl)

  • Howden Turbowerke GmbH, ca. 130 Mitarbeiter 21 Millionen Euro Umsatz (2008)[1]
  • VENTAPP GmbH & Co. KG, Ventilatoren und Apparatebau ca. 100 Mitarbeiter, ca. 15 Millionen Euro Umsatz (2008)
  • ebm-papst GmbH & Co. KG, ca. 10.000 Mitarbeiter, ca. 1,076 Milliarde Euro Umsatz (07/08)
  • Ziehl-Abegg AG, ca. 2.450 Mitarbeiter, 296 Millionen Euro Umsatz (2007)
  • Konrad Reitz Ventilatoren GmbH & Co KG,> 400 Mitarbeiter
  • Piller Industrieventilatoren GmbH, > 250 Mitarbeiter, ca. 47 Mio. Euro Umsatz (2008)
  • Rosenberg GmbH, ca. 1400 Mitarbeiter, ca. 150 Mio. Euro Umsatz (2008)
  • Karl Klein Ventilatorenbau GmbH, Frequenzumrichtertechnologie, 79 Mitarbeiter, 9,2 Millionen Euro Umsatz (2007) [1]

Dies und das

In Südkorea ist der Ventilatortod ein weit verbreiteter Aberglaube, dem zufolge man aufgrund von Ventilatoren, die längere Zeit laufen, erstickt, vergiftet wird oder verklammt.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Bernd Scheffel, Alfred Lindovsky: Karl Klein Ventilatorenbau Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Aichwald. Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2007. Stand: 30. April 2008. URL: https://www.ebundesanzeiger.de/ (abgerufen am 25. April 2009)

Weblinks


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