Bau- und Betriebsordnung für Pioniereisenbahnen

Bau- und Betriebsordnung für Pioniereisenbahnen
Basisdaten
Titel: Bau- und Betriebsordnung für Pioniereisenbahnen
Abkürzung: BOP
Art: Nach Art. 9 Einigungsvertrag fortgeltendes DDR-Recht
Geltungsbereich: Neue Bundesländer und Ost-Berlin
Rechtsmaterie: Verwaltungsrecht
Datum des Gesetzes: 15. Februar 1979 (Sonderdruck Nr. 1/1979 des Mitteilungsblattes der Staatlichen Bahnaufsicht des Ministeriums für Verkehrswesen); Fortgeltung gemäß Anlage II Kap. XI Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 3 Einigungsvertrag
Inkrafttreten am: 1. Januar 1980
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Die Bau- und Betriebsordnung für Pioniereisenbahnen (BOP) regelt Bau und Betrieb der ehemaligen Pioniereisenbahnen in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Fortgeltung

Die BOP wurde am 15. Februar 1979 vom Minister für Verkehrswesen der DDR auf Grundlage von § 9 Abs. 2 Bahnaufsichtsverordnung vom 22. Januar 1976 (GBl. I, S. 33) erlassen. Sie trat am 1. Januar 1980 in Kraft.

Die BOP gilt nach den Vorschriften des Einigungsvertrages als Landesrecht in den neuen Bundesländern und im Ostteil Berlins fort.[1] Für Aufhebung und Änderung sind die jeweiligen Bundesländer zuständig. Von der weitgehenden Außerkraftsetzung des DDR-Rechts im Zuge der Rechtsbereinigung wurde die BOP ausgenommen.[2] Regelungen, die auf das „sozialistische Bildungssystem“ Bezug nehmen (§ 2 Abs. 5 BOP) oder die Verbindlichkeit von Beschlüssen des Zentralrats der Freien Deutschen Jugend anordnen, sind formell nie außer Kraft gesetzt worden.

Normcharakter und Fortgeltungsproblematik

Der Normcharakter der Vorschrift lässt sich nach bundesdeutschen Maßstäben nicht ohne Weiteres bestimmen. In der Bundesrepublik wird die Materie üblicherweise durch Rechtsverordnung geregelt (vgl. Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung für Schmalspurbahnen, Bau- und Betriebsordnungen für Anschlussbahnen). Die BOP wurde indes nicht als Rechtsverordnung, sondern als quasi verwaltungsinterne Regelung („Weisung normativen Charakters“) erlassen,[3] weil in der DDR Pioniereisenbahnen ausschließlich von staatlichen Einrichtungen oder staatlich gelenkten Unternehmen betrieben wurden. Da derartige Normen nicht in das Begriffsgefüge der bundesdeutschen Rechtsordnung passen, werden sie „als nach Art. 9 Einigungsvertrag fortgeltendes Recht“ bezeichnet.[4]

Nach bundesdeutschem Recht fehlt es der Bau- und Betriebsordnung in den meisten der betreffenden Bundesländer an einer Ermächtigungsgrundlage, die den Erlass entsprechender Rechtsvorschriften zulässt.[5] Ohne eine solche Ermächtigungsgrundlage gilt die BOP nur für eine zeitlich begrenzte Übergangsphase nach der Wiedervereinigung fort.[6]

Änderung, Aufhebung und Neuregelung der Materie müssen durch Gesetz oder Rechtsverordnung erfolgen.[7]

Anwendungsbereich

Der Regelungsbereich der BOP erfasst vor allem die heute als Parkeisenbahnen bezeichneten ehemaligen Pioniereisenbahnen. Dies sind Bahnen besonderer Bauart, die der Beförderung von Personen sowie der Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen, die aktiv am Bahnbetrieb mitwirken, dienen (vgl. § 2 Abs. 5 S. 2 BOP und Nr. 18 Anhang I zur BOP).

Trotz dieses eingeschränkten Anwendungsbereiches wenden die Behörden die BOP auch als Rechtsgrundlage für nach 1990 entstandene Museumsbahnen mit einer Spurweite von 600 mm (z. B. Mecklenburg-Pommersche Schmalspurbahn, Bahn in der Ziegelei Benzin, Waldeisenbahn Muskau) an.[8]

Die BOP regelt u. a. bauliche Maßnahmen, Instandhaltungsarbeiten an Bahnanlagen und Fahrzeugen, die Durchführung des Bahnbetriebsdienstes, die Qualifizierung und Dienstausübung der Bahnbetriebsangehörigen, also auch der eingesetzten Kinder und Jugendlichen, und Arbeiten in der Nähe von Bahnanlagen (vgl. § 1 Abs. 1 BOP).

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. In Sachsen gilt die BOP gemäß § 2 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage Nr. 15 Sächsisches Rechtsbereinigungsgesetz vom 17. April 1998 (GVBl. 1998, S. 151) und Art. 3 S. 2 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse bei Eisenbahnen und Seilbahnen im Freistaat Sachsen vom 12. März 1998 (GVBl. 1998, S. 97) nur insoweit fort, als sie den Vorschriften des letztgenannten Gesetzes nicht widerspricht.
  2. Z. B. Nr. 19 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Erstes Brandenburgisches Rechtsbereinigungsgesetz vom 3. September 1997 (GVBl. I, S.104); vgl. auch Bericht. In: Märkische Allgemeine, 31. Dezember 2008.
  3. Zum Ganzen: Gerd Janke: Zur Rangfolge und Veröffentlichung der DDR-Rechtsvorschriften. In: Neue Justiz 1997, S. 455 ff., 463.
  4. Ulrich Stelkens, in: Paul Stelkens, Heinz Joachim Bonk, Michael Sachs (Hrsg.): Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar. 7. Auflage. C.H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56559-5, § 35 Randnummer 366; vgl. auch Denkschrift zum Einigungsvertrag, Bundestagsdrucksache 11/7760, S. 355, 358.
  5. Keine gesetzlichen Regelungen bestehen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen; die in Berlin fortgeltenden Eisenbahngesetze (Preußisches Eisenbahngesetz, Preußisches Kleinbahngesetz) und das Landeseisenbahn- und Bergbahngesetz für das Land Sachsen-Anhalt enthalten keine Ermächtigungsgrundlage; einzig § 17 Eisenbahngesetz für den Freistaat Sachsen enthält eine Verordnungsermächtigung.
  6. Vgl. Peter Lerche, in: Klaus Letzgus u. a. (Hrsg.): Für Staat und Recht. Festschrift für Herbert Helmrich zum 60. Geburtstag. C.H. Beck, München 1994, ISBN 978-3-406-38031-0, S. 57ff., 71f.; Carola Schulze, in: Michael Sachs (Hrsg.): Grundgesetz, Kommentar. C.H. Beck, 5. Auflage, München 2009, ISBN 978-3-406-58043-7, Art. 123 Randnummer 20 (dort auch weitere Nachweise).
  7. Vgl. Oberverwaltungsgericht Frankfurt (Oder), Urteil vom 21. Juni 1997, Aktenzeichen: 3 D 15/94.NE, veröffentlicht in: Landes- und Kommunalverwaltung 1997, S. 217, insbesondere S. 218. In einigen Bundesländern ist dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen.
  8. Bericht in: Potsdamer Neueste Nachrichten, 26. Juni 2008.
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